TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/25 L515 2214258-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.2019
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Entscheidungsdatum

25.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z2
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L515 2214258-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , am XXXX geb., StA. der Republik Aserbaidschan, vertreten durch die Mutter XXXX auch XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Aserbaidschan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2018, Zahl IFA XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3, 8 Abs. 1, § 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF und §§ 46, 52 Abs. 2, 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als "bP" bezeichnet), ist ein männlicher Staatsbürger der Republik Aserbaidschan und brachte ihre gesetzliche Vertretung nach der Geburt der bP im Bundesgebiet bei der belangten Behörde ("bB") einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

I.1.1.1. Die Mutter der bP ist eine Staatsangehörige der Republik Aserbaidschan und brachte nach rechtswidriger am 27.9.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

I.1.1.2. Nach der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz wurde seitens der bB eine VIS-Anfrage veranlasst, welche ergab, dass die Mutter der bP am XXXX 2017 die Ausstellung italienischen eines Schengenvisums C beantragte, welches ihr am XXXX 2017 für die Gültigkeitsdauer vom XXXX 2017 - XXXX 2017 ausgestellt wurde. Hierbei legte sie einen am XXXX 2017 ausgestellten Reisepass vor. Als Reisegrund gab sie "Tourismus" an.

I.1.1.3. Der Antrag der Mutter der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheide der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 und 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise bestimmt. Eine Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 10.10.2018, L515 2194229-1/4E abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

Im Anschluss entsprach die Mutter der bP nicht ihrer Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet sondern verharrte rechtswidrig in diesem.

I.1.2.1. Der Vater der bP ist ebenfalls ein Staatsbürger der Republik Aserbaidschan und reiste im Jahre 2004 in das Bundesgebiet ein und behauptete tatsachenwidrig in 2 Asylverfahren, in Aserbaidschan Verfolgung zu befürchten. Ein entsprechender Antrag wurde abgewiesen und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen. Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Verfahrens stellte die bP einen zweiten Antrag, welcher von der Behörde als unzulässig zurückgewiesen wurde. Nachdem ihm während des anhängigen zweiten Asylverfahrens im Stande der Beschwerde vom Mag. Linz ein Aufenthaltstitel erteilt wurde, zog er den asylrechtlichen Antrag zurück.

I.1.2.2. Der Vater der bP verfügt über einen gültigen, im Jahr 2012 von den aserbaidschanischen Behörden ausgestellten Reisepass. Im Jahr 2016 reiste er -sichtlich ohne relevante Schwierigkeiten- nach Aserbaidschan und ehelichte dort behauptetermaßen die Mutter der bP.

I.1.2.3. Der Vater der bP kehrte nach Österreich zurück. Im folgte die Mutter der bP mittels eines erschlichenen Visums C und unter Umgehung niederlassungsrechtlicher Bestimmungen (siehe hierzu näher ho. Erk. vom 10.10.2018, L515 2194229-1/4E).

I.2.1. Die bP brachte in ihrem Verfahren keine eigenen Gründe vor, sondern berief sie sich auf die von den Eltern vorgetragenen Gründe bzw. auf den Familienverband mit den Eltern.

I.3.1. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheide der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 und 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise bestimmt. Eine Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 10.10.2018, L515 2194229-1/4E abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

I.3.2. Zusammengefasst stellte die bB fest, dass die bP in Aserbaidschan keine Verfolgung gem. Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK zu befürchten hätte. Ebenso verfüge sie über ihre Eltern, welche zur ihrer Pflege und Obsorge verpflichtet sind über eine Existenzugrundlage und liegen auch sonst keine in der allgemeinen Lage oder in der Person der bP liegende Umstände vor, welche gegen eine Abschiebung nach Aserbaidschan sprechen. Qualifizierte private und familiäre Bindungen, welche eine im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen eine Abschiebung sprechen, liegen nicht vor. Die Frist für die freiwillige Ausreise ergebe sich ex lege und sei angemessen.

I.4. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Aserbaidschan traf die belangte Behörde schlüssige Feststellungen. Deren Aktualität kann gerade noch angenommen werden. Aus diesen wird wie folgt zitiert (Gliederung, Hervorhebungen und Streichungen nicht mit dem Original übereinstimmend):

...

