TE Vwgh Erkenntnis 1999/2/26 96/19/0782

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.1999
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1970 geborenen N B in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1996, Zl. 117. 517/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin verfügte nach der Aktenlage über einen von der österreichischen Botschaft in Damaskus am 19. Juli 1994 ausgestellten Touristensichtvermerk mit einer Gültigkeitsdauer bis 19. Oktober 1994.

Mit ihrem am 14. Juli 1994 im Wege der österreichischen Botschaft in Damaskus bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangten Antrag begehrte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, wobei als Aufenthaltszweck die Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit sowie Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten angegeben wurde.

Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 31. August 1994 gemäß § 9 Abs. 3 AufG ab. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. Jänner 1996 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes und § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die Beschwerdeführerin nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage mit einem Touristensichtvermerk eingereist sei und ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wolle. Unbeschadet ihres Vorbringens sei bei der Beurteilung ihres Antrages allein maßgeblich, daß § 5 Abs. 1 AufG zwingend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausschließt, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes vorliege. Nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG liege ein solcher vor, wenn der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. In Hinblick auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, B 338/93 und B 445/93, erübrige sich das Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen, da das Vorliegen des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 30. Jänner 1996) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."

§ 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG bereits dann verwirklicht, wenn sich ein Fremder in dem für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Zeitpunkt im Anschluß an eine mit einem Touristensichtvermerk erfolgten Einreise oder nach sichtvermerksfreier Einreise (weiterhin) im Bundesgebiet aufhält. Ein nahtloser Anschluß an das Ende der Gültigkeitsdauer des Touristensichtvermerks ist zur Verwirklichung des Versagungstatbestandes nicht erforderlich. Ebensowenig kommt es für die Verwirklichung des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG darauf an, ob der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor oder nach der mit Touristensichtvermerk erfolgten Einreise gestellt wurde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0500).

Zwar reicht die im § 6 Abs. 1 AufG verankerte Pflicht eines Antragstellers, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund vorliegt, nicht soweit, auch das Nichtvorliegen eines Sichtvermerksversagungsgrundes im Sinne des § 10 Abs. 1 FrG darzutun, weshalb die belangte Behörde § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nur nach Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens heranziehen durfte, in dessen Rahmen sie von Amts wegen zu prüfen hatte, ob sich die Beschwerdeführerin nach der mit Touristensichtvermerk erfolgten Einreise weiterhin in Österreich aufhielt.

Die belangte Behörde hat im Berufungsverfahren den Ehegatten der Beschwerdeführerin u.a. aufgefordert bekanntzugeben, wo sich die Beschwerdeführerin "zur Zeit" aufhält. In einer mit 3. Jänner 1996 (also nach Ablauf des bis 19. Oktober 1994 gültigen Touristensichtvermerkes) datierten Eingabe gab der Ehegatte namens der Beschwerdeführerin und der gemeinsamen Tochter an, mit den Genannten an einer näher bezeichneten Anschrift in 1220 Wien zu wohnen. Angesichts dieser Angabe hatte die belangte Behörde hinreichende Gründe für die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Annahme, die Beschwerdeführerin halte sich im Zeitpunkt ihrer Entscheidung weiterhin im Bundesgebiet auf. Die Beschwerdeführerin stellt im übrigen ihren Aufenthalt im Bundesgebiet auch in der Beschwerde nicht in Abrede. Die Heranziehung des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG durch die belangte Behörde erweist sich daher nicht als rechtswidrig.

Insoweit sich die Beschwerdeführerin erkennbar auch auf § 3 Abs. 1 AufG beruft, ist ihr zu entgegnen, daß der dort verankerte Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung das Nichtvorliegen eines Versagungsgrundes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG voraussetzt. Es handelt sich dabei um eine zwingende Vorschrift des Gesetzes. Gerade einen solchen Versagungsgrund hat die Beschwerdeführerin jedoch verwirklicht.

Aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, dargelegten Gründen kommt eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Interessen des Fremden bei einer auf § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung nicht in Betracht. Dort heißt es im gegebenen Zusammenhang: "Eine rigorose, Ausnahmen ausschließende (daher im Einzelfällen Härten bedingende) Regelung, wie sie § 10 Abs. 1 Z. 6 und 7 FrG trifft, kann nämlich deshalb notwendig sein, um zu sichern, daß das in anderen fremdenrechtlichen Vorschriften (insbesondere im Aufenthaltsgesetz) entwickelte geschlossene Ordnungssystem nicht gestört wird, welches der Erreichung des - sachlich begründbaren und durch Art. 8 Abs. 2 MRK gedeckten - Zieles, die Einreise von Fremden nach Österreich zwecks längerem oder dauerndem Aufenthalt im Bundesgebiet (Einwanderung) in geordnete Bahnen zu lenken, dient".

Vor diesem Hintergrund geht auch die - teilweise unsachlich vorgetragene - Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe der Beschwerdeführerin nicht Gelegenheit gegeben, ihre persönliche Situation darzustellen (mit Komplikationen verbundene Schwangerschaft, Antragstellung auf Aufenthaltsbewilligung vor Beantragung eines Touristensichtvermerkes), ins Leere. Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit betrifft Rechtsfragen, wobei auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden kann.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündlich Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht.

Wien, am 26. Februar 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996190782.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten