TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/2 W156 2184524-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.04.2019

Norm

ASVG §410
ASVG §44
ASVG §49
ASVG §58
BMSVG §6
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W156 2184524-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde der M XXXX GmbH, vertreten durch SWT-Union Wirtschaftstreuhand GmbH, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 08.01.2018, Zl XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Bei der M XXXX GmbH (in Folge als BF bezeichnet) wurde für den Zeitraum vom 01.012010 bis 31.12.2014 eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) durchgeführt.

2. Mit angefochtenen Bescheid wurde die BF als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG verpflichtet, für die in der Anlage namentlich genannten Dienstnehmer und Zeiträume Beiträge, Sonderbeiträge, Umlagen und Beiträge nach dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz für den Prüfzeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2014 in der Höhe von EUR 6.901,17 zu entrichten.

3. Mit Schreiben vom 18.01.2018 wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

4. Mit Schreiben vom 25.01.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und wurde das Verfahren mit 29.01.2018 der Gerichtsabteilung W156 zugewiesen.

5. Mit Schreiben vom 20.07.2018 wurde die belangte Behörde im Rahmen des Parteiengehörs aufgefordert, mitzuteilen, ob sich bei Berücksichtigung der von der BF anlässlich der Schlussbesprechung vorgelegten Daten und Unterlagen eine Änderung der Berechnung ergäben hätte.

6. Mit Schreiben vom 03.09.2018 wurde am 05.09.2018 von der belangten Behörde in Erledigung des Parteiengehörs mitgeteilt, dass die von der BF vorgelegten Daten bereits vor der Schlussbesprechung bekannt waren und sohin sich keine Änderung in der Berechnung ergäbe.

7. Mit Schreiben vom 19.02.2019 wurde das Ergebnis der BF zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

8. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Bei der BF wurde für den Zeitraum vom 01.012010 bis 31.12.2014 eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) durchgeführt.

Die belangte Behörde forderte die BF auf, für die Gassenumsätze bei der Berechnung des Bedienungsgeldes entsprechende Unterlagen in Form aller Kassenbelege im Prüfzeitraum 1/2010 bis 12/2014 bis zum 27.05.2016 vorzulegen und um gleichzeitige Übermittlung der csv-Datei.

Am 25.04.2016 fand eine Besprechung in der Kanzlei der Vertreterin der BF statt. Es wurden handschriftliche Auflistungen der Anzahl der eingekauften Verpackungen pro Jahr vorgelegt, anhand der eingekauften Stücke würden die verkauften Menüs geschätzt.

Die angeforderten monatlichen Umsatzlisten wurden nicht vorgelegt. Die Übergabe einer csv-Datei aus der Buchhaltung wurde verweigert.

Ein Nachweis, dass für die Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen kein Bedienungsgeld zu verrechnen ist, wurde nicht erbracht und wurde dies auch nicht behauptet.

Die GPLA wurde am 07.06.2016 abgeschossen. Es kam für 4 Dienstnehmer zu einer Nachverrechnung von Bedienungsgeld lt. Kollektivvertrag für die Jahre 2011 bis 2013.

Die handschriftlich erstellten Schätzungen der Umsätze für Gassenverkauf sowie "Gesamtabrechnungen Nordrandsiedlung" für die Jahre 2012 bis 2014 wurden nicht anerkannt, da die Beträge nicht mit den bereits aufliegenden Erlöskonten übereinstimmen. Es wurden keine Aufzeichnungen vorgelegt, aus denen eine Zuordnung des Umsatzes auf einen bestimmten Kellner ersichtlich ist. Das Bedienungsgeld wurde infolge anteilsmäßig auf die Servierkräfte aufgeteilt.

Im Zuge der Schlussbesprechung wurden von der BF auf einem USB-Stick drei Ordner für die Jahre 2012 bis 2014 als Nachweis für die monatlichen Umsätze des Gassenverkaufs, die in der Buchhaltung in den Erlösen Küchen enthalten sind, übergeben.

Da die angeforderten Kassenbelege wurden nicht vorgelegt. Die Nachverrechnung erfolgt anhand der der belangten Behörde vorliegenden Bilanzdaten.

2. Beweiswürdigung:

Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, den angefochtenen Bescheid, die Beschwerde und die Stellungnahme der belangten Behörde im Rahmen des Parteiengehörs.

Die BF bringt im Wesentlichen vor, dass die mit 07.06.2016 vorgelegten Unterlagen betreffend die monatlichen Umsätze bei der Berechnung des Bedienungsentgeltes nicht berücksichtig worden seien.

Diese Unterlagen wurden der belangten Behörde bereits am 23.05.2016 übermittelt, wobei für die Jahre 2010 und 2011 keine Nachweise der monatlichen Erlöse Küche Gassenverkauf vorgelegt wurde. Somit geht das obige Vorbringen des BF ins Leere und wurde den diesbezüglichen Erhebungen der belangten Behörde auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht entgegengetreten.

Dass für die Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen kein Bedienungsgeld zu verrechnen gewesen wäre, wurde von der BF weder vorgebracht noch ein diesbezüglicher Nachweis erbracht. Dies ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Zu den handschriftlichen Aufzeichnungen der BF ist anzumerken, dass für diese der Zeitpunkt der Erstellung nicht nachvollziehbar ist und lediglich eine Gegenüberstellung der jährlich eingekauften Gesamtmenge des Verpackungsmaterials zum durch die BF geschätzten jährlichen Gassenverkauf darstellt. Der tatsächliche monatliche Erlös konnte dadurch nicht nachgewiesen werden, noch wurde die Grundlage der Schätzung der BF angegeben. Inwieweit die handschriftliche Aufzeichnung auch mitgenommenen Speisen aus dem Verkauf im Restaurant enthalten, wurde nicht belegt. Kassenbelege oder Buchungen, die nachvollziehbar den Verkauf über die Gasse belegen würden, wurden nicht nachgereicht. Auch erfolgte keine substantiierte Äußerung gegen das Vorbringen der belangten Behörde anlässlich der Stellungnahme vom 03.09.2018.

Auch das Vorbringen der BF, dass der reine Lokalumsatz nicht gleich zu ersehen sei, da in der Buchhaltung die Umsätze für den sogenannten Gassenverkauf und die Lokalumsätze auf einem Erlöskonto gebucht worden seien, kann die handschriftliche Aufzeichnung als Nachweise der tatsächlichen Umsätze des Gassenverkaufes nicht stützen; im Gegenteil zeigt dieses Vorbringen doch auf, dass für den tatsächlichen Umsatz keinerlei Aufzeichnungen vorhanden sind.

Daher kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese im Ergebnis festgestellt, dass der von der BF eingebrachte Einkauf von Verpackungsmaterial nicht als Nachweis eines Gassenumsatzes dienen kann.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Materiellrechtliche Bestimmungen

Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG gilt als Grundlage für die Beitragsbemessung der im Beitragszeitraum gebührende Arbeitsverdienst, wobei als Arbeitsverdienst das Entgelt im Sinne des § 49 leg.cit. anzusehen ist.

Gemäß § 49 Abs. 1 und 2 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält; Sonderzahlungen sind Bezüge im vorstehenden Sinne, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie zum Beispiel ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld.

Gemäß § 58 Abs.2 und 4 ASVG schuldet der Dienstgeber die auf ihn und auf den Versicherten entfallenden Beiträge; er hat diese Beiträge auf seine Gefahr und Kosten an den zuständigen Träger der Krankenversicherung unaufgefordert einzuzahlen. Die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung über die Berechnung, Fälligkeit, Einzahlung, Eintreibung etc. der Pflichtbeiträge gelten nach § 5 Abs. 1 AMPFG für den Arbeitslosenversicherungsbeitrag bzw. für den Sonderbeitrag, nach § 19 Abs.4 bzw. § 61 Abs.4 des Arbeiterkammergesetzes 1992 (AKG) für die Arbeiterkammerumlage und nach S 5 Abs.3 des Wohnbauförderungsgesetzes für den Wohnbauförderungsbeitrag entsprechend.

Gemäß § 6 Abs. 1 des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigen Vorsorgegesetz (BMSVG) hat der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ab dem Beginn des Arbeitsverhältnisses einen laufenden Beitrag in Höhe von 1 ,53 VH des monatlichen Entgelts sowie allfälliger Sonderzahlungen an den für den Arbeitnehmer zuständigen Träger der Krankenversicherung nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 bis 6 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 18911955, zur Weiterleitung an die MV-Kasse zu überweisen, sofern das Arbeitsverhältnis länger als einen Monat dauert. Der erste Monat ist jedenfalls beitragsfrei. Wird innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten ab dem Ende eines Arbeitsverhältnisses mit dem selben Arbeitgeber erneut ein Arbeitsverhältnis geschlossen, setzt die Beitragspflicht mit dem ersten Tag dieses Arbeitsverhältnisses ein.

Gemäß § 6 Abs. 2 BMSVG sind für die Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Beiträge und allfälliger Verzugszinsen die 59, 62, 64 und 410 ASVG anzuwenden. Weiters sind die 65 bis 69 ASVG anzuwenden. Abweichend von § 44 Abs. 2 ASVG bestimmt sich die Fälligkeit für Abfertigungsbeiträge aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen gemäß § 5 Abs. 2 ASVG nach § 58 Abs. 1 ASVG. Der zuständige Träger der Krankenversicherung hat die Einhaltung der Melde- und Beitragspflichten durch den Arbeitgeber im Zuge der Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a ASVG zu prüfen.

