TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/17 98/03/0256

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Veröffentlicht am 17.02.1999
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §20 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des P M in Graz, vertreten durch Dr. Gerald Kreuzberger, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 10/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 7. Juli 1998, Zl. UVS 30.10-48/98-14, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 17. April 1998 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 11. August 1995 als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges die Richtungsfahrbahn Wien-Klagenfurt der S 6, Semmering-Schnellstraße (Autobahn) befahren, wobei er mit dem Fahrzeug

1. um 08.11.12 Uhr auf Höhe des Autobahnkilometers 61,9 (im Tanzenbergtunnel) im Gemeindegebiet von Kapfenberg die dort durch Straßenverkehrszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h überschritten habe,

2. um 08.12.22 Uhr auf Höhe des Autobahnkilometers 65,0 (Gefälle von Tanzenbergtunnel in Richtung Knoten Bruck) im Gemeindegebiet von Bruck an der Mur die dort auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 38 km/h überschritten habe,

3. um 08.12.47 Uhr auf Höhe des Autobahnkilometers 65,8 (Beginn Knoten Bruck), im Gemeindegebiet von Bruck an der Mur, die dort durch Straßenverkehrszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 58 km/h überschritten und

4. um 08.12.55 Uhr auf Höhe des Autobahnkilometers 66,3 (Fahrbahnteilung der Abfahrt Bruck an der Mur B 116 und Abfahrt Grazer Straße S 35), im Gemeindegebiet von Bruck an der Mur einen vor ihm fahrenden LKW-Zug, der sich ordnungsgemäß auf der Spur der Abfahrt zur S 35 in Richtung Graz befunden habe, rechts überholt habe.

Er habe hiedurch zu 1. und 3. die Rechtsvorschriften des § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 lit. a Z 10a StVO 1960, zu 2. die Rechtsvorschrift des § 20 Abs. 2 StVO 1960 und zu 4. die Rechtsvorschrift des § 15 Abs. 1 StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn Geldstrafen zu 1. in der Höhe von S 1.500,--, zu 2. in der Höhe von S 2.300,--, zu 3. in der Höhe von S 4.100,-- und zu 4. in der Höhe von S 1.000,-- (und Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.

Mit dem nun angefochtenen, mündlich verkündeten Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juli 1998 sprach sie aus, daß die gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis vom Beschwerdeführer erhobene Berufung dem Grunde nach zu allen Punkten abgewiesen werde; hinsichtlich der verhängten Strafe werde der Berufung zu Punkt 3) des Straferkenntnisses Folge gegeben, sodaß über den Beschwerdeführer eine Strafe von S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt werde.

In der schriftlichen, dem Beschwerdeführer zugestellten Bescheidausfertigung nahm die belangte Behörde als letzten Absatz im Spruch auf, es werde der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dahin modifiziert, daß statt der ziffernmäßigen Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt werde, daß der Beschwerdeführer die jeweilige Höchstgeschwindigkeit "erheblich" überschritten habe.

Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen davon aus, daß auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch der öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 24. Juni 1998 und 7. Juli 1998, festgestellt worden sei, daß der Beschwerdeführer zu den Tatzeitpunkten mit seinem nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeug an den beschriebenen Örtlichkeiten gefahren sei und mittels des Tachometers der Pro-Vi-Da-Anlage des Dienstfahrzeuges, mit welchem die Meldungsleger in gleichbleibendem Abstand hinter dem Fahrzeug des Beschwerdeführers nachgefahren seien, die Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt worden seien. Weiters habe der Beschwerdeführer mit seinem Fahrzeug einen LKW rechts überholt. Der Tachometer des Dienstfahrzeuges sei zum Tatzeitpunkt geeicht gewesen. Der Beschwerdeführer sei in weiterer Folge angehalten worden, das Videoband sei ihm vorgespielt worden, er habe die Übertretungen an Ort und Stelle nicht bestritten. Die verhängten Strafen seien unter Berücksichtigung einer zu den Geschwindigkeitsüberschreitungen einschlägigen Vorstrafe angemessen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen dessen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer hat sich hiezu im Schriftsatz vom 18. Jänner 1999 geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit der Beschwerdeführer zunächst einwendet, es sei Verfolgungsverjährung eingetreten, weil nicht rechtzeitig eine Verfolgungshandlung gegen ihn gesetzt worden sei, ist ihm zu entgegnen, daß ihm angelastet wurde, die Tat am 11. August 1995 begangen zu haben. Mit der Strafverfügung vom 9. Feber 1996 hat die Erstbehörde, die Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag, gegen den Beschwerdeführer innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG eine gültige Verfolgungshandlung gesetzt, zumal es nicht erforderlich ist, daß die Strafverfügung an den Beschwerdeführer innerhalb dieser Frist zugestellt wurde, sondern es ausreicht, wenn die Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten ist, etwa durch Übergabe an die Post die Sphäre der Behörde verlassen hat (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, auf Seiten 926f angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Punkt 1 bis 3 zu § 32 Abs. 2 VStG).

Die belangte Behörde hat in der Gegenschrift dargetan, daß die entsprechende Postsendung am 9. Feber 1996 aufgegeben worden sei - auch wenn der Stempelaufdruck auf dem Rückschein nicht vollständig leserlich sei, lasse er hinreichend erkennen, daß das Tagesdatum vor dem 10. liegt. Mit Schreiben vom 27. November 1998 forderte der Verwaltungsgerichtshof den Beschwerdeführer auf, sich zur Frage der Verfolgungsverjährung unter Berücksichtigung des Vorbringens der belangten Behörde in der Gegenschrift zu äußern, womit diese darlegte, die Strafverfügung sei am 9. Feber 1996 abgefertigt worden und habe an diesem Tag die Sphäre der Behörde verlassen, was auch aus dem Poststempel des Rückscheines ersichtlich sei, zumal die erste Ziffer des Tagesdatums keine 1 sondern eine 0 sei.

Der Beschwerdeführer antwortete in seinem Schriftsatz vom 18. Jänner 1999 im wesentlichen damit, der Stempelaufdruck auf dem Rückschein sei kaum leserlich, die belangte Behörde hätte eine entsprechende Postauskunft einholen müssen, nach dem "Zweifelsgrundsatz" wäre davon auszugehen, daß die Strafverfügung erst nach dem 9. Februar 1996 die "Sphäre der Behörde" verlassen habe.

Dem ist jedoch zu erwidern, daß der Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgebracht hatte, die "Zustellung" der Strafverfügung sei erst nach 6 Monaten erfolgt. Damit hatte er jedoch keinen tauglichen, sachverhaltsbezogenen Einwand gegen das Nichtvorliegen der Verfolgungsverjährung erhoben, weil es auf die Zustellung für die Frage der tauglichen Verfolgungshandlung nicht ankommt. Die belangte Behörde hatte im angefochtenen Bescheid auf die Rechtzeitigkeit der Verfolgungshandlung hingewiesen und ausgeführt, daß die Strafverfügung EDV-mäßig am 9. Feber 1996 erfaßt worden und daher an diesem Tag der Post zur Beförderung übergeben worden sei, da sie am Montag, dem 12. Feber 1996 vom Beschwerdeführer bereits persönlich übernommen worden sei. Erst nunmehr behauptet der Beschwerdeführer (erstmals) die Postaufgabe nach dem 9. Feber 1996.

Vor diesem Hintergrund läßt sich die Relevanz des Einwandes des Beschwerdeführers nicht erkennen, zumal für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen ist, wenn der Rückscheinbrief im Postweg erst am darauffolgenden Montag, dem 12. Feber 1996 beim Zustellpostamt Kindberg einlangte und erst an diesem Tag dem Beschwerdeführer zugestellt wurde. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die Behörde hätte "gegebenenfalls" eine Postauskunft einholen müssen, ist ihm zu entgegnen, daß er konkrete Anhaltspunkte für eine Postaufgabe erst ab dem 10. Feber 1996 nicht aufzeigt und damit auch nicht in der Lage ist, einen der Behörde diesbezüglich unterlaufenen, relevanten Verfahrensmangel darzutun.

Soweit der Beschwerdeführer in der Sache selbst einwendet, die ihm angelasteten, durch Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug angeblich festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen seien nicht nachvollziehbar, bekämpft er die Beweiswürdigung der belangten Behörde, ohne jedoch hinreichende Argumente dafür aufzuzeigen, daß der Behörde ein relevanter Fehler des Ermittlungsverfahrens oder eine mangelhafte Beweiswürdigung vorzuwerfen sei. Die belangte Behörde stellte - ohne daß der Beschwerdeführer dagegen Konkretes einzuwenden vermochte - fest, daß die Geschwindigkeitsmeßanlage im Zivilstreifenfahrzeug zum Tatzeitpunkt geeicht war. Der betreffende Eichschein wurde - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers - anläßlich der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 24. Juni 1998 vorgelegt. Insoweit der Beschwerdeführer die Nichtbeiziehung eines "Amtssachverständigen aus dem Bereich des Meßwesens" rügt, läßt er mangels konkreter Behauptungen über einen allfälligen Mangel des Gerätes oder Fehler beim Meßvorgang die Relevanz dieses Beweisantrages nicht erkennen.

Wenn der Beschwerdeführer ferner in Zweifel zieht, daß durch Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges gemessen werden konnte, weil sich "naturgemäß" der Tiefenabstand verändere, ist ihm zu entgegnen, daß einerseits ein Mangel in der Beweiswürdigung der belangten Behörde, die in der Frage des eingehaltenen gleichbleibenden Abstandes den beiden Gendarmeriebeamten und nicht der Darstellung des Beschwerdeführers folgte, nicht zu erkennen ist, und andererseits der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, daß die Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahren mit einem Kraftfahrzeug in gleichbleibendem Abstand eine geeignete Methode zur Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung darstellt (vgl. uva. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0009, sowie das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/02/0261, mit weiterem Hinweis). Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer die Feststellung der belangten Behörde, er habe an Ort und Stelle nach der Anhaltung durch die Gendarmeriebeamten die Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht bestritten, nicht bekämpft. Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung hat jedoch keinen Einfluß auf die Rechtmäßigkeit des Schuldspruches, sondern könnte nur im Zusammenhang mit der - vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht bestrittenen - Strafbemessung von Bedeutung sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1993, Zl. 91/03/0339).

Insoweit der Beschwerdeführer schließlich rügt, daß die schriftliche Bescheidausfertigung vom mündlich verkündeten Bescheid der belangten Behörde abweiche, und damit offensichtlich meint, die belangte Behörde habe in der schriftlichen Bescheidausfertigung ergänzt, daß die jeweiligen Geschwindigkeitsüberschreitungen des Beschwerdeführers "erheblich" gewesen seien, ist ihm zu erwidern, daß darin ein wesentlicher Widerspruch zum mündlich verkündeten Bescheid nicht erblickt werden kann. Im Rahmen der mündlich verkündeten Entscheidung sprach die belangte Behörde aus, daß "die dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen erwiesen" seien. In der schriftlichen Ausfertigung gab dann die belangte Behörde nicht noch das jeweilige Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung wieder, sondern bezog sich darauf, daß die Überschreitungen erheblich seien. Damit liegt eine inhaltliche, den Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten verletzende Veränderung der Entscheidung nicht vor, weil darin kein wesentliches Tatbestandselement liegt.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Februar 1999

Schlagworte

Überschreiten der Geschwindigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998030256.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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