TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/29 W178 2124641-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
BFA-VG §20 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W178 2124641-1/23.E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des Herrn XXXX, geb. XXXX, StA. AFGHANISTAN, vertreten durch: Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD NÖ, Außenstelle Wr. Neustadt vom 15.03.2016, Zl. 1090559408-151522695, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und Herrn XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 kommt Herrn XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zu.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der unter Umgehung der Grenzkontrollen ins Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer (Bf) hat am 09.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Bei der Einvernahme vor der Polizei gibt er an, dass er XXXX heiße, am XXXX geboren und afghanischer Staatsbürger sei; er sei aus der Ethnie der Usbeken und spreche neben Usbekisch auch Dari. Er komme aus der Provinz Takhar, XXXX, XXXX. Sein Bruder XXXX und sein Onkel lebten in Österreich, ein anderer Onkel in Deutschland. Zu den Fluchtgründen bringt er vor, dass der Mullah ihres Gebietes mit den Taliban zusammengearbeitet habe. Nach dem Freitagsgebet habe er immer wieder den jungen Männern gepredigt, dass sie in den Freiheitskampf ziehen sollen und dass sie dann als Märtyrer ins Paradies kommen würden. Auch er sei von Mullah Mohammad Taheb weiterempfohlen worden. Dieser sei ein Talib und habe gewollt, dass der Bf in ein Ausbildungslager nach Pakistan gehe. Seine Mutter habe Angst um sein Leben gehabt.

2. Bei der Einvernahme vom BFA am 15.03.2016 hat der Bf die Angaben über seine Herkunft und seine Familie bestätigt. Weiters hatte angegeben, dass er Afghanistan im August September 2015 verlassen habe und über den Iran ausgereist sei. Sein Bruder habe in Österreich Asyl bekommen. Zu seinen Fluchtgründen gibt er an, dass ihn die Taliban rekrutieren wollten. Die Rekrutierung habe in der Moschee stattgefunden. Direkten Kontakt zu den Taliban habe er nicht gehabt. Bei einer Rückkehr hätte Angst, dass der Mullah in der Moschee ein Todesurteil über ihn entsprechen würde.

3. Mit Bescheid vom 15.3.2016 wurde dem Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberichtigten keine Folge gegeben, ebenso wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei ebenso wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt: Es wurde festgestellt, dass eine Furcht vor Verfolgung nicht festzustellen sei ebenso wenig wie eine Gefährdungslage in Bezug auf Afghanistan. Er sei gesund und arbeitsfähig es bestehe eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul. Das Vorbringen seiner Fluchtgeschichte sei nicht glaubhaft. Bezüglich der Rückkehrentscheidung sei anzumerken, dass er in Österreich über keinerlei relevante Verwandtschaft verfüge. Dass ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zum Onkel oder Bruder bestehe, hätte nicht festgestellt werden können. Er verfüge noch über äußerst geringe Deutschkenntnisse und gehe keine Arbeit nach und habe auch sonst keine privaten Bindungen in Österreich.

4.) Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben. Darin wird zur Begründung angeführt, dass er seine Aussagen ausführlich und in freier Erzählung und auf Nachfrage getätigt habe. Wenn man ihm eine Frage gestellt habe, habe er konkrete Antwort gegeben. Wie weit er bei einzelnen Fragen ins Detail gehen muss, habe er nicht wissen können. Er sei immer zum Freitagsgebet in die Moschee gegangen, dort habe ihn eines Tages der Mullah angesprochen und eingeladen. Er habe gesagt, dass er ein guter Moslem sei und dass er mit den Taliban zusammenarbeiten solle. Er habe ihm auch gedroht, dass er umgebracht werde falls er sich weigern sollte. Er sei dort hingegangen aber der Anführer dort habe ihm gesagt, er solle noch einmal nach Hause fahren, um sich von seiner Mutter zu verabschieden und ihren Segen einzuholen. Zuhause habe ihm seine Mutter erzählt, dass sein Großvater auch so getötet worden sei und dass er sich in Gefahr befinde. Seine Mutter und sein Onkel hätten dann seine Ausreise organisiert. Weiters werden in der Beschwerde verschiedene Länderberichte angeführt. Es wird weiters ausgeführt, dass die Sicherheitssituation in Afghanistan aktuell nach wie vor nicht in einem Maße stabilisierte, dass davon ausgegangen werden könne, dass er im Falle seiner Rückkehr nicht in eine ausweglose Lage gerate. Damit seien zumindest die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiären Schutz gegeben.

5. Am 19.12.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Neben dem Beschwerdeführer wurde auch der in Österreich lebende Bruder des Beschwerdeführers, Herr XXXX, einvernommen.

Ergänzend zu dem bisherigen Vorbringen gab der Beschwerdeführer an, dass sein Bruder zum Christentum (Baptistengemeinde) konvertiert sei. Diese Konversion sei auch seiner Familie, auch seiner Mutter, bekannt geworden und diese sei darüber entsetzt. Die Mutter gehe davon aus, dass er auch vom Islam abgefallen sei. Nach den Aussagen des Bf habe die Mutter gedroht, ihn und seinen Bruder persönlich an die Taliban zu verraten, falls sie zurückkommen sollten. Die Mutter sei sehr religiös und habe großes Wissen über die islamische Religion, sie habe diese fünf Jahre lang studiert, sie könne arabisch lesen und schreiben.

Der als Zeuge vernommene Bruder des Beschwerdeführers gibt an, dass er nicht nur selbst konvertiert sei, sondern auch schon mehrere Personen, die aus Afghanistan stammten, dazu überreden habe können. Es seien auch einige Personen aus ihrer Herkunftsgegend dabei gewesen. (Der Zeuge nennt Namen. Sein Bruder habe aus einem Gespräch mit der Mutter herausgehört, dass man im Dorf Bescheid wisse. Die Mutter glaube, dass er auch seinen Bruder zum Christentum bekehrt habe. Die Mutter möchte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Es bestehe daher für den Bf in Afghanistan jedenfalls im Herkunftsdorf eine Gefahr.

