TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/22 98/17/0108

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Veröffentlicht am 22.02.1999
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Index

L34006 Abgabenordnung Steiermark;
L37166 Kanalabgabe Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art7 Abs1;
KanalabgabenG Stmk 1955 §4 Abs1;
KanalabgabenG Stmk 1955 §4 Abs3;
LAO Stmk 1963 §70 Abs3 lita;
LAO Stmk 1963 §93 Abs1;
LAO Stmk 1963 §95 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. W und Dr. P, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 11. Februar 1998, Zl. 7 - 481 - 76/96 - 7, betreffend einmaligen Kanalisationsbeitrag (mitbeteiligte Gemeinde: Aflenz-Land, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 14. Oktober 1992 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer als Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft gemäß den Bestimmungen des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1955 i.d.g.F. und den Bestimmungen der Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Gemeinde den einmaligen Kanalisationsbeitrag in der Höhe von S 92.323,40 vor. Dieser einmalige Kanalisationsbeitrag wurde wie folgt errechnet:

     "Verbaute Flächen:                       zu berechnen:

      Kellergeschoß            222,76 m2      1/2    111,38

      Erdgeschoß                              1/2    191,54

      1. Stock                                1/1    135,17

      2. Stock                                1/1

      Dachgeschoß 56,37 m2                    1/2     28,19

      Nebengebäude (..........)               1/2 m2

            Summe:                                   466,28

      =====================================================

      Kanalanschlußgebühr:

      Der Einheitssatz beträgt S 180,-/m2, der Kanalisationsbeitrag

      daher

           466,28 m2 x S 180,--               = S 83.930,40

      zuzüglich 10 % Mehrwertsteuer           = "  8.393,--

      einmaliger Kanalisationsbeitrag somit     S 92.323,40"

      ======================================================

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer vor, mit Widmungsbescheid sowie Baubeschreibung vom 25. April 1984 sei die Widmung für ein Zweifamilien-Wirtschaftswohnhaus "zweigeschoßig mit ausgebautem Dachgeschoß und angebautem Wirtschaftstrakt" in massiver Bauweise erteilt worden. Er ersuche den "Kanalabgabenbescheid" dahin zu korrigieren.

Mit Bescheid vom 3. März 1993 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung keine Folge. Dies mit der Begründung, gegen den Verpflichtungsbescheid vom 23. Juni 1992, welcher sich bereits nur auf ein Bauwerk bezogen habe, sei keine Berufung eingebracht worden. Im Kanalabgabenbescheid werde deshalb ebenfalls das gesamte Objekt verpflichtet, da auf der Liegenschaft kein abgesondertes Gebäude im Sinne des § 4 Kanalabgabengesetz vorhanden sei. Nach dem Kanalabgabengesetz werde nicht auf die Nutzung einzelner Räume im Objekt Rücksicht genommen. Wirtschaftsgebäude und nicht Wohnzwecken dienende Gebäude land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolge, würden dann nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßzahl verrechnet, wenn sie ein eigenes Gebäude oder Objekt darstellten. Diese Bestimmungen seien vom Abgabenbescheid beachtet worden.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten, als Berufung bezeichneten, dem Inhalt nach als Vorstellung zu wertenden Eingabe verwies der Beschwerdeführer neuerlich auf den Widmungsbescheid vom 25. April 1984. Weiters sei für das Obergeschoß die Dachgeschoßregelung sowie das Vorliegen eines Wirtschaftstraktes nicht berücksichtigt worden.

Die belangte Behörde gab der Vorstellung Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde wegen Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde. Dies mit der die Aufhebung des Bescheides tragenden Begründung, es seien bei der Vorschreibung des einmaligen Kanalisationsbeitrages die tatsächlichen Flächenausmaße der einzelnen Geschoße in den Berechnungsgrundlagen berücksichtigt worden, nach dem Gesetz komme es jedoch bei der Vervielfachung des Einheitssatzes lediglich auf die verbaute Grundfläche in Quadratmetern einerseits und die Geschoßzahl andererseits an. Die jeweilige Fläche der Geschoße spiele dabei keine Rolle.

Im fortgesetzten verwaltungsbehördlichen Verfahren wurde dem Beschwerdeführer ein Vermessungsblatt über die Ausmaße des Wohnhauses und des Wirtschaftstraktes vorgelegt, das dieser unterfertigt an die Behörde zurücksandte. Diesem Vermessungsblatt sind die Umrisse "des Wohnhauses" (KG, EG, OG und DG mit einer Fläche von 135,17 m2), eines "Wirtschaftstraktes" (KG, EG und DG mit einer Fläche von 56,37 m2), der - gekennzeichnet durch eine strichlierte Linie zwischen Wohnhaus und Wirtschaftstrakt - unmittelbar mit dem Wohnhaus verbunden ist, und das über den Grundriss des Wohnhauses hinausgehende Kellergeschoß im Ausmaß von 31,22 m2, das ebenfalls durch strichlierte Linie gekennzeichnet ist, zu entnehmen.

Der Beschwerdeführer legte weiters das nachstehend

wiedergegebene Gutachten eines Baumeisters vor:

"BEFUND

Bei obengenannten Objekt handelt es sich um ein Einfamilienwohnhaus in Hanglage mit angebautem Wirtschaftstrakt. Das Wohnhaus ist zur Gänze unterkellert, wobei ein Teil des Kellers an der Westseite über den Erdgeschoßgrundriß vorragt. Dieser Teil wird als Terrasse benutzt. Durch die Hanglage liegt die Südseite des Kellers zur Gänze über Terrain, der nordseitige Teil steckt komplett im Berg. Das Erdgeschoß, wie auch das ausgebaute Dachgeschoß besitzen die gleiche Grundrißform und Grundrißgröße. Das ausgebaute Dachgeschoß weist west- und ostseitig eine Dachschräge mit einer durchgehenden Breite von ca. 50 cm auf. In den Dachboden führt eine massive Stiege, dieser ist jedoch für einen Ausbau nicht geeignet, da die statisch erforderlichen Kehlbalken in Augenhöhe liegen (Höhe vom Dachgeschoßfußboden, ca. 1,70 m). An der nordwestlichen Ecke wurde ein zweigeschoßiger Wirtschaftstrakt angebaut. In dieser Ausführungsart wurde die Benützungsbewilligung seitens der Baubehörde erteilt.

GUTACHTEN

1.) Als Kellergeschoß gilt ein Geschoß, das ganz oder teilweise unter Erdgleiche liegt. Auch hier ist es gleichgültig, wozu der Keller benützt wird, ob er ganz oder teilweise bewohnt ist oder nicht, ob er sich unter der gesamten verbauten Grundfläche erstreckt oder nicht, ob also das Haus ganz oder nur teilweise unterkellert ist. Auch wenn das Kellergeschoß im vorderen Teil bewohnt und im rückwärtigen Teil aber nicht bewohnt ist, ist dieses Kellergeschoß zur Hälfte anzurechnen. Maßgebend ist allein, ob überhaupt ein Kellergeschoß vorhanden ist, ob und wie es benützt wird, ob ganz oder nur teilweise, ist belanglos.

2.) Nachdem das oberste, bewohnbare Geschoß schräge Wände aufweist (siehe Befund), gilt es als ausgebautes Dachgeschoß. In der Stmk. BO 68 ist nicht verankert, welches Ausmaß die Dachschräge besitzen muß bzw. welches Verhältnis Dachschräge zu senkrechten Wand bestehend muß, um als Stockwerk zu gelten.

3.) Der Spitzboden ist zwar über eine Stiege erreichbar, kann aber wegen seiner geringen Höhe (1,70 m) nicht ausgebaut werden.

4.) Der zweigeschoßige Wirtschaftstrakt ist nordwestlich direkt an das Wohnhaus angebaut, weist einen separaten Zugang auf und kann somit als eigenständiges Wirtschaftsgebäude (lt. Kommissionsbescheid) bezeichnet werden. Der Verwendungszweck entspricht eindeutig wirtschaftlichen Eigenschaften, da dieser Gebäudeteil weder Wohneinheiten noch Betriebsstätten beinhaltet. Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätten enthalten, werden nach der verbauten Fläche, ohne Rücksicht auf die Geschoßanzahl gerechnet."

Mit Bescheid vom 14. März 1996 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung statt und änderte die Vorschreibung des einmaligen Kanalisationsbeitrages auf S 132,319,44 ab. Dabei ging er von folgender Bemessungsgrundlage aus:

     "Berechnungsgrundlage: verbaute Grundfläche: 222,76 m2

     "Verbaute Flächen:                       zu berechnen:

      Kellergeschoß        222,76 m2          1/2    111,38 m2

      Erdgeschoß                              1/1    222,76 m2

      1. Stock                                1/1    222,76 m2

      2. Stock                                1/1       --- m2

      Dachgeschoß          222,76 m2          1/2    111,38 m2

      Nebengebäude            --- m2          1/2       --- m2

            Summe:                                   668,28 m2

            ==================================================

      Kanalanschlußgebühr:

      Der Einheitssatz beträgt S 180,-/m2, der Kanalisationsbeitrag

      daher

      668,28 m2 x S 180,--                      = S 120.290,40

      zuzüglich 10 % Mehrwertsteuer             = S  12.029,04

      einmaliger Kanalisationsbeitrag somit       S 132.319,44"

      =========================================================

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung (vgl. das in diesem Verfahren ergangene hg. Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 97/17/0040).

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Zur Miteinrechnung des "Wirtschaftstraktes" in die verbaute Fläche wurde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, die belangte Behörde habe festgestellt, dass ein einheitliches Bauwerk und nicht selbstständige Gebäude vorlägen. Die belangte Behörde könne insbesondere angesichts der im Verwaltungsakt befindlichen Baupläne nicht finden, dass die Abgabenbehörde zu einer unrichtigen Beurteilung gelangt wäre. Vielmehr sprächen vor allem die, die beiden Gebäudeteile tragende gemeinschaftliche Wand und die bauliche Gestaltung des Hauses die eine ineinandergreifende Nutzung zulasse, für die Rechtsansicht der Gemeindebehörde. Weiters sei das Ausmaß der gesamten verbauten Fläche mit 222,76 m2 durch Unterzeichnung des Vermessungsblattes vom Beschwerdeführer ausdrücklich akzeptiert worden. Ferner übersehe der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, das Obergeschoß sei nicht als Vollgeschoß, sondern als ausgebautes Dachgeschoß zu werten, weil es west- und ostseitig eine Dachschräge mit einer durchgehenden Breite von ca. 50 cm aufweise, dass der Begriff "Dachgeschoß" im Kanalabgabengesetz nicht ausdrücklich definiert sei und nach der eigentümlichen Bedeutung des Wortes in seiner allgemeinen bzw. fachspezifischen Bedeutung auszulegen sei. Danach sei unter "Dachgeschoß" ein oberstes Geschoß innerhalb eines Daches zu verstehen. Da sich nach dem Inhalt des vom Beschwerdeführer genannten Gutachtens und den Darstellungen des genehmigten Austauschplanes über diesem Geschoß noch ein über eine Stiege erreichbarer Dachraum befinde, sei das in Rede stehende Geschoß zu Recht als Obergeschoß mit dem Faktor eins berücksichtigt worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde machte der Beschwerdeführer sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er erachtet sich in seinem Recht auf richtige Bemessung des Kanalisationsbeitrages sowie fehlerfreie Ermessensentscheidung und Beiziehung eines Sachverständigen für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Gesetz vom 28. Juni 1955 über die Erhebung der Kanalabgaben durch die Gemeinden des Landes Steiermark (Kanalabgabengesetz 1955), LGBl. Nr. 71/1955 i.d.F. LGBl. Nr. 80/1988, lautet auszugsweise:

"§ 1.

