TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/11 LVwG-AV-1386/001-2018

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Veröffentlicht am 11.04.2019
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Entscheidungsdatum

11.04.2019

Norm

NAG 2005 §2 Abs1 Z9
NAG 2005 §8 Abs1 Z2
NAG 2005 §11
NAG 2005 §21a
NAG 2005 §46 Abs1
EMRK Art8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Mag. Schnabl über die Beschwerde des Herrn A, geb. ***, StA: Ägypten, derzeit wohnhaft in ***, *** (Ägypten), vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 08.11.2018, GZ. ***, mit dem der am 10.12.2017 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit dem persönlich und im Beisein seines damaligen gesetzlichen Vertreters, dessen Vaters C, bei der österreichischen Botschaft in Kairo am 10.12.2017 gestellten Antrag, beantragte der Beschwerdeführer A, geboren am ***, als Staatsangehöriger Ägyptens die Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß

§ 46 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Dieser Antrag langte am 09.01.2018 beim Amt der NÖ Landesregierung zuständigkeitshalber ein.

Mit diesem Antrag legte der Beschwerdeführer seinen Reisepass (gültig bis zum 24.07.2024), einen Auszug aus dem Geburtsregister (ausgestellt vom Zivilregisteramt Ismailia II am 21.07.2016), ein Führungszeugnis (ausgestellt vom Generaldirektorat für Untersuchung der Gerichtsbeweise des Innenministeriums der Arabischen Republik Ägypten am 24.09.2017), ein Goethe-Zertifikat A1 „Start Deutsch 1“ für den Beschwerdeführer (ausgestellt vom Goethe-Institut in *** am 21.11.2017), eine Reiseversicherungspolizze vom 07.12.2017, den Reisepass und Aufenthaltskarten des C, einen Auszug aus dem Scheidungsregister (ausgestellt vom Zivilregisteramt *** am 04.03.2017), eine Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister für C vom 28.11.2017, einen Mietvertrag abgeschlossen zwischen D einerseits und C andererseits am 27.11.2017, eine Haftungserklärung des C für den Beschwerdeführer vom 29.11.2017 sowie Lohn-Gehaltsabrechnungen des D für C für den Zeitraum August 2017 bis Oktober 2017 vor.

In weiterer Folge legte der Vater des Beschwerdeführers noch ergänzend dem Amt der NÖ Landesregierung ein Lohnkonto vom 04.09.2018 samt einer Kontoumsatzliste für den Zeitraum vom 01.04.2018 bis 02.10.2018 vor.

Das Amt der NÖ Landesregierung hat darüber hinaus noch Auskünfte aus dem Zentralen Melderegister und dem Zentralen Fremdenregister eingeholt.

Mit dem Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 08.11.2018, GZ: ***, wurde der am 10.12.2017 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ abgewiesen.

Begründend führte dazu die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass der Beschwerdeführer am 10.12.2017 bei der österreichischen Botschaft in Kairo einen Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG eingebracht habe und dieser Antrag am 09.01.2018 beim Amt der NÖ Landesregierung eingelangt sei. Da dem Antrag kein Quotenplatz aus der Niederlassungsverordnung des Jahres 2017 zur Verfügung gestanden sei, sei der Antrag zunächst in einer Warteliste gereiht worden und habe sodann am 17.10.2018 dem Antrag ein Quotenplatz zugeteilt werden können.

Dem Antrag sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer den Aufenthaltszweck der Familiengemeinschaft mit seinem aufgrund seines bis 08.09.2019 befristeten Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassenen Vater C, geboren am *** und ebenso Staatsangehöriger Ägyptens, beabsichtige.

§ 46 Abs. 1 NAG setze voraus, dass der Antragsteller Familienangehöriger eines Drittstaatsangehörigen sei, wobei gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 NAG Familienangehöriger unter anderem sei, wer minderjähriges lediges Kind sei. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 NAG sei im Sinne dieses Bundesgesetzes die Minderjährigkeit nach den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) zu beurteilen, demzufolge gemäß § 21 Abs. 2 erster Halbsatz ABGB minderjährige Personen seien, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten.

Der Beschwerdeführer sei laut vorliegendem Auszug aus dem Geburtsregister und laut vorliegendem Reisepass am *** geboren und somit nicht mehr minderjährig, womit eine besondere Erteilungsvoraussetzung fehle.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei demnach grundsätzlich eine Abwägung nach Art. 8 EMRK nicht mehr vorzunehmen. Zwar habe der VwGH dargelegt, dass in bestimmten Konstellationen zur Erzielung eines der EMRK gemäßen Ergebnisses der Begriff „Familienangehöriger“ von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG abzukoppeln sei und in Fällen, in denen ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug bestehe, der nicht im Bundesgebiet aufhältige Angehörige ebenso als „Familienangehöriger“ aus verfassungsrechtlichen Gründen anzusehen sei.

Das Ermittlungsverfahren habe einen aus Art. 8 EMRK ableitbaren Anspruch auf Familiennachzug jedoch nicht ergeben und sei ein derartiges Vorbringen auch nicht initiativ vorgebracht worden. Gegenständlich würden somit die Voraussetzungen als Familienangehöriger im Sinne der Definition nicht mehr vorliegen, weshalb die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels nicht möglich sei.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In seiner durch seinen nunmehrigen Rechtsvertreter erhobenen Beschwerde vom 18.12.2018 beantragte der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels stattgegeben werde.

Begründend führte dazu der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, dass er bereits am 10.12.2017 den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt habe und somit zu einem Zeitpunkt, als er noch minderjährig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe somit zum Antragszeitpunkt sämtliche gesetzlichen Erfordernisse erfüllt.

Der leibliche Vater des Beschwerdeführers sei geschieden und habe der Beschwerdeführer selbst eine entsprechende positive Prüfung der deutschen Sprache abgelegt. Er habe auch sämtliche sonstigen persönliche Urkunden vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe ein dringendes Bedürfnis, mit seinem Vater auch in persönlichen Kontakt zu treten, da er ihn über alles liebe und eigentlich nur einmal kurz pro Jahr, nämlich ein paar Tage im Sommer sehe, wenn er zum Beschwerdeführer nach Ägypten auf Besuch komme.

Im Falle einer für den Beschwerdeführer positiven Entscheidung werde er sofort nach seiner Einreise nach Österreich einen intensiven Deutschkurs besuchen, sodass er sich in der Folge in das österreichische Wirtschafts- und Sozialleben integrieren könne.

In *** würde der Beschwerdeführer alleine leben und könne er ohne seinen Vater nicht leben. Sein Vater sei bereits im Jahr 1987 legal nach Österreich eingereist und habe sich sodann über einen Zeitraum von 11 Jahren in Österreich aufgehalten. Er sei auch immer einer Beschäftigung nachgegangen und sei weder mit dem Strafrecht noch mit dem Verwaltungsstrafrecht in Berührung gekommen.

Die belangte Behörde habe auch nicht den Eingriff der abweisenden Entscheidung im Sinne des Art. 8 EMRK gewürdigt, es fehle eine konkrete Würdigung der Person des Beschwerdeführers. Durch Art. 8 EMRK würden die vielfältigen Formen des Zusammenlebens in der Familie geschützt werden und seien dadurch die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern als auch jene zwischen den Eltern umfasst. Familie sei der Inbegriff einer von wechselseitiger Zuneigung geprägten intimen Verbindung von Menschen und stelle diesbezüglich Art. 8 EMRK in erster Linie auf genetische Verwandtschaft ab. Art. 8 EMRK gelange zur Anwendung, wenn im Zeitpunkt des Eingriffes ein reales Familienleben existiere, was jedoch nicht bedeute, dass sämtliches lediglich beabsichtigtes Familienleben aus dem Anwendungsbereich falle. Schutzgut sei das gemeinsame Leben der Familienmitglieder, was der Staat nicht durch ungerechtfertigte Eingriffe erschweren oder verhindern dürfe. Das Fehlen eines gemeinsamen Haushaltes oder eines gemeinsamen Wohnsitzes sei noch kein Grund, das Vorliegen eines Familienlebens zu negieren.