Der Bf hat in der Verhandlung ein Flugblatt, aus dem sich die von den Taliban verhängte nächtliche Ausgangsperre im Dorf und die Drohung, Wahrnehmungen über die Aktionen der Aufständischen (Mujaheddin) niemandem mitzuteilen, hervorhegen (Übersetzung im Akt des BVwG). Weiters vorgelegt wurde eine Facebook-Eintragung eines Bekannten des Beschwerdeführers (XXXX) über einen im Dezember 2017 stattgefundenen Überfall/ein Gefecht im Dorf XXXX , Provinz XXXX sowie über die entstandenen Opfer. Ebenso hat er ein Foto, das Burschen und männliche Jugendliche mit Waffen (Maschinengewehren) zeigt, vorgelegt.

6. Es wurde die Baptistengemeinde Bad Ischl gefragt ob sie den Zeugen XXXX kennen, dort wurde von Herrn Johannes Carl die Antwort gegeben, dass sie ihn nicht persönlich kennen und der dort weder getauft worden sei noch die Gottesdienste besuche. Der Bruder des Bf hat am 25.09.2018 angegeben, dass er mit Herrn Carl seit ca. 8 Monaten in Kontakt sei.

Mit Schreiben vom 27.09.2018 hat er bekanntgegeben, dass Herr XXXX seit 23.09.2018 Mitglied der Baptistengemeinde Bad Ischl ist und dort am Gemeindeleben und den Gottesdiensten teilnimmt. Es wurde auch die Urkunde vom 12.01.2018 über die Taufe des Bruders des Bf am 12.10.2014 (in der Baptistengemeinde Krummgasse Wien)

Seitens des BVWG wurde die ebenfalls vom Zeugen bekannt gegebene Kontakt Nummer des Herrn Cesar Sotomayor, Pastor in der Gemeindein Wien 3, Krummgasse aufgefordert, bezüglich der Konversion des Bruders und seinen religiösen Aktivitäten in Österreich Aussagen zu machen.

Dieser hat mit Schreiben vom 30.09.2018 dazu angeführt, dass er der Pastor des farsi-sprachigen Teils der Baptistengemeinde projekt:gemeinde in der Krummgasse 7/1, 1030 Wien sei und Herrn XXXX seit Juli 2014 kenne, dort sei er auch getauft worden; vorher habe dieser die Baptistengemeinde in Salzburg/ Lehen besucht. Aufgrund seiner Arbeit und Ausbildung sei er nach Bad Ischl übersiedelt. Man habe seine Kirchenmitgliedschaft am 05.Mai 2018 auf seinen Wunsch hin offiziell an die Baptistengemeinde Bad Ischl überwiesen, nachdem er diese Gemeinde bereits besucht hatte.

7. Dem BFA wurde Parteiengehör gewährt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Bf:

Der Bf heißt XXXX, geboren am XXXX, aus der Volksgruppe der Usbeken mit sunnitischem Religionsbekenntnis, aus der Provinz Takhar, Distrikt XXXX, Dorf XXXX; seine Muttersprache ist Usbekisch, er spricht auch Dari.

Der Bf hat 12 Jahre Schulbildung in Afghanistan absolviert. Er hat dort 3 Jahre als Schneider gearbeitet.

Die Mutter des Bf war die 1. Ehefrau seines Vaters, Letzterer lebte nicht mit ihr und dem Bf und seinen Geschwistern, sondern in einem anderen Dorf mit seiner 2.Frau. Die beiden Schwestern und einer seiner Brüder leben noch im Distrikt. Sein Vater ist Lehrer, er war früher in geringem Maße auf Seiten der Taliban aktiv.

Ein Bruder des Bf lebt in Österreich (Herr XXXX, XXXX genannt), dieser lebt in Bad Ischl, ebenso lebt ein Onkel in Österreich. Der Bruder ist zum Christentum (Baptistengemeinde) konvertiert und wurde im Oktober 2014 getauft. Er hat die Baptistengemeinde in Wien besucht und ist derzeit Mitglied der Gemeinde in Bad Ischl.

Die Konversion des Bruders ist im Heimatdorf bekannt geworden. Die Mutter des Bf ist sehr religiös. Sie verurteilt die Konversion des Sohnes. Sie geht davon aus, dass auch ihr Sohn XXXX (der Bf) aufgrund der Nähe zum Bruder vom Islam abgefallen ist. Sie hat sich von ihren Söhnen losgesagt.

1.2 Zu den Fluchtgründen

In der Moschee des Dorfes wurde der Bf seitens eines Mullah ermuntert, sich den Aufständischen anzuschließen. Die Mutter war gegen eine Teilnahme des Bf am Kampf der Taliban. Der Versuch einer Zwangsrekrutierung ist der Beurteilung nicht zugrunde zu legen. Dass Rekrutierungsversuche per Überredung stattgefunden haben, ist glaubhaft.

Im Herkunftsdorf sowie in der Umgebung sind die Taliban präsent und unterhalten eine Infrastruktur, vgl. auch die vorgelegten Dokumente und die Länderberichte.

1.3 Länderfeststellungen

1.3.1 Vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt mit 08.01.2019, (LIB), S.200 ff zur Lage in der Provinz Takhar:

Takhar grenzt im Nordosten an die Provinz Badakhshan - Kunduz liegt im Westen, Baghlan im Süden und im Norden grenzt Takhar an Tadschikistan. Die Provinz hat folgende Distrikte: Warsaj, Farkhar, Khawaja Ghar, Khawajah Bahawodin/Khwaja Bahauddin, Baharak, Hazar Sumuch, Dashti Qala, Yangi Qala, Chahab, Rustaq, Bangi, Ishkamish, Kalafgan, Chal, Namakab und Darqad/Durqad; Taluqan ist die Hauptstadt (Pajhwok o.D.aa; vgl. UN OCHA 4.2014). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.017.575 geschätzt (CSO 4.2017). Die Provinz Takhar ist für Landwirtschaft besonders geeignet (Pajhwok o.D.aa). Takhar zählt zu den für ihre Früchte berühmten Provinzen: Angebaut werden Granatäpfel und Birnen (UNDP 16.1.2017) sowie auch Zitronen (Pajhwok 19.1.2016).

Es existiert eine Autobahn, die Kunduz und Takhar verbindet (Pajhwok 21.2.2017; vgl. Tolonews 12.5.2017); ebenso gibt es einen Bus, der zwischen Takhar und Kabul verkehrt (Planet Biometrics 14.2.2017).

