TE Vwgh Beschluss 2019/2/27 Ra 2018/15/0117

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Index

E1E
E1P
E6J
E6O
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
59/04 EU - EWR

Norm

B-VG Art133
B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §14 Abs3
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
GSpG 1989 §52 Abs2
GSpG 1989 §52 Abs3
VwGG §34 Abs1
12010E049 AEUV Art49
12010E056 AEUV Art56
12010E267 AEUV Art267
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB
62012CJ0390 Pfleger VORAB
62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB
62015CJ0685 Online Games VORAB
62017CJ0003 Sporting Odds VORAB
62017CO0079 Gmalieva VORAB

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des D W in I, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 17. September 2018, Zl. LVwG- 2018/29/1504-5, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Imst), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 5. Juni 2018 wurde der Revisionswerber als Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft wegen vierfacher Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 dritter Fall, Abs. 2 und Abs. 3 iVm § 1 Abs. 1 iVm § 2, § 3 und § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt und über ihn vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils 6.000 EUR (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Tirol der Beschwerde insofern Folge, als es die verhängten Geldstrafen auf jeweils 3.000 EUR (samt Ersatzfreiheitsstrafen) herabsetzte und aussprach, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.

7 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff).

8 Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers steht auch das in § 14 Abs. 3 GSpG enthaltene Erfordernis eines inländischen Sitzes für den Erhalt einer Konzession nicht mit Unionsrecht im Widerspruch. Da § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG von diesem Erfordernis eine Ausnahme enthält, werden mit dieser Bestimmung keine der unionsrechtlichen Vorgaben verletzt: Zwar stellt auch die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung - nämlich eine vergleichbare Lotteriekonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht in dem Mitgliedstaat (der EU bzw. des EWR), in dem der Konzessionswerber seinen Sitz hat - eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

9 Der Revisionswerber bringt weiters vor, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, wonach das Verwaltungsgericht Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen und den Parteien rechtliches Gehör zu geben habe, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheine. Das Landesverwaltungsgericht Tirol sei dem Beweisantrag des Revisionswerbers auf Einholung von Befund und Gutachten über die technischen Eigenschaften der Gegenstandsgeräte nicht gefolgt und habe dessen Vorbringen als Schutzbehauptung abgetan.

10 Hiezu ist zu bemerken, dass dem Revisionswerber mit dem - mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigten - Straferkenntnis Verwaltungsübertretungen im Zeitraum vom 19. bis 20. Dezember 2016 zur Last gelegt wurden. In der Beschwerde hatte der Revisionswerber geltend gemacht, es möge sein, dass sich Apparate (bei denen es sich aber um keine Glücksspielgeräte gehandelt habe) im besagten Lokal befunden hätten. In Kenntnis der Androhung einer Betriebsschließung sei aber beschlossen worden, die früher im Lokal aufgestellten Geräte aus dem Lokal zu verbringen und durch die verfahrensgegenständlichen Apparate auszutauschen. Diese Geräte seien noch nicht konfiguriert gewesen, sodass über diese Geräte keine Spiele hätten durchgeführt werden können. Der Revisionswerber beantragte die Einholung von Befund und Gutachten über die technischen Eigenschaften der Gegenstandsgeräte.

11 In der mündlichen Verhandlung brachte der Revisionswerber dazu vor, jene Geräte, die am 21. Dezember 2016 im Lokal gewesen seien, seien am 19. und 20. Dezember 2016 nicht im Lokal aufgestellt gewesen. In der Nacht vom 20. auf den 21. Dezember 2016 seien die Geräte ausgetauscht worden, wobei es sich nur optisch um dieselben Geräte gehandelt habe. An den zuvor aufgestellten Geräten hätten angeblich Walzenspiele gespielt werden können, auf den neuen Geräten sei dies aber nicht mehr möglich gewesen. Die Geräte seien von einem Techniker ausgetauscht worden. Der Austausch sei nach 23 Uhr erfolgt. Hiefür gebe es keine Belege. Die zuvor im Lokal befindlichen Geräte seien in die Slowakei verbracht worden. Die am 21. Dezember 2016 bei der Amtshandlung vorgefundenen Geräte seien beschlagnahmt worden und befänden sich bei der Bezirkshauptmannschaft oder der Finanzpolizei.

12 Das Verwaltungsgericht hat aufgrund einer eingehenden und nicht als unschlüssig erkennbaren Beweiswürdigung festgestellt, dass es sich bei den anlässlich der Kontrolle am 21. Dezember 2016 vorgefundenen Geräten um dieselben Geräte handelte, welche bereits am 19. und 20. Dezember 2016 im Lokal aufgestellt waren, sowie dass diese Geräte an den beiden Tagen betriebsbereit waren und Spielern zugänglich gemacht wurden. Auch hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Geräte anlässlich der Kontrolle am 21. Dezember 2016 nicht betriebsbereit waren. Damit steht aber auch fest, dass der Zustand der Geräte am 21. Dezember 2016 nicht jenem entspricht, der im Tatzeitraum vorlag. Der vom Revisionswerber beantragte Beweis zu den technischen Eigenschaften der Geräte bezieht sich aber gerade auf den nunmehrigen - allenfalls auch durch Manipulationen in der Nacht vom 20. auf dem 21. Dezember 2016 veränderten - Zustand. Dieser derzeitige Zustand ist für den Tatzeitraum nicht von Bedeutung, sodass der beantragte Beweis vom Verwaltungsgericht nicht aufzunehmen war.

13 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Februar 2019

Gerichtsentscheidung

EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB
EuGH 62012CJ0390 Pfleger VORAB
EuGH 62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB
EuGH 62015CJ0685 Online Games VORAB
EuGH 62017CJ0003 Sporting Odds VORAB
EuGH 62017CO0079 Gmalieva VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150117.L00

Im RIS seit

25.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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