TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/11 L521 2212809-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.02.2019

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L521 2212809-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde des XXXX in 4470 Enns, XXXX, gegen den Bescheid der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse vom 14.11.2016, 14-2016-BE-VER10-0003M, betreffend Haftung für Beiträge zur Sozialversicherung gemäß § 67 Abs. 10 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer war vom 03.11.2015 bis zum 28.07.2016 handelsrechtlicher Geschäftsführer der XXXX (nunmehrXXXX in Liquidation) mit Sitz in Ansfelden, XXXX des Landesgerichtes Linz, und auch deren Alleingesellschafter.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 04.07.2016, XXXX, wurde ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen und die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft festgestellt.

Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses am 25.07.2016 wurde die Gesellschaft aufgelöst (§ 84 Abs. 1 Z. 4 GmbHG). Der Beschwerdeführer vertritt dieXXXX in Liquidation seither als Abwickler.

2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und Gewährung rechtlichen Gehörs wurde der Beschwerdeführer mit dem hier angefochtenen Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 14.11.2016, 14-2016-BE-VER10-0003M, als vertretungsbefugtes Organ der XXXX verpflichtet, Beitragsrückstände dieser Gesellschaft zur Sozialversicherung samt Nebengebühren und Verzugszinsen im Betrag von EUR 25.835,21 der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zu bezahlen.

3. Gegen den vorstehend angeführten, dem Beschwerdeführer am 18.11.2015 im Wege der Hinterlegung zugestellten Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse richtet sich die im Zweifel fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (im vorgelegen Verwaltungsakt liegt das Kuvert nicht auf und findet sich auf der Beschwerde auch kein Vermerk über die Postaufgabe), in welcher die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird.

In der Sache bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die der einzige Auftragnehmer der XXXX sei seinerseits in Zahlungsschwierigkeiten geraten, sodass der Geschäftsbetrieb derXXXX habe eingestellt werden müssen. Die Geschäftsentwicklung sei für ihr nicht vorhersehbar gewesen und gehe er deshalb von keine ihm vorwerfbaren Sorgfaltsverstoß aus.

4. Nach Einlangen der Beschwerde forderte die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer mit Note vom 04.01.2017 nach eingehender Erläuterung der Rechtslage nochmals auf, Unterlagen in Vorlage zu bringen, aus welchen die Gleichbehandlung der Forderungen der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse mit den Forderungen der anderen Gläubiger der Gesellschaft im haftungsrelevanten Zeitraum ersichtlich sei. Die Note wurde dem Beschwerdeführer am 11.01.2017 nachweislich im Wege der Hinterlegung zugestellt, eine Reaktion ist nicht aktenkundig.

5. Die Beschwerdevorlage der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse wurde am 11.01.2019 zur Post gegeben und langte am 14.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

6. Mit Note des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.01.2019 wurde die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Vorlage fehlender Aktenteile aufgefordert. Der Aufforderung wurde fristgerecht entsprochen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer XXXX, geb. XXXX, war von 03.11.2015 bis zum 25.07.2016 (Datum der Eintragung in das Firmenbuch: 28.07.2016) alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der XXXX, XXXX des Landesgerichtes Linz, mit Sitz in der politischen Gemeinde Ansfelden und Geschäftsanschrift in 4053 Haid bei Ansfelden, XXXX.

1.2. Der Beschwerdeführer erwarb ferner mit Abtretungsvertrag vom 03.11.2015 auch sämtliche Geschäftsanteile an der XXXX.

1.3. Der letzte für die XXXX eingereichte Jahresabschluss betrifft das Geschäftsjahr 2014. Der Jahresabschluss weist keine Geschäftstätigkeit der Gesellschaft und ein negatives Eigenkapital von EUR 29.749,49 aus.

1.4. Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 04.07.2016, XXXX, wurde ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der XXXX mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen und die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft festgestellt.

Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses am 25.07.2016 wurde die Gesellschaft aufgelöst und die Firma amtswegig gelöscht.

1.5. Die XXXX hat fällige Sozialversicherungsbeiträge die Monate Oktober 2015 bis April 2016 betreffend nicht entrichtet. Nach Abzug der Zahlungen des Insolvenzentgeltfonds haften für diesen Zeitraum Beiträge laut Rückstandsausweis vom 21.09.2016 bzw. vom 14.11.2016 im Betrag von € 25.835,21 zuzüglich Verzugszinsen aus.