Die Provinz Takhar behält auch im Jahr 2017 den opiumfreien Status, den sie seit dem Jahr 2008 hat. Kleinere Mengen an Mohnanbau (unterhalb der Grenze von 100 Hektar) wurden beobachtet. Nichtsdestotrotz, wurden 15 Hektar an Mohnanbauflächen zerstört (UNODC 11.2017).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Im Februar und März 2018 wurde verlautbart, dass Takhar zu den relativ volatilen Provinzen in Nordostafghanistan zählt, in der oft Aktivitäten von Aufständischen und Zusammenstöße zwischen afghanischen Sicherheitskräften und Rebellen registriert werden (Khaama Press 11.2.2018; vgl. Khaama Press 8.3.2018, Ansar 9.3.2018). Noch im Juni und Oktober 2017 zählte Takhar zu den relativ ruhigen Provinzen, in der, seit dem Fall des Talibanregimes, nur selten Aktivitäten von Aufständischen, registriert wurden. Dennoch haben aufständische Gruppierungen ihre Aktivitäten in der Provinz in den letzten Jahren erhöht. Auch grenzt die Provinz Takhar an gewisse unruhige Provinzen des nördlichen Afghanistan - Aufständische reisen über Takhar, um in andere Provinzen zu gelangen und dort aktiv zu werden (KhaamaPress 22.10.2017; vgl. Khaama 23.6.2017). Manchmal finden in der Provinz Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte statt (Pajhwok 9.3.2018; vgl. 25.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 77 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

Bild kann nicht dargestellt werden

Im gesamten Jahr 2017 wurden 98 zivile Opfer (36 getötete Zivilisten und 62 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von Blindgängern/Landminen und Luftangriffen. Dies bedeutet einen Rückgang von 8% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Takhar

Militärische Operationen werden in der Provinz durchgeführt (Khaama Press 11.2.2018; vgl. Pajhwok 10.2.2018, Xinhua 11.2.2018, Pajhwok 6.2.2018, Khaama Press 23.6.2017, ST 20.6.2017); manchmal werden hochrangige Anführer der Taliban getötet (Xinhua 11.2.2018; vgl. Khaama Press 23.6.2017, Khaama Press 22.4.2017); Aufständische werden getötet und festgenommen (Pajhwok 11.2.2018; ST 20.6.2017). Luftangriffe bei denen auch Taliban getötet werden, werden ebenso durchgeführt (MD 26.3.2018; vgl. RFE/RL 6.3.2018, Tolonews 11.2.2018). Zusammenstöße zwischen den Sicherheitskräften und Aufständischen finden in der Provinz statt (Xinhua 17.3.2018; vgl. SS 11.3.2018, Tolonews 9.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Takhar

Aufständische der Taliban sind in gewissen Distrikten der Provinz aktiv (FNA 9.3.2018; vgl. Khaama Press 11.2.2018, Tolonews 20.3.2018). Die Taliban haben auf etwa 40 Hektar Land (100 Acker) im Distrikt Darqad eine Siedlung errichtet, die u. a. mit Wohnungen, Gesundheitszentren und Geschäften ausgestattet ist (Pajhwok 24.1.2018). Die Siedlung ist unter dem Namen "Omari Town" bekannt gewesen (1TV News 8.2.2018). Die Taliban verlautbarten, der Distrikt Darqad sei ihr Zentrum in der Gegend (SW 7.10.2017). Im Februar 2018 wurde bekannt gegeben, dass die Region wieder unter Kontrolle der afghanischen Sicherheitskräfte sei (FN 13.2.2018; vgl. 1TV News 8.2.2018). Eine weitere Siedlung der Taliban soll im Distrikt Khawajah Bahawodin errichtet werden (Pajhwok 8.10.2017; vgl. SW 7.10.2017).

Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz Takhar registriert (ACLED 23.2.2018).

Aktualisierung der LIB per 20.08.2018 zum Thema: Entführung auf der Takhar-Kunduz-Autobahn 20.8.2018

Am 20.8.2018 entführten die Taliban 170 Passagiere dreier Busse, die über die Takhar-Kunduz-Autobahn auf der Reise nach Kabul waren (Tolonews 20.8.2018; vgl. IFQ 20.8.2018). Quellen zufolge wurden die Entführten in das Dorf Nikpe der Provinz Kunduz gebracht, wo es zu Kämpfen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen kam. Es wurden insgesamt 149 Personen freigelassen, während sich die restlichen 21 weiterhin in der Gewalt der Taliban befinden (IFQ 20.8.2018). Grund für die Entführung war die Suche nach Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte bzw. Beamten (IFQ 20.8.2018; vgl. BBC 20.8.2018). Die Entführung erfolgte nach dem von Präsident Ashraf Ghani angekündigten Waffenstillstand, der vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 gehen sollte und jedoch von den Taliban zurückgewiesen wurde (Reuters 20.8.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018).

1.3.2 Vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt mit 08.01.2019, Seite 270 ff (LIB,S.270 ff.) zur Religionsfreiheit

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.8.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi-Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).

Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie (vgl. MoJ 15.5.2017). Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll laut islamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. Ein Richter kann eine mildere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Auch kann die Regierung das Eigentum des/der Abtrünnigen konfiszieren und dessen/deren Erbrecht einschränken. Des Weiteren ist gemäß hanafitischer Rechtssprechung Proselytismus (Missionierung, Anm.) illegal. Dasselbe gilt für Blasphemie, die in der hanafitischen Rechtsprechung unter die Kapitalverbrechen fällt (USDOS 15.8.2017) und auch nach dem neuen Strafgesetzbuch unter der Bezeichnung "religionsbeleidigende Verbrechen" verboten ist (MoJ 15.5.2017: Art. 323). Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte (USDOS 15.8.2017).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformerische Muslime behindert (FH 11.4.2018).

Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (USDOS 15.8.2017; vgl. AA 5.2018); so gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürger/innen unabhängig von ihrer Religion (AA 5.2018). Wenn weder die Verfassung noch das Straf- bzw. Zivilgesetzbuch bei bestimmten Rechtsfällen angewendet werden können, gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung. Laut Verfassung sind die Gerichte dazu berechtigt, das schiitische Recht anzuwenden, wenn die betroffene Person dem schiitischen Islam angehört. Gemäß der Verfassung existieren keine eigenen, für Nicht-Muslime geltende Gesetze (USDOS 15.8.2017).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin einer anderen abrahamitischen Religion (Christentum oder Judentum) ist. Einer Muslima ist es nicht erlaubt, einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten (USDOS 15.8.2017). Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (HO U.K. 2.2017; vgl. USDOS 10.8.2016). Die nationalen Identitätsausweise beinhalten Informationen über die Konfession des/der Inhabers/Inhaberin. Das Bekenntnis zum Islam wird für den Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht benötigt (USDOS 15.8.2017). Religiöse Gemeinschaften sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet, sich registrieren zu lassen (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Lehrplan, der auf den Bestimmungen des Islam basiert, gestalten und umsetzen; auch sollen Religionskurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime an öffentlichen Schulen ist es nicht erforderlich, am Islamunterricht teilzunehmen (USDOS 15.8.2017).

Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die meistens während ihres Aufenthalts im Ausland zum Christentum konvertierten, würden aus Furcht vor Vergeltung ihren Glauben alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern ausüben (USDOS 15.8.2017).

Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (CRS 13.12.2017).

Beobachtern zufolge sinkt die gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber der schiitischen Minderheit weiterhin; in verschiedenen Gegenden werden dennoch Stigmatisierungsfälle gemeldet (USDOS 15.8.2017).

Mitglieder der Taliban und des IS töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 15.8.2017; vgl. CRS 13.12.2017, FH 11.4.2018). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 15.8.2017).

15.2. Christentum und Konversionen zum Christentum

Nichtmuslimsische Gruppierungen wie Sikhs, Baha'i, Hindus und Christen machen ca. 0.3% der Bevölkerung aus. Genaue Angaben zur Größe der christlichen und Bahai-Gemeinschaften sind nicht vorhanden (USDOS 15.8.2017; vgl. USCIRF 2017). Die einzige im Land bekannte christliche Kirche hat ihren Sitz in der italienischen Botschaft (USCIRF 2017) und wird von der katholischen Mission betrieben (FT 27.10.2017; vgl. AIK o.D.). Die afghanischen Behörden erlaubten die Errichtung einer katholischen Kapelle unter den strengen Bedingungen, dass sie ausschließlich ausländischen Christen diene und jegliche Form des Proselytismus vermieden werde (vertrauliche Quelle 8.11.2017). Öffentlich zugängliche Kirchen existieren in Afghanistan nicht (USDOS 15.8.2017). Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, da es in Afghanistan keine Kirchen gibt (abgesehen von einer katholischen Kapelle auf dem Gelände der italienischen Botschaft). Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen (AA 5.2018). Ausländische Christen dürfen ihren Glauben diskret ausüben (FT 27.10.2017).

Berichten zufolge gibt es im Land weiterhin keine christlichen Schulen (USDOS 15.8.2017); ein christliches Krankenhaus ist in Kabul aktiv (NYP 24.4.2014; vgl. CNN 24.4.2014, CURE o.D.). Auch gibt es in Kabul den Verein "Pro Bambini di Kabul", der aus Mitgliedern verschiedener christlicher Orden besteht, und eine Schule für Kinder mit Behinderung betreibt (PBK o.D.; vgl. FT 27.10.2017). Des Weiteren sind je zwei jesuitische und evangelische Missionare in Afghanistan aktiv (FT 27.10.2017).

Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen (AA 5.2018). Christen berichteten von einer feindseligen Haltung gegenüber christlichen Konvertiten und der vermeintlichen christlichen Proselytenmacherei (USDOS 15.8.2017). Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel nur deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen. In städtischen Gebieten sind Repressionen gegen Konvertiten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften (AA 9.2016). Beobachtern zufolge hegen muslimische Ortsansässige den Verdacht, Entwicklungsprojekte würden das Christentum verbreiten und Proselytismus betreiben (USDOS 15.8.2017).

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 5.2018). Quellen zufolge müssen Christen ihren Glauben unbedingt geheim halten. Konvertiten werden oft als geisteskrank bezeichnet, da man davon ausgeht, dass sich niemand bei klarem Verstand vom Islam abwenden würde; im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen, von Nachbarn oder Fremden angegriffen und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Andererseits wird auch von Fällen berichtet, wo die gesamte Familie den christlichen Glauben annahm; dies muss jedoch absolut geheim gehalten werden (OD 2018).

Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die oft während ihres Aufenthalts im Ausland konvertierten, üben aus Angst vor Diskriminierung und Verfolgung ihre Religion alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern aus (USDOS 15.8.2017). Zwischen 2014 und 2016 gab es keine Berichte zu staatlicher Verfolgung wegen Apostasie oder Blasphemie (USDOS 15.8.2017). Der Druck durch die Nachbarschaft oder der Einfluss des IS und der Taliban stellen Gefahren für Christen dar (OD 2018).

Die im Libanon geborene Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghani, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.2.2015; vgl. BBC 15.10.2014). Einige islamische Gelehrte behaupten, es gebe keine öffentlichen Aufzeichnungen ihrer Konvertierung zum Islam (CSR 13.12.2017).

1.3.3 EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Individuals targeted under societal and legal norms, Stand Dezember 2017,Seite 15 ff., www.easo.europa.eu

1. Overview of socio-legal frameworks for punishment of crime

1.1 Legal pluralism

Afghanistan's socio-legal framework is characterised by legal pluralism, whereby multiple sources of law, both codified and unwritten, and formal and informal institutions govern society and its norms (4). Afghanistan's highly diverse society includes urban, rural and tribal segments, each having norms and mechanisms to settle disputes; however, two dominant systems are used by Afghans to obtain justice: through the state, and through non-state systems (5).

Islam is Afghanistan's state religion (6). The Afghan Constitution provides that, under Article 130, In cases under consideration, the courts shall apply provisions of this Constitution as well as other laws. If there is no provision in the Constitution or other laws about a case, the courts shall, in pursuance of Hanafi jurisprudence, and, within the limits set by this Constitution, rule in a way that attains justice in the best manner.

In his review of this report, Dr. Neamat Nojumi, a scholar at George Mason University with more than 20 years of experience in conflict analysis and state-building in Central Asia who has authored numerous books and studies on Afghan security and governance, explained that Afghan laws are structured on three inter-related tiers: the Constitution and statutory laws passed by Parliament, sharia laws adopted based on legal volumes determined by the Ministry of Justice, and customary law. He explained that there is a hierarchical structure and approach in the application of laws; the Constitution positions statutory law above sharia and customary law. In practice, judges are obligated to apply statutory laws, unless they do not suffice, in which case the judge can apply the permitted version of sharia, and if that is not sufficient, a judge can apply customary principles, as long as they do not contradict the legal system or violate the basic rights of citizens . However, although Article 130 provision was understood by observers only to be used for civil matters, the US Department of State reports that it was also applied to criminal cases by many judicial officials.

According to a 2012 book on criminal law in Afghanistan published by the Stanford University Afghanistan Legal Education Project (ALEP), in the Hanafi school of Islamic law, there are three types of crimes: hudud, qisas, and ta'azir crimes (10). Article 1 of the Afghanistan 1976 Penal Code states that the Penal Code is restricted to regulating '"Ta'zeeri" crime and penalties' and that crimes of hudud and qisas/diyat (blood compensation) are to be punished under Islamic law with Hanafi jurisprudence (11). For those issues not dealt with under the Constitution or

1.2 Hudud crimes

Hudud crimes are the most serious crimes under Islamic law and are considered transgressions against God; these crimes and punishments are specifically mentioned in the Quran. Sources describe hudud crimes and punishments as follows:

• Theft of property (amputation of the hand);

• Adultery; also called zina or illicit sexual relations (100 lashes, exile, or death);

• Defamation, in particular regarding false accusations of illicit sexual relations (80 lashes);

• Drinking alcohol or ingesting intoxicants (80 lashes);

• Apostasy (repentance within 3 days or face death, banishment, imprisonment);

• Highway robbery (crucifixion, death, amputation of a foot or hand, exile)

According to ALEP, hudud crimes are 'remarkably inflexible' in terms of enforcement; however, the standard of proof for most hudud crimes is very high and 'witnesses must corroborate any claim before guilt can be established'. Where the standards of proof are not met for hudud crimes, they are punished as ta'azir crimes.

USCIRF states that in Afghanistan, state-supported religious leaders and judicial officials are 'empowered to interpret and enforce' judgments under these Islamic principles, which has led to 'arbitrary and abusive' judgments and harsh penalties, including death. However, Neamat Nojumi stressed that the formal Afghan legal system is bound by the more secular Constitutional provisions and does not adhere to the 'totality of hudud' in the sense that it is done in Saudi Arabia or Iran. He noted that hudud punishments are not applicable in Afghanistan's formal legal system and practices, but are adhered to and practiced by the Taliban and insurgent groups. Islamist groups in Afghanistan apply a literal form of sharia with emphasis on the implementation of hudud penalties (18). Further information on insurgent interpretations and applications of justice are discussed throughout this report.

However, there are cases reported of criminal charges based on interpretations of Islamic law and the Penal Code prosecuted by state courts, for example, sometimes against women who run away and are charged with adultery. For information on state treatment of individuals accused of moral crimes, and other gender-based violence see Section 3.

................................

1.5 Customary law

Customary and local interpretations of Islamic laws are intertwined and combined in processes of traditional dispute resolution. Customs and customary law also continue to play a valuable and important role in Afghan society; customs are adhered to by individuals within a family, while customary law encompasses normative principles adhered to by a community, and those traditions differ among groups. For example, Tajik, Hazara, Uzbek, and Turkmen follow different social codes than Pashtuns in relation to marriage, inheritance, and public appearances; though there are some overlapping issues across all groups, such as gender discrimination and blood feud practices. Sources note that customary and informal dispute resolution mechanisms are complex systems, are not monolithic, and should be understood as involving numerous justice actors ranging from jirgas and shuras, to include also individual religious scholars, jurists, community members, to NGOs, and national institutions. Neamat Nojumi commented that the diversity of non-state justice comes mainly from the segmentation of the population into urban, rural, and tribal sectors, with the principles of enforcement being based on accepted norms in each context. He explained that in the urban centres within city districts or at the centre of the rural districts people do often have the option to access both forms of state and non-state mechanism while in the peripheries of the cities and rural districts accessing the state justice system is limited. Within the tribal belt of Afghanistan, mainly across the border with Pakistan and in part with Iran, non-state justice forms the dominant legal system. Within these localities, Afghan tribal communities have the presence of a generation of 'traditional expertise' (Jirgamar) whose profession and job is dispute settlement. Nojumi made the observation, based on his research of Afghans' experiences of local governance, that non-state justice is widely understood by the population, and such mechanisms as jirgas and shuras are seen as an affordable and functional way to resolve disputes more effectively than can be done through state institutions due to their basis in social trust with adjudicators. Additionally, Nojumi notes in a 2014 article on the subject, that non-state systems are oriented toward the re-establishment of harmony and the prevention of disruption in the community and in relationships. He makes the point that traditional customs and norms within a family may or may not apply to other families; noting that negative practices such as honour killings and retribution are usually carried out and planned in secret, without involving the broader community; by constrast, customary law is meant to be a consultative process.

It is a widely held perception among Afghans that customary laws are in line with Islamic sharia; however, in practice the two contradict one another at times, as well as also contravening official state laws in some practices. Neamat Nojumi made the observation that although popular, there are numerous aspects of customary laws that contradict sharia and vice versa, particularly in relation to women's entitlements, which are neglected or denied. Similarly, the US Department of State writes that in rural areas, local elders and non-state justice mechanisms were the primary means used to settle criminal and civil disputes, including prescribing punishments outside the formal justice system.

1.6 Extrajudicial punishments by insurgents

Insurgents, in the areas under their control, impose punishments through parallel justice systems, based on a strict interpretation of sharia. These non-state courts are often described as 'kangaroo courts'. UNAMA considers these punishments involving 'public executions by stoning and shooting, beating and lashing, and amputation - are illegal under the laws of Afghanistan, constitute criminal acts, and may amount to war crimes'.

Transgressing moral codes however do not exclusively refer to gender related cases. In an example from May 2017, insurgents abducted a 14 year old boy from Samangan, because of dancing in a wedding video posted on social media, in a manner deemed 'immoral' . Examples from 2016-2017 of Taliban convicting and punishing civilians for ordinary crimes include:

• The execution of a man and his son, accused of murder in Jawzjan ;

• The execution of a women accused of killing her husband in Jawzjan

;

• The Taliban execution of two men in Farah after finding them guilty of kidnapping;

• The amputation of a 15-year-old boy's right hand and left foot accused of burglary in Herat;

• The lashing of a disabled young man accused of rape in Badakhshan.

According to a report on the Taliban produced by Antonio Giustozzi and published by LandInfo (Norway), the Taliban maintain this parallel judicial system at least in part to show the shadow-government character of the Taliban. Fatigued by the long waits, corruption and bribes, many Afghans voluntarily turn to the Taliban courts to settle their disputes.

2. Treatment of people perceived to transgress Islam

2.1 Legal position on apostasy, conversion and blasphemy

According to the US Department of State's International Religious Freedom Report for 2016, the Afghan Constitution indicates that Islam is the religion of the state, though members of other religions are free to practice within the 'limits of the law'. Neither the 1976 Penal Code nor the Constitution of Afghanistan explicitly deal with matters of apostasy, blasphemy, or conversion . Conversion away from Islam to another religion is considered apostasy under Islamic law , including leaving Islam for atheism.

Under Islamic law individuals who convert will be given three days to recant the conversion, or face the punishment for apostasy. However, the process to recant under sharia is not clear. The Cornell University Law School's Death Penalty Worldwide database notes that recanting 'does not truly remove the penalty for existing as an "apostate".

The Hanafi school prescribes that apostasy is punishable by death, imprisonment or confiscation of property. According to some interpretations of Islamic law in practice in Afghanistan, conversion away from Islam is punishable by the death penalty (86), by beheading for men and by life imprisonment for women unless they repent or a judge makes a discretionary decision about a lesser penalty (87). ALEP explains that other punishments have also been adopted, such as marriage annulment, loss of guardianship over his daughter(s), loss of inherited property and inability to pass on property to his children. Children of apostates are still considered Muslims unless they reach adulthood without returning to Islam, in which case they may also be put to death (88). Examples of incidents with corroborating information could not be found.

Blasphemy is punishable by death or imprisonment of up to 20 years. Like apostates, blasphemers have three days to withdraw their behaviours or face the death penalty. A 2004 law prohibits writings and published materials which are considered offensive to Islam or other faiths .

2.2 Prosecutions by the state for apostasy and blasphemy

Apostasy is a 'serious offence' according to the US Library of Congress, and although it is reportedly rarely prosecuted, this has occurred in past years. For instance, according to the US Commission on International Religious Freedom (USCIRF), in 2010-2011, there were two cases of non-Muslims prosecuted for apostasy who faced the possibility of punishment by execution. In 2012-2013, USCIRF reported that they were eventually released and left the country after diplomatic pressure over their convictions. In 2014-2016, there were reported cases of prosecutions for apostasy or blasphemy by the government (97), or of physical assaults, detentions, arrests, or prosecutions for blasphemy or apostasy. The government of Afghanistan stated in a report submitted in May 2016 to the UN Committee Against Torture (UNCAT) that 'no death penalty has been issued or implemented yet' for cases of apostasy or blasphemy. According to DPW, despite the lack of clarity under the law, there are high profile instances where people who are accused of apostasy are threatened with death sentences.

In 2014, Afghan authorities arrested the owner and editor of a newspaper on charges of blasphemy, and shut down the newspaper's offices after the paper published an opinion article questioning the existence of God and critiquing the Islamic faith. The article sparked protests in which demonstrators called for the death sentence and also drew public condemnation from the government. In 2013, one person was convicted and sentenced to 20 years imprisonment for blasphemy; as of 2017, he remains in prison. Previous instances of convictions for blasphemy include two people given 20 years in prison for an unaccepted Persian translation of the Quran, and another sentence for a student journalist accused of downloading information on women's rights and distributing it.

In his review of this report, Neamat Nojumi commented that in all these cases, the accused individuals are deprived of a defense attorney or other legal protections on the basis of the Afghan laws. Targeted individuals often have a weak understanding of legal principles and practices, and in the absence of defense attorney, this often leads to hefty punishment.

2.3 Societal treatment and attitudes towards Christian converts

According to the USDOS, Christians and other minority faiths (Sikhs, Hindus, Baha'i) comprise less than 0.3 percent of the population.

The Pew Research Center, a US-based nonpartisan research organisation that conducted a 2013 survey on the attitudes of Muslims, found that in Afghanistan, those surveyed almost universally (99 %) supported the notion of making sharia the official law of the country. Of the 99 % of respondents who favoured making Islamic law the official law of the state, 79 % approved of executing apostates. Afghan converts to Christianity and proselytizers of the faith are perceived with hostility by society. They are seen as being immoral, or associated with the West, according to sources. In Afghan societal identities, there is a close linkage between religious and national identity meaning Christian converts can be seen to be betraying their Islamic and Afghan heritage. Afghans who convert to Christianity cannot reveal this conversion openly, including to their own families. The BBC covered a story of Afghan converts in 2014 noting that the danger is that if it is made public that a Muslim has left Islam, there is 'no compassion' for this person, and frequently, the person's family will repudiate them for being an apostate.

According to a 2014 article by the New York Times about a Christian convert living in hiding in Kabul, there have only been a few converts visible in the past decade and the state deals with them by asking them to recant or face expulsion from the country . The New York Times also notes the recent growth of Afghan churches in India.

A German-language seminar report with Afghanistan experts Thomas Ruttig and Michael Daxner, produced in April 2016 by ACCORD, indicates that there are an increasing number of Afghan converts to Christianity, often through evangelical groups but also by some educated Afghans who deliberately choose to leave Islam. Sometimes these Afghans who convert to Christianity are from underprivileged groups, such as street children or very poor families. Members of the Christian community who had often been converted while overseas practiced alone or privately in small congregations due to fear of mistreatment; there were hostile attitudes in society to Christian proselytizing. The New York Times gave the example of a 2014 story of an Afghan convert to Christianity living in hiding in a Kabul basement, and whose brother-in-law travelled to Kabul from Pakistan to find him and kill him as an 'apostate', apparently also threatening to kill his son because he is the son of a non-Muslim .

There are no public Christian churches in Afghanistan, apart from one Catholic chapel within the Italian Embassy in Kabul. According to Reuters, only foreigners attend mass there. There was also the Little Sisters of Jesus, a small group of Catholic nuns that had been based in Kabul for 60 years; however the group left Afghanistan in 2017, with the departure of the two last remaining sisters. Afghan Christians practice privately in small underground churches or in their homes.

According to sources, Afghan people have a tradition of tattooing among some groups although permanent tattooing is 'generally seen as un-Islamic' and are forbidden in Islamic law, according to a report on the topic by Lifos, Sweden's Country of Origin Information service in the Swedish Migration Agency. Lifos found that Afghan people with Western style tattoos covered their tattoos in public for fear of societal or insurgent reactions, despite their growing popularity among urban youth. Information on prosecutions or public reactions to Afghans with Western style tattoos or tattooed Christian symbols could not be found within time constraints.

The first Lady of Afghanistan, Rula Ghani, was born of Christian Lebanese origin and is a significant public figure . According to the Guardian, conservative religious and political figures have made verbal attacks against her for being Christian. Such critics have reportedly called her a potential 'threat to Islamic values'.

2.4 Societal treatment and attitudes towards blasphemy, atheists or secularists

Numerous sources explain that society generally does not tolerate perceived contraventions of Islam. The International Humanist and Ethical Union (IHEU), a UN recognised NGO that produces an annual report on discrimination against non-religious and atheists, states in its 2016 report that in Afghanistan, being accused of blasphemy or defaming religion in Afghanistan can cause people to be targeted for violence . The US Department of State's International Religious Freedom Report for 2015 indicates that there were several extrajudicial killings in 2015 for 'alleged religious offences' in Afghanistan during that year. According to the BBC, individuals considered 'apostates' are at risk of being beaten to death by ordinary people without being taken before a court. Norway's independent COI service, LandInfo, similarly explains that there is a low societal tolerance in Afghanistan for criticism of religious beliefs that are seen as contrary to Islam and expression of such views can cause strong reactions toward that person if done publicly. One significant example of mob violence for being perceived to transgress Islam occurred in March 2015 when a young woman named Farkhunda Malikzada was murdered in Kabul city by an angry mob of men after she was falsely accused of burning the Quran. The crowd stoned her, ran her over, and set her body on fire without intervention from the police or the public who witnessed her killing but did not prevent it. Twelve men were convicted and sentenced to 16-20 years in prison; 7 police officers who were involved in the attack received 2 year suspended sentences with no jail time.

IHEU observes that 'assuming or defending any right to criticize, abandon or renounce Islam is considered a taboo even by many Afghans who adhere to broadly democratic values'.

Groups such as atheists, secularists, or converts, who hold views that can be perceived as having fallen away from Islam must self-censor and cannot express their personal views or relationship to Islam openly in society at the risk of sanctions or violence. Likewise, these groups must also appear outwardly Muslim and fulfil behavioural religious and cultural expectations of their local environment, without this being a reflection of their inner conviction.

On the issue of whether there is an organised community that Afghans can join, co-director of the Afghanistan Analysts Network (AAN), Thomas Ruttig, explained in a 2016 German-language ACCORD seminar that an 'atheist movement' does not exist in Afghanistan. Several Facebook pages for groups calling themselves atheist Afghan organisations were found in the course of research for this report; but further information on their activities, including if they are based in Afghanistan or not, could not be found.

Other sources noted the point that historically, between 1978 and 1992, the communist government of the People's Democratic Party of Afghanistan (PDPA) pushed significantly for secular values and reforms across Afghanistan and aligned itself with the 'atheistic' Soviet Union. The PDPA government's programme was imposed with 'widespread repression' and led to the murder and torture of thousands of people. Neamat Nojumi commented during his review of this report that former members and leaders of the PDPA are currently living freely in Afghanistan and are serving in most organs of the government, and have been elected to office. For example, some former members of the PDPA, such as Vice-President Abdul Rashid Dostum, still form part of the current government .

1.3.4 EASO, Afghanistan Netzwerke, übersetzt von Dipl.-Dolmetscherin Maga Michaela Spracklin im Auftrag der Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Stand Jänner 2018,S ff.

1. Netzwerke

Der afghanische Staat ist schwach, und die Afghanen können im Allgemeinen wenig oder gar keine Hilfe oder Unterstützung durch öffentliche Behörden erwarten, selbst im Falle der Vertreibung und beim Wiederaufbau der Existenzgrundlagen nach der Rückkehr. Afghanistan ist von einem Wohlfahrtsstaat weit entfernt, und Afghanen rechnen in der Regel nicht mit Unterstützung durch öffentliche Behörden. Verschiedene Netzwerke ersetzen und kompensieren den schwachen staatlichen Apparat. Das gilt besonders für ländliche Gebiete, wo die Regierung in einigen Gebieten völlig abwesend ist. So sind zum Beispiel die Netzwerke - und nicht der Staat - von kritischer Bedeutung für die Sicherheit, den Schutz, die Unterstützung und Betreuung schutzbedürftiger Menschen .

Die Loyalität gegenüber der Familie, dem Clan und lokalen Anführern ist stärker als das Zugehörigkeitsgefühl zum Staat oder zu den Behörden. Das Kollektiv kommt vor individuellen Wünschen und Bedürfnissen. Es besteht nur beschränkter Spielraum für Widerstand gegen kollektive Entscheidungen. Unter Landinfos Gesprächspartnern herrschte Konsens, dass ein Afghane, der völlig alleine ist, keinen Kontakt zu seiner Familie und auch kein anderes Netzwerk hat, schwer vorstellbar ist.

Ausgehend von der jahrelangen Forschungserfahrung Landinfos in Afghanistan und der Hintergrundliteratur,gelangt Landinfo zu dem Schluss, dass eine Reihe unterschiedlicher und bedeutsamer Netzwerke das soziale Gefüge Afghanistans ausmacht. Diese unterschiedlichen Netzwerke stützen sich auf die Großfamilien, Stämme, Clans und lokalen Gemeinschaften. Es gibt auch Netzwerke, die auf der ethnischen Zugehörigkeit und Religion beruhen, berufliche Netzwerke (Kollegen, Studienkollegen), politische Netzwerke und andere. Unterschiedliche Netzwerke nehmen verschiedene Funktionen wahr und sind unterschiedlich gewichtet, das Netzwerk ist zwischen urbanen und ruralen Gebieten unterschiedlich gestaltet. So sind Netzwerke zum Beispiel für den Zugang zum Arbeitsmarkt maßgeblich. Das gilt sowohl für den informellen, ungeregelten Arbeitsmarkt, auf dem in erster Linie manuelle Arbeit, für die keinerlei förmliche Qualifikation oder Bildung erforderlich ist, nachgefragt wird, als auch für den stärker geregelten Arbeitsmarkt.

