TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/5 W114 2214894-1

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Veröffentlicht am 05.04.2019
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Entscheidungsdatum

05.04.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §19 Abs3
MOG 2007 §19 Abs7
MOG 2007 §6
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W114 2214894-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , vom 24.07.2017 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 29.06.2017, AZ II/4-EBP/10-7158854010, auf Grund des Vorlageantrages vom 19.02.2019 nach Beschwerdevorentscheidung vom 09.01.2019, AZ II/4-EBP/10-11280638010, betreffend die Einheitliche Betriebsprämie (EBP) 2010 zu Recht:

A.I.)

Der Bescheid der AMA vom 09.01.2019, AZ II/4-EBP/10-11280638010, betreffend die EBP 2010 wird ersatzlos behoben.

A.II.)

Der Beschwerde gegen den Bescheid der AMA vom 29.06.2017, AZ II/4-EBP/10-7158854010, betreffend die EBP 2010 wird insofern stattgegeben, als XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , für das Antragsjahr 2010 unter Zugrundelegung einer festgestellten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 11,40 ha und einer Differenzfläche mit einem Ausmaß von 2,55 ha die EBP zu gewähren ist.

Die AMA wird angewiesen nach diesen Vorgaben die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , bescheidmäßig mitzuteilen.

Das darüberhinausgehende Beschwerdebegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Am 15.06.2010 stellte XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF) einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA) für das Antragsjahr 2010 und beantragte für seinen Heimbetrieb u. a. die Gewährung der EBP für das Antragsjahr 2010 für die in den Beilagen Flächenbogen 2010 und Flächennutzung 2010 näher konkretisierten Flächen. Dabei beantragte er eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 13,99 ha.

2. Mit Bescheid der AMA vom 30.12.2010, AZ II/7-EBP/10-109117838, wurde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2010 eine EBP in Höhe von EUR XXXX gewährt. Dabei wurde von einer beantragten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 13,99 ha ausgegangen. Die berücksichtigte beihilfefähige Fläche entsprach der Beantragten. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

3. Auf dem Heimbetrieb des BF fand im Juni 2011 ein Abgleich der beihilfefähigen Flächen 2007 bis 2010 statt. In dem dazu durchgeführten Parteiengehör wurde vom BF hinsichtlich der beanstandeten Feldstücke ausgeführt, dass die Flächenveränderungen u. a. auf die Zunahme des Strauchbewuchses, eine durchgeführte Vermessung sowie auf Flächenverschiebungen innerhalb der Feldstücke zurückzuführen seien.

4. Am 15. und 17.11.2011 fand auf dem Heimbetrieb des BF eine Vor-Ort-Kontrolle (VOK) durch die AMA statt. Dabei wurde für das Antragsjahr 2010 anstelle einer beantragten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 13,99 ha eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 11,40 ha festgestellt. Hinsichtlich der Feldstücke 1 und 2 wurde festgehalten, dass ab dem Antragsjahr 2010 die darauf ermittelten Abweichungen innerhalb der Toleranz liegen würden.

5. Das Ergebnis der VOK auf dem Heimbetreib des BF berücksichtigend wurde mit Abänderungsbescheid der AMA vom 28.02.2012, AZ II/7-EBP/10-116559944, der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer EBP 2010 abgewiesen und der bereits ausbezahlte Betrag in Höhe von EUR XXXX zurückgefordert, zumal Flächenabweichungen von über 20 % festgestellt worden wären. Auch dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

6. Aufgrund einer Änderung der dem BF zustehenden Zahlungsansprüche, wobei sich jedoch weder deren Gesamtanzahl noch deren Wert änderten, wurde mit Abänderungsbescheid der AMA vom 26.07.2012, AZ II/7-EBP/10-117762005, der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer EBP 2010 weiterhin abgewiesen.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schreiben vom 07.08.2012 eine Berufung.

8. Aufgrund einer weiteren Änderung der dem BF zustehenden Zahlungsansprüche, wobei sich jedoch weder deren Gesamtanzahl noch deren Wert änderten, wurde dem Beschwerdeführer mit Berufungsvorentscheidung der AMA vom 15.11.2012, AZ II/7-EBP/10-118218528, für das Antragsjahr 2010 weiterhin keine EBP gewährt. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

9. Am 29.11., 30.11. und 19.12.2012 fand auf dem Heimbetrieb des BF eine VOK durch die AMA statt, bei welcher der BF anwesend war und die erforderlichen Auskünfte erteilte. Dabei wurde u.a. festgehalten, dass auf den Feldstücken 1 und 2 keine Flächenabweichungen festgestellt worden seien. Das Ergebnis dieser VOK wurde dem BF mit Schreiben vom 19.12.2012, AZ GB I/TPD/118886472, zum Parteiengehör übermittelt. Der BF hat - offensichtlich so wie das Kontrollergebnis hinsichtlich der beihilfefähigen Flächen für das Antragsjahr 2010 auch das Kontrollergebnis betreffend die beihilfefähigen Flächen für das Antragsjahr 2012 anerkennend zur Kenntnis nehmend - zum Kontrollbericht keine Stellungnahme abgegeben.

10. Mit Abänderungsbescheid der AMA vom 29.06.2017, AZ II/4-EBP/10-7158854010, wurde dem BF für das Antragsjahr 2010 eine EBP in Höhe von EUR XXXX gewährt, wobei bei der Sanktionsberechnung die günstigere Regelung des Art. 19a Abs. 1 VO (EU) 640/2014 herangezogen wurde.

11. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 24.07.2017 Beschwerde. Darin führte er im Wesentlichsten aus, dass die VOK 2011 und 2012 zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt hätten. Der BF habe seine Angaben außerdem stets auf Grundlage der Digitalisierung sowie der damals zur Verfügung stehenden amtlichen Unterlagen, insbesondere Luftbilder, gemacht. Die damaligen Luftbildaufnahmen hätten eine sehr schlechte Qualität aufgewiesen und seien zudem durch eine große Schattenbildung der umliegenden Wälder beeinflusst worden. Auch habe sich der BF bei seinen Angaben auf eine frühere VOK aus dem Jahr 2004 gestützt.

Der BF beantrage daher die ersatzlose Behebung, andernfalls die Abänderung des angefochtenen Bescheides.

12. Mit Beschwerdevorentscheidung der AMA vom 09.01.2019, AZ II/4-EBP/10-11280638010, wurde dem BF für das Antragsjahr 2010 nunmehr eine EBP in Höhe von EUR XXXX zuerkannt.

Am Schluss dieses Abänderungsbescheides finden sich folgende Textpassagen:

"Da Sie gegen den im Spruch genannten Bescheid eine zulässige Beschwerde eingebracht haben, erfolgt die gegenständliche Abänderung im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG. Sollten Sie mit dem Bescheidinhalt nicht einverstanden sein, ist es unbedingt erforderlich einen Vorlageantrag zu stellen, da das Verfahren andernfalls rechtskräftig abgeschlossen und die Beschwerde damit erledigt wäre. Das Verfahren wäre damit beendet.

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung kann jede Partei den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und ein Begehren zu enthalten. Der Vorlageantrag hat die angefochtene Beschwerdevorentscheidung der Agrarmarkt Austria unter Angabe des oben angeführten Aktenzeichens und der Betriebs- bzw. Klientennummer zu bezeichnen. Der Vorlageantrag ist schriftlich, online über eAMA oder in jeder anderen technisch möglichen Weise (z. B. Fax, E-Mail) innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung bei der Agrarmarkt Austria, 1200 Wien, Dresdner Straße 70, einzubringen. [...]"

13. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schriftsatz vom 19.02.2019 einen Vorlageantrag ein.

14. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht am 21.02.2019 die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Am 15.06.2010 stellte der Beschwerdeführer einen MFA für das Antragsjahr 2010 und beantragte für seinen Heimbetrieb u.a. die Gewährung der EBP für das Antragsjahr 2010 für die in den Beilagen Flächenbogen 2010 und Flächennutzung 2010 näher konkretisierten Flächen. Dabei beantragte er eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 13,99 ha.

Das Feldstück 1 wurde vom BF im MFA 2010 mit 0,51 ha, das Feldstück 2 mit 0,49 ha beantragt. Dabei stützte sich der BF auf die bei der VOK 2002 festgestellten Almfutterflächenausmaße (0,51 ha bei Feldstück 1 und 0,50 ha bei Feldstück 2).

1.2. Mit Bescheid der AMA vom 30.12.2010, AZ II/7-EBP/10-109117838, wurde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2010 eine EBP in Höhe von EUR XXXX gewährt. Dabei wurde von einer beantragten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 13,99 ha ausgegangen. Die berücksichtigte beihilfefähige Fläche entsprach der Beantragten. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

1.3. Am 15. und 17.11.2011 fand auf dem Heimbetrieb des BF eine VOK durch die AMA statt. Dabei wurde für das Antragsjahr 2010 anstelle einer beantragten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 13,99 ha eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 11,40 ha festgestellt. Hinsichtlich der Feldstücke 1 und 2 wurde festgehalten, dass ab dem Antragsjahr 2010 die darauf ermittelten Flächenabweichungen mit einem Ausmaß von 0,04 ha innerhalb der Toleranz liegen würden.

1.4. Das Ergebnis der VOK auf dem Heimbetreib des BF berücksichtigend wurde mit Abänderungsbescheid der AMA vom 28.02.2012, AZ II/7-EBP/10-116559944, der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer EBP 2010 abgewiesen und der bereits ausbezahlte Betrag in Höhe von EUR XXXX zurückgefordert, zumal Flächenabweichungen mit einem Ausmaß von 2,59 ha festgestellt wurden. Auch dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

1.5. Am 29.11., 30.11. und 19.12.2012 fand auf dem Heimbetrieb des BF eine VOK betreffend der im Antragsjahr 2012 vorgefundenen beihilfefähigen Flächen durch die AMA statt, bei welcher der BF anwesend war und die erforderlichen Auskünfte erteilte. Dabei wurde u. a. festgehalten, dass auf den Feldstücken 1 und 2 keine Flächenabweichungen festgestellt wurden. Das Ergebnis dieser VOK wurde dem BF mit Schreiben vom 19.12.2012, AZ GB I/TPD/118886472, zum Parteiengehör übermittelt. Der BF hat - offensichtlich auch dieses Kontrollergebnis anerkennend zur Kenntnis nehmend - zu diesem Kontrollbericht ebenfalls keine Stellungnahme abgegeben.

1.6. Mit Abänderungsbescheid der AMA vom 29.06.2017, AZ II/4-EBP/10-7158854010, wurde dem BF für das Antragsjahr 2010 auf der Grundlage der VOK vom 15. und 17.11.2011 eine EBP in Höhe von EUR XXXX gewährt, wobei bei der Sanktionsberechnung die günstigere Regelung des Art. 19a Abs. 1 VO (EU) 640/2014 herangezogen wurde. Das Ergebnis der VOK vom 29.11., 30.11. und 19.12.2012 wurde dabei nicht berücksichtigt, weil bei dieser VOK nur Feststellungen zu beihilfefähigen Flächen im Antragsjahr 2012, nicht jedoch zum verfahrensrelevanten Antragsjahr 2010 getroffen wurden.

1.7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 24.07.2017 Beschwerde.

1.8. Es ist gerichtsbekannt, dass sich beihilfefähige Flächen über Jahre hinweg verändern können.

1.9. Mit Beschwerdevorentscheidung der AMA vom 09.01.2019, AZ II/4-EBP/10-11280638010, wurde dem BF für das Antragsjahr 2010 nunmehr eine EBP in Höhe von EUR XXXX zuerkannt, wobei nur mehr eine Differenzfläche mit einem Ausmaß von 2,55 ha zugrunde gelegt wurde.

1.10. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schriftsatz vom 19.02.2019 einen Vorlageantrag ein.

1.11. Es wird festgestellt, dass der BF im Antragsjahr 2010 bei 14,19 beihilfefähigen Zahlungsansprüchen und einer beantragten Gesamtfläche mit einem Ausmaß von 13,95 ha über eine festgestellte Gesamtfläche mit einem Ausmaß von 11,40 ha verfügte. Daraus ergibt sich eine Differenzfläche mit einem Ausmaß von 2,55 ha. Unter Berücksichtigung einer festgestellten Gesamtfläche von 11,40 ha bedeuten 2,55 ha eine Abweichung von etwas mehr als 22,3684 % und damit mehr als 3 %. Daher wurde eine Flächensanktion in Höhe von EUR XXXX verhängt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der AMA dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und blieb sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren dem Grunde nach unbestritten.