Die Gemeinden des Landes Steiermark, welche öffentliche Kanalanlagen zur Ableitung von Abwässern errichten und betreiben, werden auf Grund des § 8 Abs. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, durch Beschluß des Gemeinderates eine einmalige Abgabe zur Deckung der Kosten der Errichtung und der Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalisationsbeitrag) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.

...

§ 4.

(1) Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschoße und Kellergeschoße je zur Hälfte eingerechnet werden;

Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßzahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet.

...

(3) Für nicht Wohnzwecken dienende Gebäude (Gebäudeteile) land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und für die dazugehörigen Hofflächen, deren Entwässerung durch die öffentliche Kanalanlage erfolgt, darf höchstens die Hälfte und für unbebaute Flächen (in Quadratmeter) mit künstlicher Entwässerung in die öffentliche Kanalanlage höchstens ein Zehntel des Einheitssatzes in Anrechnung gebracht werden."

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hat in seiner Sitzung am 11. Juni 1992 für die öffentliche Kanalanlage der mitbeteiligten Gemeinde gemäß §§ 6 und 7 des Kanalabgabengesetzes 1955 nachstehende Kanalabgabenordnung beschlossen:

"...

1.) Für die öffentliche Kanalabgabe der Gemeinde Aflenz-Land werden auf Grund der Ermächtigung des § 8 Abs. 5 Finanzverfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, und auf Grund des Kanalabgabengesetzes 1955, LGBl. Nr. 71/1955, i.d.g.F., einmalige Kanalisationsbeiträge, sowie für deren Benützung laufende Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Verordnung erhoben.

     2.) Die Höhe des Einheitssatzes (§ 4 des

Kanalabgabengesetzes 1955) für die Berechnung der

Kanalisationsbeiträge beträgt 5 %, somit für

     3.) Schmutzwasserkanäle     S     180,--

     4.) Regenwasserkanäle       S     104,--

5.)

Für nicht Wohnzwecken dienenden Gebäude (Gebäudeteile) land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und für die dazugehörigen Hofflächen, deren Entwässerung durch die öffentliche Kanalanlage erfolgt (§ 4 Abs. 3 des Kanalabgabengesetzes 1955), wird die Hälfte des Einheitssatzes in Anrechnung gebracht.

              6.)              ..."

Für die Vorschreibung des einmaligen Kanalisationsbeitrages (KAB) ist die verbaute Grundfläche Teil der Bemessungsgrundlage. Die "verbaute Grundfläche" ist im Kanalabgabengesetz (KAG) nicht näher umschrieben. Bei der Auslegung ist daher von der im Sprachgebrauch üblichen Bedeutung der Worte auszugehen. Danach ist unter "verbauter Grundfläche" der Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der "verbaut" ist, d.h. von einem über die Erdoberfläche hinausragenden Gebäude bedeckt wird (vgl. das zur Nö Rechtslage ergangene hg. Erkenntnis vom 16. November 1988, Zl. 98/17/0221). Unter der Erdoberfläche befindliche Gebäudeteile (wie z.B. Keller) bedecken die Erdoberfläche nicht und zählen somit nicht zur verbauten Grundfläche. Dies auch dann nicht, wenn - wie im Beschwerdefall aus dem im Akt befindlichen Plan ersichtlich ist - auf Grund der Hanglage an einer Kellergeschoßseite die Garagenzufahrt und ein weiterer Zugang in das Kellergeschoß vorhanden ist, weil eine an der Stirnseite des Kellergeschoßes befindliche Zufahrt oder ein Zugang an der Kellergeschoßeigenschaft nichts ändert. Ist die Fläche der unter der verbauten Grundfläche liegenden Kellerräume größer als die der verbauten Grundfläche, dann ist bei der Berechnung des Kanalisationsbeitrages für das Kellergeschoß dennoch die verbaute Grundfläche (des "Erdgeschoßes") - nach dem KAG zur Hälfte - anzusetzen.

Im Beschwerdefall ist der Grundriss des Kellergeschoßes größer als der Grundriss des Erdgeschoßes und ein Teil der über den Grundriss des Gebäudes hinausgehenden Kellerdecke bildet die Basis für eine von zwei Seiten des Gebäudes begrenzte nicht überdachte Terrasse. Die nach den im Akt befindlichen Plänen im Geländeniveau liegende Terrasse wird von keinem Gebäude bedeckt und gehört somit nicht zur Bemessungsgrundlage des KAB.

Der Beschwerdeführer hat ein ihm von der Behörde übermitteltes Vermessungsblatt unterfertigt, in dem die Umrisse des Kellergeschoßes und des Erdgeschoßes mit "Wohnhaus" und "Wirtschaftstrakt" eingezeichnet sind und ausdrücklich vermerkt wird: "Die verbaute Fläche beträgt somit 222,76 m2."

Welche Grundstücksteile zur verbauten Grundfläche nach dem KAG gehören ist eine von der Behörde zu entscheidende Rechtsfrage. Dem Beschwerdeführer obliegt es als Abgabepflichtigen die für die Vorschreibung der Abgabe bedeutsamen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen (z.B. Gebäudebreite). Ihm ist es dabei nicht verwehrt, seine Rechtsansicht bekanntzugeben. Die abschließende Beurteilung von Rechtsfragen fällt aber in den Aufgabenbereich der Behörde. Diese durfte sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides daher nicht darauf zurückziehen, dass der Beschwerdeführer das Vermessungsblatt mit einer dort bereits vorgeschriebenen verbauten Fläche von 222,76 m2 unterzeichnet hatte, sondern hätte auf Grund der Vermessungsdaten, Pläne und eines Augenscheines die "verbaute Fläche" feststellen müssen.

Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dem vorgelegten Gutachten und den im Akt befindlichen Plänen ist dem Wohnhaus ein Wirtschaftstrakt unmittelbar angebaut. Es befindet sich zwischen den beiden Einheiten eine gemeinschaftliche Wand und über beiden Einheiten ein gemeinsames Dach. In diesem Wirtschaftstrakt liegt weder eine Wohnung noch eine Betriebsstätte. Nach dem Widmungsbescheid und der Baubeschreibung handelt es sich bei dem Gebäude um einen Wohntrakt mit angebautem Wirtschaftstrakt. Feststellungen über die Art der tatsächlichen Nutzung finden sich im Akt nicht.

§ 4 Abs. 1 KAG enthält eine Sonderregelung für Wirtschaftsgebäude, § 4 Abs. 3 KAG auch für Gebäudeteile land- und forstwirtschaftlicher Betriebe.

Von getrennten Gebäuden könnte nur dann ausgegangen werden, wenn die einzelnen Bauwerke jedes für sich bestehen könnte (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0296). Vom Vorliegen getrennter Gebäude kann im Beschwerdefall keine Rede sein. Der Wohn- und der Wirtschaftstrakt sind vielmehr Bauteile eines einheitlichen unter einem Dach befindlichen Gebäudes. Demnach findet für den "Wirtschaftstrakt" die Regelung des § 4 Abs. 1 über "Wirtschaftsgebäude" keine Anwendung.

Voraussetzung für die Heranziehung des § 4 Abs. 3 KAG wäre im Beschwerdefall das Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes und weiters, dass der Gebäudeteil "Wirtschaftstrakt" diesem Betrieb dient. Aus einem Schreiben der Gemeinde an den Steiermärkischen Gemeindebund ergibt sich, dass der Beschwerdeführer derzeit keine Landwirtschaft betreibe und hiefür ein bereits leerstehendes Wirtschaftsgebäude zur Verfügung stünde. Die landwirtschaftlich genutzte Grundfläche sei verpachtet, der Grundbesitz an Wald sei 0,859 ha. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine Behauptung aufgestellt, er habe einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.

