TE Vwgh Beschluss 2019/4/3 Ra 2017/15/0090

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Veröffentlicht am 03.04.2019
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §24 Abs1 litd

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des O B in K, vertreten durch die Bruckmüller Rechtsanwaltsgmbh in 4020 Linz, Landstraße 50/IV, Eing. Magazingasse, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 17. August 2017, Zl. RV/5100701/2013, betreffend Einkommensteuer 2003 bis 2012, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber vermietete mit - bis zum 30. September 2013 befristetem - Mietvertrag vom 24. September 2003 eine in W gelegene Liegenschaft samt dem darauf befindlichen Haus. Mit der Mieterin wurde eine monatliche Miete in Höhe von 700 EUR (wertgesichert) vereinbart. Die Mieterin hatte zudem die Betriebskosten, laufenden öffentlichen Abgaben und Heizkosten zu tragen und war zur Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung des Mietgegenstandes verpflichtet.

2 Mit Optionsvereinbarung vom 21. Oktober 2003 räumte der Revisionswerber der Mieterin weiters das bis zum 30. September 2013 befristete Recht ein, den Mietgegenstand samt allem rechtlichen und physischen Zugehör um 159.880 EUR (wertgesichert) zu erwerben, wobei in der Vereinbarung festgehalten wurde, dass die bis zu einer allfälligen Optionsausübung bezahlte Miete mit einem Betrag von 500 EUR pro Monat auf den vereinbarten Kaufpreis angerechnet wird.

3 In den Einkommensteuererklärungen der Jahren 2003 bis 2005 erklärte der Revisionswerber Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die er auf Basis der wertgesicherten monatlichen Mieteinnahmen von 700 EUR ermittelte.

4 Das Finanzamt führte die Einkommensteuerveranlagungen 2003 bis 2005 erklärungsgemäß durch, woraufhin der Revisionswerber die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2003 bis 2005 beantragte. Zur Begründung führte er aus, die monatlichen Mieteinnahmen hätten richtigerweise mit 200 EUR und nicht mit 700 EUR deklariert werden müssen. Die Differenzbeträge von 500 EUR stellten Anzahlungen auf den Kaufpreis dar, den die Mieterin bei Ausübung des Optionsrechts zu leisten habe; sie seien nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren.

5 Das Finanzamt verfügte die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2003 bis 2005 und erließ - mit der Begründung, dass der wertgesicherte monatliche Bestandzins von 700 EUR bis zur Ausübung des Optionsrechts zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zähle - Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2005, die sich von den bis dahin in Rechtsbestand befindlichen nur dadurch unterschieden, dass sie die Abgaben gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig festsetzten. Auch für die Jahre 2006 bis 2012 ergingen vorläufige Einkommensteuerbescheide, in welchen den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die wertgesicherten monatlichen Mieteinnahmen von 700 EUR zugrunde gelegt wurden.

6 Mit Kaufvertrag vom 22. April 2013 machte die Mieterin von ihrem Optionsrecht Gebrauch und erwarb den Mietgegenstand zu einem Gesamtkaufpreis in Höhe von 166.000 EUR. Auf den Gesamtkaufpreis wurden bis zur Optionsausübung bezahlte Mieten in Höhe von insgesamt 56.000 EUR angerechnet.

7 Mit Bescheiden des Finanzamts vom 18. Juni 2013 wurden die vorläufigen Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2012 gemäß § 200 Abs. 2 BAO für endgültig erklärt.

8 Der Revisionswerber berief gegen die endgültigen Einkommensteuerbescheide und brachte in der Berufung (nunmehr Beschwerde) vor, er habe der Mieterin eine Option zum Kauf des Mietgegenstandes unter teilweiser Anrechnung der Miete eingeräumt. Mietkaufverträge beinhalteten Elemente eines Kauf- und eines Bestandvertrages, weshalb geprüft werden müsse, ob das abgeschlossene Rechtsgeschäft als Mietvertrag oder als Kaufvertrag zu beurteilen sei. Im vorliegenden Fall habe seitens der Mieterin von Beginn an eine Kaufabsicht bestanden. Auch das Finanzamt sei zunächst offenkundig vom Vorliegen eines Kaufvertrages ausgegangen und habe das Ergehen vorläufiger Bescheide für die Jahre 2003 bis 2012 damit begründet, dass bei Ausübung der Option ein Betrag von 6.000 EUR jährlich nicht unter den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen sei. Dass das Finanzamt in weiterer Folge von dieser Auffassung abgegangen sei und die auf den Kaufpreis angerechneten Beträge als Mieteinkünfte behandelt habe, stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar.

