Gbk 2018/1/17 GBK III/206/17

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Veröffentlicht am 17.01.2018
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Norm

§31 Abs1 iVm §32 Abs1 GlBG

Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Einlassverweigerung in Diskothek

Text

Senat III der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundeskanzleramt gelangte am 17. Jänner 2018 über den am 27. März 2017 eingelangten Antrag von Herrn A (in der Folge „Antragsteller“), betreffend die Überprüfung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch die Antragsgegnerin

X GmbH &Co KG

gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass

durch die Antragsgegnerin eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Herkunft gemäß § 32 Abs. 1 GlBG vorliegt.

Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag im Wesentlichen wie folgt dar:

Am … gegen … Uhr habe der Antragsteller mit fünf Freunden das Lokal der Antragsgegnerin besuchen wollen. Beim Eingang seien alle seine Freunde ohne weiteres eingelassen worden. Beim Antragsteller jedoch sei eine Ausweiskontrolle vorgenommen worden.

Nachdem der Türsteher den Ausweis (Führerschein) des Antragstellers mit seinem Namen und seinem Geburtsort (… – Rumänien) gesehen habe, habe dieser ihm den Zutritt verweigert. Auf die Frage, warum dem Antragsteller der Einlass verweigert werde, habe der Türsteher geantwortet, dass er aufgrund der privaten Hausordnung nicht gezwungen sei, ihn einzulassen.

Von der Antragsgegnerin langte zu den Vorwürfen am … im Wesentlichen folgende Stellungnahme bei Senat III ein.

Die Antragsgegnerin halte fest, dass sie sich von jeglicher Form ausländerfeindlichen Verhaltens distanziere. Richtig sei, dass die Türsteher der Antragsgegnerin dazu verpflichtet seien, Personen unter gewissen Umständen abzuweisen. Dies jedoch nicht vor dem Hintergrund einer allfälligen ethnischen Zugehörigkeit, sondern aus Gründen der öffentlichen Sicherheit.

In der Sitzung der GBK am … wurden der Antragsteller und Herr Y als Auskunftspersonen befragt:

Der Antragsteller erläuterte in seiner Befragung im Wesentlichen, dass er an jenem Abend ein weißes Hemd und eine Lederjacke angehabt habe und nicht betrunken gewesen sei. Er sei mit ca. 10 Freunden als Vorletzter in der Schlange vor dem Eingang gestanden. Alle seine Freunde seien ohne Probleme eingelassen worden. Es sei alles höflich vonstatten gegangen und es habe von keiner Seite Beleidigungen gegeben.

Als der Antragsteller an der Reihe gewesen sei, habe der Türsteher nach seinem Ausweis gefragt. Er habe ihm seinen Führerschein gegeben, in dem sein rumänischer Name und sein rumänischer Geburtsort aufscheinen. Daraufhin habe ihm der Türsteher erläutert, dass er nicht eingelassen werde. Auf die Frage warum, habe der Türsteher auf eine interne Hausordnung verwiesen und hinzugefügt, dass er sich nicht rechtfertigen müsse. Nachdem der Antragsteller den Türsteher gebeten habe mit seinem Freund zu telefonieren, da dieser juristisch bewandert sei, sei er vom Türsteher weggestoßen worden.

Der Antragsteller habe das Lokal schon öfter besucht und sei auch eingelassen worden. Jedoch habe bei diesen Besuchen keine Ausweiskontrolle stattgefunden. Bei einem anderen Besuch sei sein Ausweis auch kontrolliert worden und der Antragsteller sei dann ebenfalls nicht eingelassen worden.

Herr Y erläuterte in seiner Befragung im Wesentlichen, dass er Betriebsleiter der Antragsgegnerin sei. Im Lokal der Antragsgegnerin seien bis zu 45 Personen beschäftigt. Die Türsteher seien durch eine Drittfirma bei der Antragsgegnerin angestellt. Ein Türsteher sei direkt bei der Antragsgegnerin angestellt. Jede Person ab 18 Jahren habe Zugang zur Diskothek. Die einzigen Abweisungskriterien seien aggressives Verhalten, ein zu hoher Alkoholpegel, Personen mit Hausverbot und Personen ohne Ausweis, wenn nicht sichergestellt sei, dass sie schon 18 Jahre alt seien. Ausweise würden zum Altersnachweis kontrolliert und um über die Befindlichkeit einer Person Auskunft zu bekommen.

Er sei zwar an diesem Abend anwesend gewesen, könne sich an einen derartigen Vorfall nicht erinnern. Eine diesbezügliche Nachfrage bei den Türstehern habe auch keine weiteren Erkenntnisse gebracht. Auch sei in der Dokumentation über die Öffnungstage in dieser Hinsicht nichts vermerkt.

Die einzig vorstellbare Begründung der Einlassverweigerung sei, dass es zu einer hitzigen Diskussion seitens des Antragstellers aufgrund des Ausweises gekommen sei. Tatsache sei, dass die ethnische Herkunft keine Rolle spiele, ob jemandem der Einlass gewährt werde oder nicht.

Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin, Frau Z, ist der mehrmaligen Ladung zur Befragung vor dem Senat nicht nachgekommen. Die vom Antragsteller in Aussicht gestellte Namhaftmachung von Auskunftspersonen erfolgte nicht. Weitere Türsteher wurden aufgrund offensichtlicher Unkenntnis des Vorfalles nicht geladen.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Senat III hatte den Fall einer unmittelbaren Diskriminierung des Antragstellers gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 leg.cit. zu prüfen, nämlich, ob die Einlassverweigerung durch die Antragsgegnerin aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers erfolgte oder die Einlassverweigerung aus anderen, vom Gleichbehandlungsgesetz nicht sanktionierten Gründen erfolgte und der Antragsgegnerin der Beweis darüber im Verfahren gelungen ist.

