TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/18 96/15/0054

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Veröffentlicht am 18.02.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
33 Bewertungsrecht;

Norm

BewG 1955 §2 Abs1;
BewG 1955 §24 idF 1993/818;
BewG 1955 §24;
BewG 1955 §30 Abs1;
B-VG Art140;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/15/0055 96/15/0056 96/15/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerden des W und der H in N, vertreten durch Dr. Alois Autherith, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Utzstraße 13, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom 30. Jänner 1996, Zlen. GA 5 - 1004/4 bis 7 - 1996, betreffend Feststellung des Einheitswertes und Festsetzung des Grundsteuermeßbetrages zum 1. Jänner 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- je zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die landwirtschaftlichen Betriebe der miteinander verheirateten Beschwerdeführer als wirtschaftliche Einheit im Sinn des § 2 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes 1955 - BewG anzusehen sind.

Die belangte Behörde bejahte dies unter Hinweis auf die §§ 193 Abs. 1 BAO, 2 Abs. 2, 24 und 78 Abs. 1 BewG im wesentlichen mit der Begründung, mehrere Wirtschaftsgüter, die zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten gehören, seien einer wirtschaftlichen Einheit zuzurechnen, wenn diese Wirtschaftsgüter tatsächlich eine wirtschaftliche Einheit im Sinn des § 2 Abs. 1 BewG bildeten, die Ehegatten unbeschränkt steuerpflichtig seien und in dauernder Haushaltsgemeinschaft lebten. Die Voraussetzungen der unbeschränkten Steuerpflicht und der dauernden Haushaltsgemeinschaft lägen unbestritten vor; für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die gemeinsame wirtschaftliche Zweckbestimmung maßgebend. Diese sei nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen, auf den Willen des Eigentümers komme es nicht an. Nach der Verkehrsanschauung gehörten zu einem einheitlichen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft grundsätzlich alle Flächen, die nach Lage der Verhältnisse von einem Mittelpunkt (in der Regel der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden könnten. Selbst mehrere Betriebe desselben Eigentümers oder im Sinn des § 24 BewG von Ehegatten bildeten eine wirtschaftliche Einheit, wenn sie zusammen bewirtschaftet werden. Die für die Beurteilung der wirtschaftlichen Einheit maßgebliche Verkehrsanschauung gehe von der Erfahrung aus, daß (orts-)üblicherweise Bauer und Bäuerin, zumindest solange sie in aufrechter Ehe und häuslicher Gemeinschaft lebten, nicht unabhängig und unbeeinflußt voneinander nur mit den jeweils ihnen zivilrechtlich gehörigen Wirtschaftsgütern einen gesonderten Wirtschaftserfolg anstrebten, sondern vielmehr ihre wirtschaftliche Planung in Rücksicht auf die im Eigentum des anderen Ehegatten stehenden Wirtschaftsgüter treffen und auch bei der Bewirtschaftung selbst ihre Arbeitskraft im Sinn einer Arbeitsaufteilung gegenseitig ergänzend einsetzen würden.

Zur Feststellung des tatsächlichen Sachverhaltes sei ein Ortsaugenschein durchgeführt worden. Dabei habe die Zweitbeschwerdeführerin angegeben, daß sie bei der Schweinezucht des Erstbeschwerdeführers täglich und unentgeltlich mithelfe. Im Alleineigentum der Zweitbeschwerdeführerin stünden bestimmte Maschinen, den Beschwerdeführern gehörten jedoch ein Mähdrescher und ein Kartoffelleger gemeinsam. Bestimmte von der Zweitbeschwerdeführerin im Lagerhaus gekaufte Wirtschaftsgüter seien vom Erstbeschwerdeführer übernommen (gemeint: verwendet) worden. Weiters stünden ein Zuckerrübenvollernter und ein Kartoffelvollernter im Miteigentum der Beschwerdeführer. Bezüglich der Reparaturen der im Miteigentum stehenden Geräte erfolge eine gemeinsame Abrechnung. Die Hofstellen der Beschwerdeführer lägen im selben Ort und seien nur einige Häuser voneinander entfernt. Eine gemeinsame wirtschaftliche Planung der Beschwerdeführer sei daraus abzuleiten, daß (größere) Maschinen gemeinsam angeschafft worden seien, sich die Beschwerdeführer mit ihrer eigenen Arbeitskraft gegenseitig unentgeltlich helfen würden und keine Behauptung aufgestellt worden sei, daß die Beschwerdeführer als Konkurrenten am Wirtschaftsmarkt auftreten würden. Die im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstücke und Betriebsmittel erfüllten somit die in § 2 Abs. 1 BewG angeführten Voraussetzungen, weshalb sie bewertungsrechtlich in Verbindung mit § 24 BewG als eine wirtschaftliche Einheit zu erfassen seien. Wenn auch den Beschwerdeführern im erstinstanzlichen Verfahren kein rechtliches Gehör eingeräumt worden sei, habe die belangte Behörde nun diesen Mangel behoben und den Parteien vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit gegeben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 BewG ist jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im Ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen. Gemäß § 24 BewG in der Fassung BGBl. Nr. 818/1993 wird die Zurechnung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Wirtschaftsgüter zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten gehören, wenn die Ehegatten in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben. (Soweit die belangte Behörde § 78 BewG zitierte, übersah sie dessen Aufhebung mit der vorhin zitierten Novelle.)

Das Vorliegen der dauernden Haushaltsgemeinschaft ist im Beschwerdefall nicht strittig. Die Entscheidung hängt somit davon ab, ob die Voraussetzungen für die Zusammenfassung der Wirtschaftsgüter der Ehegatten zu einer wirtschaftlichen Einheit im Sinn des § 2 Abs. 1 BewG vorliegen. Dafür ist in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Februar 1991, Zl. 89/15/0064, Slg. Nr. 6584 F, und vom 10. September 1998, Zl. 96/15/0088) die gemeinsame wirtschaftliche Zweckbestimmung maßgebend. Diese ist nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen; auf den Willen des Eigentümers (im Fall des § 24 BewG: der Eigentümer), Grundstücke als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln, kommt es nicht an, wenn diese Absicht in der Verkehrsanschauung keine Deckung findet. Nach der Verkehrsanschauung gehören grundsätzlich zu einem einheitlichen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft alle Flächen, die nach Lage der Verhältnisse von einem Mittelpunkt (in der Regel der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden können und demselben Eigentümer (unter den Voraussetzungen des § 24 BewG: Ehegatten) gehören. Die privatrechtlichen Beziehungen des einzelnen Ehegatten zu den verschiedenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit bleiben außer Betracht; es kommt somit nicht darauf an, wer von den beiden Ehegatten Eigentümer der wirtschaftlich zusammengehörenden Wirtschaftsgüter ist. Auch mehrere Betriebe bilden eine wirtschaftliche Einheit, wenn sie zusammen bewirtschaftet werden. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn zwischen den Betrieben ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht.

Vorweg kann der Ansicht der Beschwerdeführer über eine Verfassungswidrigkeit des § 24 BewG nicht beigetreten werden; der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, einen Gesetzesprüfungsantrag zu stellen, zumal der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der von den Beschwerdeführern gegen dieselben Bescheide erhobenen Beschwerde abgelehnt hat.

Mit der belangten Behörde ist davon auszugehen, daß die Verkehrsanschauung für die Vermutung spricht, landwirtschaftliche Betriebe würden von den Ehegatten gemeinsam geführt. Vorliegend haben sich keine Umstände ergeben, die diese Vermutung als unzutreffend erscheinen ließen. Im Gegenteil wurde eine zumindest teilweise Mithilfe eines Ehegatten im Betrieb des anderen festgestellt, ebenso eine Verwendung von Betriebsmitteln, die der andere Ehegatte gekauft hat. Den Beschwerdeführern ist zwar zuzugestehen, daß das Miteigentum an größeren, für den landwirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Geräten für sich allein nicht für eine gemeinsame Bewirtschaftung spricht, diese Tatsache spricht aber auch nicht gegen diese Annahme. Weiters liegen die Hofstellen nahe beisammen und es sind keine Anhaltspunkte für eine Konkurrenzsituation der Betriebe der Ehegatten zueinander zu sehen. Da sogar mehrere an sich selbständige landwirtschaftliche Betriebe von Ehegatten eine wirtschaftliche Einheit bilden können (vgl. das zitierte Erkenntnis Zl. 96/15/0088) kann die Ansicht der belangten Behörde, es läge die nach der Verkehrsanschauung vermutete gemeinsame Bewirtschaftung durch die Ehegatten vor, nicht als rechtswidrig gesehen werden.

Als Verfahrensmangel rügen die Beschwerdeführer, ihr Vertreter sei weder über die Durchführung des Ortsaugenscheines noch von der Befragung der Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt worden. Die belangte Behörde wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, die Ergebnisse der Befundaufnahme vor Ort sowie der Befragung der Parteien dem ausgewiesenen Vertreter "per Bescheiderlassung" zur Kenntnis zu bringen.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde schon deswegen nicht zum Erfolg, weil sie nicht aufzeigt, zu welchen Feststellungen die belangte Behörde auf Grund welcher Beweisergebnisse hätte gelangen können, die zu einem für die Beschwerdeführer günstigen Ergebnis der Sache geführt hätten. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels wird durch den bloßen Hinweis "Diese Verletzung des rechtlichen Gehörs ist im Hinblick auf die unrichtigen Darlegungen der belangten Behörde zur Frage der gemeinsamen Bewirtschaftung auch von entscheidungsrelevanter Bedeutung" nicht dargelegt.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996150054.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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