9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde keine Folge. Zur Begründung führte es - nach ausführlicher Darstellung und Würdigung der vom Revisionswerber abgeschlossenen Miet- und Optionsverträge - im Wesentlichen aus, dass mit der Einräumung einer Option zum Erwerb eines Wirtschaftsgutes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch kein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an diesem Wirtschaftsgut verbunden sei (Hinweis auf VwGH 29.7.2010, 2007/15/0248; 20.4.1993, 93/14/0007; 9.5.1989, 89/14/0033; 29.11.1988, 88/14/0184) und der Revisionswerber im gesamten Verfahren nichts Konkretes zum wirtschaftlichen Eigentum der Mieterin vorgebracht habe. Es sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber bis zur Ausübung der Kaufoption wirtschaftlicher Eigentümer der Liegenschaft geblieben sei, weshalb es sich bei den streitgegenständlichen Einnahmen der Jahre 2003 bis 2012 um solche aus Vermietung und Verpachtung handle. Das Finanzamt habe nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, sondern lediglich dem Legalitätsprinzip zum Durchbruch verholfen.

10 Eine ordentliche Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil es sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur betreffend Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums sowie betreffend den Grundsatz von Treu und Glauben orientiert habe.

11 Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision. 12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts stehe im Widerspruch zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1995, 93/15/0107. In diesem Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof den Mietgegenstand aus wirtschaftlicher und steuerlicher Sicht von Beginn des Mietverhältnisses an dem Mieter zugerechnet und argumentiert, dass eine Anschaffung und somit steuerliche Zurechnung an den Mieter immer dann vorliege, wenn die Mietzahlung bei Ausnützung einer eingeräumten Option auf den von vornherein fest vereinbarten Kaufpreis angerechnet würde, ohne dass für die vorausgehende Nutzung eine besondere Entschädigung gezahlt werden müsse oder die Nichtausübung der Option gegen jede Vernunft wäre. Weiters führte sie aus:

"Der gegenständliche Sachverhalt entspricht beinahe 1:1 dem der zitierten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt: Die Mieterin hat einen Mietvertrag befristet auf zehn Jahre abgeschlossen und hatte bei Ende des Mietverhältnisses die Möglichkeit, den Mietgegenstand um einen zu Beginn des Mietverhältnisses fixierten Kaufpreis unter Anrechnung der Mietzinszahlungen zu erwerben, nämlich um (wertgesichert) EUR 159.880,00. Der beim Revisionswerber verbleibende Mietzins in der Höhe von wertgesichert EUR 200,00 ist verschwindend gering und kann daher nicht als besondere Entschädigung qualifiziert werden. Aufgrund von enormen Preissteigerungen, der hochwertigen Ausstattung des Mietgegenstandes und der umfangreichen Adaptionsarbeiten der Mieterin am Mietgegenstand hatte zudem der Mietgegenstand bei Ausübung der Option tatsächlich einen viel höheren Wert als der in der Optionsvereinbarung ursprünglich vereinbart(e) Kaufpreis."

16 Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften wird im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens weiters gerügt, das Finanzamt und das Bundesfinanzgericht hätten Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie es unterlassen hätten, "eine Wertermittlung betreffend den Mietgegenstand vorzunehmen". Wären das Finanzamt und das Bundesfinanzgericht ihren amtswegigen Ermittlungspflichten nachgekommen, "wäre - aufgrund der Werthaltigkeit des Mietgegenstandes - noch deutlicher zu Tage getreten, dass der vereinbarte Restkaufpreis aus Sicht des Mieters als überaus günstig zu bewerten ist und daher bereits bei Abschluss des Miet- und Optionsvertrages klar war, dass die Nichtausübung der Option gegen jede Vernunft verstoßen würde".