Nach den angeführten Rechtsvorschriften erfolgt die Auszahlung der EBP auf Grundlage eines Antrages des Beihilfeempfängers. Zwei VOKs haben eine Reduktion der Fläche des Heimbetriebes des BF ergeben. Vom Beschwerdeführer werden die Ergebnisse der VOK 2011 und 2012 nicht substantiiert bestritten. Auch das Bundesverwaltungsgericht vermag keinen Grund zu erkennen, warum diese Ergebnisse nicht rechtskonform sein sollten, sodass daher von der Richtigkeit der Ergebnisse dieser VOK und der sich daraus ergebenden rückwirkend ermittelten Futterfläche auch für das relevante Antragsjahr 2010 ausgegangen wird.

Die Kontrollberichte zu VOK stammen von Kontrollorganen der AMA, die über eine fundierte Ausbildung verfügen und aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung jedenfalls in der Lage sind, entsprechende Kontrollberichte, die Gutachtensqualität aufweisen, zu erstellen. Jeder Kontrollbericht von AMA-Kontrollorganen kann für sich in Anspruch nehmen, dass er selbst so gestaltet ist, dass darauf aufbauend auch das Bundesverwaltungsgericht in Beschwerdeverfahren betreffend die Gewährung einer EBP zu einer Entscheidung kommen kann, ohne selbst ein entsprechendes Gutachten einholen zu müssen.

Dies trifft nach Auffassung des zur Entscheidung in der gegenständlichen Angelegenheit berufenen Richters des Bundesverwaltungsgerichtes auch auf die gegenständlichen Kontrollberichte zu.

Doch ist für das erkennende Gericht angesichts der sich am Ergebnis der VOK 2002 auf dem Heimbetreib des BF orientierenden Beantragung der Flächen der Feldstücke 1 und 2 im MFA 2010 klar ersichtlich, dass die diesbezügliche Beantragung durch den BF im Vertrauen auf die bei der VOK 2002 ermittelte Flächenausmaße im Ausmaß von 0,51 ha bei Feldstück 1 und 0,50 ha bei Feldstück 2 erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A.I.:

3.1. Beurteilungsgegenstand:

Die AMA hat durch ihren Abänderungsbescheid vom 09.01.2019, AZ II/4-EBP/10-11280638010, ihren ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 29.06.2017, AZ II/4-EBP/10-7158854010, abgeändert. Aus der Rechtsmittelbelehrung dieses Abänderungsbescheides, in der auf die Möglichkeit eines Vorlageantrages hingewiesen wird, ergibt sich, dass die Behörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat.

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG i.V.m. § 19 Abs. 7 MOG 2007 steht es der Behörde nach der Rechtslage ab 01.01.2014 frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von vier Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

Aus der Entstehung der den Vorlageantrag regelnden Gesetzesbestimmung des § 15 VwGVG und den Gesetzesmaterialien ist zu schließen, dass nach Stellung eines Vorlageantrages die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft tritt (vgl. dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) § 15 VwGVG Anm 9). Die Beschwerdevorentscheidung bildet vielmehr den Beschwerdegegenstand und ersetzt den ursprünglichen Bescheid zur Gänze (vgl. VwGH vom 20.05.2015, Ra 2015/09/0025).

Gemäß § 19 Abs. 7 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF, beträgt die Frist für eine Beschwerdevorentscheidung - abweichend von § 14 VwGVG - vier Monate. Die Beschwerde gegen den Bescheid der AMA vom 29.06.2017, AZ II/4-EBP/10-7158854010, langte am 24.07.2017 bei der AMA ein. Daraus folgt, dass die viermonatige Entscheidungsfrist der belangten Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung (Bescheid-Datum: 09.01.2019) verstrichen war.

