TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/11 96/07/0212

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Veröffentlicht am 11.03.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
80/01 Land- und forstwirtschaftliches Organisationsrecht;

Norm

AgrBehG 1950 §7 Abs1;
AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z4;
B-VG Art12 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde 1.) des FB, geboren 1939, und 2.) des FB, geboren 1968, beide in Stuhlfelden, beide vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Diethard Schimmer, Rechtsanwälte in Wien XIII, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 5. Juni 1996, Zl. 710.920/01-OAS/96, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit betreffend Ablösung von Weiderechten nach dem Salzburger EFRG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren betreffend Vorlageaufwand von Akten wird abgewiesen.

Begründung

Das dem Beschwerdefall zugrundeliegende Ablösungsverfahren bildete bereits den Gegenstand der hg. Erkenntnisse vom 21. Juni 1981, Zl. 81/07/0046, 0050, vom 8. Oktober 1991, Zl. 91/07/0049, sowie vom heutigen Tag, Zl. 96/07/0211, sowie der hg. Beschlüsse vom 22. Juni 1993, Zl. 92/07/0117 und vom 14. Dezember 1995, Zl. 92/07/0211, auf deren Inhalt zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

Maßgeblicher Ausgangspunkt für das vorliegende Verfahren ist der im Instanzenzug ergangene Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung (LAS) vom 17. November 1995, der bereits Gegenstand des vorzitierten hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 96/07/0211, ist. Gegen diesen, nur die Ablösung von Heimweiderechten der Beschwerdeführer auf fremden Grund betreffende und das Begehren der Beschwerdeführer insoweit abweisende Berufungsentscheidung erhoben die Beschwerdeführer neben einer im Wege des Verfassungsgerichtshofes an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde (siehe das zuletzt genannte hg. Erkenntnis) auch Berufung an den Obersten Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (OAS), die im vorliegenden Verfahren belangte Behörde.

In der Berufung führten die Beschwerdeführer u.a. aus, aufgrund ihrer "leidvollen Erfahrungen" wegen unrichtiger Rechtsmittelbelehrung durch den LAS würden sie dennoch den OAS anrufen.

Der LAS nehme ausdrücklich die Rechtsgrundlage in den Bescheidspruch auf, sodass nach Ansicht der Beschwerdeführer dieser tatsächlich auch die Abänderung des erstinstanzlichen Spruches zu Spruchpunkt 1 c) (siehe Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (kurz: AB) vom 27. Juni 1985) wiedergebe. Abändernde Erkenntnisse würden aber der Berufungsmöglichkeit an den OAS unterliegen, weshalb ungeachtet der Rechtsmittelbelehrung im Erkenntnis des LAS vom 17. November 1995 auch Berufung an den OAS erhoben werde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Juni 1996 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 Agrarbehördengesetz 1950 und § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, ihre Zuständigkeit gründe sich auf die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Agrarbehördengesetz 1950, die jene Angelegenheiten der Bodenreform bestimme und abschließend aufzähle, in denen die belangte Behörde als oberste Instanz zur Entscheidung berufen sei. Zudem sei es von Gesetzes wegen notwendig, dass ein abänderndes Erkenntnis der zweiten Instanz im Verhältnis zur ersten Instanz vorliege, was im gegenständlichen Fall näher zu prüfen sei.

Die AB habe (mit Bescheid vom 27. Juni 1985) den Antrag der Beschwerdeführer auf Ablösung der Einforstungsrechte in Grund und Boden in erster Instanz abgewiesen. Der LAS habe mit Erkenntnis vom 17. November 1995 die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der AB betreffend Weiderechte abgewiesen und die Rechtsgrundlage geändert, nicht jedoch den Bescheidinhalt.

Nicht zu folgen sei der Erklärung der Beschwerdeführer, dass sie trotz der Rechtsmittelbelehrung im Erkenntnis des LAS vom 17. November 1995 Berufung an den OAS erheben, weil entgegen der Formulierung des Spruches des Erkenntnisses des LAS eine Abänderung des Spruches des Bescheides der AB gegeben sei.

Diese angebliche "Änderung" des Spruches der AB durch den LAS erfolge insofern, als anstelle der §§ 7 Abs. 4, 20, 21 und 22 Salzburger Wald- und Weideservitutengesetz 1955, LGBl. Nr. 65/1995, die §§ 24, 25 und 27 Salzburger Einforstungsrechtegesetz, LGBl. Nr. 74/1996, getreten seien.

§ 7 Abs. 4 des Salzburger Wald- und Weideservitutengesetzes sei mangels rechtlicher Relevanz nicht durch eine andere Rechtsgrundlage ersetzt worden, die §§ 20, 21 und 22 Salzburger Wald- und Weideservitutengesetz 1955 seien aufgrund einer Wiederverlautbarung im Jahre 1986 lediglich durch die gleichlautenden Bestimmungen des wiederverlautbarten Gesetzes ersetzt worden. Sonst fänden sich keine weiteren sprachlichen Änderungen des Spruches der AB.

Unstrittig sei jedoch, dass nach § 7 Abs. 2 Agrarbehördengesetz 1950 eine Änderung des materiellen Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides gegeben sein müsse, um die Zuständigkeit des OAS zu begründen.

Der materielle Inhalt des Erkenntnisses des LAS vom 17. November 1995 weiche jedoch nicht vom materiellen Inhalt des Bescheides der ersten Instanz vom 27. Juni 1985 ab. Somit sei eine der notwendigen Voraussetzungen eines Instanzenzuges zur belangten Behörde, welche in § 7 Abs. 2 Agrarbehördengesetz 1950 normiert seien, nicht gegeben.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 30. September 1996, B 2559/96-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

Im Zuge der ergänzten Beschwerde bringen die Beschwerdeführer vor, sie würden sich in ihrem Recht auf Entscheidung über eine Berufung gemäß § 7 Abs. 2 Agrarbehördengesetz 1950 in Verbindung mit § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 und den §§ 64 ff AVG verletzt erachten.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer machen geltend, der LAS habe in seiner Berufungsentscheidung vom 17. November 1995 den Spruch des Bescheides der Salzburger Agrarbehörde (erster Instanz) insofern abgeändert, als er statt der Bestimmungen der §§ 7 Abs. 4, 20, 21 und 22 Salzburger Wald- und Weideservitutengesetz 1955 (WWSG), LGBl. Nr. 65/1955, nunmehr die Bestimmungen der §§ 24, 25 und 27 Salzburger Einforstungsrechtegesetz 1986 (EFRG) LGBl. Nr. 74/1986, als gesetzliche Grundlage anführe. Die Abänderung liege sohin in der Rechtsgrundlage für die Abweisung.

Auch die zweite Voraussetzung gemäß § 7 Abs. 2 Z. 4 Agrarbehördengesetz 1950 liege vor, weil es sich im gegenständlichen Fall um Ablösung von Wald- und Weidenutzungsrechten handle. Die belangte Behörde hätte bei richtiger Anwendung des § 7 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. in Verbindung mit § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 und den §§ 64 ff AVG die Berufung gegen die Entscheidung des LAS zulassen und eine meritorische Entscheidung fällen müssen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Agrarbehördengesetz 1950 endet der Instanzenzug mit der in Abs. 2 bezeichneten Ausnahme beim Landesagrarsenat.

Die Berufung an den Obersten Agrarsenat ist in Fällen gegen abändernde Erkenntnisse des Landesagrarsenates nach § 7 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. u.a. hinsichtlich der Frage der Gesetzmäßigkeit der Ablösung von Wald- und Weidenutzungsrechten zulässig.

Nach ständiger Judikatur beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes liegt ein "abänderndes Erkenntnis des Landesagrarsenates" immer dann vor, wenn der materielle Inhalt der zweitinstanzlichen Entscheidung vom materiellen Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung abweicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1996, Zl. 93/07/0027, m.w.N. sowie den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 1980, B 498/79). Im vorliegenden Fall hat der LAS mit Bescheid vom 17. November 1995 die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Agrarbehörde erster Instanz abgewiesen. Insoweit liegt also jedenfalls kein abänderndes Erkenntnis des LAS vor. Aber auch insoweit im Spruch des angefochtenen Bescheides von einer "Abänderung" die Rede ist, wurde eine solche in Bezug auf den materiellen Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides vom 27. Juni 1985 durch den Bescheid des LAS vom 17. November 1995 tatsächlich nicht verfügt.

Die vom LAS infolge Wiederverlautbarung des WWSG 1955 durch das EFRG, LGBl. Nr. 74/1986, erfolgte Änderung der Zitierung der gesetzlichen Grundlagen für die im Instanzenzug bestätigte Abweisung hinsichtlich des Begehrens der Beschwerdeführer auf Ablösung von näher genannten Heimweiderechten stellt jedenfalls keine vom materiellen Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides abweichende zweitinstanzliche Entscheidung dar. Damit fehlte es aber bereits an einer grundlegenden Voraussetzung für die Zulässigkeit der Anrufung der belangten Behörde nach § 7 Abs. 2 Agrarbehördengesetz 1950, weshalb die an die belangte Behörde gerichtete Berufung zu Recht zurückgewiesen wurde. Es erübrigt sich daher, auch auf die vom Beschwerdeführer zum Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nach § 7 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. sowie insbesondere auf die Anwendbarkeit des Salzburger Wald- und Weideservitutenrechtes 1938 noch näher einzugehen.

Mit der Verfahrensrüge der unterlassenen Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde zeigen die Beschwerdeführer nicht die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels auf, zumal eine Klärung des Sachverhaltes im Beschwerdefall nicht erforderlich und die zu lösende Rechtsfrage bereits durch die auch von der belangten Behörde näher genannte Vorjudikatur hinreichend geklärt war.

Aus den dargelegten Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der von den Parteien beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, zumal die Schriftsätze des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem Zl. 96/07/0211 anhängig gewesenen Verfahren vorgelegten Verwaltungsakten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung der Rechtssache vor dem Verwaltungsgerichtshof keine weitere Klärung in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht erbracht hätte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren betreffend Aufwand für die Aktenvorlage war mangels tatsächlicher Vorlage derselben an den Verwaltungsgerichtshof abzuweisen.

Wien, am 11. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996070212.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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