Ein Eingriff in dieses Privat- und Familienleben sei nur gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt und müsse der Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein. Dieses Kriterium verlange nach einer Prüfung, ob die den Schutzbereich des Grundrechts tangierende staatliche Maßnahme im Hinblick auf das verfolgte legitime Ziel verhältnismäßig sei.

Dazu werde konkret festgehalten, dass der Vater des Beschwerdeführers von 1987 bis 1998 rechtmäßig und unbescholten in Österreich aufhältig gewesen wäre. Im Jahre 2017 habe sich der Vater des Beschwerdeführers abermals entschieden, nach Österreich auszuwandern und habe er den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 6 NAG erhalten. Der Beschwerdeführer lebe in seiner Heimat alleine und habe eine starke Bindung zu seinem Vater, weshalb das große Bedürfnis bestehe, zu ihm nachzuziehen.

Der Beschwerdeführer habe somit lediglich durch das Erreichen der Volljährigkeit seinen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltsrechts kurzfristig verloren und stelle die angefochtene Entscheidung einem unverhältnismäßigen Eingriff in das verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht gemäß Art. 8 EMRK dar.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 19.12.2018 legte das Amt der NÖ Landesregierung dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, hg. eingelangt am 27.12.2018, den Verwaltungsakt zur GZ. *** zur Entscheidung über die Beschwerde vor, dies mit der Mitteilung, dass von einer Beschwerdevorentscheidung Abstand genommen werde.

Nach Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister und in das Zentrale Melderegister den Beschwerdeführer und C betreffend führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 14.03.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter teilnahm. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nochmals vorgebracht, dass gemäß Art. 8 EMRK der beantragte Aufenthaltstitel aufgrund der besonderen Situation zu erteilen sei.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in dieser Verhandlung Beweis aufgenommen durch Verlesung der Akten GZ. *** des Amtes der NÖ Landesregierung sowie GZ. LVwG-AV-1386/001-2018 des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich und durch Einvernahme des Zeugen C.

4.   Feststellungen:

Der Beschwerdeführer A, geboren am ***, ist Staatsangehöriger Ägyptens. Er ist eben dort auch geboren und aufgewachsen und besucht zurzeit die letzte Klasse eines allgemein bildenden Gymnasiums in Ismailia, welches er im heurigen Jahr noch mit Matura abzuschließen beabsichtigt. In Österreich war der Beschwerdeführer bislang noch nie.

Die Eltern des Beschwerdeführers C und F sind seit dem Jahre 2002 geschieden. Die Mutter des Beschwerdeführers ließ damals den Beschwerdeführer und dessen rund zwei Jahre älteren Bruder bei deren Vater in *** zurück und lebt mittlerweile mit einem neuen Partner im rund 120 km entfernten ***. Der Kontakt zu ihren beiden Söhnen stellt sich in durchschnittlich dreimaligen Besuchen pro Jahr dar.

Der Beschwerdeführer übersiedelte nach der Scheidung seiner Eltern mit seinem älteren Bruder und seinem Vater in eine Eigentumswohnung seines Vaters in ***, wo der Beschwerdeführer heute noch gemeinsam mit seinem älteren Bruder lebt.

Der Vater des Beschwerdeführers, welcher schon zuvor in den Jahren 1987 bis 1998 in Österreich gelebt hatte und hier zunächst als Unselbständiger und die letzten zwei bis drei Jahre selbständig als Betreiber einer Pizzeria tätig gewesen war, kehrte 1998 aufgrund einer Erkrankung seiner Eltern nach Ägypten zurück. Nach der Scheidung seiner Ehe war er, zumal er alleine für seine beiden Söhne zu sorgen hatte, nicht berufstätig, sondern lebte von seinen Ersparnissen und eröffnete sodann 2008 oder 2009 ein Restaurant in Ägypten. Im Sommer 2017 kehrte der Vater des Beschwerdeführers nach Österreich zurück, um seitdem wieder hier als angestellter Koch in einem Restaurant tätig zu sein. Er verfügt zurzeit über einen bis 08.09.2019 gültigen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“.