Da die Antragsgegnerin sich ihrer Mitarbeiter/innen als auch derer von Drittfirmen zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten bedient, hat sie im Rahmen der Gehilfenhaftung gemäß § 1313a ABGB auch für fremdes Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter/innen bzw. der Mitarbeiter/innen der mit ihr vertraglich verbundenen Drittfirmen einzustehen.

Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:

§ 30. (2) Für das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sowie für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses

      1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,

      2. bei sozialen Vergünstigungen,

      3. bei der Bildung,

sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.

§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.

§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

§ 38.

(1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Am … gegen … Uhr hat der Antragsteller mit Freunden das Lokal der Antragsgegnerin besuchen wollen. Der Antragsteller war ordentlich gekleidet und nicht betrunken. Beim Eingang sind alle seine Freunde ohne weiteres eingelassen worden. Beim Antragsteller wurde jedoch eine Ausweiskontrolle vorgenommen.

Nachdem der Türsteher den Ausweis (Führerschein) des Antragstellers mit seinem Namen und seinem Geburtsort (… – Rumänien) sah, hat dieser ihm den Zutritt verweigert. Auf die Frage des Antragstellers nach dem Grund der Einlassverweigerung, antwortete der Türsteher nur, dass er aufgrund der privaten Hausordnung nicht gezwungen sei, ihn einzulassen.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Der Senat III bejahte in seiner Sitzung vom 17. Jänner 2018 die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers durch die Antragsgegnerin iSd § 32 Abs. 1 leg.cit.

Vom Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. ist auszugehen, wenn eine weniger günstige Behandlung von Personen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, in direktem oder ausdrücklichem Bezug auf deren ethnische Zugehörigkeit erfolgt.

Der Antragsgegnerin ist es nach Ansicht des Senates III nicht gelungen, den Vorwurf der Diskriminierung gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit. zu entkräften. Gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. obliegt es dem/der Antragsgegner/in zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Antragsgegner/in glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Das bedeutet, dass für diesen ganz konkreten Einzelfall ein bestimmtes, vom GlBG nicht sanktioniertes Motiv erkennbar sein muss, das für die Abweisung genau dieses Antragstellers/dieser Antragstellerin ausschlaggebend gewesen ist.

Aus den Schilderungen des Antragstellers ging nachvollziehbar und glaubwürdig hervor, dass sich der Vorfall wie im Antrag ausgeführt, zugetragen hat. Diese Aussagen lassen für Senat III keinen Zweifel daran, dass der Türsteher den Antragsteller am gegenständlichen Abend allein aufgrund seiner ethnischen Herkunft nicht eingelassen hat.

Die Aussagen des Vertreters der Antragsgegnerin vermochten den Senat nicht davon zu überzeugen, dass dem Antragsteller aufgrund eines vom Gleichbehandlungsgesetz nicht sanktionierten Grundes der Einlass verweigert wurde. Zwar wurde betont, bei Einlasskriterien keinen Unterschied zwischen In- und Ausländern zu machen, hinsichtlich dieses Einzelfalles erscheint dies dem Senat jedoch nicht glaubhaft und konnte von der Vertreterin der Antragsgegnerin auch nicht widerlegt werden.

Insgesamt ist es der Antragsgegnerin daher gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. nicht gelungen zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass kein gemäß dem Gleichbehandlungsgesetz verpöntes Motiv der Einlassverweigerung des Antragstellers zugrunde lag. Vielmehr ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass der Antragsteller allein aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit nicht in das Lokal der Erstantragsgegnerin eingelassen wurde.

Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass durch die Antragsgegnerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz vorliegt.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hält es daher für notwendig, dass die Antragsgegnerin sich mit der geltenden Rechtslage vertraut macht, das Gleichbehandlungsgesetz respektiert und in Hinkunft alle Menschen, ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit, gleich behandelt.

Insbesondere sollen durch die Antragsgegnerin taugliche innerbetriebliche Strukturen zur Vermeidung von Diskriminierungen geschaffen werden, wie gründliche Schulungen der MitarbeiterInnen hinsichtlich aller relevanten Gesetzesmaterien, insbesondere dem Gleichbehandlungsgesetz.

Ferner soll auf der Homepage der Antragsgegnerin () ab sofort ein gut erkennbarer und dauerhafter Hinweis auf die Existenz des Gleichbehandlungsgesetzes aufgenommen werden, sowie an derselben Stelle explizit darauf hingewiesen werden, dass niemand aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert wird und dass sich Personen zur Beratung an den Verein ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit sowie die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden können.

Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Demgemäß muss die Schadenersatzleistung wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Der Senat III der Gleichbehandlungskommission empfiehlt daher der Antragsgegnerin einen dementsprechenden Schadenersatz an den Antragsteller zu leisten.

Wien, Jänner 2018

Mag. Robert Brunner

(Vorsitzender)

Hinweis: Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz sind die Vorschläge der Gleichbehandlungskommission binnen zwei Monaten umzusetzen. Wenn einem Auftrag gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz (siehe obige Vorschläge des Senates III) nicht binnen zwei Monaten entsprochen wird, kann jede im Senat III vertretene Interessenvertretung gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Zuletzt aktualisiert am

19.06.2019
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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