Der gegenständliche Vorlageantrag ist zulässig und rechtzeitig. Zunächst ist festzustellen, dass die Zuständigkeit der AMA bereits mit Ablauf der Frist zur Erlassung der Vorentscheidung untergegangen ist (vgl. dazu VwGH vom 04.11.1996, 96/10/0109; Hengstschläger/Leeb, AVG § 64a Rz 8). Der Abänderungsbescheid vom 09.01.2019, AZ II/4-EBP/10-11280638010, in Form einer Beschwerdevorentscheidung wurde damit von einer unzuständigen Behörde erlassen und war schon aus diesem Grund als rechtswidrig zu beheben (vgl. § 27 VwGVG).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Hebt das Verwaltungsgericht nach § 28 Abs. 5 VwGVG den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Bei der Aufhebung gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG handelt es sich um eine materielle Erledigung der Rechtssache in Form eines Erkenntnisses. Diese Form der negativen Sachentscheidung ist von der Formalerledigung des Verfahrens durch Aufhebung und Zurückverweisung mit Beschluss nach § 28 Abs. 3 2. Satz und Abs. 4 VwGVG zu unterscheiden. Eine neuerliche Entscheidung der Verwaltungsbehörde über den Gegenstand wird bei ersatzloser Behebung regelmäßig nicht mehr in Betracht kommen, wenngleich im Einzelfall über den zugrundeliegenden (unerledigten) Antrag dennoch abermals zu entscheiden sein kann (siehe Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) § 28 VwGVG Anm 17).

Die Unzuständigkeit ist von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen (VwGH vom 21.01.1992, 91/11/0076), eine förmliche Zurückweisung wird vom Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich als unzulässig angesehen, es sei denn, für das Anbringen sei keine Behörde zuständig (siehe Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014) Rz 83).

Da der angefochtene Bescheid nicht von der zuständigen Behörde erlassen wurde, erwies sich dieser als rechtswidrig und war daher - mithin vor einer inhaltlichen Prüfung - spruchgemäß von Amts wegen zu beheben. Folglich lebt der ursprüngliche, abgeänderte Bescheid, nämlich jener vom 29.06.2017, AZ II/4-EBP/10-7158854010, wieder auf (VwGH vom 17.11.2014, 2013/17/0113). Die dagegen erhobene Beschwerde ist inhaltlich zu behandeln (vgl. Spruchpunkt A.II).

Zu Spruchteil A.II.:

3.2. Rechtsgrundlagen:

Art. 19 Abs. 1 sowie 33 bis 35 und 37 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19.01.2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, ABl. L 30 vom 31.01.2009, S. 16, im Folgenden VO (EG) 73/2009, lauten auszugsweise:

"Artikel 19

Beihilfeanträge

(1) Jeder Betriebsinhaber muss für die Direktzahlungen jedes Jahr einen Antrag einreichen, der gegebenenfalls folgende Angaben enthält:

a) alle landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs und im Fall der Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 die Anzahl und den Standort der Ölbäume auf der Parzelle,

b) die für die Aktivierung gemeldeten Zahlungsansprüche,

c) alle sonstigen Angaben, die in dieser Verordnung oder von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgesehen sind."

"Artikel 33

Zahlungsansprüche

(1) Betriebsinhaber können die Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn sie

a) Zahlungsansprüche besitzen, die sie gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 erhalten haben;

b) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung [...],

erhalten haben. [...]."

"Artikel 34

Aktivierung von Zahlungsansprüchen je beihilfefähige Hektarfläche

(1) Eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die Zahlung der darin festgesetzten Beträge.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Ausdruck "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs und jede Fläche mit Niederwald mit Kurzumtrieb (KN-Code ex060290 41), die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird,

[...]."

"Artikel 35

Meldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Der Betriebsinhaber meldet die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen diese Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat für die Änderung des Beihilfeantrags festgesetzten Zeitpunkt liegen darf.

(2) Die Mitgliedstaaten können unter ordnungsgemäß begründeten Umständen den Betriebsinhaber ermächtigen, seine Anmeldung zu ändern, sofern er die seinen Zahlungsansprüchen und den Bedingungen für die Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie für die betreffende Fläche entsprechende Hektarzahl einhält."

"Artikel 37

Mehrfachanträge

Für die beihilfefähige Hektarfläche, für die ein Antrag auf Zahlung der einheitlichen Betriebsprämie gestellt wurde, kann ein Antrag auf alle anderen Direktzahlungen sowie alle anderen nicht unter diese Verordnung fallenden Beihilfen gestellt werden, sofern in der vorliegenden Verordnung nichts Anderes vorgesehen ist."

Art. 2 Z 23, 12 Abs. 1, 21, 26 Abs. 1, 57, 58, 73 und 80 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30.11.2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor, ABl. L 316 vom 02.12.2009, S. 65, im Folgenden VO (EG) 1122/2009, lauten auszugsweise:

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Rahmen dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen von

Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009.

Es gelten auch folgende Begriffsbestimmungen:

[...]

23. "ermittelte Fläche": Fläche, die allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt; im Rahmen der Betriebsprämienregelung ist die beantragte Fläche nur zusammen mit der entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen als ermittelte Fläche zu betrachten; [...]"

"Artikel 12

Inhalt des Sammelantrags

(1) Der Sammelantrag muss alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere

a) die Identifizierung des Betriebsinhabers;

b) die betreffende(n) Beihilferegelung(en);

c) die Identifizierung der Zahlungsansprüche entsprechend dem Identifizierungs- und Registrierungssystem gemäß Artikel 7 im Rahmen der Betriebsprämienregelung;

d) die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs, ihre Fläche ausgedrückt in Hektar mit zwei Dezimalstellen, ihre Lage und gegebenenfalls ihre Nutzung mit dem Hinweis, ob die Parzelle bewässert wird;

e) eine Erklärung des Betriebsinhabers, dass er von den Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfen Kenntnis genommen hat."

"Artikel 21

Berichtigung offensichtlicher Irrtümer

Unbeschadet der Artikel 11 bis 20 kann ein Beihilfeantrag nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt."

"Artikel 26

Allgemeine Grundsätze

(1) Die in dieser Verordnung geregelten Verwaltungskontrollen und Vor-Ort-Kontrollen werden so durchgeführt, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfen und die Anforderungen und Normen für die anderweitigen Verpflichtungen eingehalten wurden.

[...]"

"Artikel 57

Berechnungsgrundlage in Bezug auf die angemeldeten Flächen

(1) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angemeldeten Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angemeldete Fläche berücksichtigt.

(2) Bei einem Beihilfeantrag im Rahmen der Betriebsprämienregelung gilt Folgendes:

-

ergibt sich eine Abweichung zwischen den angemeldeten Zahlungsansprüchen und der angemeldeten Fläche, so wird für die Berechnung der Zahlung die niedrigere der beiden Größen zugrunde gelegt;

-

liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so werden die angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt.

(3) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], die im Sammelantrag angemeldete Fläche über der ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird die Beihilfe, unbeschadet der gemäß den Artikeln 58 und 60 der vorliegenden Verordnung vorzunehmenden Kürzungen und Ausschlüsse, auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.

Unbeschadet von Artikel 30 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 wird jedoch im Falle, dass die Differenz zwischen der ermittelten Gesamtfläche und der für Zahlungen im Rahmen von Beihilferegelungen gemäß den Titeln III, IV und V der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 angemeldeten Gesamtfläche 0,1 ha oder weniger beträgt, die ermittelte Fläche mit der angemeldeten Fläche gleichgesetzt. Für diese Berechnung werden nur Übererklärungen auf Kulturgruppenebene berücksichtigt.

Unterabsatz 2 gilt nicht, wenn diese Differenz mehr als 20 % der für Zahlungen angemeldeten Gesamtfläche beträgt."

"Artikel 58

Kürzungen und Ausschlüsse in Fällen von zu viel angemeldeten Flächen

Liegt bei einer Kulturgruppe die angemeldete Fläche für die Zwecke der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], über der gemäß Artikel 57 der vorliegenden Verordnung ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht.

Liegt die Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt.

Beläuft sich die Differenz auf mehr als 50 %, so ist der Betriebsinhaber ein weiteres Mal bis zur Höhe des Betrags, der der Differenz zwischen der angemeldeten Fläche und der gemäß Artikel 57 der vorliegenden Verordnung ermittelten Fläche entspricht, von der Beihilfegewährung auszuschließen. Dieser Betrag wird gemäß Artikel 5b der Verordnung (EG) Nr. 885/2006 der Kommission verrechnet. Kann der Betrag im Verlauf der drei Kalenderjahre, die auf das Kalenderjahr der Feststellung folgen, nicht vollständig gemäß dem genannten Artikel verrechnet werden, so wird der Restbetrag annulliert."

"Artikel 73

Ausnahmen von der Anwendung der Kürzungen und Ausschlüsse

(1) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.

