TE OGH 2019/5/23 6Ob44/19t

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Veröffentlicht am 23.05.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei N***** GmbH, *****, vertreten durch Huainigg Dellacher & Partner Rechtsanwälte OG in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Leistung und Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 31.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 29. Jänner 2019, GZ 3 R 154/18v-13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Einer – hier von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen – konkret drohenden Verletzung einer Syndikatsvereinbarung (Stimmrechtsbindungsvereinbarung) kann mit vorbeugender Unterlassungsklage begegnet werden. Dieser Unterlassungsanspruch ist durch einstweilige Verfügung sicherbar, wobei die Provisorialentscheidung letztlich nach einer Abwägung vorzunehmen ist, ob eine vorläufige Sicherung oder deren Unterbleiben eher einen unwiederbringlichen Schaden nach sich ziehen könnte, und auch zu berücksichtigen ist, ob die mit der einstweiligen Verfügung ausgesprochenen Maßnahmen rückführbar sind (7 Ob 59/03g). Mit ihrem Vorbringen im außerordentlichen Revisionsrekurs, die von ihr entgegen der Vereinbarung mit der Klägerin einseitig beschlossene Kapitalzufuhr an die C***** C***** GmbH sei für diese Existenzvoraussetzung gewesen, weil sie sonst den Sanierungsplan nicht hätte erfüllen können und ein (weiteres) Insolvenzverfahren unvermeidlich gewesen wäre, verstößt die Beklagte nicht nur gegen das Neuerungsverbot; auf diesen Umstand hat sie sich nicht einmal im Rekursverfahren gestützt.

2. Die einstweilige Verfügung des Erstgerichts wurde der Beklagten am 20. 11. 2018 zugestellt (die Behauptung einer Zustellung am 4. 2. 2019 im außerordentlichen Revisionsrekurs ist aktenwidrig) und wurde deshalb zu diesem Zeitpunkt verbindlich und vollstreckbar. Nichtsdestotrotz stimmte die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen in der Generalversammlung der Gesellschaft am 25. 1. 2019 für die Kapitalerhöhung. Warum bei einem solchen Verhalten allein aufgrund der Erklärung im außerordentlichen Revisionsrekurs, die Beklagte werde zukünftig keine (gemeint wohl: weitere) Kapitalerhöhung beschließen, „sofern nicht insgesamt 85 % der Gesellschafter der in dieser Generalversammlung vertretenen Stimmen einer solchen zustimmen“, die von den Vorinstanzen erlassene einstweilige Verfügung mangels Wiederholungsgefahr unzulässig (und damit aufzuheben) sein soll, ist nicht nachvollziehbar: Die Wiederholungsgefahr bleibt bestehen, wenn der Beklagte im Prozess weiter den Standpunkt vertritt, dass er zu der beanstandeten Handlung berechtigt ist (RS0079564&Rechtssatz=&Fundstelle=&AenderungenSeit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False&GZ=&VonDatum=&BisDatum=04.03.2019&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=&Dokumentnummer=JJR_19580522_OGH0002_0010OB00141_5800000_003"> [T1]) und seine gesetzwidrige Handlung verteidigt (RS0079564 [T12]). Wer nämlich im Prozess weiterhin die Auffassung vertritt, zu der beanstandeten Handlung berechtigt zu sein, und seinen Verstoß verteidigt, gibt im Allgemeinen schon dadurch zu erkennen, dass es ihm um die Vermeidung weiterer Eingriffe dieser Art nicht ernstlich zu tun ist ( [T14]). Bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr kommt es nicht nur auf die Art des bereits erfolgten Eingriffs, sondern auch auf die Willensrichtung des Beklagten an, für die insbesondere sein Verhalten nach der Beanstandung oder während des Rechtsstreits wichtige Anhaltspunkte bieten kann (RS0079692). Eine Wiederholungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn nicht ausreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Beklagte seine Willensrichtung geändert hat und eine (neuerliche) Verletzung durch ihn ernstlich nicht mehr zu erwarten ist (RS0079692 [T3]). Die bloße Behauptung des Beklagten, von künftigen Störungen Abstand nehmen zu wollen, reicht zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht aus (RS0079692 [T9]). Dies hat erst recht zu gelten, wenn der Beklagte zwischenzeitig sogar gegen die erlassene einstweilige Verfügung verstoßen hat.

Textnummer

E125268

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00044.19T.0523.000

Im RIS seit

18.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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