Seit seiner Rückkehr nach Österreich war der Vater des Beschwerdeführers nur einmal, nämlich im Juni 2018, für rund vier Wochen zu Besuch bei seinen Söhnen in Ägypten, ansonsten erübrigen sich die wechselseitigen Kontakte auf Kontakte über soziale Medien bzw. über das Telefon. Finanziell unterstützt werden der Beschwerdeführer und sein Bruder vornämlich durch ihren Vater durch regelmäßige monatliche Überweisungen in der Größenordnung zwischen € 200,- und € 400,- und besteht eine sonstige Unterstützung der beiden vornehmlich durch deren beider Tanten, welche ebenso in unmittelbarer Nähe des Beschwerdeführers leben.

Mit Ausnahme seines Vaters hat der Beschwerdeführer keine weiteren Verwandten in Österreich. Der Bruder des Beschwerdeführers geht zurzeit einem Studium in Ägypten nach, beabsichtigt jedoch ebenso nach Österreich zu übersiedeln und hier weiter zu studieren. Ein entsprechender Antrag wurde bislang noch nicht gestellt. Es kann nicht festgestellt werden, ob und wann dem Bruder des Beschwerdeführers ein dementsprechender Aufenthaltstitel in Österreich erteilt wird.

Mit dem persönlich bei der österreichischen Botschaft in Kairo gestelltem Antrag vom 10.12.2017 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“. Mangels Vorliegens eines Quotenplatzes zum Antragszeitpunkt wurde dieser Antrag zunächst in einer Warteliste gereiht und konnte dem Antrag erst am 17.10.2018 ein Quotenplatz zugeteilt werden.

Der Beschwerdeführer beabsichtigt laut Antrag, nach Erteilung dieses beantragten Aufenthaltstitels gemeinsam mit seinem Vater in dessen derzeit von ihm angemieteten Wohnung in ***, ***, zu leben. Da diese Wohnung jedoch lediglich aus einem Zimmer besteht und eine Wohnfläche von nur 25 m² aufweist, wurde vom Vater des Beschwerdeführers bereits abgeklärt, diesfalls in eine größere Wohnung zu übersiedeln, deren Mietkosten sich auf rund € 500,- monatlich belaufen würden.

Der Vater des Beschwerdeführers bezog zuletzt aus seiner beruflichen Tätigkeit ein Einkommen von € 1.169,27 netto monatlich. Per 03.04.2018 hat zudem der Vater des Beschwerdeführers Ersparnisse von € 22.966,88. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer oder sein Vater Schulden oder sonstige regelmäßigen Aufwendungen hat.

Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer für den Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügen wird.

 

Mit Zertifikat vom 21.11.2017 wurde dem Beschwerdeführer bescheinigt, dass er am 21.11.2017 in *** beim Goethe-Institut die Prüfung „Start Deutsch A1“ bestanden hat.

Sowohl der Beschwerdeführer also auch dessen Vater sind sowohl strafrechtlich als auch verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

5.   Beweiswürdigung:

Sämtliche festgestellte Daten des Beschwerdeführers ergeben sich aus den von ihm vorgelegten persönlichen Urkunden (Auszug aus dem Geburtsregister, Reisepass) sowie aus den damit in Übereinstimmung stehenden Angaben im verfahrenseinleitenden Antrag.

Sämtliche Feststellungen über den bisherigen Lebensweg des Beschwerdeführers ergeben sich aus der durchwegs glaubwürdigen Aussage des Zeugen. Daraus ergibt sich insbesondere auch, dass der Beschwerdeführer bislang noch nie in Österreich aufhältig war.