17 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

18 Im Erkenntnis vom 29. Juni 1995, 93/15/0107, auf welches sich der Revisionswerber stützt, sprach der Verwaltungsgerichtshof zur Umsatzsteuer aus, beim Leasing sei zu prüfen, ob die Überlassung des Leasinggutes gleich einer "echten" Vermietung als bloße Nutzungsüberlassung zu sehen sei oder ob sich die Überlassung wirtschaftlich bereits als Kauf (Ratenkauf) darstelle. Es gehe letztlich darum, ob der Leasingnehmer "mit der Überlassung des Leasinggutes bereits dessen wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. d BAO wird. Das Rechtsgeschäft bedarf steuerrechtlich einer eindeutigen Zuordnung unter den Anschaffungstatbestand oder unter den Gebrauchstatbestand und damit einer Zuordnung des Vertragsgegenstandes zum einen oder anderen Vertragsteil von Anfang an."

19 Dem Erkenntnis vom 29. Juni 1995 lag ein Fall zugrunde, in welchem der beschwerdeführende Leasingnehmer die Zurechnung des Leasinggutes an ihn nur mit dem Argument bestritt, bei Nichtausübung der Kaufoption bestehe ein Rückforderungsanspruch für die bei Vertragsbeginn in der Höhe des kalkulatorischen Restbuchwertes des Leasinggutes geleistete Mietkaution. Der Verwaltungsgerichtshof hielt für relevant, dass der Leasingnehmer bei Ausübung seines Optionsrechtes keine weitere Leistung zu erbringen hatte, das Leasinggut für die weitere Betriebsausübung unbedingt benötigte und bei dem gegebenen Sachverhalt die Nichtausnützung der eingeräumten Kaufoption "gegen jede Vernunft" gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof betonte, es könne davon ausgegangen werden, dass dann eine Anschaffung durch den "Mieter" vorliegt, wenn die Nichtausnützung der eingeräumten Kaufoption gemessen an der Vertragslage geradezu gegen jede Vernunft wäre, insbesondere dann, wenn eine Mindestmietdauer vereinbart ist, nach deren Ablauf der Gegenstand noch einen Nutzen verspricht, und die Restzahlungen (der Restkaufpreis) aus dieser Sicht als überaus günstig (weil gering) erscheinen.

20 Nach der Rechtsprechung (zur Einkommensteuer etwa VwGH 17.2.1999, 97/14/0059) ist somit entscheidend, ob sich bereits aus den im Jahr 2003 abgeschlossenen Vereinbarungen (Miet- und Optionsvertrag) ergeben hat, dass die Nichtausnützung der eingeräumten Kaufoption geradezu gegen jede Vernunft gewesen wäre (ex ante Betrachtung). Die Revision zeigt nicht auf, dass dies aus der Sicht des Zeitpunktes des Vertragsabschlusses der Fall gewesen wäre. Bei den von ihr ins Treffen geführten Preissteigerungen zwischen Einräumung und Ausübung der Option und den umfangreichen Adaptionsarbeiten der Mieterin am Mietgegenstand (zu denen die Mieterin nach den im Jahr 2003 abgeschlossenen Vereinbarungen nicht verpflichtet war) handelt es sich um nachträgliche Ereignisse, denen bei Beurteilung der Frage, ob die Nichtausübung der Option geradezu gegen jede Vernunft wäre, keine Bedeutung zukommt. Dass die Nichtausnützung der eingeräumten Kaufoption selbst ohne Preissteigerungen und Adaptionsarbeiten geradezu gegen jede Vernunft gewesen wäre, wurde im Beschwerdeverfahren nicht behauptet und wird in der Revision nicht dargetan. Folglich geht auch die unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgetragene Rüge, Finanzamt und Bundesfinanzgericht hätten Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie es unterlassen hätten "eine Wertermittlung betreffend den Mietgegenstand vorzunehmen", ins Leere.

21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

22 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 3. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017150090.L00

Im RIS seit

12.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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