TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/30 L518 2117260-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2019
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Entscheidungsdatum

30.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §16 Abs1
BFA-VG §17 Abs2
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L518 2117254-3/5E

L518 2117260-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. ARMENIEN, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 1 VwGVG BGBL I 33/2013 idgF, § 68 Abs. 1 AVG 1991 idgF und §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 Abs. 1a FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 18 (5) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF wird festgestellt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zu recht erfolgte. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. ARMENIEN, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 1 VwGVG BGBL I 33/2013 idgF, § 68 Abs. 1 AVG 1991 idgF und §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 Abs. 1a FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als bP1 - bP 2 bezeichnet), sind Staatsangehörige von Armenien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 08.10.2014 bei der belangten Behörde erstmalig Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die bP reisten mit ihrem damals noch minderjährigen, inzwischen volljährigen Sohn XXXXein. Auch der dritte Antrag auf internationalen Schutz des inzwischen volljährigen Sohnes wurde vom BFA bereits abgewiesen, da nunmehr jedoch kein Familienverfahren mehr vorliegt, werden die Verfahren getrennt geführt.

Zusammengefasst brachte die bP 1 im ersten Verfahren im Wesentlichen vor, dass sie im Zusammenhang mit einer Demonstrationsteilnahme im Jahr 2008 in Armenien Probleme mit der Polizei sowie mit Privatpersonen bekommen hätte. Die bP 1 vermeinte überdies, dass ihre Multiples Sklerose (MS) Erkrankung in Armenien nicht ausreichend behandelbar sei. Die bP 2 stützte sich auf die Probleme ihres Ehegatten und gab erstbefragt an, dass die bP 1 wegen ihrer Erkrankung unter Gedächtnisverlust und Gleichgewichtsstörungen leide. Die Medikamente, welche sie in Armenien verschrieben bekommen hätte, hätten zu einer Magenschädigung geführt. Andere, weniger schädliche Medikamente seien in Armenien, Georgien und der Ukraine für die Familie nicht leistbar gewesen.

Die bP hätten Armenien 2009 verlassen. Danach hätten sie sich in Georgien aufgehalten, um dann in die Ukraine zu gehen. Die Ukraine hätten sie wegen der Kämpfe dort verlassen.

Die bP legten medizinischen Befunde betreffend bP 1 und einen Dienstvertrag betreffend einer Tätigkeit der bP 2 als Reinigungskraft für 10h vor.

I.2. Die ersten Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der belangten Behörde vom 20.10.2015 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

I.3. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bP 1 von Polizisten sowie Verwandten eines bei einer Demonstration Ermordeten in Armenien verfolgt werden würde. Weiters sei die Situation im Falle der Rückkehr der bP nach Armenien unzureichend erhoben worden. Die bP 1 sei überdies krank und hätte die Behörde den Gesundheitszustand nicht ausreichend ermittelt. Betreffend die bP 1 wurden Berichte (Human Rights Watch - All i can do is cry betreffend Armut als Hindernis zum Zugang zu medizinischer Versorgung; Schweizerische Flüchtlingshilfe) zur medizinischen Versorgung in Armenien in Vorlage gebracht. Aus dem Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe vom 23.10.2012 ergibt sich, dass viele armenische Neurologen den Krankheitsverlauf und die diagnostischen Kriterien hinsichtlich MS ungenügend kennen, obwohl ausreichend medizinische Institutionen und Arbeitskräfte vorhanden wären. Es gibt auch eine Datenbank, welche die Daten der MS Patienten erfasst, 135 Patienten wurden stationär und 231 Patienten in medizinischen Ambulatorien ohne stationären Aufenthalt behandelt. Es gibt in Yerewan einen Neurologen, der im Medical Center für Patienten mit MS zuständig ist. Oft werde die Erkrankung aber nicht richtig diagnostiziert bzw behandelt, dies trotz Schulungen hierzu. Die finanziellen Belastungen sind enorm und keine speziellen Pflegeheime für MS-Erkrankte vorhanden. Medikamente sind oft nicht oder nur mit Zusatzzahlungen erhältlich. Hinsichtlich der Medikamente ist lediglich Betaferon in Armenien registriert und erhältlich. Die Kosten betragen rund 12000 Schweizer Franken pro Jahr und Person für Betaferon. Nach Angaben von Kontaktpersonen kann bei einer MS Erkrankung nicht mit einer finanziellen Unterstützung des armenischen Staates gerechnet werden, da diese Krankheit nicht vom BBP (Basiv Benefits Package) abgedeckt werden. Der Patient ist gezwungen, die Kosten für die regelmäßige Injektionstherapie mit dem in Armenien verfügbaren Medikament Betaferon selbst zu übernehmen. Gewisse andere Bestandteile einer MS Behandlung wie beispielsweise die stationäre Behandlung von Schüben oder MRI Untersuchungen können unter Umständen durch das BBP abgedeckt werden, wofür allerdings keine Garantie besteht. Bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium ist es möglich, dass eine Behindertenpension ausgezahlt wird, welche aber weder gewährleistet, noch die anfallenden Kosten für eine immunmodulierende Therapie ansatzweise decken würde.

Hingewiesen wurde darauf, dass die bP 2 bereits in der Erstbefragung auf die Erkrankung der bP 1 hingewiesen habe und diese an Gedächtnisverlust und Gleichgewichtsstörungen aufgrund der Erkrankung leide. Eine kognitive Beeinträchtigung ergäbe sich auch aus den vorgelegten Befunden bzw. sei dies im Zusammenhang mit MS bekannt. Man hätte daher die Auswirkungen der psychischen Verfassung der bP 1 auf ihr Aussageverhalten berücksichtigen müssen und hätte die belangte Behörde allenfalls ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen. So wäre man zu einer anderen Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens gelangt und sei die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens vorwiegend auf (vermeintliche) Widersprüche zwischen dem Vorbringen der bP 1 in der Erstbefragung und in der Einvernahme gestützt worden. Dieses Vorgehen sei unzulässig und wurde auf eine Entscheidung des VfGH verwiesen bzw. ausgeführt, dass schon die Qualität der Erstbefragung nicht mit jener vor den Asylbehörden gleichgesetzt werden könne.

Die Behandlungsbedürftigkeit der bP 1 würde für das gesamte Leben bestehen und im Umfang regelmäßig zunehmen. Sie benötige derzeit Pantoloc und Aprednisolon und regelmäßige fachärztliche Kontrollen. Bei einer Rückkehr würde die Familie in eine ausweglose Situation gelangen, da die bP 1 auch nicht mehr arbeitsfähig sei und die bP 2 für die Familie aufkommen müsse. Es sei keine Wohngelegenheit gegeben und hätten die bP auch keine Verwandten.

Der armenische Staat sei nicht schutzfähig und bestünde keine innerstaatliche Fluchtalternative.

Die bP seien um Integration bemüht und müsse auch die Frage der Fortsetzung der medizinischen Behandlung in Österreich bei der Frage der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung berücksichtigt werden.

