TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/16 98/08/0352

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Veröffentlicht am 16.03.1999
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §17 Abs1;
AlVG 1977 §21 Abs1;
AlVG 1977 §21 Abs2;
AlVG 1977 §7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der J in W, vertreten durch Dr. Helmut Storch und Mag. German Storch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Bürgerstraße 62, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 25. September 1998, Zl. 4/1288/Nr.0777/98-0, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte am 2. Juni 1998 bei einer regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid der angesprochenen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 16. Juni 1998 wurde ausgesprochen, dass der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosengeld wegen Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung für den Zeitraum vom 1. Juni 1998 bis 5. Juli 1998 ruhe.

Mit weiterem Bescheid dieser regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 7. Juli 1998 wurde die Höhe des der Beschwerdeführerin gebührenden Arbeitslosengeldes mit täglich S 204,70 festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Geltendmachung vor dem 30. Juni 1998 sei die Jahresbeitragsgrundlage des Jahres 1996 zur Festsetzung der Lohnklasse heranzuziehen gewesen.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den zuletzt genannten Bescheid Berufung. Darin führte sie aus, dass sie den Antrag auf Arbeitslosengeld ordnungsgemäß zum vereinbarten Termin abgegeben habe. Aus der beigegebenen Arbeitsbescheinigung sei eine Vollversicherung bis 5. Juli 1998 ersichtlich. Es könne daher Arbeitslosigkeit im ersten Halbjahr 1998 nicht entstanden sein. Es sei daher die Jahresbeitragsgrundlage aus dem Jahr 1997 heranzuziehen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt. In der Begründung stellte sie zunächst das Verwaltungsgeschehen dar und zitierte die anzuwendenden Gesetzesstellen. Sodann führte sie aus, es sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin am 2. Juni 1998 den Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend gemacht habe und dass für das Jahr 1996 im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Beitragsgrundlagen aufschienen. Das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin habe am 31. Mai 1998 geendet und sei ihr vom Dienstgeber bis 5. Juli 1998 eine Urlaubsentschädigung bezahlt worden. Das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld während des Zeitraumes der Urlaubsentschädigung sei bescheidmäßig ausgesprochen worden. Durch das Vorliegen eines Ruhenstatbestandes nach § 16 AlVG werde ab dem Tag, ab dem die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes begehrt werde, nur das zeitliche Hinausschieben des Beginnes des an sich gebührenden Bezuges, nicht aber die zeitliche Verlagerung des Anspruches bewirkt. Es sei daher für die Festsetzung der Lohnklasse die Jahresbeitragsgrundlage 1996 heranzuziehen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 21 Abs. 1 und 2 AlVG in der Fassung des Art. 23 Z. 16 und 17 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, lauten auszugsweise:

"(1) Der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes wird nach Lohnklassen bemessen. Für die Festsetzung der Lohnklasse ist bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Bei Geltendmachung nach dem 30. Juni ist das Entgelt des letzten Kalenderjahres heranzuziehen. Liegen keine Jahresbeitragsgrundlagen des letzten bzw. vorletzten Jahres vor, so sind jeweils die Jahresbeitragsgrundlagen des zuletzt vorliegenden Kalenderjahres heranzuziehen . . . Sind die heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes älter als ein Jahr, so sind diese mit dem/den Aufwertungsfaktor/en gemäß § 108 Abs. 4 ASVG des betreffenden Jahres/der betreffenden Jahre aufzuwerten.

(2) Liegen noch keine Jahresbeitragsgrundlagen beim Hauptverband vor, so sind für die Festsetzung der Lohnklasse das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes heranzuziehen. Sonderzahlungen im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 49 ASVG) sind anteilsmäßig zu berücksichtigen.

Absatz 1 fünfter und sechster Satz ist anzuwenden."

Die Beschwerdeführerin geht von der durch die Aktenlage gedeckten Antragstellung am 2. Juni 1998 aus und bezweifelt nicht, dass mit diesem Datum beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger die Jahresbeitragsgrundlagen nur für das Jahr 1996 gespeichert waren.