Liegt ein land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht vor, dann wurde der als "Wirtschaftstrakt" bezeichnete Gebäudeteil zu Recht in die verbaute Grundfläche einbezogen. Danach beträgt die verbaute Fläche (= Erdgeschoß) insgesamt 191,54 m2.

Im Bereich des Wohnhaustraktes befindet sich über dem Erdgeschoß das von der Behörde als "Obergeschoß" und vom Beschwerdeführer als "ausgebautes Dachgeschoß" bezeichnete Geschoß. Darüber liegt ein von der Behörde nicht in die Berechnung herangezogener Dachraum, der vom Beschwerdeführer auch als "Spitzboden" bezeichnet wird und eine lichte Höhe von 1,35 m hat. Nach der Beschreibung im Gutachten weist das Obergeschoß west- und ostseitig eine Dachschräge mit einer durchgehenden Breite von ca. 50 cm auf.

Die Dachschräge in den Räumen kommt nach den Plänen dadurch zustande, dass das Obergeschoß in den Dachbereich hineinragt, wodurch eine Abschrägung der west- und ostseitigen Wände des Obergeschoßes im Dachbereich erfolgte.

Bei der Auslegung des Begriffes "Dachgeschoß" können die spezifischen baurechtlichen Vorschriften, die auf den Geschoßbegriff abstellen, nicht herangezogen werden (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0296). Nach der allgemeinen Auffassung ist unter Dachgeschoß ein Geschoß innerhalb eines Daches zu verstehen.

Das Obergeschoß mit einer normalen Raumhöhe befindet sich zum weitaus überwiegenden Teil nicht innerhalb des Dachbereiches. Nur im oberen Bereich des Raumes wurden die ost- und westseitig aufragenden Mauern des Geschoßes in einer Breite von ca. 50 cm abgeschrägt. In einem solchen Fall kann von einem Dachgeschoß keine Rede sein, weil nicht einmal der überwiegende Teil des Geschoßes innerhalb des Dachbereiches liegt und der im Dachbereich liegende Geschoßteil gegenüber dem übrigen Geschoßbereich von untergeordneter Bedeutung ist. Der "Geschoßnutzen" ist im Beschwerdefall gegenüber einem mit keinem Teil im Dachbereich liegenden Geschoß nur so wenig verringert, dass kein wesentlicher Unterschied zu einem Vollgeschoß besteht und daher nur der Ansatz als vollwertiges Geschoß sachlich gerechtfertigt ist. Die belangte Behörde durfte daher das Obergeschoß - im Bescheid auch als erster Stock bezeichnet - als vollwertiges Geschoß und nicht als mit der Hälfte anzusetzendes Dachgeschoß in die Bemessungsgrundlage einbeziehen; allerdings in dem Flächenausmaß der verbauten Fläche.

Fälschlich hat die belangte Behörde bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage auch noch bei der Geschoßzahl das über dem Wirtschaftstrakt befindliche Dachgeschoß zusätzlich berücksichtigt. Es ist nämlich von ihr bereits ein volles Obergeschoß in Ansatz gebracht worden, was es ausschließt, das über dem Erdgeschoß des Wirtschaftstraktes liegende Dachgeschoß zusätzlich als halbes Geschoß bei der Geschoßzahlberechnung in Ansatz zu bringen. Richtigerweise hätte die Geschoßanzahl daher 2 1/2 zu betragen, und zwar 1 für Erdgeschoß, 1 für volles Obergeschoß und 1/2 für Kellergeschoß.

Der Beschwerdeführer begehrte schon im verwaltungsbehördlichen Verfahren die Heranziehung eines Sachverständigen. Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht darauf eingegangen und hat somit nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen - ein Sachverständigengutachten wurde vom Beschwerdeführer vorgelegt - unterbleiben konnte.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich wegen der rechtswidrigen Feststellung der verbauten Fläche und der Geschoßanzahl die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, der daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998170108.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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