I.4. Mit Schreiben vom 18.12.2015 legten die bP eine Anfragebeantwortung von Accord vom 20.11.2015 betreffend der Behandelbarkeit und Kosten für eine Behandlung wegen MS vor.

Konkret wurde darin ausgeführt, dass ein in Armenien tätiger Neurologe kontaktiert wurde. Dieser hätte angegeben, dass die Regierung nur die Behandlungskosten von akuten Exazerbationen bei MS übernehme. Die Kosten für krankheitsmodifizierende Behandlungen würden von den Patienten übernommen und seien nicht alle krankheitsmodifizierenden Behandlungen in Armenien registriert. Es sei nur Betaferon registriert, das 800 Eur pro Monat koste und Mitoxantron, das viel billiger sei. Andere Medikamente (Avonex oder ein persisches Biosimilar, Copaxone, Rebif oder ein russisches Biosimilar) würden aus Russland importiert und würden auch Generika (Fumaderm anstatt Tecfidera; Arava anstatt Aubagio) verwendet. Die Kosten für diese Medikamente müssten die Patienten selbst tragen. Der Ombudsmann habe in seinem 2014 veröffentlichten Bericht geschrieben, dass MS von der Regierung nicht in die Liste der Krankheiten aufgenommen worden sei, für die die Medikamente kostenlos zur Verfügung gestellt würden. Das führe dazu, dass die teuren Medikamente für die MS Erkrankten die meiste Zeit nicht verfügbar seien. Ein weiterer Nachrichtenbericht vom Mai 2015 gebe ein Interview mit dem Leiter der neurologischen Fakultät an der staatlichen medizinischen Universität in Jerewan zum Thema MS wieder. Demnach sei die Behandlung von MS teuer und wären die Kosten fast zur Gänze von den Patienten zu tragen, da es in Armenien keine staatlichen Programme gäbe, die Personen mit MS unterstützen. Festgehalten wurde, dass allgemeine Informationen zum Gesundheitssystem in diversen, angeführten Berichten zu finden wären, angeführt wurde unter anderem der Bericht All i can do is cry.

I.5. Am 28.12.2015 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Dokumentvorlage ein. Vorgelegt wurden medizinische Unterlagen betreffend die bP 1 und 2.

I.6. Für den 19.01.2016 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer Beschwerdeverhandlung.

Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung brachte die bP vor, bisher im Asylverfahren wahrheitsgemäße Angaben gemacht zu haben und wurde mit ihnen insbesondere der Gesundheitszustand erörtert.

Vorgelegt wurden:

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Endoskopischer Befund vom 10.11.2014

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Bericht vom 11.11.2014

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Diätersuchen vom 17.11.2014

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2 Befunde vom 27.07.2015

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Kurzarztbrief vom 29.10.2015

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Fachbefund vom 12.11.2015

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Kopie eines Schreibens des armenischen Gesundheitsministeriums, aus dem hervorgeht, dass Betaferon in Armenien nicht kostenlos erhältlich ist und das Gesundheitsministerium dieses Medikament nicht als humanitäre Hilfe erhält, der Antrag wurde von einer Rechtsanwältin namens XXXX am 08.01.2016 gestellt. (laut Dolmetscherin)

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Unterstützungsschreiben Vermieter (nette Familie, Wohnung gepflegt, ordentliche Menschen)

I.7. Der bP 1 wurde mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.03.2016 eine vom BVwG in Auftrag gegebene Anfragebeantwortung der Staatendokumentation über MedCOI vom 14.03.2016 zur Verfügbarkeit und Kosten von Interferon beta 1b übermittelt.

I.8. In der Stellungnahme vom 04.04.2016 wurde ausgeführt, dass die vom BVwG mit Schreiben vom 21.03.2016 übermittelte Anfragebeantwortung nicht nachvollziehbar sei.

I.9. Mit Schreiben vom 07.04.2016 wurde eine ergänzende Stellungnahme übermittelt. Hingewiesen wurde darauf, dass es gemäß den auszugsweise beigelegten aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft Neurologie betreffend MS kein Betaferon in Tablettenform gäbe.

I.10. Am 02.06.2016 langte ein Beweisantrag ein. Die bP stellten den Antrag, das BVwG möge eine Anfrage an das armenische Gesundheitsministerium hinsichtlich der Verfügbarkeit und der Kosten von Betaferon in Armenien stellen. Damit könnte auch das Schreiben des armenischen Gesundheitsministeriums überprüft werden. Die Anfragebeantwortung von Accord sei aussagekräftiger, jedenfalls im Verhältnis zu jener der Staatendokumentation als gleichwertig anzusehen. Beantragt wurde, ein Sachverständigengutachten zur Verfügbarkeit und Kosten für Interferon einzuholen.

I.11. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 13.06.2016 wurden die Beschwerden gegen die Ablehnung der ersten Anträge der bP auf internationalen Schutz abgewiesen.

I.11.1. Beweiswürdigend hielt das BVwG unter anderem fest:

"Die bP 1 wurde bereits in Armenien wegen ihrer MS Erkrankung behandelt und wurde diese auch dort ordnungsgemäß festgestellt. Wie sich aus den von der bP selbst vorgelegten medizinischen Berichten von Accord und der Schweizer Flüchtlingshilfe sowie letztlich auch aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation ergibt, ist Betaferon in Armenien jedenfalls erhältlich. Soweit die Anfragebeantwortung in Zweifel gezogen wird, weil hier von Betaferon in Tablettenform gesprochen wird, ist festzuhalten, dass auch dieser Bericht - genauso wie die beiden von den bP selbst vorgelegten - davon ausgeht, dass Betaferon in Armenien jedenfalls erhältlich ist. Es kann aufgrund der beiden vorgelegten, im Wesentlichen übereinstimmenden Berichte (Accord, SFH) davon ausgegangen werden, dass Betaferon in Armenien erhältlich ist, wenn auch zu erheblichen Kosten, welche grundsätzlich vom Patienten selbst zu tragen sind. Ob Betaferon in Tablettenform erhältlich ist oder nicht, kann letztlich dahingestellt bleiben, weil auch die Berichte von Accord und SFH eben von einer registrierten und ordnungsgemäßen Betaferonbehandlung ausgehen und diesen Berichten zu folgen ist. Die Anfragebeantwortung über MedCOI weist demgegenüber offensichtlich Mängel auf, welche jedoch mangels Entscheidungsrelevanz nicht weiter zu verfolgen waren. Aufgrund der vorgelegten Berichte konnten die oben angeführten Feststellungen getroffen werden, welche eine abschließende Beurteilung der medizinischen Versorgungsmöglichkeiten der bP 1 in Armenien ermöglichen. Hingewiesen wird auf die Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung unter Punkt II.5. bzw. die rechtlichen Ausführungen zur Judikatur betreffend Behandlungsmöglichkeiten und Unbeachtlichkeit von Kosten in diesem Zusammenhang.

In Bezug auf die mit Schreiben vom 02.06.2016 gestellten Beweisanträge, eine Anfrage an das armenische Gesundheitsministerium zu stellten bzw. einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens hinsichtlich der Verfügbarkeit und Kosten von Betaferon in Armenien wird festgehalten, dass hier über deren Zulässigkeit nicht entschieden werden muss, weil diese für die Entscheidung des ho. Gerichts nicht mehr maßgeblich sind.

So ist wie bereits dargelegt durch die zwei vorgelegten Berichte ausreichend dargetan, dass selbst Accord und SFH von einer Behandelbarkeit von MS und Verfügbarkeit von Betaferon in Armenien ausgehen. Die Seriosität dieser Quellen wurde nicht bestritten. Eine Betaferon-Behandlung ist in Armenien möglich. Darüber hinaus sind diverse andere Medikamente verfügbar. Da die Behandelbarkeit gegeben ist, braucht auch dem Antrag in der Verhandlung dazu, dass ein Gutachten betreffend der Frage, welche gesundheitlichen Auswirkungen die Behandlung mit einem anderen Medikamenten hätte, nicht gefolgt werden. Die Kosten einer etwaigen Behandlung wiederum entfalten vor dem Hintergrund der Judikatur des EGMR keine Relevanz (vgl. unten). Zusätzlich wird das Schreiben des Gesundheitsministeriums nicht angezweifelt und kann hat auch das BVwG festgestellt, dass die Patienten für die Behandlung mit Betaferon selbst aufkommen müssen, dies da eben MS nicht auf der Liste der gratis zu behandelnden Erkrankungen steht. Nichts desto weniger gibt es aber Behandlungsmöglichkeiten und sind diverse Medikamente im Zusammenhang mit MS in Armenien verfügbar. Mit diesem Antrag sowie den diversen Stellungnahmen bzw. Urkundenvorlagen wird offenbar versucht, das Verfahren zu verschleppen, um den bP den Aufenthalt in Österreich zu verlängern.

...

II.2.4.2. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn diese anführt, dass die Angaben der bP blass, wenig detailreich und diametral widersprüchlich waren.

Konkret hielt bereits das BFA in seiner Entscheidung betreffend die bP 1 (ähnlich hinsichtlich bP 2) fest:

...

Diesen angeführten Voraussetzungen für die Qualifizierung eines Erlebnisberichtes als glaubhaft, vermochten Sie und Ihre am selben Tag befragte Ehefrau in den folgenden Punkten nicht zu entsprechen. Vor dem Hintergrund dieser Prämissen ist die von Ihnen vor der Behörde präsentierte "Fluchtgeschichte" tatsächlich als blass, nicht substantiiert sowie diametral widersprüchlich (insbesondere zu den Aussagen Ihrer Frau) und daher in der Folge als nicht glaubhaft zu qualifizieren, ist doch im Konkreten in diesem Zusammenhang anzuführen, dass Sie anlässlich Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 09.10.2014 ausführten, dass es im März 2008 in Jerewan zu Demonstrationen gekommen sei, dabei sei es zu Gewaltanwendungen zwischen den Demonstranten und der Polizei gekommen. Dabei seien zehn Menschen verstorben. Sie hätten konkret einen Vorfall beobachtet, wobei Polizisten in Zivil auf einen Demonstranten schlugen, welcher in weiterer Folge verstorben sei. Zwei Tage später seien zwei Polizeibeamte (einer in Uniform, einer in Zivilkleidung) zu Ihnen nach Hause gekommen. Sie seien befragt worden was Sie gesehen hätten, woraufhin Sie erklärten, nichts gesehen zu haben. Später seien einige Ihnen fremde Personen zu Ihnen nach Hause gekommen. Sie hätten Ihnen erklärt, sie seien die Verwandten des Verstorbenen und Sie sollten aussagen, was Sie gesehen hätten. Neuerlich beteuerten Sie, nichts gesehen zu haben. Später seien wieder die Polizisten zu Ihnen gekommen und hätten Sie mitgenommen. Sie seien von Ihnen geschlagen worden, woraufhin Sie auch bewusstlos geworden wären. Als Sie wieder zu sich kamen, hätten Sie sich bereits in einem Krankenhaus befunden. Dort wären Sei einen Monat lang behandelt worden. Als Ihr Sohn XXXX vom Militärdienst zurückkam, hätten Sie sich (2009 oder 2010) nach Georgien begeben. Dort hätten Sie zufällig die gleichen Beamten getroffen. Sie seien wiedererkannt worden, woraufhin Sie im Juli oder August 2013 in die Ukraine weiter reisten. Da aber dort es zu kriegerischen Handlungen kam, hätten Sie sich schließlich nach Österreich begeben.

Am 13.10.2015 wurden Sie nun neuerlich zu Ihrem Vorbringen vom Bundesamt befragt. Dazu hielten Sie vorweg fest, weder mit der Polizei noch den staatlichen Behörden, Probleme gehabt zu haben. Auch sei kein Gerichtsverfahren gegen Sie laufend. Sie seien auch niemals ein aktives Mitglied einer politischen Partei oder eines Vereines gewesen. Zum eigentlichen Vorbringen hielten Sie nun fest, dass Sie selbst im Zuge der Demonstrationen von 2008 mit einem Schlagstock geschlagen worden wären, als Sie mit Ihrem Mobiltelefon eine Misshandlung eines anderen Demonstranten fotografieren wollten. Zwei oder drei Tage später seien Polizisten zu Ihnen nach Hause gekommen und hätten Sie befragt (Ihre am gleichen Tag befragte Frau meinte zu selbiger Frage, dass die Polizei erstmals eine Woche nach Demoteilnahme zu Ihnen kam.) Sie seien am selben Tag noch von den Beamten mitgenommen worden. Da Sie nichts berichten konnten, hätte man Sie wieder frei gelassen. Wiederum ein paar Tage später seien Sie dann vermutlich von den Verwandten des verstorbenen Demonstranten aufgesucht und befragt worden.

Konkretere Angaben zum Verstorbenen konnten Sie nicht machen (vgl. "Ich weiß dazu nichts Genaues."). Ihre Frau hingegen meinte, auf die Frage, wie genau sie Kenntnis erlangt habe, dass genau dieser Mann umgekommen sein muss, vage, dies aus den Medienberichten erfahren zu haben. Vorgehalten, dass Sie in der Erstbefragung, in der Sie durchaus nicht nur in zwei oder drei Sätzen Ihre Vorbringen schilderten, dort weder erwähnten fotografiert zu haben und schon gar nicht, dort sogar geschlagen worden wären, in weiterer Folge sogar nach Hause getragen werden mussten, konnten Sie dies nicht substantiiert entkräften (vgl. "Dort wurde ich nicht danach gefragt."). Dazu vorgehalten, dass dies keinesfalls der Wahrheit entspreche und Sie sehr wohl ausführlich berichteten, konnten Sie dies dem Bundesamt nicht schlüssig erläutern (vgl. "Ich habe aber auch erzählt, dass ich von der Polizei abgeholt wurde.").

Vorgehalten, dass Ihre Ehefrau in der Erstbefragung, abgesehen davon (im Gegensatz zur neuerlichen Einvernahme vor dem Bundesamt), dass sie behauptete, nichts Genaues zu wissen, erklärte, dass Sie von unbekannten Leuten geschlagen worden wären, Sie wiederum von Polizisten sprachen, ergänzten Sie dazu: "Ich habe daraus geschlossen, dass es Polizisten sind, da zwei uniformierte Männer zu mir nach Hause gekommen sind." Nun wiederum hingewiesen, dass Sie in der Erstbefragung dezidiert behaupteten, dass ein Mann in Zivilkleidung bei Ihnen zu Hause erschien und ein weiterer in Uniform, erwiderten Sie nunmehr nicht plausibel nachvollziehbar, dass Sie das nie gesagt hätten.

Befragt wie es nun weiterging, erzählten Sie, dass die Verwandten des Verstorbenen von Ihnen Fotos der Misshandlungen haben wollten, woraufhin Sie erklärten, dass Sie das Handy nicht mehr hätten. Sie seien danach beschimpft worden, dass Sie mit den Polizisten zusammen arbeiten würden.

Befragt wer konkret Sie nun verfolge, hielten Sie vorerst fest, dass die Polizisten und die Verwandten dies tun würden. Auf logische Rückfrage, warum nun die Polizei Sie verfolgen solle, erklärten Sie wiederum ausweichend, dass es eigentlich keinen Grund gab Sie weiter zu verfolgen. Sie bekräftigten nunmehr, dass Sie dann mehr Probleme mit den Verwandten des verstorbenen Demonstranten bekommen hätten. Diesbezüglich muss ausdrücklich auf die Aussagen Ihrer am selben Tag befragten Ehefrau hingewiesen werden, die unmissverständlich im diametralen Widerspruch dazu äußerte, dass es keine Verfolgung seitens der Verwandten gegeben hätte, da diese eingesehen hätten, dass Sie damit gar nichts zu tun hätten.

Sie hingegen behaupteten nun erstmals, dass Sie einmal von der Arbeit mit dem Bus nach Hause gefahren seien und beim Aussteigen von zwei Männern in einen Mercedes gesteckt worden wären. Sie seien entführt worden und erst auf einem Friedhof wieder aufgewacht. Sie wachten danach erst wieder im Krankenhaus auf. An mehr könnten Sie sich nicht erinnern. Vorhalten, dass Sie ein derart einprägsames Erlebnis in der Erstbefragung völlig unerwähnt ließen, so sprachen Sie nie auf einem Friedhof gebracht worden zu sein, bzw. völlig anders schilderten, wurden Sie auch dazu aufgefordert Stellung zu nehmen. Diesbezüglich konnten Sie ebenso nicht substantiiert entgegentreten (vgl. "Ich wundere mich selbst."). Sie merkten dazu auch an, dass Ihre Erkrankung an Multiple Sklerose vielleicht Schuld sei, Dinge zu vergessen. Dazu muss aber seitens des Bundesamtes auch verwiesen werden, dass eine Behauptung, man sei zu einem Friedhof gebracht worden und dies habe man "vergessen" nicht lebensnah erscheine (vgl. Ihre Entgegnung dazu: "Weiß nicht, was ich dazu sagen soll.").

Auf logische Rückfrage, wie nun Verwandte des angeblich verstorbenen Demonstranten Sie an Ihrer Adresse ausfindig machen konnten, konnten Sie ebenfalls nicht plausibel erklären. Ebenso konnten Sie auf berichtigte und schlüssige Rückfrage nicht substantiiert antworten, warum Sie einerseits eine derartige Verfolgung Ihrer Person befürchten und andererseits Monate zuwarten und erst nachdem Ihr älterer Sohn seinen Grundwehrdienst abgeleistet hat, ausreisten.

Sie konnten für Ihr gesamten Behauptungen keinerlei Beweismittel in Vorlage bringen. Zudem gaben Sie selbst an, legal unter Verwendung Ihres Reisepasse aus Armenien ausgereist zu sein ("Ich bin ja nicht offiziell verfolgt, von den Behörden."). Sie konnten auch keinerlei Unterlagen für Ihren behaupteten Krankenhausaufenthalt vorlegen. Sie seien aber zwei Mal für ca. einen Monat im Krankenhaus gelegen. Wiederum vorgehalten, dass Sie bisher bestätigten einmal für einen Monat im Spital aufhältig gewesen zu sein, stellten Sie vor dem Bundesamt die Behauptung auf, dass Sie in der Erstbefragung nur gefragt worden wären, wann Ihre Diagnose Ihrer Krankheit gestellt worden sei. Auch dies widerspricht Ihren niederschriftlichen Aussagen vom 09.10.2014 (s. Seite 5).

Sie wurden auch in der neuerlichen Einvernahme vor dem Bundesamt gefragt, warum Sie Georgien, wo Sie sich beinahe vier Jahre aufhielten, verließen. Dazu ergänzten Sie, dass Sie und Ihre Familie einmal auf ein Dorffest gegangen seien und zufällig auf die gleichen Beamten, mit denen Sie in Armenien Probleme hätten, getroffen hätten.

Sie seien auch 2010 für etwa eine Woche nach Armenien zurückgekehrt, um dem Begräbnisfeierlichkeiten Ihrer verstorbenen Mutter beizuwohnen. Sie hätten in dieser Zeit auch keinerlei Probleme weder mit den Verwandten noch mit den zwei Polizisten bekommen. Ihre Frau entgegnete diesbezüglich wiederum, dass Sie lediglich zwei oder drei Tage sich dort aufgehalten hätten.

Abschließend auf logische Rückfrage, zumal Sie Vorfälle des Jahres 2008 behaupten, was Ihnen nun aus heutiger Sicht bei einer Rückkehr drohen würde, fügten Sie lediglich an, dass Sie dort nicht mehr leben möchten und auch nicht zurückkehren werden. Auch Ihre dazu befragte Ehefrau hielt diesbezüglich ursprünglich (in der Erstbefragung) fest, dass Sie wegen Ihrer Medikamente in Armenien Magenprobleme bekommen hätten und lies weiter wissen: "Andere, weniger schädliche Medikamente waren für uns in Armenien, Georgien und in der Ukraine nicht leistbar. Wir hatten nicht die finanziellen Mittel, uns die besseren Medikament kaufen zu können...". Die allgemeine, aktuell noch immer triste Situation im Herkunftsland ist durch verschiedenste Berichte hinlänglich bekannt und der Wunsch nach besseren, geordneten und gesicherten Lebensverhältnissen ist durchaus verständlich. Aktuell drohende individuelle Gefahr einer asylrechtlich relevanten Verfolgung konnten Sie jedoch nicht glaubhaft machen.

Zusammenfassend wird festgehalten, dass es im Asylverfahren nicht ausreichend ist, dass Sie Behauptungen aufstellen, sondern Sie müssen diese glaubhaft machen. Dazu muss Ihr Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und widerspruchsfrei sein, die Handlungsabläufe den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch Sie persönlich glaubwürdig sein. Ihre Aussagen entsprechen im Gesamten gesehen aber diesen Anforderungen nicht. In gesamtheitlicher Betrachtungsweise des Vorbringens gelangt das Bundesamt zum Schluss, dass Sie Ihren Fluchtgrund zwar asylbezogen zu schildern versuchten, die von Ihnen geschilderten Ereignisse mangels Substantiiertheit, mangels Nachvollziehbarkeit und der aufgezählten und teilweise frappanten Widersprüche nicht wirklich derart erlebt haben, weshalb die Glaubwürdigkeit zu versagen war, und es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass Sie begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht hat. Zudem konnten Sie für Ihr gesamtes Vorbringen keinerlei Beweismittel in Vorlage bringen.

Es haben sich im gegenständlichen Fall auch keine ausreichend nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die armenischen Behörden Ihnen effektiven Schutz gegen allfällige Angriffe und Bedrohungen tatsächlich verweigern würden. Aber auch bei der hypothetischen Annahme, dass die Polizei nicht schutzwillig gewesen wäre, hätten Sie sich nach dem Vorfall an eine lokale Polizeistation oder an eine übergeordnete Dienststelle wenden können. Dass Sie dies versucht hätten, brachten Sie nicht vor und sind Sie auch nicht mit Hilfe eines Rechtsanwaltes, einer NGO oder der Nationalen Menschenrechtskommission gegen Ihre Gegner vorgegangen, womit Sie aber Ihren Behörden auch die Möglichkeit genommen haben, gegen die vorgebrachten Übergriffe entsprechend vorzugehen.

....

Weder die bP 1 noch die bP 2 erfüllten die bereits von der belangten Behörde erörterten Kriterien für die Erstattung eines glaubwürdigen Vorbringens. Dies weder im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde noch im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Insbesondere hinterließen sie keinen persönlich glaubwürdigen Eindruck, vielmehr zeichnete sich das Vorbringen dadurch aus, dass es in den relevanten Teilen vage und ausweichend gestaltet wurde und insbesondere gravierende Widersprüche aufwies. Ihr Vorbringen erfüllte nicht die Anforderungen der Realkennzeichen eines den Tatsachen entsprechenden Vorbringens, die bP versuchten auch immer wieder, das Vorbringen zu steigern, vorerst getätigte Angaben zu rechtfertigen oder relevieren bzw. war das Vorbringen teils derart unstrukturiert und nicht abgestimmt, dass es einfach auch nicht nachvollziehbar war.

So zeichnet sich doch die Wiedergabe von tatsächlich selbst erlebten Umständen bzw. Ereignissen gerade dadurch aus, dass man nicht lediglich -wie im gegenständlichen Fall objektive Rahmenbedingungen darlegt, sondern entspricht es vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, oft weitschweifend unter Angabe der eigenen Gefühle bzw. unter spontaner Rückerinnerung, Zeit-Ort-Verknüpfungen und an auch oft unwesentliche Details oder Nebenumstände berichten.

II.2.5.2. Der oben wiedergegebenen Würdigung der belangten Behörde in Bezug auf das Fluchtvorbringen kann voll und ganz gefolgt werden. Hierzu ist vorweg auszuführen, dass entgegen den Ausführungen in der Beschwerde die Widersprüche zwischen Erstbefragung und Einvernahme von der belangten Behörde zu Recht aufgegriffen wurden.

...

Das erkennende Gericht verkennt im Hinblick auf das Aussageverhalten der bP 1 zusätzlich nicht, dass dieser gemäß vorgelegtem Fachbefund der MS-Ambulanz vom 09.03.3016 nach Erhebung des psychischen Zustandes indirekt über den Dolmetscher an diskreten kognitiven und mnestische Störungen leidet. Damit liegen zwar bei der bP 1 Einschränkungen im Zusammenhang mit ihrer MS Erkrankung vor, konkret leidet die bP 1 an einer diskreten und damit leichten Beeinträchtigung der Merk- und Erinnerungsfähigkeit, welche auch gemäß Befund nur über den Dolmetscher erhoben werden konnte. Dennoch ist es der bP 1 möglich, psychisch den Alltag zu meistern und hat sie auch trotz der Erkrankung bis zur Ausreise gearbeitet. Auch aktuell schätze sie sich in der mündlichen Verhandlung als arbeitsfähig ein, sie gab an, dass sie arbeiten gehen wolle. Darüber hinaus konnte sie in allen Einvernahmen übereinstimmend angeben, was sie wann gemacht und wo sie gelebt hat, wie die Familie ausgereist ist, wo der Rest der Familie lebt und hat sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch angeben können, welche Medikation sie in Armenien zu welchem Preis (10 Stück Prednisolon für ca. 20 Cent pro Monat) erhalten hat, was ebenso eine schwerwiegende Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten kontraindiziert. Im Lichte dessen und da die bP 1 auch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG wie schon in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt die grundsätzliche Fähigkeit, die ihm gestellten Fragen zu erfassen und zu beantworten, zeigte, war - wie offenbar schon für die belangte Behörde - kein maßgeblicher Hinweis darauf gegeben, dass die bP 1 nicht in der Lage gewesen wäre, ihre Interessen im Verfahren wahrzunehmen und entsprechende Angaben zu seinen Ausreiseumständen und -gründen zu tätigen. Vielmehr konnte im Verhandlungsprotokoll festgehalten werden, dass die bP 1 die an sie gerichteten Fragen klar und präzise und ohne langes Zögern beantworten konnte und während der gesamten Einvernahme einen zeitlich und örtlich orientierten Eindruck hinterlassen hat. Auch zu Beginn der Verhandlung befragt dazu, ob sie psychisch und physisch in der Lage sei, der Verhandlung zu folgen gab die bP 1 an, dass es ihr im Moment gut ginge und sie in der Lage sei, der Verhandlung zu folgen. Es könne sein, dass sie keine Fragen mehr beantworten könnte. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht damit auch nicht, dass etwa psychische Erkrankungen im Hinblick auf konstatierte Unstimmigkeiten im Aussageverhalten zu berücksichtigen sind (vgl. etwa VwGH vom 16.04.2009, Zl. 2007/19/1193, VwGH vom 20.02.2009, Zlen. 2007/19/0827 bis 0829 und VwGH vom 28.06.2005, Zl. 2005/01/0080), im gegenständlichen Verfahren handelt es sich bei den Widersprüchen jedoch um keine geringfügigen Unstimmigkeiten im Vorbringen, sodass dieser Rechtfertigungsversuch jedenfalls ins Leere gehen muss. Damit konnte auch Abstand davon genommen werden, wie beantragt einen Sachverständigen damit zu beauftragen, letztlich die Prozessfähigkeit der bP 1 festzustellen.

Zu den behaupteten Dolmetscherproblemen bzw. Missverständnissen mit diesem ist festzuhalten, dass gerade dieses gehäufte behaupten von falschen Protokollierungen zeigt, dass die bP offenbar versuchten, die Erstbefragung zu entkräften und unbegründet von Dolmetscherproblemen sprachen. Derartige Probleme scheinen nur für den absurden Fall möglich, dass die bP ein Vorbringen erstatten, welches der Dolmetsch falsch bzw. missverständlich übersetzte, diese falsche bzw. missverständliche Übersetzung protokolliert wurde und letztlich die falsche bzw. missverständliche Protokollierung vom Dolmetsch, neuerlich falsch und missverständlich, jedoch inhaltlich in jener Weise, wie das Vorbringen von der bP ursprünglich erstattet wurde, dieser im Rahmen der Rückübersetzung zur Kenntnis bringt. Ein solches Vorgehen erscheint im vorliegenden Fall nicht plausibel.

Es sind keine Gründe ersichtlich, dass den im Akt ersichtlichen Protokollen nicht der volle Beweis zukommt und daher ist davon auszugehen, dass das Vorbringen der bP im dort ersichtlichen Umfang authentisch protokolliert wurde. Die bP bestätigten dies nach Rückübersetzung mit ihren Unterschriften.

II.2.5.2. Damit kam bereits die belangte Behörde aufgrund ihrer Würdigung richtiger Weise zu dem Ergebnis, dass das Vorbringen der bP zu ihren Fluchtgründen zur Gänze unglaubwürdig war. Tatsächlich erwähnte die bP 1 im Rahmen ihrer Erstbefragung weder, dass sie selbst geschlagen und sogar nach der Demonstrationsauflösung nach Hause getragen werden hätte müssen, noch dass sie bei der Demonstration fotografiert hätte, was schließlich Auslöser für die behauptete Verfolgung durch Privatpersonen (Verwandte eines bei der Demonstration Ermordeten) gewesen sei. Zwar mag in Anbetracht der psychischen Beeinträchtigung der bP 1 noch erklärbar sein, dass sie davon gesprochen hat, dass die Polizei ein bis zwei Tage nach der Demonstration gekommen wäre, während die bP 2 aussagte, die Polizei sei nach 1 Woche gekommen. Dass aber die bP 1 derart gravierende und angeblich zur Verfolgung führende Umstände wie körperliche Übergriffe durch die Polizei und Fotografieren eines Übergriffes durch die Polizei auf einen Demonstrationsteilnehmer sowie eine Verfolgung von Verwandten dieses bei der Demonstration Ermordeten nicht erwähnt hat, kann nicht auf die Erkrankung zurückgeführt werden und entbehrt jeglicher Plausibilität. Es kann davon ausgegangen werden, dass selbst eine in ihrem Erinnerungsvermögen leicht beeinträchtigte Person gerade die Umstände sofort nach Einreise und erstbefragt anführt, welche tatsächlich zur Ausreise führten und eben derart gravierend waren, dass ein weiterer Aufenthalt im Heimatland nicht mehr möglich war.

Auch dass die bP 1 keinerlei Angaben zu der bei der Demonstration angeblich ermordeten Peron tätigen konnte, deren Verwandte sie angeblich bedroht hätten, spricht nicht für ihre Glaubwürdigkeit. Vor allem da die bP 2 nach Rückfrage demgegenüber vage angegeben hat, dass sie aus den Medien erfahren hätten, dass gerade diese Person verstorben sei, welche die bP 1 gesehen hätte. Auch konnten die bP 1 und 2 nicht schlüssig erklären, wie die Verwandten davon Kenntnis erlangt haben könnten, dass gerade die bP 1 bei der Demonstration anwesend gewesen ist und eventuell Fotos von ihrem ermordeten Verwandten haben könnte oder wie die Verwandten überhaupt die Adresse der bP herausgefunden haben könnten.

Völlig diametral waren die Angaben der bP 1 und 2 vor der belangten Behörde im Rahmen der Einvernahme abschließend dazu befragt, wer sie letztlich derart verfolgt hätte, dass sie das Land verlassen mussten. So gab die bP 1 über mehrfache Nachfrage an, dass die Polizei wohl keinen Grund mehr gehabt hätte, sie zu verfolgen, aber die Verfolgung durch die Verwandten des Ermordeten mehr geworden wäre. Die bP 2 gab demgegenüber an, dass sie vermehrt von der Polizei verfolgt worden wären, da die Verwandten eingesehen hätten, dass die bP 1 mit dem Vorfall nichts zu tun hatte.

Die in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde herangezogenen Widersprüche betreffend dem Umstand, ob es sich um uniformierte Polizisten, unbekannte Personen bzw. einen Polizisten in Zivil und einen in Uniform beim ersten Besuch der Familie zu Hause gehandelt hätte, oder ob die Verwandten ständig oder 2-4 Mal gekommen sind, treten vor diesen gravierenden Widersprüchen in den Hintergrund. Schließlich hat die bP 1 auch im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde ihr Vorbringen dahingehend gesteigert, dass sie die Verwandten des Ermordeten auch nochmal entführt, geschlagen und zum Friedhof gebracht hätten.

Richtig hat die belangte Behörde weiters ausgeführt, dass es einer gegründeten Furcht vor Verfolgung einerseits entgegensteht, dass die bP zum Begräbnis der Mutter wieder in Armenien eingereist sind und sich dort jedenfalls für einige Tage an ihrem früheren Aufenthaltsort aufgehalten haben.

Weiters sind Umstände, denen es an einem entsprechenden zeitlichen Konnex zur Ausreise mangelt, nicht zur Glaubhaftmachung eines Fluchtgrundes geeignet; die wohlbegründete Furcht müsste vielmehr bis zur Ausreise andauern (VwGH 23.01.1997, 95/20/0221). Die bP konnten aber keinen Vorfall unmittelbar vor der Ausreise glaubhaft machen und sind sie vielmehr noch mehrere Monate nach den behaupteten Übergriffen zu Hause geblieben, um abzuwarten, bis der ältere Sohn (lebe jetzt in Russland) den Militärdienst beendet hat und mit ausreisen kann. Diese Vorfälle haben damit nicht dazu geführt, dass die bP so große Angst vor weiteren Übergriffen auf sich gehabt hätten, die einer begründeten Furcht entsprechen und es den bP unerträglich gemacht hätte, in ihrem Heimatstaat zu bleiben.

II.2.5.4. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte die bP 1 wie bereits erwähnt präzise Angaben zu ihren persönlichen Lebensumständen machen. Hinsichtlich der behaupteten Verfolgungen verwickelte sie sich jedoch wiederum in gravierende Widersprüche. So gab sie nunmehr in der Verhandlung an, dass sie zwar einen Schlag bei der Demonstration abbekommen hätte, sie habe jedoch "fliehen" können, obwohl einige Personen sie mitnehmen hätten wollen. Demgegenüber hat die bP 1 wie schon ausgeführt erstbefragt keinerlei Verletzung bei der Demonstration behauptet und vor der belangten Behörde angegeben, dass sie derart geschlagen worden sei, dass sie nach Hause getragen worden wäre.

Erstmalig in der Verhandlung führte die bP 1 auch konkret aus, dass sie tatsächlich eine Aufnahme davon gemacht hätte, wie die Polizei den Mann bei der Demonstration verprügelt hätte, der danach gestorben wäre. Zuvor behauptete die bP 1 noch, dass sie das Handy bei der Demonstration verloren hätte bzw. dass sie den Verwandten mitgeteilt habe, dass sie das Handy nicht mehr hätte. Auch in der Verhandlung gab die bP 1 dann wiederum befragt zum Verbleib des Handys an, dass sie es bei der Demonstration verloren hätte.

Hinsichtlich der Beendigung des Aufenthalts in Georgien gab die bP 1 vor der belangten Behörde an, dass sie bei einem Dorffest gewesen wäre, und dort die Polizisten wiedererkannt habe, welche sie verfolgen würden. In der Verhandlung führte die bP 1 dann aus, dass der Dorfvorsteher in Georgien den Verfolgern gesagt habe, wo sie leben und danach dann die bP gewarnt hätte. An sich ist es schon gänzlich unplausibel, dass der Dorfvorsteher die bP zuerst verrät, um sie dann zu warnen und zur Ausreise zu raten. Darüber hinaus war das Vorbringen der bP 1 eben auch widersprüchlich betreffend diesem Punkt.

Die bP 2 wiederum erstattete in der Verhandlung ein äußerst vages Vorbringen und antwortete knapp und teilweise ausweichen. Gerade bei ihr sind keinerlei Einschränkungen erkennbar, dass ihre Aussagen und ihr Aussageverhalten nicht entsprechend zu werten wären.

Die bP 1 und bP 2 konnten im Rahmen der Verhandlung zwar plötzlich erstmalig konkrete Datumsangaben machen und brachten vorweg in den Eckpunkten übereinstimmend nunmehr in der Verhandlung vor, dass zwei uniformierte Männer der Polizei ca eine Woche nach der Demonstration zur Wohnung gekommen wären. Auffällig in diesem Zusammenhang war jedoch, dass die bP 2 trotz mehrfacher Fragen zu den Vorkommnissen in Armenien weder den Umstand erwähnte, dass die bP 1 geschlagen worden sei, noch den Krankenhausaufenthalt der bP 1 erwähnte. Demgegenüber hat die bP 2 vor der belangten Behörde erstmalig angegeben, dass der Ehegatte bei den Demonstrationen 2008 von Uniformierten geschlagen worden sei und hat damals nicht erklären können, warum sie dies nicht bereits in der Erstbefragung angegeben hat. Zusätzlich steigerte auch die bP 2 ihr Vorbringen in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass sie erstmalig angab, dass sie auch an ihrem Arbeitsplatz von zwei Männern aufgesucht worden wäre. Auch über mehrmaliges Nachfragen in der Verhandlung konnte die bP 2 die Personen nicht genau beschreiben, führte jedoch plötzlich aus, dass es dieselben Männer gewesen wären, die das erste Mal zur Wohnung gekommen wären. Insgesamt wäre die Polizei gemäß ihren Angaben in der Verhandlung - übereinstimmend mit den Angaben ihres Ehegatten - 2x zur Wohnung gekommen, wobei letztlich vor der belangten Behörde noch von einem Besuch der Polizei mit körperlichem Übergriff die Rede war. Vor der belangten Behörde erwähnte die bP 2 jedoch nur einen Besuch der Polizei und sprach wie in der mündlichen Verhandlung davon, dass die Verwandten des Ermordeten "öfters" gekommen wären. Trotz Nachfrage in der Verhandlung wich die bP 2 der Frage aus, wie oft nun tatsächlich die Verwandten gekommen wären und führte aus, dass sie bis zur Ausreise "einige Male" gekommen wären. Insgesamt konnte die bP 2 damit die Angaben der bP 1 nicht stützen und wäre gerade von ihr zu erwarten gewesen, dass sie in der Verhandlung über Verletzungen der bP 2 bzw. dessen Krankenhausaufenthalt spricht. Dies auch vor dem Hintergrund, dass in der Beschwerde ausgeführt wurde, dass es der bP 1 nach den erlittenen Misshandlungen gesundheitlich schlecht gegangen sei und sie auch längere Zeit nicht sprechen habe können, weshalb man mit der Flucht zugewartet habe.

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II.2.5.6. Zusammenfassend ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass es im Asylverfahren nicht ausreichend ist, dass der Asylwerber Behauptungen aufstellt, sondern er muss diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, die Handlungsabläufe den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch der Asylwerber persönlich glaubwürdig sein. Die Angaben der bP zum Fluchtgrund entsprechen diesen Anforderungen nicht und konnten die aufgezeigten Widersprüche zwischen dem Vorbringen der bP 1 und bP 2 auch nicht entkräftet werden, vielmehr verstärkte sich der Eindruck der Unglaubwürdigkeit in der mündlichen Verhandlung.

II.2.5.7. Hinsichtlich der MS Erkrankung der bP 1 ist festzuhalten, dass diese selbst angegeben hat, dass die Erkrankung in Armenien diagnostiziert und behandelt wurde. Zusätzlich gab sie an, dass ihr in Armenien Medikamente verschrieben wurden, welche sie dann auch in Georgien gekauft hat. Die Frage vor der belangten Behörde, ob sie sich die medizinische Versorgung in Armenien leisten könne, beantwortete die bP 1 mit ja. Auch die bP 2, welche erstbefragt angegeben hat, dass sie sich die medizinische Versorgung nicht leisten hätten können, bestritt vor der belangten Behörde plötzlich, dass sie diese Aussagen getätigt hätte. Sie stellte diese Aussagen völlig in Abrede und meinte nicht plausibel nachvollziehbar: "Nein, dass stimmt alles nicht". So wollte sie in diesem Zusammenhang offenbar verschleiern, dass sie aufgrund der Erkrankungen und besseren Behandlungsmöglichkeiten nach Österreich gereist sind.

Am Rande sei an dieser Stelle erwähnt, dass sich die bP 2 offenbar sehr bewusst war bzw. sich entsprechend informiert hatte, wie sie die Chancen auf Schutzgewährung erhöhen. Sie gab nämlich auch an, keine Verwandten mehr in der Heimat zu haben, während die bP 1 erstbefragt noch angegeben hat, dass entfernte Verwandte der bP 2 in Armenien leben. Die bP 1 bestritt diesen Umstand dann ebenso in weiterer Folge, jedoch kann aufgrund des Gesamtverhaltens der bP, deren unglaubwürdigem Vorbringen und dem Umstand, dass sie wohl nicht in völliger Isolation in Armenien lebten, davon ausgegangen werden, dass noch Verwandte der bP in Armenien leben, welche sie im Bedarfsfalle auch unterstützen können. Jedenfalls könnten die bP auch vom in Russland lebenden Sohn, welcher dort arbeitet, zumindest finanziell unterstützt werden. Auch wenn die bP 1 nicht mehr voll erwerbsfähig ist, so schätzt sie sich doch selbst als arbeitsfähig ein und hat trotz Erkrankung an MS vor der Einreise noch arbeiten können. Sie kann zumindest zum Familieneinkommen - wie auch der erwerbsfähige bP 3 - beitragen. Die bP 2 hat selbst voll erwerbstätig in Armenien bzw. Georgien gelebt und gemäß ihren Angaben zumindest zeitweilig allein für das Familienauskommen gesorgt, dies trotz Erkrankung und Behandlungsbedarf der bP 1 mit entsprechenden Kosten. Warum dies im Falle einer Rückkehr nicht wieder möglich sein sollte, erhellt sich für das BVwG nicht und war daher zur Feststellung zu gelangen, dass die bP - wie schon vor ihrer Ausreise - gemeinsam für ein Familieneinkommen sorgen können, welches auch die Behandlung der bP 1 gewährleistet.

In der Verhandlung gab die bP 1 an, dass sie in Armenien Medikamente bekommen hat, welche sie selbst bezahlten musste. Es habe sich um ein amerikanisches Medikament gehandelt, um Cortison (Prednisolon) und habe sie in Armenien kein Betaferon erhalten. Weiters führte die bP 1 aus, das sie in Armenien wenig Geld, ca. 20 Cent pro Monat für Prednisolon ausgegeben habe, jedoch Magenprobleme als Nebenwirkung erhalten habe. Aktuell macht die bP 1 gemäß ihren Angaben in der Verhandlung keine spezielle Therapie und spritzt ihr die bP 2, welche ausgebildete Krankenschwester ist, jeden 2ten Tag das Medikament.

Hinsichtlich der Therapie der bP 1 ist festzuhalten, dass die bP 1 offenbar auch im Krankenhaus unterschiedliche Angaben zum Erkennen ihrer Erkrankung gemacht hat, da auf einem Befund das Jahr 2000 als Beginn der Therapie in Armenien festgehalten ist, während die bP vor der belangten Behörde 2008 bzw. 2009 nannten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die bP 1 tatsächlich erst seit 2008/ 2009 behandelt wird, so konnte sie jedenfalls davor - wenn auch teils in Georgien - mit ihrer Erkrankung leben und für die Behandlungskosten aufkommen. Dies jedenfalls eine Zeitlang auch in Armenien.

Hinsichtlich der Betaferon Therapie in Österreich ist festzuhalten, dass sich aus den medizinischen Befunden ergibt, dass die bP 1 seit Dezember 2015 eine Betaferontherapie erhält und davor damit über einen Zeitraum von über einem Jahr (Einreise September 2014) mit anderen Medikamenten versorgt wurde. Im ambulanten Fachbefund ist festgehalten, dass mit der bP 1 die Einleitung einer Therapie mit Betaferon am 12.11.2015 besprochen wurde. Dies aufgrund des Krankheitsverlaufes mit anamnestisch erlebbaren Schüben, weswegen die Einleitung einer immunmodulierenden Therapie indiziert war. Dass jedenfalls die Behandlung der bP 1 ausschließlich mit dem teuren Betaferon möglich ist, konnte auch von den bP nicht schlüssig dargetan werden, da ansonsten schon früher damit in Österreich behandelt worden wäre. Aus dem Bericht von Accord ergibt sich, dass nicht alle krankheitsmodifizierenden Behandlungen registriert wären, jedoch ist Betaferon registriert, das 800 Eur im Monat koste und Mitxantron, das viel billiger ist. Damit ist auch eine "viel billigere" krankheitsmodifizierende Behandlung in Armenien möglich. Diverse andere Medikamente sind ebenfalls zur Behandlung verfügbar. Aufgrund der Berichte von Accord und SFH gibt es auch einen Spezialisten in Yerewan, an den die bP 1 sich wenden könnte und ist der Umstand, dass es keine speziellen Pflegeheime für MS Kranke gibt, nicht relevant, da die bP2 als Krankenschwester sich offenbar um die bP 1 entsprechend kümmert, dh ihr insbesondere Spritzen setzt. Aktuell werden gemäß dem Bericht der SFH laut MS-Datenbank jedenfalls 135 Patienten stationär und 231 Patienten in medizinischen Ambulatorien behandelt. Zusätzlich können in Einzelfällen Bestandteile einer MS Behandlung wie beispielsweise die stationäre Behandlung von Schüben oder MRI Untersuchungen durch das BBP abgedeckt werden und besteht die Möglichkeit, dass eine Behindertenpension ausbezahlt wird.

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Ein Abschiebehindernis auf Grund der Erkrankungen der bP kann seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht erkannt werden. Dass die medizinische Behandlung der bP im Herkunftsstaat möglich ist, ergibt sich aus den Feststellungen zur allgemeinen medizinischen Versorgung bzw. den Berichten von Accord und SFH, wonach die medizinische Versorgung sowie die Versorgung von MS grundsätzlich vorhanden ist. Trotz schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse besteht somit im Herkunftsstaat keine Situation, wonach die bP lebensgefährdend in Ihrer Existenz bedroht wären. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass sie in keine existentielle Notlage in Ihrem Heimatland kommen."

I.11.2. Die dagegen eingebrachten außerordentlichen Revisionen wurden mit Erkenntnissen des VwGH vom 30.09.2016 zurückgewiesen.

I.12. Am 27.10.2016 stellten die bP ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz.

Im Wesentlichen begründete die bP1 ihren zweiten Antrag, indem sie auf ihr bisheriges Vorbringen und ihren Gesundheitszustand, welcher sich nicht gebessert hätte, verwies. Ebenso sei ihr weiterer Sohn zwischenzeitig in der Russischen Föderation zusammengeschlagen worden und hätte in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Die bP2 berief sich auf ihre bisherigen Gründe.

I.13. Mit Bescheiden der belangten Behörde vom 20.03.2017 wurden die Anträge gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) zurückgewiesen (Spruchpunkt I).

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich weder in der Sach- noch in der Rechtslage eine wesentliche Änderung im Vergleich zu jenen Bescheiden ergab, in denen letztmalig inhaltlich über die Anträge entschieden wurde.

Mit Bescheiden des BFA vom 07.06.2017 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBI. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBI. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Armenien zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG bestand keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Gegen den Bescheid des BFA vom 07.06.2017 langte keine Beschwerde ein, weswegen das Verfahren bezüglich der in jenem Bescheid erwähnten Spruchpunkte in I. Instanz in Rechtskraft erwuchs.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.09.2017, GZ.:

L515 2117260-2/7E, wurde die Beschwerde bezüglich des Bescheids des BFA vom 20.03.2017 als unbegründet abgewiesen. Das Verfahren erwuchs somit bezüglich des in jenem Bescheid erwähnten Spruchs in II. Instanz in Rechtskraft.

I.14. Am 11.04.2018 wurden die bP von den niederländischen Behörden nach Österreich überstellt. Dies in Begleitung von medizinischen Personal und unter zur Verfügung Stellung eines Rollstuhls für die bP 1. Die bP stellten anschließend am selben Tag gegenständliche, dritte Anträge auf internationalen Schut

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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