Politische Lage

Aserbaidschan ist ein säkularer Staat mit einer muslimischen Bevölkerungsmehrheit. Die Verfassung von 1995 etablierte ein Präsidialsystem, das dem Präsidenten weitreichende Vollmachten einräumt. Mit Referendum vom 18.03.2009 wurde die Begrenzung der Wiederwahl des Präsidenten aufgehoben. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten und die Minister, die allein ihm verantwortlich sind. Er ist dem Parlament gegenüber nicht verantwortlich, kann jedoch wegen schwerer Amtsvergehen auf Initiative des Verfassungsgerichts vom Parlament entlassen werden. Er kann Rechtsverordnungen erlassen und das Parlament auflösen. Der Präsident besitzt das Vorschlagsrecht für die Ernennung von Richtern des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichtshofs und des Appellationsgerichts durch das Parlament und ernennt die übrigen Richter. Mit Referendum vom 26.09.2016 wurde die Amtszeit des Präsidenten von 5 auf 7 Jahre verlängert und dessen Position noch weiter gestärkt. Es wurde u.a. die Einführung der Ämter des 1. Vizepräsidenten und weiterer Vizepräsidenten beschlossen. Die Präsidentschaftswahl am 09.10.2013 hat Amtsinhaber Ilham Aliyev erneut klar mit 84,5% der Stimmen gewonnen. Der Kandidat des Oppositionsbündnisses 'Nationaler Rat der Demokratischen Kräfte', Jamil Hasanli, kam auf 5,5%. Die übrigen acht Kandidaten erhielten zwischen 0,6 und 2,4% der Stimmen. Die internationalen Wahlbeobachtungsmissionen des Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) und der Parlamentarischen Versammlung der OSZE kritisierten in ihrem Bericht, dass durch systematische Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit keine Wettbewerbsgleichheit zwischen den Kandidaten gegeben war. Am Wahltag seien ernsthafte Unregelmäßigkeiten in allen Phasen des Wahlprozesses beobachtet worden, insbesondere bei der Auszählung der Stimmen. Positiv vermerkt der Bericht die Teilnahme von Kandidaten der Opposition, die gute technische Organisation und den friedlichen Verlauf der Wahl sowie die hohe Wahlbeteiligung (offiziell 72,3%). Aserbaidschan ist ein Zentralstaat. Die Verwaltungschefs der 66 Provinzen (Rayons) werden vom Präsidenten eingesetzt, ebenso die Kommunalverwaltungen. 1999 wurden Kommunalwahlen eingeführt, bei denen die Gemeinderäte gewählt werden. Die letzten Kommunalwahlen fanden am 23.12.2014 statt. Die Exklave Nachitschewan hat den Status einer Autonomen Republik mit eigener Verfassung und eigenem Parlament (AA 10.2016a).

Die Nationalversammlung (Milli Mejlis) ist ein Einkammerparlament mit 125 Abgeordneten, die nach absolutem Mehrheitswahlrecht für fünf Jahre gewählt werden. Der Einfluss des Parlaments auf die Politikgestaltung ist gering. Nach den letzten Parlamentswahlen am 01.11.2015 verfügt die regierende Partei 'Neues Aserbaidschan' (YAP) mit 72 Sitzen über die Mehrheit der Sitze im Parlament. Die restlichen Sitze verteilen unter sich die unabhängigen Abgeordneten sowie Vertreter von Kleinstparteien. Regierungskritische Opposition ist im Parlament nicht vertreten. Das Verfassungsgericht, das am 04.07.1998 gegründet wurde, besteht aus neun Richtern. Es besteht die Möglichkeit der Individualklage. Neben dem Parlament haben auch der Präsident, das Oberste Gericht, die Staatsanwaltschaft und das Parlament der Autonomen Republik Nakhitschewan Gesetzesinitiativrecht. Der Staatshaushalt wird dem Parlament vom Staatspräsidenten zur Zustimmung vorgelegt (AA 10.2016a).

Aserbaidschan ist eine Präsidialrepublik. Staatspräsident Ilham Aliyev, der seinem Vater Heydar Aliyev nachgefolgt ist, dominiert das politische Leben. Die Nationalversammlung (Milli Mejlis) wirkt an der Gesetzgebung mit, spielt aber eine nachgeordnete Rolle. Aserbaidschan ist ein Transformationsland. Obwohl es seit Januar 2001 Mitglied im Europa- rat ist und sich ausdrücklich zu einer Integration in die euro-atlantischen Strukturen bekennt, ist das sowjetische Erbe noch spürbar. Der Staatspräsident und die Regierung, an der auch einige Oligarchen beteiligt sind, können sich auf die "Loyalität" der Gerichte und Sicherheitsstrukturen verlassen. Artikel 7 Abs. 3 der Verfassung enthält den Grundsatz der Gewaltenteilung, wonach die Nationalversammlung "Milli Mejlis" die gesetzgebende Gewalt, der Staatspräsident die vollziehende Gewalt und die Gerichte die rechtsprechende Gewalt ausüben. Der Staatspräsident hat nicht das Recht, die für fünf Jahre gewählte Nationalversammlung aufzulösen. Diese kann aber auf Vorschlag des Verfassungsgerichtes ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Staatspräsidenten einleiten. Der Staatspräsident dominiert das politische Leben. Er wird direkt für eine Amtsperiode von fünf Jahren gewählt und kann seit einer am 18.03.2009 durch Referendum angenommenen Verfassungsänderung unbegrenzt oft wiedergewählt werden. Er ernennt und entlässt mit Zustimmung der Nationalversammlung den Ministerpräsidenten; ohne Beteiligung der Nationalversammlung ernennt und entlässt er die Minister sowie die Gouverneure und Vize-Gouverneure der regionalen Verwaltungsbezirke (Rayons). Die Präsidentschaftswahl am 09.10.2013 war nach Einschätzung von ODIHR (Office for Democratic Institutions and Human Rights der OSZE) und OSZE-PV (Parlamentarische Versammlung der OSZE) durch Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, fehlende Chancengleichheit der Kandidaten, Wählerbeeinträchtigung sowie ein eingeschränktes Medienumfeld gekennzeichnet. ODIHR verzichtete auf das Lang- und Kurzzeit-Monitoring der im November 2015 durchgeführten Parlamentswahlen. Laut der Erklärung der Kurzzeit-Wahlbeobachtungsmission der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) verliefen die Wahlen geordnet und entsprachen der aserbaidschanischen Gesetzgebung (AA 6.4.2016).