Die Beschwerdeführerin meint jedoch, es komme für die Geltendmachung nicht auf den rein formalen Tatbestand der Antragstellung, hier den 2. Juni 1998, an, sondern auf den Zeitpunkt der ersten tatsächlich möglichen Inanspruchnahme der Leistung. Dieser sei im vorliegenden Fall mit dem Ende des Anspruches auf Urlaubsentschädigung, sohin mit 6. Juli 1998 gegeben. Diesfalls sei aber die Jahresbeitragsgrundlage für 1997 heranzuziehen gewesen.

Dem kann nicht gefolgt werden: Gemäß § 46 Abs. 1 AlVG ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld vom Arbeitslosen persönlich bei der nach seinem Wohnsitz, mangels eines solchen bei der nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das hiefür bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular zu verwenden. Der Antrag gilt erst dann als geltend gemacht, wenn das Antragsformular innerhalb der von der regionalen Geschäftsstelle festgesetzten Frist bei der regionalen Geschäftsstelle persönlich abgegeben wurde. Hat der Arbeitslose die von der regionalen Geschäftsstelle festgesetzte Frist zur Abgabe des Antrages ohne triftigen Grund versäumt, so ist der Antrag erst ab dem Tag zu beurteilen, an dem der Antrag bei der regionalen Geschäftsstelle abgegeben wurde.

Eine Ausnahme von den genannten Grundsätzen des § 46 Abs. 1 enthält - vor dem Hintergrund des hier vorliegenden Sachverhaltes - § 46 Abs. 3 Z. 2 AlVG für den Fall, dass der Arbeitslose zwecks Geltendmachung von Arbeitslosengeld bei einem Amtstag der regionalen Geschäftsstelle vorgesprochen hat, welcher der auf den Eintritt der Arbeitslosigkeit nächstfolgende Amtstag ist: In diesem Fall gebührt das Arbeitslosengeld bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit.

Aus diesen Regelungen in ihrem Zusammenhang ergibt sich, dass es für den Beginn des Anspruches auf Arbeitslosengeld auf die persönliche Geltendmachung im Sinne des § 46 Abs. 1 AlVG ankommt. Eine Rückwirkung kommt dieser Geltendmachung, wenn sie verspätet erfolgt, im Falle des § 46 Abs. 3 Z. 2 AlVG zu: Ein solcher Fall liegt hier vor, zumal der 2. Juni 1998 ein Dienstag und nach der Aktenlage ein Amtstag der regionalen Geschäftsstelle und der Montag davor ein Feiertag (Pfingstmontag) war. Nach der unstrittigen Aktenlage hat die Beschwerdeführerin ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld am 2. Juni 1998 geltend gemacht; dabei wurde ihr das Antragsformular mit dem Auftrag ausgehändigt, es vollständig auszufüllen und unter gleichzeitiger Vorlage näher angegebener Dokumente persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle zu einem bestimmten Termin abzugeben. Der frühestmögliche Zeitpunkt der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes ist daher sowohl von der regionalen Geschäftsstelle als auch der belangten Behörde zu Recht mit 1. Juni 1998 angenommen worden. Ab diesem Zeitpunkt ruhte laut dem nicht verfahrensgegenständlichen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle vom 16. Juni 1998 der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosengeld. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob Beitragsgrundlagen beim Hauptverband schon vorliegen, ist der erste Tag der Arbeitslosigkeit als frühestmöglicher Zeitpunkt der rechtlich wirksamen Geltendmachung des Arbeitslosengeldes (vgl. das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, Zl. 97/08/0474). Die belangte Behörde hat daher zutreffend die Jahresbeitragsgrundlage des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen herangezogen.

Auf den Zeitpunkt des Beginnes eines infolge eines Ruhenstatbestandes zu einem späteren Zeitpunkt einsetzenden Leistungsbezuges kommt es hingegen nicht an. Das Ruhen des Anspruches bedeutet nämlich nur, dass während dieses Zeitraumes Arbeitslosengeld nicht bezogen werden kann. Das Ruhen hat aber zur Voraussetzung, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998080352.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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