Die Feststellungen betreffend den festgestellten Lebenslauf des Vaters des Beschwerdeführers ergeben sich ebenso aus dessen Aussage; aus dem mit dem verfahrenseinleitenden Antrag vorgelegten Auszug aus dem Scheidungsregister ist bestätigt, dass die Ehe der Eltern des Beschwerdeführers im Februar 2002 geschieden wurde. Wiederum glaubwürdig wurde dazu vom Zeugen ausgesagt, dass ab diesem Zeitpunkt für seine beiden Söhne, sohin auch für den Beschwerdeführer, welcher damals erst rund 1 1/2 Jahre alt war, zu sorgen hatte. Zumal offenkundig zur Mutter des Beschwerdeführers kaum mehr ein Kontakt besteht, ist wiederum nachvollziehbar und glaubwürdig, dass zwischen dem Beschwerdeführer und seinem nur geringfügig älteren Bruder einerseits und deren Vater andererseits ein sehr enges Verhältnis besteht.

Andererseits war entsprechend der Aussage des Zeugen festzustellen, dass dieser 2017 wieder nach Österreich zurückkehrte, wo er schon von 1987 bis 1998 gelebt und gearbeitet hatte, und seither nur mehr ein einziger Besuch des Vaters in Ägypten in der Dauer von rund vier Wochen im Juni 2018 stattgefunden hat.

Der derzeitige Aufenthaltstitel des Zeugen ist ebenso unstrittig bzw. ergibt sich aus der Bezug habenden Auskunft aus dem Zentralen Melderegister.

Was die Feststellungen über den derzeitigen Wohnsitz des Beschwerdeführers sowie die Umstände betrifft, wer finanziell und faktisch für den Beschwerdeführer und seinen Bruder, soweit es aufgrund deren Alters noch erforderlich ist, Sorge trägt, war hier wiederum der Aussage des Zeugen vollinhaltlich zu folgen. Daraus ergibt sich auch, dass mit Ausnahme seines Vaters der Beschwerdeführer in Österreich über keine weiteren Verwandten verfügt, demgegenüber die Geschwister seines Vaters in Ägypten leben und insbesondere er mit seinen Tanten, die in unmittelbarer Umgebung wohnen, ein gutes Verhältnis hat.

Zumal der Beschwerdeführer selbst beabsichtigt, in Österreich einen Aufenthaltstitel zu erlangen, ist nachvollziehbar, dass auch dessen Bruder beabsichtigt, nach Österreich zu verziehen und hier sein offensichtlich in Ägypten begonnenes Studium fortzusetzen. Da ein dementsprechender Antrag bislang noch nicht gestellt wurde, war eine Negativfeststellung dahingehend zu treffen, ob und wann ein derartiger Aufenthaltstitel an den Bruder des Beschwerdeführers erteilt werden wird.

Die Feststellungen den verfahrenseinleitenden Antrag betreffend ergeben sich aus eben diesem selbst. Unstrittig ist diesbezüglich zunächst, dass diesem Antrag (erst) am 17.10.2018 ein Quotenplatz zugeteilt wurde bzw. werden konnte. In diesem Antrag wurde zudem vom Beschwerdeführer angegeben, dass der beabsichtigte Wohnsitz der derzeitige seines Vaters ist. Aus dem dazu vorgelegten Mietvertrag ergibt sich, dass diese Wohnung allerdings nur aus einem Zimmer besteht und somit nicht glaubwürdig erscheint, zumindest es nicht der Ortsüblichkeit entsprechen würde, dass in dieser Wohnung auch der Beschwerdeführer (und allenfalls auch noch sogar in weiterer Folge dessen Bruder) leben soll. Dementsprechend sind die dargelegten Pläne des Zeugen ebenso wiederum glaubwürdig, dass er diesfalls beabsichtigt, in eine größere Wohnung mit der damit verbundenen (höheren) monatlichen Miete zu ziehen.

Sämtliche Feststellungen schließlich im Zusammenhang allgemein mit der beruflichen Situation und konkret mit dem Einkommen und den Ersparnissen des Zeugen ergeben sich aus seiner Aussage und aus den im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Bezug habenden Urkunden. Für die Annahme von Schulden oder Verbindlichkeiten gibt es keine Hinweise, geschweige denn Beweisergebnisse.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag wurde vom Beschwerdeführer weiters eine Reiseversicherungspolizze vorgelegt, welche jedoch, soweit aus der Polizze durch die angegebene Gültigkeitsdauer erkennbar, nicht mehr aufrecht ist. Es musste demnach mangels weiterer Beweisergebnisse eine Negativfeststellung im Hinblick auf einen allfälligen Krankenversicherungsschutz in Österreich getroffen werden.

Die Feststellungen über den abgeschlossenen Deutschkurs des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vorgelegten Zertifikat des Goethe-Institutes.

Die Feststellung über die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und seines Vaters ergeben sich wiederum aus der vorgelegten Auskunft aus dem Herkunftsstaat bzw. aus dem Zentralen Fremdenregister.

6.   Rechtslage:

Folgende gesetzliche Bestimmungen sind im gegenständlichen Beschwerdeverfahren von Relevanz:

§ 8 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG):

„(1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:

         (…)

2. Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt;

(…)“

§ 46 Abs. 1 NAG:

„(1) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und

         1.       der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41, einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a, eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 1, eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, sofern dieser Niederlassungsbewilligung eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. f und i AuslBG zu Grunde liegt, oder eine „Niederlassungsbewilligung – Forscher“ gemäß § 43c innehat,

         1a.      der Zusammenführende als nunmehriger Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ ursprünglich einen Aufenthaltstitel nach Z 1 innehatte,

         2.       ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende

         a)       einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ innehat,

         b)       einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a innehat,

         c)       Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt, oder

         d.       als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger über eine Aufenthaltskarte gemäß § 54 oder eine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54a verfügt.“

§ 2 Abs. 1 Z 1, 6, 9 und 10 NAG:

„(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

         1.       Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt;

         (…)

         6.       Drittstaatsangehöriger: ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist;

         (…)

         9.       Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels;

         10.      Zusammenführender: ein Drittstaatsangehöriger, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder von dem ein Recht im Sinne dieses Bundesgesetzes abgeleitet wird;

(…)“

§ 11 Abs. 1 und 2 NAG:

„(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

         1.       gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

         2.       gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

         3.       gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

         4.       eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

         5.       eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

         6.       er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

         1.       der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

         2.       der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

         3.       der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

         4.       der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

         5.       durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

         6.       der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

         7.       in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.“

§ 21a Abs. 1 und 6 NAG:

„(1) Drittstaatsangehörige haben mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.

(…)

(6) Durch Verordnung des Bundesministers für Inneres sind jene Einrichtungen zu bestimmen, deren Sprachdiplome als Nachweis gemäß Abs. 1 gelten.“

§ 21 Abs. 2 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB):

„(2) Minderjährige sind Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben; haben sie das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so sind sie unmündig.“

7.   Erwägungen:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes und der zitierten gesetzlichen Bestimmungen in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Der Antrag des Beschwerdeführers lautet auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG. Demnach ist Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen dieser Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles (des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes) erfüllen, ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende (unter anderem und soweit hier von Relevanz) einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, ausgenommen eines solchen gemäß

§ 41a Abs. 1, 4 oder 7a innehat.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich nun, dass der Vater des Beschwerdeführers nicht nur über einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ verfügt, sondern als Staatsangehöriger Ägyptens auch Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 6 NAG ist.

Um nun als Familienangehöriger im Sinne des § 46 Abs. 1 NAG zu gelten, müsste der Beschwerdeführer gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 NAG ein minderjähriges lediges Kind des Zusammenführenden sein. Die Minderjährigkeit im Sinne dieser Bestimmung richtet sich gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 NAG nach den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB). Gemäß § 21 Abs. 2 erster Halbsatz ABGB sind minderjährige Personen solche, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich dazu, dass der Beschwerdeführer am *** geboren ist, demnach sowohl jetzt als auch bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides das 18. Lebensjahr vollendet hat und somit kein Minderjähriger mehr im Sinne des § 21 Abs. 2 ABGB iVm § 2 Abs. 1 Z 9 NAG ist.

Richtig ist entsprechend des Beschwerdevorbringens nun zwar, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Nach ständiger Rechtsprechung muss jedoch die Eigenschaft als Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde vorliegen, nicht nur im Zeitpunkt der Antragstellung, dies auch etwa dann, wenn – was gegenständlich jedoch aus der Aktenlage nicht zu entnehmen ist – die Behörde säumig gewesen wäre bzw. Verzögerungen in der Bearbeitung zu verantworten hätte (z.B. VwGH 09.08.2018, Ra 2017/22/0071). Dies gilt selbst auch in Fällen, in denen mehrere Jahre zwischen Antragstellung und behördlicher Entscheidung vergangen sind (VwGH 29.02.2012, 2010/21/0508).

Zumal sohin der Beschwerdeführer nicht die Eigenschaft eines Familienangehörigen im Sinne des § 46 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 9 NAG erfüllt, fehlt es an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung.

Ebenso nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Falle des Fehlens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung eine Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK grundsätzlich nicht mehr vorzunehmen. Der Verwaltungsgerichtshof führt allerdings auch in ständiger Rechtsprechung aus, dass in bestimmten Konstellationen zur Erzielung eines der EMRK gemäßen Ergebnisses der Begriff „Familienangehöriger“ von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG abzukoppeln ist. Besteht ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug, so ist demnach als „Familienangehöriger“ aus verfassungsrechtlichen Gründen auch jener – nicht im Bundesgebiet aufhältiger – Angehörige erfasst, dem ein derartiger Anspruch zukommt (z.B. VwGH 11.02.2016, Ra 2015/22/0145 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes als auch des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hängt es von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab, ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt bzw. ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Vermeidung eines nach Art. 8 EMRK unzulässigen Eingriffs geboten ist. Dabei obliegt es primär dem Fremden ein maßgebliches Vorbringen zu erstatten (vgl. etwa VwGH 22.01.2014, Ra 2012/22/0245). Nicht näher substantiierte – bloße – Behauptungen können keine maßgebliche Verstärkung der Interessen des Fremden dartun (vgl. z.B. VwGH 24.09.2009, 2009/18/0294).

Im Grundsätzlichen wurde jedoch vom Verwaltungsgerichtshof auch immer wieder festgehalten, dass eine derartige Konstellation, in der ausnahmsweise ein Anspruch auf Familiennachzug aus Art. 8 EMRK abzuleiten ist, eine besondere zu sein hat und auch hier in der Regel das Zusammenleben Voraussetzung für eine Beziehung ist, die einem Familienleben gleichkommt und nur ausnahmsweise auch andere Faktoren als Nachweis dafür dienen können, dass eine Beziehung beständig genug ist, um faktische „familiäre“ Bindungen zu schaffen (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0125, mwN).

Beispielsweise wurde vom Verwaltungsgerichtshof als derartige besondere Konstellation im Fall einer betreuenden Person erkannt, wenn die betreute Person an einem schweren angeborenen Herzfehler leidet, in Österreich eine Korrekturoperation vorgenommen wurde und nicht auszuschließen ist, dass ein neuerlicher korrigierender Eingriff am offenen Herzen mittelfristig notwendig sein wird, sowie die erst acht Jahre alte betreute Person einer familiären Betreuung in Österreich bedarf (VwGH 20.01.2011, 2009/22/0122). Keine derartigen besonderen Umstände erkannte der Verwaltungsgerichtshof etwa in jenem Fall, in denen der Fremde seit dem Tod seiner Ehefrau „bloß“ unter Einsamkeit leidet und dadurch psychisch sehr belastet ist und deshalb zum in Österreich lebenden Sohn nachreisen will (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0125).

Aus dem konkreten Sachverhalt ergibt sich, dass wohl unzweifelhaft zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vater eine enge Beziehung besteht, wurde doch faktisch der Beschwerdeführer nach der Scheidung seiner Eltern alleine von seinem Vater aufgezogen. Ein darüberhinausgehendes Vorbringen wurde nun jedoch vom Beschwerdeführer nicht erstattet, aus dem sich ein derartig besonderes Verhältnis zwischen Beschwerdeführer und seinem Vater ergibt, um zu seinen Gunsten im Sinne der zitierten Judikatur als derartige „besondere Konstellation“ berücksichtigt werden zu können. Der Beschwerdeführer ist bereits volljährig, bedarf etwa aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen oder sonstiger besonderer Umstände keinerlei speziellen Betreuung und war auch seit dem Wegzug seines Vaters vor mittlerweile zwei Jahren im Stande, ohne seinem Vater zu leben. Insbesondere wurden vom Beschwerdeführer aufgrund dieses sehr knapp zwei Jahren bestehenden Zustandes keinerlei gravierenden psychische oder sonstige Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers genau deshalb behauptet. Im Gegenteil befindet sich auch der gesamte soziale Umkreis mit Ausnahme seines Vaters in Ägypten, war doch der Beschwerdeführer bislang noch nie in Österreich aufhältig und leben hier auch im Gegensatz zu seinem Herkunftsland keine weiteren Verwandte oder Freunde des Beschwerdeführers. Selbst die Beziehung zu seinem Vater ist unter dem Licht zu sehen, dass seit knapp zwei Jahren nur ein einziger Besuch seines Vaters in Ägypten beim Beschwerdeführer (und seinem Bruder) stattgefunden hat. Vom Beschwerdeführer wurde nicht dargelegt, aus welchen Gründen nicht häufigere Besuche, so insbesondere auch nicht Besuche des Beschwerdeführers selbst bei seinem Vater in Österreich stattgefunden haben.

Insgesamt ist somit ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis des Beschwerdeführers zu seinem in Österreich niedergelassenen Vater nicht hervorgekommen (vgl. etwa dazu VwGH 13.09.2016, Ra 2015/22/0171) und ist im Übrigen auch festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich kein Recht auf ein gemeinsames Familienleben in einem bestimmten Vertragsstaat der EMRK besteht (VwGH 07.05.2014, Ra 2013/22/0352).

Unzweifelhaft ist zudem der Bruder des Beschwerdeführers ein ebenso enger Bezugspunkt für ihn. Dieser lebt ebenso nach wie vor in Ägypten, sogar in derselben Wohnung des Beschwerdeführers. Dass dieser nach Österreich verziehen könnte, ist zurzeit noch spekulativ, sodass auch dieser Umstand außer Betracht zu bleiben hat. Vielmehr bestehen die maßgeblichen familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers nach wie vor im Herkunftsstaat (vgl. dazu VwGH 18.03.2010, Ra 2010/22/0023).

 

Im Sinne einer Gesamtbeurteilung aller geltend gemachten Umstände und vorliegenden Interessen ist im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung sohin davon auszugehen, dass die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels zur Vermeidung eines nach Art. 8 EMRK unzulässigen Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers nicht geboten ist. Im Übrigen gilt darauf hinzuweisen, dass es dem Beschwerdeführer unbenommen bleibt, bei Verfolgung eines anderen Aufenthaltszweckes und Erfüllung der diesbezüglich normierten Voraussetzungen mittels eines anderen Aufenthaltstitels nach Österreich zuzuwandern (vgl. z.B. VwGH 11.02.2016, Ra 2015/22/0145; in diesem Sinne auch VfSlg. 19.086/2010).

Seitens des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich war demnach gegenständlich auch nicht mehr zu prüfen, ob vom Beschwerdeführer die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen im Sinne des § 11 NAG erfüllt werden, wobei dazu festzuhalten ist, dass unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes der Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft und der Nachweis des Bestehens eines allen Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes gemäß § 11 Abs. 2 Z 2 und 3 NAG jedenfalls zumindest fraglich erscheint. Auch auf das Vorliegen einer (im verwaltungsbehördlichen) Verfahren einer Haftungserklärung und deren Zulässigkeit im Zusammenhang mit dem beantragten Aufenthaltstitel war demnach nicht weiter zu prüfen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Es wird dazu insbesondere auf die zahlreich zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, welcher das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gefolgt ist. Im Übrigen liegt keine rechtsfragliche grundsätzliche Bedeutung, sondern eine einzelfallbezogene Beurteilung vor (vgl. dazu VwGH 17.03.2016, Ra 2016/22/0014).

Schlagworte

Fremden- und Aufenthaltsrecht; Familienangehöriger; Rot-Weiß-Rot-Karte-plus; Interessenabwägung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1386.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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