Am 26.9.2016 weitete der regierende Präsident Ilham Aliyev seine Machtbefugnisse durch ein umstrittenes Referendum aus. Die Opposition warf Aliyev vor, seiner Familie auf Generationen die Macht sichern zu wollen (Standard 26.9.2016). Annähernd 85% der Wähler unterstützten die Verlängerung der Amtszeit von fünf auf sieben Jahre, wodurch die nächsten Präsidentschaftswahlen anstatt 2018 erst 2020 fällig sind (RFE/RL 27.9.2016).

Bereits am 20.9.2016 äußerte die Venediger Kommission des Europarates Bedenken hinsichtlich der aserbaidschanischen Verfassungsänderungen. Laut der Kommission würden viele der vorgeschlagenen Abänderungen das Machtgleichgewicht zugunsten des Präsidenten verschieben. So könne die Verlängerung der Amtszeit angesichts der Machtfülle und des Umstandes, dass seit 2009 eine unbegrenzte Wiederwahl möglich ist, nicht gerechtfertigt werden. Zudem erhält der Präsident die Befugnis, das Parlament auflösen zu können. Die Unabhängigkeit der Justiz ist dadurch betroffen, dass das Parlament nun eine eingeschränkte Rolle bei der Ernennung der Richter innehält. Die Kommission zeigte sich insbesondere besorgt, dass der Präsident von sich aus vorgezogene Präsidentschaftswahlen ausrufen kann und das neu eingeführte Amt eines Vizepräsidenten keiner Wahl unterliegt (CoE 21.9.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2016a): Aserbaidschan: Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aserbaidschan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 01.12.2016

-

AA - Auswärtiges Amt (6.4.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1465539892_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-aserbaidschan-stand-januar-2016-06-04-2016.pdf, Zugriff 01.12.2016

-

CoE - Council of Europe (21.9.2016): Venice Commission legal experts raise alarm over draft modifications to Azerbaijan's constitution,

http://www.humanrightseurope.org/2016/09/venice-commission-legal-experts-raise-alarm-over-draft-modifications-to-azerbaijans-constitution/, Zugriff 09.12.2016

-

Der Standard (26.9.2016): Aserbaidschan stimmte für umstrittene Verfassungsreform,

http://derstandard.at/2000044976097/Aserbaidschan-stimmte-fuer-umstrittene-Verfassungsreform, Zugriff 09.12.2016

-

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (27.9.2016): Azerbaijani Voters Said To Approve Greater Powers For Aliyev, http://www.rferl.org/a/azerbaijan-voters-said-approver-greater-power-aliyev-referendum-results-/28015524.html, Zugriff 09.12.2016

3. Sicherheitslage

Aserbaidschan ist ein Land mit vergleichsweise guter Sicherheitslage und wenig Kriminalität. Sowohl in der Region Bergkarabach sowie in den im Südwesten gelegenen, von Armenien besetzten Bezirke Agdam, Füsuli, Dschabrayil, Sangilan, Kubadli, Ladschin und Kalbadschar, als auch in den unmittelbar auf aserbaidschanischer Seite der Waffenstillstandslinie (Kontaktlinie) angrenzenden Gebiete bestehen weiterhin große Spannungen betreffend der Sicherheitslage. Zwar finden derzeit keine akuten Kampfhandlungen an der Kontaktlinie statt. Dennoch muss dort, sowie an der aserbaidschanisch-armenischen Landesgrenze, einschließlich der Grenze zwischen der aserbaidschanischen Autonomen Republik Nachitschewan und Armenien, weiterhin mit Schusswechseln gerechnet werden (AA 01.12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (01.12.2016): Aserbaidschan: Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AserbaidschanSicherheit_node.html, Zugriff 01.12.2016

...

11. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Regierung dezimierte durch ihr unerbittliches Durchgreifen unabhängige Nichtregierungsorganisationen und Medien. Gerichte verurteilten in politisch motivierten unfairen Verfahren führende Menschenrechtsverteidiger, politische Aktivisten und Journalisten zu langen Haftstrafen. Andere wurden Opfer von Schikanen, wurden inhaftiert, strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet oder Reiseverbote verhängt. Die Behörden verweigerten auch die Einreise internationaler Menschenrechtsbeobachter und Journalisten. Die Regierung versuchte weiterhin Kritiker durch politisch motivierte Strafverfolgung und falsche Anschuldigungen zum Schweigen zu bringen und inhaftierte sie (HRW 27.1.2016).

Nach Ansicht unabhängiger Beobachter und Menschenrechtsverteidiger, die sich mit der Einschätzung des Auswärtigen Amts deckt, hat sich die Menschenrechtslage in den letzten

Jahren verschlechtert. Die Verfassung enthält in den Art. 24 bis 71 einen umfassenden Menschenrechtskatalog. Jeder Bürger des Landes, der sich durch einen Akt staatlicher Gewalt in diesen Grundrechten verletzt sieht, kann im Wege einer Individualbeschwerde den Rechtsweg zum Verfassungsgericht beschreiten. Die Presse-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Aserbaidschan sind eingeschränkt. Regierungskritische Journalisten, Oppositionsvertreter und Zivilgesellschaftsaktivisten müssen damit rechnen, wegen inszenierter Taten (untergeschobene Drogen oder Waffen, Schlägereien) festgenommen und verurteilt zu werden (AA 6.4.2016).

Die aserbaidschanische Verfassung enthält einen umfassenden Menschenrechtskatalog. Die Todesstrafe wurde 1998 abgeschafft. Das Land ist einer Reihe internationaler Abkommen zum Schutz von Menschenrechten beigetreten, unter anderem der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte. Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit unterliegen erheblichen Einschränkungen. In den Medien und im Internet gibt es eine Tendenz zur Selbstzensur, die durch Verhaftungen von Medienvertretern und Bloggern - offiziell meist wegen Drogen- oder Waffenbesitzes - befördert wird. Kundgebungen der Opposition werden nur an definierten Plätzen außerhalb des Stadtzentrums zugelassen. Die Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen (NROs) ist seit mehreren Gesetzesänderungen in den letzten drei Jahren deutlich erschwert. NROs, die vom Ausland finanzierte Projektarbeit durchführen, sehen sich häufig Problemen bei der Registrierung ihrer Organisation sowie von Zuwendungsverträgen ausgesetzt. Mehrere herausgehobene Vertreter von Menschenrechts-NROs sowie Journalisten wurden 2014 und 2015 zu mehrjährigen Strafen verurteilt, meist wegen Wirtschaftsdelikten. Einige wichtige Zivilgesellschaftsvertreter haben seit Sommer 2014 das Land verlassen. Mit der Begnadigung anlässlich der Novruz-Feiertage 2016 wurde rund die Hälfte der von der EU als politisch eingestuften Häftlinge freigelassen. Eine rechtliche Diskriminierung von Frauen besteht nicht. Einzige Frau mit Kabinettsrang in der Regierung ist die Vorsitzende des Staatlichen Komitees für Frauen, Jugend und Familie. Seit Oktober 2015 gibt es die erste weibliche Gouverneurin (Rayon Absheron). Jeder Gouverneur muss gemäß Präsidentendekret eine weibliche Stellvertreterin haben. Ebenso sind 36% aller direkt gewählten Mitglieder der Regionaladministrationen Frauen (AA 10.2016a).

Internationalen Menschenrechtsbeobachtern wurde ihre Tätigkeit untersagt, und sie wurden des Landes verwiesen. Delegierte von Human Rights Watch und Amnesty International durften nicht einreisen und wurden bei ihrer Ankunft ausgewiesen. Die Behörden setzten ihr hartes Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft und die Verfolgung politisch Andersdenkender fort. Mindestens 18 gewaltlose politische Gefangene befanden sich Ende 2015 weiterhin in Haft. Nach wie vor kam es zu Repressalien gegen unabhängige Journalisten und Aktivisten im In- und Ausland, auch ihre Familien liefen Gefahr, schikaniert und festgenommen zu werden. Es gab weiterhin Berichte über Folter und andere Misshandlungen (AI 24.2.2016).

Die Regierung setzte die Einschüchterung, Haft und Verfolgung der Oppositionspolitiker, Journalisten, Aktivisten der Zivilgesellschaft und ihren Familien fort. Einige Mitglieder der ethnischen Minderheiten haben sich über Diskriminierung in den Bereichen Bildung, Beschäftigung und Wohnung beklagt (FH 27.1.2016).

Die Regierung Aserbaidschans greift weiterhin gegen Kritiker und Gegenstimmen durch. Der Raum für unabhängigen Aktivismus, kritischen Journalismus und oppositionspolitische Tätigkeit ist durch die Verhaftungen und Verurteilungen von vielen Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten sowie durch Gesetze und Verordnungen, die die Aktivitäten der unabhängigen Gruppen und ihre Fähigkeit zur Finanzierung einschränken, praktisch erloschen. Obwohl die Regierung Ende 2015 Angang 2015 einige Aktivisten, Blogger und Journalisten aus der Haft entlassen oder begnadigt hatte, haben Behörden viele andere wegen falscher Vorwürfe verhaftet und so die Ausübung ihrer legitimen Arbeit verhindert (HRW 20.10.2016).

Die Venediger Kommission zeigte sich überdies hinsichtlich der erweiterten Möglichkeiten, die Staatsbürgerschaft abzuerkennen, besorgt. Dies stelle einen Rückschritt dar, und bringe das Risiko mit sich, dass die Staatsbürgerschaft ungerechtfertigt und in diskriminierender Weise entzogen werden kann (CoE-VC 20.9.2016).

Positiv wurden einige Neuerungen im Menschenrechtsbereich gesehen. Beispielsweise wurde das Prinzip der Verhältnismäßigkeit auf Verfassungsebene gehoben, d.h. jede Einschränkung der Menschenrechte muss verhältnismäßig zum Ziel sein, den der Staat anstrebt. Allerdings äußerte die Kommission auch Bedenken hinsichtlich der Einschränkung öffentlicher Versammlungen zur Einhaltung der öffentlichen Ordnung und Moral (CoE 21.9.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (6.4.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1465539892_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-aserbaidschan-stand-januar-2016-06-04-2016.pdf, Zugriff 02.12.2016

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2016a): Aserbaidschan: Innenpolitik; http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aserbaidschan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 02.12.2016

-

Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/319697/466538_de.html, Zugriff 02.12.2016

-

CoE - Council of Europe (21.9.2016): Venice Commission legal experts raise alarm over draft modifications to Azerbaijan's constitution,

http://www.humanrightseurope.org/2016/09/venice-commission-legal-experts-raise-alarm-over-draft-modifications-to-azerbaijans-constitution/, Zugriff 09.12.2016

-

CoE-VC - Council of Europe/ Venice Commission (20.9.2016):

Azerbaijan -Preliminary Opinion on the Draft Codifications to the Constitution,

http://www.venice.coe.int/webforms/documents/default.aspx?pdffile=CDL-PI%282016%29010-e, Zugriff 09.12.2016

-

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/325351/465180_de.html, Zugriff 02.12.2016

-

HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016, Azerbaijan; http://www.ecoi.net/local_link/318391/457394_de.html, Zugriff 02.12.2016

-

HRW - Human Rights Watch (20.10.2016): HARASSED, IMPRISONED, EXILED - Azerbaijan's Continuing Crackdown on Government Critics, Lawyers, and Civil Society,

http://www.ecoi.net/file_upload/5228_1477033067_azerbaijan1016-web.pdf, Zugriff 09.12.2016

...

15. Todesstrafe

Die Todesstrafe wurde mit Gesetz vom 28.10.1998 abgeschafft. Die bis zu diesem Zeitpunkt verhängten Todesurteile sind in lebenslange Haft umgewandelt worden (AA 6.4.2016).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (6.4.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1465539892_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-aserbaidschan-stand-januar-2016-06-04-2016.pdf, Zugriff 02.12.2016

16. Religionsfreiheit

Die Regierung beschränkte die Ausübung der "nicht traditionellen" und Minderheitsreligionen vor allem durch aufwendige Registrierungsanforderungen oder Behinderungen beim Import und Vertrieb von religiösen Druckwerken. Eine Reihe von Moscheen wurde in den letzten Jahren wegen angeblicher Verstöße gegen die Sicherheit oder die Registrierung geschlossen (FH 27.1.2016).

Der säkulare Staat lässt individueller Glaubensausübung sowie den Religionsgemeinschaften grundsätzlich weiten Raum. Einschränkungen gelten für unabhängige islamische und die sog. "nicht-traditionellen" missionierenden Gemeinschaften. Sie haben Schwierigkeiten bei der Registrierung und ihre Anhänger unterliegen staatlicher Beobachtung. Die Verfassung garantiert die Religions- und Bekenntnisfreiheit (Art. 48 Abs. 2) und knüpft damit an eine historisch gewachsene Tradition der Toleranz in Religionsfragen an. So leben im heutigen Aserbaidschan zahlreiche Religionen in Eintracht miteinander. Laut Religionsgesetz ist für alle Fragen im Zusammenhang mit den Religionsgemeinschaften ein Staatskomitee mit weitreichenden Vollmachten zuständig: So muss jede Religionsgemeinschaft sich beim Staatskomitee registrieren lassen. Das Staatskomitee kontrolliert auch die Einfuhr und Verbreitung religiöser Literatur. Die Registrierung einer Religionsgemeinschaft macht diese zu einer juristischen Person. Ohne Registrierung ist eine Religionsgemeinschaft zahlreichen praktischen Problemen ausgesetzt; ihre Versammlungen können von Sicherheitskräften aufgelöst werden. In der Praxis des Staatskomitees ist insbesondere die Unterscheidung zwischen traditionellen und neuen Religionsgemeinschaften von Bedeutung. Während bestehende Religionsgemeinschaften in der Praxis keinen Beschränkungen ausgesetzt sind, gilt dies nicht im selben Maße für neue religiöse Gemeinschaften, die zuvor nicht registriert waren. Aserbaidschaner, die zum christlichen Glauben konvertieren, setzen sich möglicherweise dem Risiko sozialer Stigmatisierung aus, von staatlicher Seite wird jedoch ein Religionswechsel akzeptiert und führt zu keinerlei Benachteiligungen. Missionstätigkeit wird nicht geduldet. Das Staatskomitee für religiöse Organisationen wacht mit äußerster Sorgfalt über die Einhaltung dieses Verbotes und beschränkt die Einfuhr von religiöser Literatur ins Land. Die Geldstrafen für Verstöße gegen diese Vorschriften wurden durch eine Gesetzesänderung Ende 2010 im Durchschnitt verzehnfacht. Versammlungen der Zeugen Jehovas werden des Öfteren von der Polizei aufgelöst. Glaubensgemeinschaften, die aus dem Ausland unterstützt werden, ziehen den Argwohn der Behörden auf sich. Dies gilt insbesondere für islamische bzw. islamistische Gruppierungen: Sie werden von den Sicherheitsbehörden observiert und in ihren Betätigungsmöglichkeiten eingeschränkt (AA 6.4.2016).

...

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.4.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan,

http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1465539892_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-aserbaidschan-stand-januar-2016-06-04-2016.pdf, Zugriff 02.12.2016

-

Europäische Kommission (25.3.2015): Implementation Of The European Neighbourhood Policy In Azerbaijan Progress In 2014 And Recommendations For Actions Accompanying The Document Joint Communication To The European Parliament, The Council, The European Economic Ans Social Committee And The Committee Of The Regions http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1427815709_azerbaijan-enp-report-2015-en.pdf, Zugriff 09.12.2016

-

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/325351/465180_de.html, Zugriff 05.12.2016

-

USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/328353/469132_de.html, Zugriff 05.12.2016

16.1. Religiöse Gruppen

Die aserbaidschanische Bevölkerung ist säkular geprägt, formal mehrheitlich (zu 96 %) muslimischen Glaubens (überwiegend Schiiten). Weiter sind die Russisch-orthodoxe Kirche, verschiedene Strömungen des Judentums, zu einem geringeren Grad noch die katholische Gemeinde, die evangelisch-lutherische Gemeinde sowie in neuerer Zeit auch Zeugen Jehovas und freikirchliche Bewegungen vertreten. In Aserbaidschan gibt es elf Kirchen und 26 Gebetshäuser, in denen christliche Gemeinden ihre religiösen Zeremonien abhalten können (AA 29.4.2015).

Nach offiziellen Angaben sind 96% der aserbaidschanischen Bevölkerung muslimisch. 65% der aserbaidschanischen muslimischen Bevölkerung sind Schiiten und 35% Sunniten. Die christliche Gemeinde befindet sich hauptsächlich in Baku und anderen Städten. Die Mehrheit der Juden, ca. 15.000 - 20.000, lebt in Baku. In Aserbaidschan leben kleine Gemeinden der Russisch-orthodoxen Kirche, Georgisch-orthodoxen Kirche, Armenisch-apostolischen Kirche, Molokanen, Adventisten und Baha'is. Seit der Unabhängigkeit 1991 haben sich eine Reihe von religiösen Gruppen, die von der Regierung als "nicht traditionell" angesehen wurden, wie die der Pentecostal, andere evangelische Christen, Zeugen Jehovas, Hare Krishnas, etabliert (USDOS 10.08.2016).

Die Anzahl der praktizierenden Muslime wird auf 10% bis 15% geschätzt. Ca. 5% sind Christen. Der Rest gehört anderen Religionen an. Verfassungsrechtlich ist Aserbaidschan ein säkularer Staat, Religion und Staat sind getrennt. Die staatliche Kontrolle obliegt dem Staatskomitee für religiöse Angelegenheiten (GIZ 11/2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.4.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan,

http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1465539892_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-aserbaidschan-stand-januar-2016-06-04-2016.pdf, Zugriff 02.12.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (11/2015): LIPortal, Aserbaidschan, https://www.liportal.de/aserbaidschan/gesellschaft/, Zugriff 09.12.2016

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USDOS - US Department of State (10.08.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/328353/469132_de.html, Zugriff 05.12.2016

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18. Frauen/Kinder, andere relevante Gruppen

Aserbaidschan ist ein Quell- Transit- und Zielland für den Menschenhandel mit Männern, Frauen und Kindern zur Zwangsarbeit und Sexhandel. Die Regierung Aserbaidschans erfüllt die Mindeststandards für die Beseitigung des Menschenhandels nicht in vollem Umfang, jedoch werden erhebliche Anstrengungen dazu unternommen (USDOS 30.6.2016, vgl FH 27.1.2016).

Nominell genießen Frauen dieselben Rechte wie Männer, doch gesellschaftliche Diskriminierung blieb ein Problem. Traditionelle soziale Normen und zögernde ökonomische wirtschaftliche Entwicklung vor allem im ländlichen Raum beschränkten weiterhin die Rolle der Frauen in der Wirtschaft und es gab Berichte, dass Frauen aufgrund von geschlechterspezifischer Diskriminierung Schwierigkeiten bei der Durchsetzung ihrer Rechte hatten. Das Gesetz schließt Frauen von bestimmten gefährlichen Berufen aus. Frauen waren in hochqualifizierten Jobs inklusive Top-Geschäftspositionen unterrepräsentiert. Vergewaltigung ist illegal und wird mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft. Gesetze schaffen einen Rahmen für die Untersuchung von Beschwerden bezüglich häuslicher Gewalt, definieren ein Verfahren für die Erteilung einstweiligen Verfügungen sowie fordern die Einrichtung eines Zufluchtsortes und eines Rehabilitationszentrums für Opfer. Trotz des Gesetzes blieb die Gewalt gegen Frauen, inklusive häuslicher Gewalt und Tötungen weit verbreitet. In ländlichen Gebieten hatten Frauen keine effektiven Möglichkeiten gegen Angriffe durch Ehemänner oder anderer Personen. Das Verbot der sexuellen Belästigung wird selten durchgesetzt. Die Regierung und eine unabhängige NGO führen einen Zufluchtsort für Opfer des Menschenhandels und häuslicher Gewalt. Es gab 20 Frauen in der Mili Mejlis, eine davon auf ministerieller Ebene (USDOS 13.4.2016).

Artikel 25 Abs. 2 der Verfassung garantiert die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Im Großraum Baku ist dieser Grundsatz weitestgehend auch in der Praxis realisiert, während auf dem Land traditionelle Vorstellungen des Geschlechterverhältnisses verbreitet sind. Dies führt beispielsweise dazu, dass nach der Untersuchung einer NGO, die sich für die Rechte der Frauen einsetzt, 35 % der Befragten Opfer häuslicher Gewalt geworden sind. Deren Bekämpfung ist auch die vorrangig genannte Herausforderung für weibliche Kommunalpolitikerinnen. Frauen können im Fall von Vergewaltigungen innerhalb der Ehe nicht darauf vertrauen, dass die Sicherheitsorgane sie schützen und Ermittlungen aufnehmen. Insgesamt betrachtet nimmt die Repräsentanz von Frauen in Regierung und Parlament zu (21 von 125 Parlamentariern sind weiblich, allerdings 38% in den Kommunalparlamenten); Stark vertreten sind Frauen im Bildungs- und Gesundheitssektor. Nach offiziellen Angaben machen Frauen 15 % der Unternehmerschaft aus. Die gesetzliche Frauenquote bei der Besetzung eines der i.d.R. vier Vize-Gouverneursposten wird in allen Provinzen umgesetzt. Homosexualität ist bei Frauen wie bei Männern seit einer Reform des aserbaidschanischen Strafgesetzbuches vom 01.09.2000 nicht mehr strafbar (AA 6.4.2016).

Lokale NROs wie Clean World, Women Crisis Center & Institute for Peace and Democracy bieten psychologische, rechtliche und medizinische Hilfe für Frauen einschließlich Rückkehrerinnen an. Für diese Rückkehrerkategorie sieht das nationale Recht keine Unterstützung vor (IOM 6.2014).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.4.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan,

http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1465539892_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-aserbaidschan-stand-januar-2016-06-04-2016.pdf, Zugriff 02.12.2016

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FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/325351/465180_de.html, Zugriff 05.12.2016

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IOM (6.2014): ZIRF Länderinformationsblatt, Aserbaidschan, , https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698614/17047584/17255894/Aserbaidschan_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17256552&vernum=-2, Zugriff 05.12.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices for 2015 - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/322471/461948_de.html, Zugriff 05.12.2016

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USDOS - US Department of State (30.6.2016): Trafficking in Persons Report 2016 - Country Narratives - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/326107/466076_de.html, Zugriff 06.12.2016

18.1. Kinder

Spezifische Menschenrechtsverletzungen an Kindern sind in Aserbaidschan nicht bekannt. Hinweise auf systematisch begangenen Kinderhandel oder sexuelle Ausbeutung von Kindern bzw. Kinderarbeit liegen nicht vor. Es gibt keine Kindersoldaten. In ländlichen Gebieten können Zwangsverheiratungen von jungen Mädchen (13-15 Jahre) nicht ausgeschlossen werden. Die aserbaidschanische Regierung reagierte auf die Problematik mit der Einführung von Art. 176 Abs. 1 des aserbaidschanischen StGB am 10.02.2012, wonach eine Zwangsverheiratung minderjähriger Mädchen mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren geahndet wird. Auf Jugendliche über 16 Jahre wird Erwachsenenstrafrecht angewendet (Art. 20 Abs. 1 des aserbaidschanischen StGB). Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren sind nur bei bestimmten Verbrechen, wie z.B. Mord, Vergewaltigung und schwerer Sachbeschädigung, strafmündig (Art. 20 Abs. 2). Kinder unter 14 sind strafunmündig. Es gibt keine so bezeichneten Jugendstrafanstalten. Für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren bestehen im Falle der Verhängung einer Freiheitsstrafe Erziehungsanstalten, in die sie eingewiesen werden können. Art. 85 Abs. 5 unterscheidet Erziehungsanstalten für minderjährige Mädchen sowie minderjährige Jungen, die zum ersten Mal zu Freiheitsstrafe verurteilt wurden, und Erziehungsanstalten mit einem "strengen Regime" für minderjährige Jungen, gegen die bereits früher Freiheitsstrafe verhängt worden war (AA 6.4.2016).

Das Mindestalter für die Beschäftigung richtet sich nach der Art der Arbeit. In den meisten Fällen erlaubt das Gesetz, Kindern ab dem 15. Lebensjahr zu arbeiten; Kinder ab 14 dürfen in Familienbetrieben arbeiten oder mit Zustimmung der Eltern in Tageslichtjobs nach der Schule, die keine Gefahr für ihre Gesundheit darstellen. Kinder unter 16 Jahren dürfen nicht mehr als 24 Stunden pro Woche arbeiten (USDOS 13.04.2016).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (6.4.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1465539892_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-aserbaidschan-stand-januar-2016-06-04-2016.pdf, Zugriff 02.12.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices for 2015 - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/322471/461948_de.html, Zugriff 05.12.2016

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Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (06.12.2016): Aserbaidschan: Reise- und Sicherheitshinweise;

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AserbaidschanSicherheit_node.html, Zugriff 06.12.2016

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AA - Auswärtiges Amt (6.4.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan,

http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1465539892_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-aserbaidschan-stand-januar-2016-06-04-2016.pdf, Zugriff 02.12.2016

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FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/325351/465180_de.html, Zugriff 05.12.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices for 2015 - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/322471/461948_de.html, Zugriff 05.12.2016

19. Bewegungsfreiheit

Die Region Bergkarabach und die sieben angrenzenden Bezirke sind von Armenien militärisch besetzt. Sie sind für Aserbaidschaner nicht zugänglich (AA 6.4.2016).

Das Gesetz gewährt Bewegungsfreiheit im Land, Reisen ins Ausland, Emigration und Rückkehr, und die Regierung respektierte diese Rechte im Allgemeinen. Manchmal beschränkte die Regierung jedoch die Bewegungsfreiheit für einige Aktivisten und Journalisten (USDOS 13.4.2016).

Die Regierung hat zunehmend die Bewegungsfreiheit, insbesondere Auslandsreisen für oppositionelle Politiker und Aktivisten der Zivilgesellschaft eingeschränkt (FH 27.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.4.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan,

http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1465539892_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-aserbaidschan-stand-januar-2016-06-04-2016.pdf, Zugriff 02.12.2016

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FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/325351/465180_de.html, Zugriff 05.12.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices for 2015 - Azerbaijan, http://www.ecoi.net/local_link/322471/461948_de.html, Zugriff 05.12.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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