Einige Netzwerke, zum Beispiel familien- und clanbasierte Netzwerke, sind konstant und absolut. Andere Netzwerke werden aufgebaut und entwickelt. Afghanen sind generell gute Netzwerker, alle Menschen, die sich an einen Ort niederlassen, an dem sie auf keine bestehenden Netzwerke zurückgreifen können, müssen Netzwerke aufbauen. Solche Netzwerke sind dynamisch und ihr Charakter ändert sich mit den wechselnden Lebensbedingungen, durch Migration oder Umzug innerhalb des Landes. DynamischeNetzwerke können sich auflösen, wenn sie etwa infolge von Migration nicht gepflegt werden. Innerhalb der Netzwerke ist ein gewisses Gleichgewicht erforderlich, wenn sie Bestand haben sollen; das bedeutet, dass alle Parteien einen Beitrag leisten müssen, alle geben und nehmen müssen. Es ist nicht nachhaltig, wenn eine Einzelperson für das Netz-werk nur eine Belastung darstellt. Das gilt insbesondere für die armen Stadtbewohner.

Der langjährige Konflikt und die enormen humanitären Herausforderungen haben die Ressouren der Afghanen ausgezehrt, einige haben daher nur eingeschränkte Möglichkeiten, andere Menschen außer ihrem engsten Umfeld zu unterstützen. Gleichzeitig ist Gastfreundschaft in Afghanistan eine Tugend, und laut dem Ehrenkodex der Paschtunen, dem Paschtunwali, spielen Gastfreundschaft und die physische Sicherheit von Gästen eine entscheidende Rolle. Gastfreundschaft ist auch für andere ethnische Gruppen ein wichtiges Konzept. Die afghanische Gastfreundschaft und der Wunsch zu helfen sind stark ausgeprägt, der Hausherr ist moralisch verpflichtet, für Unterkunft und Verpflegung von Gästen zu sorgen. Landinfo betrachtet dies als maßgeblichen Grund und Erklärung dafür, dass sich in den Jahren seit 2001 Millionen von Rückkehrern und Binnenmigranten in der Stadt Kabul und anderen städtischen Zentren ansiedeln konnten und aufgenommen wurden. Laut einem Bericht von Fabrizio Foschini, einem Analysten des Afghanistan Analysts Network (AAN), verfasst im Jahr 2017 für das United States Institute of Peace (USIP), bestehen die jüngsten Siedlungen in Kabul häufig aus Bewohnern mit demselben regionalen oder ethnischen Hintergrund, die sich bei der Wohnungs- und Arbeitssuche ausschließlich aufeinander verlassen. Diese Nachbarschaften "perpetuieren eine Art dörfliche Gesellschaft, in der jeder jeden kennt, jeder die Geschäfte des anderen kennt, und häufig unterhalten die lokalen Bewohner direktere Beziehungen zu ihrer Herkunftsprovinz als zu Gebieten im Zentrum Kabuls". Laut einem Bericht der Weltbank sind die lokale Unterstützung und die informellen Sicherheitsnetze weniger leistungsfähig geworden, weil andere Mitglieder der Familie oder Gemeinschaft, die helfen könnten, selbst häufig Schocks wie Armut, Arbeitslosigkeit oder sicherheitsrelevanten Ereignissen ausgesetzt sind. Das gilt insbesondere für ein urbanes Umfeld, wo mehrfache Gefährdungen und das Fehlen von traditionellen Bewältigungsmechanismen wie Subsistenzlandwirtschaft die sozialen Sicherheitsnetze ausgehöhlt haben.

Gleichzeitig hat der bewaffete Konflikt stärkeren Argwohn und höhere Wachsamkeit gegenüber Fremdem verursacht. Während in der Vergangenheit innerhalb der Bevölkerung hohes Vertrauen vorherrschte, hat der Konflikt der letzten Jahrzehnte die Afghanen veranlasst, Fremde als potenzielles Sicherheitsrisiko zu sehen.

......

Die wechselseitige Verpflichtung, einander innerhalb der Großfamilie zu helfen und zu unterstützen, ist stark, und die Traditionen, Verantwortung für Menschen innerhalb der Gruppe zu übernehmen, sind tief verwurzelt. Je enger die Verwandtschaft, desto stärker ist die Pflicht zu helfen und zu unterstützen. Mehrere Menschen, mit denen Landinfo in Kabul sprach, äußerten die Ansicht, dass es unmöglich sei, Menschen aus dem engsten Umfeld wie Brüder, die Kinder des Bruders des Vaters etc. zurückzuweisen, es sei denn, es besteht ein schwerwiegender Konflikt innerhalb der Familie. Man könne sich unmöglich vorstellen, dass ein Afghane kein Dach über dem Kopf anbietet, wenn die Alternative wäre, dass ein enges Familienmitglied auf der Straße stünde. Es ist kulturell inakzeptabel, eine Person, die um Zuflucht ersucht, abzuweisen, und das gilt insbesondere für enge Verwandte. Die Dauer des Aufenthaltes ist von den Mitteln der Familie abhängig. Die Pflichten gegenüber der Großfamilie gelten für alle Afghanen ungeachtet der ethnischen Zugehörigkeit, unter Paschtunen sind sie aber wahrscheinlich am stärksten ausgeprägt.

Binnenvertriebene und die zahlreichen Rückkehrer aus den angrenzenden Gebieten (insbesondere Pakistan), die im Herbst 2016 zurückgekommen sind, können hauptsächlich wegen der Solidarität der Afghanen mit ihren Verwandten überleben, und weil die familiären Verpflichtungen und die Gastfreundschaft so weitreichend sind, meint eine diplomatische Quelle (26). Samuel Hall Consulting gelangte zu dem ähnlichen Schluss, dass bei den Afghanen weitgehend das familiäre Netzwerk und andere soziale Netzwerke den Ausschlag geben, wo sich Rückkehrer und Vertriebene erneut nied

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten