TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/10 L516 2209755-1

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Veröffentlicht am 10.01.2019
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Entscheidungsdatum

10.01.2019

Norm

AuslBG §12a
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L516 2209755-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Vorsitzenden und die fachkundige Laienrichterin Dr.in Silvia WEIGL und den fachkundigen Laienrichter Mag. Rudolf MOSER als Beisitzer im Verfahren über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice, Regionale Geschäftsstelle XXXX , vom 30.10.2018, Zahl GZ: 08114 / GF: 3953815 ABB-Nr 3953815, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 12a iVm § 13 AuslBG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörige XXXX (in der Folge: Mitbeteiligter) stellte am 17.08.2018 an die Bezirkshauptmannschaft XXXX den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte" gem § 41 Abs 2 Z 1 NAG (Fachkraft im Mangelberuf) für die berufliche Tätigkeit als "Fenster- und Türenmonteur" bei der Beschwerdeführerin. Die Bezirkshauptmannschaft übermittelte den Antrag in der Folge gemäß § 20d AuslBG an das AMS.

1.1. Zu seinem Antrag brachte der Mitbeteiligte unter anderem eine Arbeitgebererklärung, ein Diplom vom 11.06.2008 über die abgeschlossene vierjährige Mittelschule für die Berufsbezeichnung "College-allgemeine Richtung", eine Arbeitsbestätigung ("Empfehlungsschreiben"), eine Bestätigung eines Instituts für Ausbildung, Abteilung für Schutz am Arbeitsplatz über den Besuch eines Kurses "für selbstständige - sichere und gesunde Arbeit als Tischler des Baugewerbes", eine Bestätigung über die Teilnahme an einem englischen Sprachunterricht sowie ein ÖSD Zertifikat A1 vom Juli 2018 in Vorlage.

2. Der Regionalbeirat beim AMS beurteilte in seiner Sitzung am 29.10.2018 das Verfahren zur Erteilung einer Rot-Weiß-Rot Karte für den Mitbeteiligten negativ. Der Regionalbeirat begründete dies damit, dass der Beruf "Fenstermonteur" kein Mangelberuf sei.

3. Das AMS wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 30.10.2018 den Antrag des Mitbeteiligten gemäß § 12a AuslBG ab. Das AMS begründete dies damit, dass die angegebene berufliche Tätigkeit "als Tischler/Fenstermonteur" in der derzeit gültigen Fachkräfteverordnung nicht als Mangelberuf aufgelistet sei.

4. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.

5. Das AMS legte dem Bundesverwaltungsgericht am 20.11.2018 die Beschwerde zusammen mit dem Verwaltungsakt der Behörde vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Der Mitbeteiligte

-

beantragte am 17.08.2018 die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte" gem § 41 Abs 2 Z 1 NAG (Fachkraft im Mangelberuf) für die berufliche Tätigkeit als "Fenster- und Türenmonteur" bei der Beschwerdeführerin; diese Tätigkeit wurde mit "Montage von Fenstern, Türen und Sonnenschutzanlagen" genauer umschrieben;

-

hat am 11.06.2008 am XXXX in Bosnien die vierjährige Mittelschule für die Berufsbezeichnung "College-allgemeine Richtung" nach erfolgreicher Abiturprüfung mit Diplom abgeschlossen;

-

hat am Institut für Ausbildung, Abteilung für Schutz am Arbeitsplatz in Bosnien und Herzegowina einen Kurs "für selbstständige - sichere und gesunde Arbeit als Tischler des Baugewerbes" besucht und darüber am 25.05.2018 eine Bestätigung erhalten;

-

hat im Zeitraum vom 01.02.2010 bis 01.02.2016 in einem Gewerbebetrieb in Bosnien und Herzegowina als "Tischler des Baugewerbes" gearbeitet und im Zuge dessen Erfahrung beim Einbau und Austausch von PVC- und Alu-Fenster und Türen erworben.

-

hat im Juli 2018 die Prüfung für das "ÖSD Zertifikat A1" für die deutsche Sprache bestanden;

-

war im Antragszeitpunkt 28 Jahre alt.

2. Beweiswürdigung

Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen

2.1. Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des AMS zum gegenständlichen Verfahren, welcher unter anderem die vom Beschwerdeführer bzw für diesen vorgelegten Unterlagen und Nachweise beinhalten.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Abweisung der Beschwerde

Entscheidungswesentliche Bestimmungen

Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG

3.1. Gemäß § 12a AuslBG werden Ausländer in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können (Z 1), die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen (Z 2), für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten (Z3) und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.

3.2. Gem § 13 Abs 1 AuslBG legt die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Falle eines längerfristigen Arbeitskräftebedarfs, der aus dem im Inland verfügbaren Arbeitskräftepotenzial nicht abgedeckt werden kann, zur Sicherung des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durch Verordnung für das nächstfolgende Kalenderjahr Mangelberufe fest, in denen Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet oder in bestimmten Bundesländern zugelassen werden können. Als Mangelberufe kommen Berufe in Betracht, für die bundesweit oder in bestimmten Bundesländern pro gemeldeter offener Stelle höchstens 1,5 Arbeitsuchende vorgemerkt (Stellenandrangsziffer) sind. Berufe mit einer Stellenandrangsziffer bis zu 1,8 können berücksichtigt werden, wenn weitere objektivierbare Mangelindikatoren, insbesondere eine erhöhte Ausbildungsaktivität der Betriebe festgestellt werden oder der betreffende Beschäftigungszweig eine überdurchschnittlich steigende Lohnentwicklung aufweist. Die von Arbeitskräfteüberlassern gemäß § 3 Abs. 2 AÜG gemeldeten offenen Stellen sind bei der Ermittlung der Stellenandrangsziffer gesondert auszuweisen.

3.3. Die Anlage B, auf die § 12a Z 2 AuslBG Bezug nimmt, lautet in der Fassung des BGBl I Nr 66/2017:

Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12a Z 1

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: hier 20

Berufserfahrung (pro Jahr)

2

Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau

5

Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung

10

Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung

15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung

5

Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung

10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 10

bis 30 Jahre

15

bis 40 Jahre

10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

90

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

Fachkräfteverordnung 2018 und 2019

3.4. Der Beruf des Fenstermonteurs ist weder nach der Fachkräfteverordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz für das Jahr 2018 (BGBl II 377/2017) noch nach der seit 02.01.2019 in Kraft befindlichen Fachkräfteverordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz für das Jahr 2019 (BGBl 3/2019) als Mangelberuf festgelegt.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.5. Das AMS begründete den angefochtenen Bescheid vom 30.10.2018 damit, dass die angegebene berufliche Tätigkeit Fenstermonteur in der derzeit gültigen Fachkräfteverordnung nicht als Mangelberuf aufgelistet sei.

3.6. Die Beschwerdeführerin bringt zur Begründung ihrer Beschwerde zusammengefasst vor, dass ihr bereits seit ungefähr 2 Jahren vom AMS keine bzw keine geeigneten Personen vorgeschlagen, zugeteilt bzw angeboten worden seien. Es sei daher unverständlich, dass sich bis jetzt bei ihr fast niemand beworben habe, wenn es doch laut Bescheid genügend Arbeitnehmer gebe. Die Beschwerdeführerin habe nun jemanden gefunden (den Mitbeteiligten), doch dieser werde einfach abgewiesen.

3.7. Zur Beschwerde ist auszuführen, dass für den Mitbeteiligten der Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gem § 41 Abs 2 Z 1 NAG beantragt wurde. Damit dieser Aufenthaltstitel erteilt werden darf, ist es gesetzlich erforderlich, dass die beantragte Tätigkeit als Fenster-, Türen- und Sonnenschutzanlagenmonteur in der jeweils aktuellen Fachkräfteverordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz als Mangelberuf aufgelistet ist. Das ist jedoch aktuell nicht der Fall.

Der Beruf des Fenstermonteurs, eine Berufsspezialisierung des Berufs "Baumonteur"

(https://www.ams.at/bis/bis/StammberufDetail.php?noteid=1184), ist weder nach der Fachkräfteverordnung für das Jahr 2018 noch nach der seit 02.01.2019 in Kraft befindlichen Fachkräfteverordnung für das Jahr 2019 als Mangelberuf festgelegt worden. Und deshalb darf dem Mitbeteiligten der beantragte Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, auch wenn die Beschwerdeführerin bisher keine anderen geeigneten Arbeitskräfte gefunden hat.

Darüber hinaus verlangt der Gesetzgeber - im Anwendungsbereich des §12a AuslBG - als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung (VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068). Der Mitbeteiligte hat jedoch nach den vorgelegten Dokumenten lediglich eine allgemeinbildende Mittelschule sowie einen Kurs "für selbstständige - sichere und gesunde Arbeit als Tischler des Baugewerbes" besucht. Dass der Mitbeteiligte eine Ausbildung absolviert hat, die mit einem österreichischen Lehrabschluss in einem Mangelberuf vergleichbar ist, hat der Mitbeteiligte jedoch nicht nachgewiesen.

3.8. Aus diesen Gründen kann nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im Ergebnis dem AMS nicht entgegengetreten werden, wenn diese das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12a iVm § 13 AuslBG verneint.

3.9. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.10. In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).

3.11. Im vorliegenden Fall wurde keine mündliche Verhandlung beantragt. Ebenso ist der entscheidungswesentliche Sachverhalt im festgestellten Umfang unbestritten und geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

3.12. Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen.

Zu B)

Revision

3.13. Da die Rechtslage eindeutig ist, ist die Revision nicht zulässig (vgl VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

3.14. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ausbildung, Fachkräfteverordnung, Rot-Weiß-Rot-Karte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2209755.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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