TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/27 VGW-151/060/1350/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2019
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Entscheidungsdatum

27.02.2019

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
72/01 Hochschulorganisation

Norm

NAG §64 Abs2
NAG-DV §8 Z8 litb
UniversitätsG 2002 §74 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Neumann über die Beschwerde der Frau A. B., geb. am ...1995, StA.: Türkei, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 6.12.2018, ..., mit welchem der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Student" gemäß § 64 Abs. 2 NAG (BGBl 100/2005) idgF, § 8 Z 8 lit. b NAG-DV idgF und § 74 Abs. 6 Universitätsgesetzes, BGBl. l Nr. 120/2002 idgF abgewiesen wurde, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung durch Verkündung am 18.2.2019

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

A.   Verfahrensgang

1.   Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 6.12.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 24.9.2018 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Student“ abgewiesen, da sie die besonderen Voraussetzungen für den angestrebten Aufenthaltstitel nicht erfüllen würde. Dabei wird in der Begründung darauf hingewiesen, dass das Ermittlungsverfahren ergeben hätte, dass die Beschwerdeführerin keinen ausreichenden Studienerfolg gehabt hätte. In dem für die Überprüfung eines ausreichenden Studienerfolgs dem Verlängerungsantrag vorangegangenen Studienjahr 2017/2018 hätte sie insgesamt einen Studienerfolg von 6 ECTS/ 4 Semesterwochenstunden gehabt. Damit liege die besondere Erteilung Voraussetzung des Paragrafen 64 Abs. 2 NAG nicht vor.

2.   Dagegen erhob die Beschwerdeführerin binnen offener Frist mit Schriftsatz vom 11.1.2019 Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht darauf ankomme, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelinge, sondern sei auch das nach außen erkennbares ernstliche und zielstrebige Bemühen entscheidend, dass sich insbesondere im Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen innerhalb angemessener Zeit äußere. Das nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 manifestiere sich insbesondere im kumulativen vorliegen folgende Merkmale:

1) regelmäßige Besuch der vorgeschlagenen Lehrveranstaltungen,

2) Antritts zu den erforderlichen Prüfungen,

3) Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen und

4) Inanspruchnahme der vollen Zeit des Kindes durch die Berufsausbildung.

         

Aus der Bestätigung des Studienerfolgs ginge hervor, dass im Zeitraum vom 1.10.2017 bis 30.9.2018 regelmäßige Übungen und Vorlesungen besucht worden seien. Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie zu mehren Prüfungen angetreten sei und sie stets die Absicht gehabt hätte, die Prüfungen erfolgreich abzulegen.

3.   Am 18.2.2019 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

4.   Mit Email vom 25.2.2019 beantragte die Beschwerdeführerin die Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.

B.   Sachverhalt

B.1 Der Beschwerdeführerin, geboren am ...1995 und mit türkischer Staatsangehörigkeit, wurde eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende mit mehreren Verlängerungen erteilt, erstmalig im Jahr 2014 (Übernahmebestätigung vom 13.3.2014).

B.2 Der verfahrensgegenständliche abgewiesene Antrag der Beschwerdeführerin (Antrag vom 24.9.2018) ist auf die Verlängerung ihres bestehenden Aufenthaltstitels für den Zweck „Student“ gerichtet.

B.3 Sie ist Studierende der Studienrichtung ... ab der Technischen Universität Wien. Im Studienjahr 2017/2018 absolvierte sie Prüfungen im Umfang von vier Semesterstunden bzw. 6 ECTS.

B.4 Die Beschwerdeführerin entwickelte im Jahr 2018 im Zusammenhang mit einer schweren Erkrankung eines ihr sehr nahestehenden Freundes einer Depression (Code: F 32.9 ICD-10) und unterzog sich einer psychotherapeutischen Behandlung.

-    Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt (abgesehen von den beschriebenen Hintergründen der Depression in B.4) sich aus den im Verwaltungsakt aufliegenden Urkunden und ist keinerlei Zweifel an deren Echtheit oder Richtigkeit hervorgekommen. Diese konnten somit den im Verwaltungsakt Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt werden. Die Darstellung der Hintergründe der Depression durch die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung wirkte im persönlichen Eindruck glaubhaft und ist als seelische Erschütterung auch ein nachvollziehbarer Grund für die erlittene Depression.

C.   Rechtliche Beurteilung

C.1 Gemäß § 64 Abs. 2 NAG ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Student“ nur zulässig, wenn der Studierende nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität erbringt. § 8 Z 8 lit. b NAG-DV legt fest, dass ein schriftlicher Nachweis der Universität über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr gemäß § 74 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 anzuschließen ist. Nach § 74 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 liegt ein Studienerfolg vor, wenn der Studierende im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Ausmaß von mindestens acht Semesterstunden oder 16 ECTS abgelegt hat.

Der Studienerfolg ist nicht für die gesamte bisherige Studienlaufbahn zu prüfen, sondern lediglich für das vorangegangene Studienjahr (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 21.1. 2016, Zl. Ra 2015/22/0094). Das Studienjahr beginnt nach der Bestimmung des § 52 UG am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres.

Das gegenständlich zuletzt abgelaufene (vorangegangene) Studienjahr ist das Studienjahr vom 1. Oktober 2017 bis zum 30. September 2018. Maßgeblich ist daher der nachgewiesene Studienerfolg im Wintersemester 2017 sowie im Sommersemester 2018. Für diesen Zeitraum kann die Beschwerdeführerin lediglich einen Studienerfolg von vier Semesterstunden bzw. 6 ECTS nachweisen. Damit wurde der geforderte Studienerfolg nicht erbracht. Die Hinweise der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde auf den Ausbildungserfolg im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 sind für das gegenständliche Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz nicht einschlägig. Sie können daher die Beschwerde nicht zum Erfolg führen.

C.2 Zur Frage des Vorliegens unabwendbarer oder unvorhergesehener Gründe iSd § 64 Abs. 2 NAG:

Gemäß § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG kann trotz Fehlen des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden, wenn Gründe vorliegen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind. Diesbezüglich brachte die Beschwerdeführerin vor, dass ein nahestehender Freund schwer erkrankt sei und sie darauf mit einer Depression reagierte. Eine seelische Erschütterung durch die Erkrankung eines nahestehenden Menschen ist kein hinreichender Grund, der zur Anwendbarkeit von § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG führen würde. So fällt nach der Rechtsprechung des VwGH weder die psychische Belastung durch den Tod eines Familienmitglieds (VwGH vom 13.12.2011, 2011/22/0315) noch das Erfordernis aus familiären Gründen öfter in das Heimatland zu reisen und somit das Studium vernachlässigen zu müssen (VwGH vom 11.5.2010, 2010/22/0049) unter den Tatbestand des § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG. Allerdings macht die Beschwerdeführerin das Vorliegen einer psychischen Erkrankung (Depression) geltend, wegen der sich auch einer psychotherapeutischen Behandlung unterziehen hätte müssen. Allerdings ist allein mit dem Wissen über die eingetretene Erkrankung noch keine Aussage über den Schweregrad und den Verlauf der angeführten Störung möglich. Damit kann aber auch der Grad der Beeinträchtigung durch die erlittene Depression nicht beurteilt werden, weswegen in weiterer Folge aber auch keine Aussage darüber getroffen werden kann, ob § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG greift oder nicht. Der Beschwerdeführerin wurde in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 30.1.2019 aufgetragen Nachweise über den Verlauf der angeführten depressiven Störung einschließlich Schweregrad und Auswirkungen auf das Alltagsleben zu erbringen. Diese Nachweise ist die Beschwerdeführerin schuldig geblieben und hat somit ihrer Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht entsprochen. Im Ergebnis konnte somit nicht festgestellt werden, ob aufgrund der aufgetretenen Depression eine Beeinträchtigung vorlag, die zur Anwendung von § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG führt.

Da gegenständlich die besondere Erteilungsvoraussetzung des Studienerfolgsnachweises fehlt, war die Beschwerde ohne weitere Prüfung der privaten und familiären Interessen des Bf (gem. Art. 8 EMRK) abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsbewilligung Student; Verlängerungsantrag; besondere Erteilungsvoraussetzung; Studienerfolgsnachweis; unvorhersehbarerer Grund, unabwendbarer Grund; Depression; Mitwirkungspflicht

Anmerkung

VfGH v. 12.6.2019, E 950/2019; Ablehnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.060.1350.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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