TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/18 97/07/0064

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Veröffentlicht am 18.02.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des FW in I, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Muchargasse 19, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 15. November 1996, Zl. LAS-241/82-82, betreffend Zurückweisung eines Antrages hinsichtlich der Flurbereinigung K, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bezüglich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird insbesondere auf die hg. Vorerkenntnisse vom 24. Oktober 1995, Zlen. 93/07/0088 und 93/07/0108, verwiesen.

Mit Eingabe vom 2. Mai 1996 stellte der Beschwerdeführer an das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz in der Sache Flurbereinigung K. den Antrag, die Behörde möge anordnen, daß die dem alten Grundbuchstand entsprechenden Parzellen 2018, 2033, 2035, 2037, 2052, 2089, 2090, 2092, 2093, 2096, 2097, 2098, 2133, 2136, 2137, 2144, EZ 9008, KG I., ausschließlich von ihm zu bewirtschaften seien. Die Begründung dieses Antrages ist identisch mit der Begründung der Berufung des Beschwerdeführers vom 2. Mai 1996 gegen den Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom 12. April 1996, mit dem das für die landwirtschaftlichen Grundstücke von K. eingeleitete Flurbereinigungsverfahren abgeschlossen wurde.

Die belangte Behörde wies in der Folge mit Bescheid vom 21. Juni 1996 die gegen den vorgenannten Bescheid vom 12. April 1996 eingebrachte Berufung als unbegründet ab, womit der Abschluß des Flurbereinigungsverfahrens rechtskräftig wurde.

Mit ergänzendem Schriftsatz vom 1. Oktober 1996 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde u.a. mit, daß er gegen den vorgenannten Bescheid vom 21. Juni 1996 keine Beschwerde an den Verfassungs- und den Verwaltungsgerichtshof erhoben habe.

In der Begründung der eingangs erwähnten Eingabe vom 2. Mai 1996 an die Agrarbehörde erster Instanz hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, das Flurbereinigungsverfahren K. würde seine wirtschaftliche Existenz vernichten und sei zudem rechtswidrig. Mit Erkenntnis vom 14. September 1982, Zl. 82/07/0026, habe der Verwaltungsgerichtshof den Flurbereinigungsplan vom 7. Mai 1979 "ersatzlos behoben", weshalb "Verfahrensstand Null" eingetreten sei. Nach ersatzloser Behebung wäre der nächste Schritt die Erlassung einer neuen vorläufigen Übernahme mittels Ersatzbescheid gewesen. Diesen Ersatzbescheid habe die Behörde bis heute nicht erlassen. In Wahrheit befinde sich das Flurbereinigungsverfahren K. somit in dem Verfahrensstand, in den es der Verwaltungsgerichtshof am 14. September 1982 versetzt habe, nämlich in den Stand der vorläufigen Übernahme. Letztere sei neuerlich und zwar antragsgemäß anzuordnen. Außerdem hätte sich die Sachlage erheblich geändert, weshalb die "Rückversetzung in den vorigen Stand" zu verfügen sei.

Diesen Antrag wies das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 29. Juli 1996 gemäß § 6 AVG in Verbindung mit § 72 Abs. 4 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978 (in der Folge: TFLG) wegen Unzuständigkeit zurück.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und beantragte, den angefochtenen Bescheid in Stattgebung seines Antrages vom 2. Mai 1996 abzuändern, allenfalls aufzuheben. Die Agrarbehörde erster Instanz habe zu Unrecht ihre Zuständigkeit verneint und eine Sachentscheidung verweigert.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. November 1996 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab, änderte den angefochtenen Bescheid jedoch dahingehend ab, daß der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Mai 1996 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

In der Begründung wird insbesondere auf den Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juni 1996, mit welchem die Berufung gegen den Abschlußbescheid im Flurbereinigungsverfahren K. abgewiesen wurde, verwiesen.

Der Antrag des Beschwerdeführers ziele tatsächlich auf eine Abänderung von Bescheiden ab, die in der Flurbereinigung K. erlassen worden und in Rechtskraft erwachsen seien. Diese Wertung des Antrages ergebe sich aus den Folgen, die mit der Stattgebung des Antrages verbunden wären. Eine stattgebende Erledigung hätte zur Folge, daß die im Flurbereinigungsverfahren durch rechtskräftige Bescheide nicht nur für den Beschwerdeführer, sondern für eine Vielzahl von Parteien geschaffene Neuordnung (vgl. die §§ 16 und 31 TFLG) umgestoßen würde. Die vom Beschwerdeführer angestrebte "Zurückversetzung in den vorigen Stand" würde die neue Flureinteilung rückgängig machen und damit eine Abänderung bzw. Aufhebung der rechtskräftigen Bescheide vom 24. Mai 1974 (Anordnung der vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen) und vom 17. Mai 1991 (Flurbereinigungsplan) bedingen. Dem im Antrag vom 2. Mai 1996 vorgebrachten Begehren stehe jedenfalls die Rechtskraft des Flurbereinigungsplanes entgegen. Wenn der Beschwerdeführer mit den Ergebnissen des zwischenzeitig abgeschlossenen Flurbereinigungsverfahrens nicht einverstanden sei, hätte er den Flurbereinigungsplan bekämpfen müssen, was er jedoch unterlassen habe. Ferner sei angemerkt, daß es wohl nicht möglich wäre, dem Beschwerdeführer die von ihm begehrte ausschließliche Bewirtschaftung zuzusprechen, weil er nicht Alleineigentümer, sondern Miteigentümer des U.-Hofes sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 24. Februar 1997, B 75/97, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Mit ergänzendem Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer im fortgesetzten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Im wesentlichen führt der Beschwerdeführer aus, er habe die Einholung eines Gutachtens eines landwirtschaftlichen Sachverständigen zum Beweis dafür beantragt, daß er nicht in der Lage sei, die ihm im Flurbereinigungsverfahren K. zugewiesenen Felder ohne existenzvernichtende Nachteile zu bewirtschaften, und daß zur Abwendung dieser Nachteile und zur Wiederherstellung einer leistungsfähigen Landwirtschaft seinerseits die Zuweisung der beantragten Parzellen notwendig sei, weil derzeit im Bereich der ihm zur Verfügung stehenden Felder (Parzellen) ein grober Mangel der Agrarstruktur durch zersplitterten Grundbesitz, durch ungünstige Grundstücksformen, durch unwirtschaftliche Betriebsgrößen, durch beengte Ortslage, durch unzulängliche Verkehrserschließung, durch ungünstige Geländeformen und durch ungünstige Wasserverhältnisse bestehe.

Die Einholung dieses Gutachtens hätte ergeben, daß sich die Verhältnisse seit Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens K. vor über 30 Jahren derart geändert hätten, daß die aufgezeigten Beeinträchtigungen gegeben seien und die Bewirtschaftung der zugewiesenen Felder (Parzellen) zu existenzvernichtenden Nachteilen des Beschwerdeführers führe. Von "entschiedener Sache" könne aufgrund dieser Sachverhaltsänderungen nicht mehr gesprochen werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Nach Auffassung der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer weder in seinem Antrag vom 2. Mai 1996 noch in der Verhandlung vor der belangten Behörde am 15. November 1996 dargelegt, ob und in welcher Hinsicht sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt seit Erlassung des Flurbereinigungsplanes vom 17. Mai 1991 geändert haben sollte. Ein neuer Sachverhalt sei aber vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden. Es sei auch nicht richtig, daß der Beschwerdeführer die Einholung eines landwirtschaftlichen Gutachtens beantragt habe. Auch das in der Beschwerde angegebene Beweisthema habe er im Verwaltungsverfahren nie geltend gemacht. Ausgehend vom Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Mai 1996 habe kein Anlaß bestanden, von Amts wegen einen landwirtschaftlichen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen. Es werde vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, daß sich im Zeitraum ab Erlassung des Flurbereinigungsplanes (Bescheid vom 17. Mai 1991) bis zum Abschluß des Flurbereinigungsverfahrens die "agrarrechtlichen Verhältnisse" zu seinem Nachteil geändert hätten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach den vom Beschwerdeführer unbestritten gebliebenen und mit der Aktenlage übereinstimmenden Feststellungen der belangten Behörde liegt im gegenständlichen Flurbereinigungsverfahren ein rechtskräftiger Flurbereinigungsplan vom 17. Mai 1991 vor (vgl. in diesem Zusammenhang auch die bereits genannten hg. Vorerkenntnisse vom 24. Oktober 1995, Zlen. 93/07/0088 und 93/07/0108). Das Begehren des Beschwerdeführers vom 2. Mai 1996 zielte erkennbar auf die Abänderung des im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits rechtskräftig abgeschlossenen Flurbereinigungsverfahrens infolge der begehrten Zuteilung der ursprünglich in das Verfahren seitens des Beschwerdeführers als Miteigentümer einer bestimmten Liegenschaft eingebrachten Parzellen (Felder) ab. Der Beschwerdeführer strebte dieses Ziel mit dem allgemeinen Hinweis, es habe sich die Sachlage "erheblich geändert", in dem vorgenannten Antrag vom 2. Mai 1996 an. Durch die lange Verfahrensdauer hätten sich die Bewirtschaftungsverhältnisse derart geändert, daß die ihm zugewiesenen Parzellen (Felder) wertlos seien und er nur mit den alten Parzellen (Feldern) etwas anfangen könne.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Diese Bestimmung ist gemäß § 1 AgrVG 1950 auch im Agrarverfahren anzuwenden.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist Voraussetzung für die Zurückweisung wegen "entschiedener Sache" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG die tatsächliche Identität der Sache. Haben sich seit Erlassung des rechtskräftigen Bescheides wesentliche Änderungen im Sachverhalt ergeben, so liegt keine Identität der Sache vor (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, S. 1418, unter E 86 zu § 68 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Mit der dargelegten allgemeinen Behauptung einer "erheblichen Änderung" der Sachlage infolge der langen Verfahrensdauer zeigt der Beschwerdeführer nicht konkret auf, weshalb in Bezug auf den rechtskräftig gewordenen Flurbereinigungsplan (vgl. den bereits genannten Bescheid vom 17. Mai 1991) eine wesentliche Änderung des Sachverhalts eingetreten sei. Vor allem aber unterließ es der Beschwerdeführer, im Zuge des Verwaltungsverfahrens näher darzulegen, worin die behauptete Änderung der Bewirtschaftungsverhältnisse seit Erlassung des zuletzt genannten Flurbereinigungsplans gelegen sei und weshalb die zugewiesenen Felder für die Bewirtschaftung "wertlos" seien.

Der in der Beschwerde erwähnte Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines landwirtschaftlichen Sachverständigen steht in Widerspruch zur Aktenlage und ist daher für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar. Aufgrund der allgemeinen Behauptung des Beschwerdeführers betreffend das Vorliegen einer geänderten Sachlage unterlief der belangten Behörde - entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Rechtsansicht - auch insoweit kein wesentlicher Verfahrensmangel, als sie kein Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen zu den in der Beschwerde näher genannten Beweisthemen einholte. Gerade die erstmals in der Beschwerde angeführten Beweisthemen zeigen deutlich, daß der Beschwerdeführer mit seinem Antrag vom 2. Mai 1996 in Wahrheit eine Neuaufrollung des rechtskräftig auch hinsichtlich der von ihm bewirtschafteten Flächen abgeschlossenen Flurbereinigungsverfahrens anstrebte. Die belangte Behörde ging daher im Ergebnis zu Recht vom Vorliegen einer "entschiedenen Sache" im Beschwerdefall aus.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Februar 1999

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997070064.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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