1.6. Der Beschwerdeführer hat im verwaltungsbehördlichen Verfahren trotz mehrfacher Aufforderung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse kein entsprechendes (rechtlich relevantes) Vorbringen erstattet und keine Beweise dahingehend vorgelegt, dass er im fraglichen Zeitraum über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet hat bzw. dass er zwar über Mittel verfügt hat, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten nicht oder nur zum Teil beglichen und die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse somit nicht benachteiligt hat.

Es kann somit nicht festgestellt werden, dass es im Hinblick auf die nicht entrichteten Beiträge zur Sozialversicherung zu einer Gläubigergleichbehandlung gekommen ist.

1.6. Der weitere Verfahrensgang gestaltete sich wie unter Punkt I. dieser Erledigung dargestellt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die vorstehend getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der seitens der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vorgelegten Akten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens.

2.2. Die Feststellungen zu den gesellschaftsrechtlichen Vorgängen sowie zum Insolvenzverfahren betreffend die XXXX gründen sich auf die bezughabenden Eintragungen im offenen Firmenbuch. Die organschaftliche Stellung des Beschwerdeführers wurde von diesem selbst eingeräumt.

2.3. Die von der XXXX nicht beglichenen Beiträge zur Sozialversicherung ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt aufliegenden und inhaltlich übereinstimmenden Rückstandsausweisen vom 21.09.2016 bzw. vom 14.11.2016, wobei die Höhe des Beitragsrückstandes in der Beschwerde nicht bestritten wird. Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zufolge ist ein Rückstandsausweis eine öffentliche Urkunde und begründet gemäß § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld; die gegenständliche Aufschlüsselung entsprach zudem den Vorgaben des § 64 Abs. 2 ASVG, wonach der rückständige Betrag, die Art des Rückstands samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren anzuführen sind (VwGH 12.01.2016, Ra 2014/08/0028).

2.4. Was die unter Punkt 1.6. getroffene Feststellung anbelangt wird aufgrund des diesbezüglich engeren Zusammenhangs auf die Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung verwiesen und ergibt sich ferner in diesem Zusammenhang aus dem Akteninhalt eindeutig, dass der Beschwerdeführer auf die ihm jeweils nachweislich zugestellten Aufforderungen der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 21.09.2016 und vom 04.01.2017 zur Vorlage von Beweismitteln zur Prüfung der Gläubigergleichbehandlung nicht reagierte. Der Beschwerde waren ebenfalls keine Unterlagen zur Prüfung der Gläubigergleichbehandlung beigefügt, obwohl der Beschwerdeführer nach wie vor als Abwickler der Gesellschaft ausgewiesen ist. Ausgehend davon kann in Ermangelung eines konkreten sachverhaltsbezogenen Vorbringens und vorliegender Beweismittel nicht festgestellt werden, dass es zu einer Gläubigergleichbehandlung gekommen ist.

2.5. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im Rechtsmittelverfahren nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 67 Abs. 10 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 8/2019, haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend.

Gemäß § 56 Abs. 5 ASVG haben VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

3.2. Die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG ist der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung kann darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Beiträge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Sozialversicherungsanstalt Sorge trägt. Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung der Gebietskrankenkasse in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger (vgl. jüngst VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039 mwN).

Die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG setzt die Uneinbringlichkeit der Beiträge, die Stellung des Haftenden als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters und dessen Verschulden an der Pflichtverletzung, deren Ursächlichkeit für die Uneinbringlichkeit sowie den Rechtswidrigkeitszusammenhang voraus (VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038 mwN).

Eine die Haftung begründende Pflichtverletzung kann insbesondere darin bestehen, dass der Vertreter die fälligen Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, indem er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung Sorge trägt (VwGH 07.10.2015, Ra 2015/08/0040). In subjektiver Hinsicht reicht für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit aus (VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0070).

3.3. In prozessualer Hinsicht trifft nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat (VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0070). Der Vertreter haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne entsprechende Mitwirkung auch der durch sein schuldhaftes Verhalten uneinbringlich gewordene Anteil nicht festgestellt werden kann (VwGH 21.09.1999, 99/08/0065).

3.4. Der Beschwerdeführer wurde im gegenständlichen Fall seitens der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zweimal - nämlich mit ihm jeweils nachweislich zugestellten Noten vom 21.09.2016 und vom 04.01.2017 - nach ausführlicher Darlegung der gesetzlichen Bestimmungen und Übermittlung des bezughabenden Rückstandsausweises aufgefordert, zum Sachverhalt Stellung zu nehmen bzw. persönlich vorzusprechen. Zuletzt wurde dem Beschwerdeführer explizit aufgetragen, Unterlagen zur Prüfung der Gleichbehandlung vorzulegen und auf die erforderliche Qualität der Unterlagen hingewiesen ("Aus den Unterlagen muss insbesondere hervorgehen, bei welchen Gläubigern offene Verbindlichkeiten jeweils bei Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge (§ 58 Abs. 1 ASVG) bestanden haben, welche Zahlungen auf diese wann und in welcher Höhe im haftungsrelevanten Zeitraum geleistet wurden. Dabei sind auch jene Gläubiger zu berücksichtigen, die zu 100 % oder im Wege der Zug-um-Zug-Leistungen befriedigt wurden.").

Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach. In der Beschwerde wird lediglich sinngemäß darauf hingewiesen, dass die Zahlungsunfähigkeit der XXXXinfolge nicht vorhersehbarer Zahlungsschwierigkeiten des einzigen Auftraggebers entstanden sei, sodass den Beschwerdeführer keinerlei Verschulden an der Zahlungsunfähigkeit der XXXXtreffe.

Dieses Vorbringen mag zutreffen, es erweist sich jedoch im gegebenen Kontext als nicht relevant. Haftungsbegründend ist die Ungleichbehandlung der Gläubiger zu Lasten der Sozialversicherung sowie die im gegenständlichen Verfahren ausweislich der zitierten Rechtsprechung bestehende Mitwirkungspflicht, zumindest konkrete sachbezogene Behauptungen aufzustellen. Die Frage, ob den Beschwerdeführer ein Verschulden an der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft trifft, ist nicht Gegenstand des Verfahrens, sondern geht es vielmehr darum, ob ihn ein Verschulden an der nicht ordnungsgemäßen (rechtzeitigen) Beitragsentrichtung vor Insolvenzeröffnung trifft. Es ist somit nicht die Schuldlosigkeit des Vertreters an den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft relevant, sondern die Gleichbehandlung der Sozialversicherungsbeiträge mit den anderen Verbindlichkeiten in Bezug auf ihre Bezahlung (vgl. Derntl in Sonntag [Hrsg.], ASVG9 § 67 Rz 80c).

Da der Beschwerdeführer somit - trotz entsprechender Aufforderung - keinerlei Beweismittel betreffend Gläubigergleichbehandlung in Vorlage brachte und auch keine konkreten sachbezogenen Behauptungen aufgestellt hat, haftet er wie im bekämpften Bescheid zutreffend ausgesprochen für die von der Haftung betroffenen Beitragsschuldigkeiten zur Gänze. Dass die Haftung auch Beitragsrückstände umfasst, die im Monat vor der Bestellung zum Geschäftsführer fällig geworden sind, ist nicht rechtswidrig. Auch ein Vertreter, der dies erst zu einem Zeitpunkt wird, zu dem bereits Beitragsschulden bestehen, die ohne seine Mitwirkung zustande gekommen sind, hat sich ab dem Eintritt seiner Verantwortlichkeit um die Berichtigung dieser Beitragsschulden aus den vorhandenen Mitteln bzw. um die Gleichbehandlung dieser Verbindlichkeiten mit anderen Schulden entsprechend zu kümmern, widrigenfalls er auch für diese Verbindlichkeiten haftet (Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 67 ASVG Rz 125).

3.5. Der Beschwerde kommt aufgrund der vorstehenden Erwägungen keine Berechtigung zu, sodass diese gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 67 Abs. 10 ASVG als unbegründet abzuweisen ist.

3.6. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12). Der festgestellte Sachverhalt ist im Beschwerdeverfahren unstrittig und ergibt sich eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens, sodass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten ist. Strittig sind lediglich Rechtsfragen, weshalb von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen und vorstehend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Haftung des Vertreters gemäß § 67 Abs. 10 ASVG, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragsrückstand, Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung,
Nachweismangel, Pflichtverletzung, Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L521.2212809.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten