TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/9 LVwG-AV-1314/001-2018

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Veröffentlicht am 09.05.2019
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Entscheidungsdatum

09.05.2019

Norm

GdwasserleitungsG NÖ 1978 §10
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §6
BAO §212a Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau A, vertreten durch Steuerberater B, ***, ***, vom 21. November 2018 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 22. Oktober 2018, Zl. ***, mit welchem einer Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 8. August 2018, Kd.Nr. ***, betreffend die Festsetzung einer Wasserbezugsgebühr für den Ablesezeitraum 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2017 für die Liegenschaft ***, ***, teilweise Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides abgeändert worden war, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.1.1.

Mit Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 8. August 2018, Kd.Nr. ***, wurde Frau A (in der Folge: Beschwerdeführerin) für ihre Liegenschaft ***, in ***, für den Abrechnungszeitraum 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2017 eine Wasserbezugsgebühr in der Höhe von € 22.893,93 (zzgl. USt.) festgesetzt. Der Gebührenberechnung zugrunde gelegt wurden eine verbrauchte Wassermenge von 10.425 m³ und eine Grundgebühr von € 2,20. Weiters wurde eine Bereitstellungsgebühr in der Höhe von € 15,18 (inkl. USt.) vorgeschrieben.

1.1.2.

Mit Schriftsatz vom 7. September 2018 erhob die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Vertreter gegen diesen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 8. August 2018 rechtzeitig Berufung an den Stadtrat der Stadtgemeinde *** und führte begründend aus, dass das gegenständliche Haus in *** von ihr und ihrem Mann als Wochenend- und Freizeitwohnsitz genützt werde. Sie hätten daher nur einen recht geringen Wasserverbrauch. Der Bezug von

10.425 m³ Wasser sei durch normalen Gebrauch nicht denkbar. Möglich erscheine

daher nur ein Wasserrohrbruch. Ein solcher habe wohl auch stattgefunden. Sie hätten das Haus im Jänner 2018 nach den Weihnachtsfeiertagen verlassen, um

nach *** zurückzukehren. Bis zu diesem Zeitpunkt könne aus ihrer Sicht ein

Rohrbruch nicht gegeben gewesen sein. Durch Spitalsaufenthalte und Krankheiten mit Bettlägerigkeit, sei ihrem Mann und ihr eine Rückkehr nach *** erst im März bzw. April 2018 möglich gewesen. Durch eine zwischenzeitige Ablesung durch die Gemeinde, sei ein exorbitant hoher Verbrauch festgestellt worden. Das Schadensereignis sei offenkundig erst 2018 eingetreten. Wenn nun aber die Ablesung offensichtlich erst 2018 erfolgt ist, könne sich die Vorschreibung nicht nur auf 2017 beziehen. Zum anderen erscheine auch die Schadensmenge unglaubwürdig, da ein Umfang von über 10.000 m³ Wasser, ohne dass der Schaden bemerkt wird oder sonst, etwa durch erhöhten Verbrauch bei der Gemeinde auffalle, nur schwer denkbar sei. Weiters ist im Sinne des § 6 Abs. 2 Wasserabgabenordnung vom 27. Jänner 2016 die Anwendung eines Satzes von € 2,20 pro m³ in verfassungskonformer Interpretation rechtswidrig. Die Norm schreibe für Betriebe und Unternehmungen eine gestaffelte Gebühr vor, wobei bei über 1.000 m³ „nur“ noch € 2,00 zu Anwendung gelangten. Erkennbarer Sinn der Norm sei es aber, für große Verbräuche einen gewissen Rabatt zu gewähren.

1.1.3.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Oktober 2018, Zl. ***, wurde dieser Berufung teilweise Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, als für den Wasserverbrauch auf der Liegenschaft ***, ***, im Jahre 2017 in Höhe von 2.586 m³ die Wasserbezugsgebühr für das Jahr 2017 abzüglich einer geleisteten

Akontozahlung in Höhe von netto € 41,07 mit dem Betrag in Höhe von € 6.212,94 (inkl. USt.) festgesetzt wird. Weiters wurde eine Bereitstellungsgebühr in der Höhe von € 15,18 (inkl. USt.) vorgeschrieben. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin vorbringe, dass ein Wasserrohrbruch möglich erscheine. Die Hausleitung (nicht der Wasserzähler selbst) stehe im Eigentum des Anschlusspflichtigen. Daher treffe diesen auch die Erhaltungspflicht. Der Wasserzähler als geeichtes Messgerät beweise den gemessenen Wasserverbrauch. Die Funktionstüchtigkeit des Wasserzählers sei von der Beschwerdeführerin auch nicht beanstandet worden. Schließlich sei auch keine Überprüfung des Wasserzählers urgiert worden. Da der Zählerstand am 1. Jänner 2017, 51 m³ und am 31. Dezember 2017, 2.637 m³ betragen habe (beides von der Beschwerdeführerin mit ihrer Unterschrift bestätigt), sei zwischen 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2017 ein Verbrauch von 2.586 m³ Wasser erfolgt. Gemäß § 7 der Wasserleitungsordnung der Stadtgemeinde *** in der maßgeblichen Fassung vom 27. Jänner 2016 betrage der Ablesungszeitraum zwölf Monate, - er beginne mit 1. Jänner eines Jahres und ende mit 31. Dezember. Der Wasserverbrauch im Jahre 2017, in Höhe von 2.586 m³, sei mit der Grundgebühr in Höhe von € 2,20 zu multiplizieren. Das ergebe eine Summe in Höhe von € 5.689,20. Davon sei die bereits geleistete Akontozahlung netto in Höhe von € 41,07 abzuziehen, das ergibt somit den Betrag von € 5.648,13. Dazu sei die gesetzliche Umsatzsteuer mit 10% in Höhe von € 564,81 zu addieren. Das ergibt somit den Betrag von € 6.212,94. Die Bereitstellungsgebühr betrage laut § 5 der Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** für die Katastralgemeinden Altstadt ***, Stadt ***, ***, ***, *** und *** für einen Wasserzähler mit der kleinsten Verrechnungsgröße, nämlich 3 m³ pro Stunde, € 13,80 pro Jahr. Dazu sei noch die Umsatzsteuer von 10% zu addieren. Das ergebe somit € 15,18.

1.2. Beschwerdeverfahren:

Mit Schreiben vom 21. November 2018 erhob die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Vertreter rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und begründete diese im Wesentlichen wie die Berufungsschrift vom 7. September 2018. Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde die Aussetzung der Einhebung beantragt.

1.3. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich:

1.3.1.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt der Stadtgemeinde *** wurden dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 6. Dezember 2018 zur Entscheidung vorgelegt.

1.3.2.

Vom erkennenden Gericht wurde für den 20. Februar 2019 eine mündliche Verhandlung anberaumt, in deren Verlauf eruiert wurde, dass der verfahrensgegenständliche Wasserzähler noch immer montiert sei bzw. zum Ablesezeitpunkt montiert gewesen ist. Vom Vertreter der Beschwerdeführerin wurde mitgeteilt, dass in Folge dieses gemessenen hohen Verbrauches der beigezogene Installateur davon ausgegangen sei, dass ein Schaden an der Leitung offenbar im Innenhof (nach dem Wasserzähler, der in einem Brunnenschacht montiert ist) unteririsch aufgetreten sein dürfte. In der Folge sei nunmehr nach dem Wasserzähler ein neues Rohr direkt ins Haus verlegt worden. Vom Vertreter der belangten Behörde wurde ausgeführt, dass der nunmehr in bekämpften Bescheid angeführte gemessene Verbrauch von 2586m³ den Verbrauch für 2017 darstelle - dieser Wert sei von einem Mittarbeiter abgelesen worden. Der belangten Behörde wurde der Auftrag erteilt, den Wasserzähler beim Eichamt überprüfen zu lassen und das Ergebnis dem erkennenden Gericht und der Beschwerdeführerin zu übermitteln.

1.3.3.

Mit Schreiben vom 1. April 2019 legte die belangte Behörde das Ergebnis der Befundprüfung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 27. März 2019, Zl. *** vor. Im Ergebnis wird festgestellt, dass die Befundprüfung gemäß § 47 Abs. 1 des Maß- und Eichgesetzes (MEG) ergeben habe, dass das angeführte Gerät richtig anzeige und auch die Bedingungen für die Verkehrsfähigkeit einhalte. Auf Grund der Ergebnisse der durchgeführten Prüfungen dürfe das Messgerät bis zum Ablauf der Nacheichfrist im eichpflichtigen Verkehr weiterhin verwendet werden.

1.3.4.

Im Rahmen der fortgesetzten Verhandlung am 26. April 2019 wurde das Ergebnis der Befundprüfung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen erörtert und das bisherige Vorbringen der Beschwerdeführerin aufrechterhalten.

1.4. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den bezughabenden Akt der Stadtgemeinde *** und durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Ferner wurde das Ergebnis der Befundprüfung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 27. März 2019, Zl. *** berücksichtigt.

1.5. Feststellungen:

Aufgrund des von der belangten Behörde vorgelegten, unbedenklichen und ins Beweisverfahren einbezogenen Verwaltungsaktes, aufgrund der schriftlichen Ausführungen der Beschwerdeführerin sowie aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung konnte Folgendes festgestellt werden:

Die Beschwerdeführerin war im Abrechnungszeitraum 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2017 Eigentümerin der Liegenschaft ***, ***. Der Zählerstand von 51 m³ am 1. Jänner 2017 und von 2.637 m³ am 31. Dezember 2017 wurde jeweils von Beschwerdeführerin mit ihrer Unterschrift bestätigt. Der verfahrensgegenständliche Wasserzähler mit der Zählernummer *** wurde nach dem Ausbau vom Bundesamt für Eich-, und Vermessungswesen überprüft. Im Gutachten des BEV vom 27. März 209, Zl. ***, wurde ausgeführt, dass der Wasserzähler richtig anzeigt und auch die Bedingungen für die Verkehrsfähigkeit einhält. Auf Grund der Ergebnisse der durchgeführten Prüfungen darf das Messgerät bis zum Ablauf der Nacheichfrist im eichpflichtigen Verkehr weiterhin verwendet werden.

Zwischen Ende 2017 und April 2018 ist unbestritten ein erheblicher Wasserverbrauch eingetreten.

1.6. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit dieses den Feststellungen (Punkt 1.5.) nicht entgegentritt.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. ( 1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 184. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

§ 207. (1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe. …

§ 208. (1) Die Verjährung beginnt

a) in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird; …

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden. …

2.2. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978, LGBI 6930:

Wasserbezugsgebühr

§ 10. (1) Für den Wasserbezug aus der Gemeindewasserleitung ist eine Wasserbezugsgebühr zu entrichten.

(2) Die Wasserbezugsgebühr ist derart zu berechnen, daß die vom Wasserzähler innerhalb eines Ablesungszeitraumes als verbraucht angezeigte Wassermenge in Kubikmeter mit der für einen Kubikmeter festgesetzten Grundgebühr vervielfacht wird.

(3) Als verbrauchte Wassermenge hat die Differenz zwischen der vom Wasserzähler am Ende des Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl abzüglich der am Ende des vorhergegangenen Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl zu gelten.

(...)

(8) Wenn die Richtigkeit der vom Wasserzähler angezeigten Wassermenge bestritten und dessen Prüfung beantragt wird, so hat die Gemeinde die Prüfung durch die Eichbehörde zu veranlassen und den Wasserzähler während der gesamten Verfahrensdauer aufzubewahren. Ergibt die Prüfung, daß die Wassermenge richtig gemessen wird, hat der Abgabenschuldner der Gemeinde die Prüfungskosten zu ersetzen. Die Wassermenge gilt auch dann als richtig gemessen, wenn die Abweichung nicht mehr als 5 % beträgt. Beträgt die Abweichung mehr als 5 %, ist die Wassermenge zu schätzen.

(...)

2.3. Wasserabgabenordnung für die öffentliche Gemeindewasserleitung der Stadtgemeinde *** in der Fassung vom 1. Jänner 2017:

Grundgebühr zur Berechnung der Wasserbezugsgebühr

§ 6. (1) Die Grundgebühr gemäß § 10 Abs. 5 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 wird pro 1 m³ Wasser mit € 2,20 festgesetzt. (2) Für Betriebe und Unternehmungen wird die Grundgebühr wie folgt festgesetzt:

          1 m³ - 500 m³   € 2,20

          501 m³ - 1.000 m³   € 2,10

          ab 1.001 m³     € 2,00

2.4. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. …

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1. Grundsätzliches:

Der Abgabenanspruch für den verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum 1. Jänner 2017 bis 30. Jänner 2017 für die Wasserbezugsgebühr betreffend die bezeichnete Liegenschaft entstand mit Ablauf des Ablesungszeitraumes, in dem die der Berechnung der Wasserbezugsgebühr zu Grunde gelegte Wassermenge verbraucht wurde, unabhängig von einer tatsächlich erfolgten Ablesung.

Eine Ablesung der verbrauchten Wassermenge vom Wasserzähler erfolgte für den verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum am 1. Jänner 2017 (Stand: 51 m³) und am 31. Dezember 2017 (Stand: 2.637 m³), wobei dieser Stand jeweils von der Beschwerdeführerin bekannt gegeben worden war.

Bei der Ermittlung der verbrauchten Wassermenge waren somit grundsätzlich die Differenz zwischen der vom Wasserzähler am Ende des Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl, am 31. Dezember 2017, abzulesende Verbrauchsstand im Ausmaß von 2.637 m³ und die am 1. Jänner 2017 ausgewiesene Verbrauchsmenge von 51 m³ als maßgebliche Eckdaten heranzuziehen. Die vom gegenständlichen Wasserzähler zwischen dem Einbau des Wasserzählers und dem Ausbau desselben angezeigte Verbrauchsmenge kann daher grundsätzlich einer gesetzlich vorgesehenen Berechnung zu Grunde gelegt werden, da die Prüfung des bezughabenden Wasserzählers durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen keine technischen Beanstandungen ergeben hat. Der Wasserzähler als geeichtes und im gegenständlichen Fall auch überprüftes Messgerät beweist somit den gemessenen Wasserverbrauch.