(2) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung auf die betreffenden Teile des Beihilfeantrags, wenn der Betriebsinhaber die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, der Betriebsinhaber hat von der Absicht der zuständigen Behörde Kenntnis erlangt, bei ihm eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, oder die zuständige Behörde hat den Betriebsinhaber bereits über Unregelmäßigkeiten in Bezug auf den Beihilfeantrag unterrichtet.

Die nach Unterabsatz 1 erfolgte Mitteilung des Betriebsinhabers führt zu einer Anpassung des Beihilfeantrags an die tatsächliche Situation."

"Artikel 80

Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge

(1) Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 2 berechneten Zinsen verpflichtet.

[...]

(3) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte.

Bezieht sich der Irrtum auf Tatsachen, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist."

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance (ABl. L 181 vom 20.06.2014, S. 48), geändert durch die delegierte Verordnung (EU) 2016/1393 der Kommission vom 04.05.2016, lautet auszugsweise:

"Artikel 19a

Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen von Flächen für die Basisprämienregelung, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, die Umverteilungsprämie, die Regelung für Junglandwirte, die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen, die Kleinerzeugerregelung, die Zahlungen im Rahmen der Natura-2000- und der Wasserrahmenrichtlinie und die Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete

(1) Übersteigt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Beihilferegelungen gemäß Titel III Kapitel 1, 2, 4 und 5 und Titel V der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und für die Stützungsmaßnahmen gemäß den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gemeldete Fläche die gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung ermittelte Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5fache der festgestellten Differenz gekürzt, wenn diese Differenz mehr als 3 % der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha beträgt.

(...)"

§ 19 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 - MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgFd BGBl. I Nr. 25/2019 lautet:

"Vorschriften zu Bescheiden und Rückzahlung

§19 [...]

(3) Das Bundesverwaltungsgericht kann der AMA auftragen, gemäß den Vorgaben im Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen."

3.3. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:

3.3.1 Gemäß Art. 73 der VO (EG) Nr. 1122/2009 finden Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft. Eine Flächensanktion darf demnach nicht verhängt werden, wenn der Beschwerdeführer kein Verschulden an der unrichtigen Beantragung trifft, wobei hier sowohl der EuGH als auch der VwGH einen strengen Maßstab anlegen (vgl. Kahl/Müller, Recht der Unionsbeihilfen: Das österreichische "Almchaos" aus unionsrechtlicher Sicht, in Jaeger/Haslinger /Hrsg, Jahrbuch Beihilferecht 2014, 519ff mit Judikaturhinweisen). Die Beweislast dafür, dass ihn kein Verschulden trifft, trägt der Landwirt (VwGH vom 26.03.2010, 2009/17/0069).

Zu den auf den Feldstücken 1 und 2 festgestellten Flächenabweichungen ist festzuhalten, dass aufgrund des diesbezüglichen Vorbringens des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden konnte, dass die Beantragung dieser Flächen nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt ist und den BF somit an der falschen Beantragung dieser Flächen kein Verschulden trifft. Daher sind die auf diesen Feldstücken festgestellten Flächenabweichungen im Umfang von 0,04 ha bei der Sanktionsberechnung nicht zu berücksichtigen, weshalb im Ergebnis von einer Differenzfläche von 2,55 ha auszugehen ist.

3.3.2. Mit der VO (EU) 2016/1393 wurden die Sanktionsbestimmungen des INVEKOS für eine Reihe flächenbezogener Beihilferegelungen gemildert; vgl. Art. 19a VO (EU) 640/2014.

Gemäß Art. 2 Abs. 2 VO (EG, Euratom) 2988/95 gelten bei späterer Änderung der in einer Gemeinschaftsregelung enthaltenen Bestimmungen über verwaltungsrechtliche Sanktionen die weniger strengen Bestimmungen rückwirkend.

In der gegenständlichen Angelegenheit wurde im Hinblick auf das Antragsjahr 2010 eine Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche von über 3 % der ermittelten Fläche festgestellt. Daher ist gemäß Art. 58 VO (EG) 1122/2009 eine Flächensanktion zu verhängen, wobei sich die Höhe dieser Flächensanktion an Art. 19a der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 zu orientieren hat und damit das 1,5fache der festgestellten Differenz (22,3684 %) und damit 33,5526 % beträgt.

3.3.3. Nach den angeführten Rechtsvorschriften erfolgt die Auszahlung der EBP auf Grundlage eines Antrages des Beihilfeempfängers.

Die AMA ging - ausgehend von der Feststellung einer geringeren Fläche auf dem Heimbetreib des BF als von ihm beantragt wurde - bei der Berechnung der EBP 2010 gemäß Art. 57 der VO (EG) 1122/2009 zu Recht von der bei der VOK vom 15. und 17.11.2011 ermittelten Flächen aus.

Die Ergebnisse der durchgeführten VOK vom 15. und 17.11.2011 sind, wie sich aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergibt, nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer hat letztlich nicht ausreichend konkret dargelegt, auf Grund welcher Umstände diese Ergebnisse von der AMA nicht hätten verwendet werden dürfen.

Sofern der Beschwerdeführer ausführt, dass zwei VOKs in zwei unterschiedlichen Jahren zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt hätten, ist dieser Umstand für das erkennende Gericht nicht weiter verwunderlich, zumal die beiden VOKs nicht den identen Prüfungsinhalt auswiesen. Während bei der VOK am 15. und 17.11.2011 auch die beihilfefähige Fläche für das verfahrensrelevante Antragsjahr 2010 rückwirkend begutachtet wurde, war Gegenstand der VOK vom 29. und 30.11. bzw. vom 19.12.2012 ausschließlich die Kontrolle der beihilfefähigen Fläche im Antragsjahr 2012. Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer selbst zu einem von der AMA durchgeführten Flächenabgleich über mehrere Jahre hinweg in einem Schreiben vom 12.07.2011 hingewiesen, dass es zu Flächenänderungen bspw. durch eine Zunahme eines Stauenbewuchses oder infolge eines Pflegerückstandes gekommen sei.

Warum die Ergebnisse der VOK vom 15. und 17.11.2011 in der gegenständlichen Angelegenheit nicht hätten berücksichtigt werden dürfen bzw. von welcher Fläche letztlich tatsächlich auszugehen gewesen wäre, führt der Beschwerdeführer nicht aus. Diesbezüglich ist der BF nicht auf gleicher fachlichen und sachlichen Ebene den Ergebnissen der VOK vom 15. und 17.11.2011 entgegengetreten.

Sofern der Beschwerdeführer die Verwendung von qualitativ schlechten Luftbildern beanstandet, wäre in der Beschwerde konkret darzulegen gewesen, warum dadurch die Ergebnisse der VOK vom 15. und 17.11.2011 bei der Gewährung der EBP für das Antragsjahr 2010 nicht hätte zugrunde gelegt werden dürfen bzw. welche Fläche auf welcher berücksichtigungswürdigen Entscheidungsbasis hätte tatsächlich berücksichtigt werden müssen. Zudem beruhen die Ergebnisse der VOK vom 15. und 17.11.2011 auf dem Heimbetrieb des BF nicht (ausschließlich) auf einem verbesserten Luftbild, sondern insbesondere auf einer Begutachtung durch Kontrollorgane der AMA vor Ort.

3.3.4. Die an die AMA als belangte Behörde gerichtete Verfügung, nach den Vorgaben in diesem Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis dem Beschwerdeführer bescheidmäßig mitzuteilen, ergibt sich aus § 19 Abs. 3 MOG 2007.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Es liegt auch dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH vom 28.05.2014, Ra 2014/07/0053).

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit,
Berechnung, Bescheidabänderung, Beschwerdevorentscheidung,
Beweislast, Direktzahlung, einheitliche Betriebsprämie,
Entscheidungsfrist, ersatzlose Behebung, Flächenabweichung,
Fristablauf, Fristüberschreitung, Fristversäumung,
Günstigkeitsprinzip, INVEKOS, Kassation, konkrete Darlegung,
Konkretisierung, Kontrolle, Kürzung, Mehrfachantrag-Flächen,
Mitteilung, Prämienfähigkeit, Prämiengewährung, Rechtzeitigkeit,
Rückforderung, Rückwirkung, unzuständige Behörde, Unzuständigkeit
BVwG, Verschulden, verspätete Entscheidung, Verspätung,
Vorlageantrag, Zahlungsansprüche, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W114.2214894.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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