Vor diesem Hintergrund ist der der Abgabenvorschreibung zu Grunde gelegte Verbrauch von 2.586 m³ für den Zeitraum von 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2017 nicht zu beanstanden.

3.1.2.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Festsetzung einer Abgabe nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Sach- und Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat (vgl. VwGH 2005/17/0055 und VwGH 2005/17/0168). Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Stadtgemeinde rechtsrichtig die Wasserabgabenordnung in der ab 1. Jänner 2017 geltenden Fassung der Vorschreibungen zugrunde gelegt haben.

3.1.3.

Hinsichtlich der Wasserbezugsgebühr ergibt sich der Abgabentatbestand aus § 10 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978. Gemäß § 10 Abs. 2 leg.cit. ist die Wasserbezugsgebühr derart zu berechnen, dass die vom Wasserzähler innerhalb eines Ablesungszeitraumes als verbraucht angezeigte Wassermenge in Kubikmeter, mit der für einen Kubikmeter festgesetzten Grundgebühr, vervielfacht wird. Die verbrauchte Wassermenge ergibt sich wiederum gemäß § 10 Abs. 3 leg.cit. aus der Differenz zwischen der vom Wasserzähler am Ende des Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl abzüglich der am Ende des vorhergegangenen Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl. Gemäß § 10 Abs. 4 leg.cit. ist der Ablesungszeitraum vom Gemeinderat in der Wasserabgabenordnung festzusetzen und darf nicht kürzer als zwei Monate sein.

Gemäß § 7 der Wasserleitungsordnung der Stadtgemeinde *** in der maßgeblichen Fassung vom 1. Jänner 2017 beträgt der Ablesungszeitraum zwölf Monate; er beginnt mit 1. Jänner eines Jahres und endet mit 31. Dezember desselben Jahres.

3.1.4.

Die Richtigkeit der angewendeten Gebührensätze wurde insoweit beanstandet, als nach Auffassung der Beschwerdeführerin auf Grund des hohen gemessenen Verbrauches iSd § 6 Abs. der Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** ein Einheitssatz von € 2,00 zur Anwendung hätte gelangen müssen.

Diesbezüglich verkennt die Beschwerdeführerin aber, dass die Reduzierung des anzuwendenden Einheitssatzes (€ 2,00 ab 1.001 m³ Verbrauch) iSd § 10 Abs. 6 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 nur bei Betrieben und Unternehmungen zur Anwendung gelangt. Da die Beschwerdeführerin - unbestritten - auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft aber weder einen Betrieb noch eine Unternehmung betreibt, kam die Anwendung des reduzierten Einheitssatzes nicht in Betracht.

Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass die vorgeschriebene Bereitstellungsgebühr sich als unstrittig erweist.

3.1.5.

Auch sonst war der angefochtene Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 22. Oktober 2018 unter dem Aspekt der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Beschwerdeführerin nicht zu beanstanden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

3.1.6. Zur beantragten Aussetzung der Einhebung:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auszusetzen. Zufolge § 288 Abs. 1 zweiter Satz BAO ist diese Bestimmung sinngemäß auch im Berufungsverfahren eines zweistufigen Instanzenzuges bei Gemeinden zu anzuwenden.

Über einen solchen Antrag hat zufolge des eindeutigen Gesetzeswortlautes stets die Abgabenbehörde (nicht etwa das Verwaltungsgericht) zu entscheiden, bei Vorliegen eines zweistufigen Instanzenzuges bei Gemeinden mangels abweichender gesetzlicher Regelung somit die Abgabenbehörde erster Instanz (vgl. VwGH 2013/17/0184). Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung stellt kein Rechtsmittel gegen einen Bescheid dar, sondern handelt es sich dabei um einen gesonderten Antrag, über den nicht die Berufungsbehörde (und auch nicht das Verwaltungsgericht) zu entscheiden hat, sondern die Abgabenbehörde erster Instanz, der die Einhebung der den Gegenstand des Antrages bildenden Abgabe obliegt, also im gegenständlichen Fall der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde.

Über diesen Antrag hätte auch im Beschwerdeverfahren die Abgabenbehörde zu entscheiden und sind die Beschwerdeführer gemäß § 50 BAO an die zuständige Abgabenbehörde, der die Einhebung der den Gegenstand des Antrages bildenden Abgabe obliegt, zu weisen. Angesichts der gegenständlichen Beschwerdeentscheidung erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über diesen, ausdrücklich ans Landesverwaltungsgericht gerichteten Antrag.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasserbezugsgebühr; Berechnung; Grundgebühr;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1314.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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