Gemäß § 6 Abs. 3 BMSVG sind, wenn nach einer Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a ASVG vom Arbeitgeber noch Beiträge zu leisten, sind diese Beiträge samt Verzugszinsen an die MV-Kasse weiterzuleiten, wobei § 63 ASVG mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass an Stelle der Wortfolge 'Träger der Unfall- und Pensionsversicherung" der Begriff "MV-Kasse" tritt.

Gemäß § 6 Abs. 5 BMSVG bestimmt sich nach § 49 ASVG unter Außerachtlassung der Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 ASVG und der Höchstbeitragsgrundlage nach § 108 Abs. 3 ASVG, welche Leistungen als Entgelt im Sinne der Abs. 1 bis 4 anzusehen sind.

Gemäß § 61 Abs. 1 Arbeiterkammergesetz (AKG) hebt jede Arbeiterkammer zur Bestreitung der Auslagen von den kammerzugehörigen Arbeitnehmern, die der Umlagepflicht unterliegen 17), eine Umlage ein. Die Höhe der Umlage wird für die einzelnen Arbeiterkammern von der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer beschlossen. Sie darf höchstens 0,5% der für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden allgemeinen Beitragsgrundlage betragen, dabei darf die Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 Abs. 1 lit. a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, in der jeweils geltenden Fassung, nicht überschritten werden. (S 61 Abs. 2 AKG) Die Arbeitgeber haben für die bei ihnen beschäftigten umlagepflichtigen kammerzugehörigen

Arbeitnehmer, für die sie gemäß § 58 Abs. 2 ASVG den Beitrag des Versicherten zur gesetzlichen Krankenversicherung schulden, die Arbeiterkammerumlage bei jeder Lohn- oder Gehaltszahlung vom Lohn oder Gehalt einzubehalten. (§ 61 Abs. 3 AKG) Die mit der Durchführung der gesetzliChen Krankenversicherung befassten Sozialversicherungsträger haben im übertragenen Wirkungsbereich die Arbeiterkammerumlage für die bei ihnen versicherten Arbeitnehmer von den Arbeitgebern (Abs. 3) oder - wenn der Arbeitnehmer selbst zur Abfuhr des Versichertenbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtet ist - vom Arbeitnehmer einzuheben und bis zum 20. des auf die Einzahlung folgenden Kalendermonats an die zuständige Arbeiterkammer abzuführen. Sie unterliegen insoweit den Weisungen des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Im Übrigen gelten für die Leistung, Erbringung und Rückzahlung der Umlage sowie hinsichtlich der Verzugszinsen die Bestimmungen über die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung 58 bis 62, 64, 65 bis 69 Abs. 1 ASVG). Die Entscheidung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gemäß S 1 1 gilt als Entscheidung im Sinne des § 69 Abs. 1 ASVG. 61 Abs. 4 AKG)

Gemäß § 1 Abs. 1 lit.a Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVG) sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert), soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind.

§ 2 Abs. 1 des Arbeitsmarktpolitik - Finanzierungsgesetz (AMPFG) bestimmt, dass zur Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik des Bundes ein Arbeitslosenversicherungsbeitrag von allen Personen, die der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AVG) oder der Arbeitslosenversicherung gemäß § 3 AVG unterliegen, und den Dienstgebern pflichtversicherter Personen eingehoben wird. Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag beträgt 6 VH der Beitragsgrundlage. Die Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte entspricht der nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, geltenden allgemeinen Beitragsgrundlage bis zur Höhe der gemäß § 45 ASVG festgelegten Höchstbeitragsgrundlage. Beitragsgrundlage für gemäß § 3 Abs. 1 AVG versicherte Personen ist nach Wahl der versicherten Person ein Viertel, die Hälfte oder drei Viertel der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 48 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. Nr. 56011978. Liegt für gemäß § 3 Abs. 8 AVG versicherte Personen kein Entgelt im Sinne des § 49 ASVG vor, so ist der dreifache Betrag des jeweils gemäß § 44 Abs. 6 lit. c ASVG geltenden Betrages als täglicher Arbeitsverdienst anzunehmen. Von Sonderzahlungen (§ 49 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) sind Sonderbeiträge im Ausmaß von 6 v. H. der Sonderzahlungen zu entrichten. Hierbei sind die in einem Kalenderjahr fällig werdenden Sonderzahlungen bis zu dem in § 54 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Betrag der Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung zu berücksichtigen. (§ 2 Abs. 2 AMPFG) Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag (Sonderbeitrag) ist vom Versicherten und vom Dienstgeber, soweit in den Abs. 4 bis 6 nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen zu tragen. § 53 Abs. 1 ASVG bleibt hierdurch unberührt; § 53 Abs. 4 ASVG gilt sinngemäß. 2 Abs. 3 AMPFG).

Gemäß § 5 Abs. 1 Arbeitsmarktpolitik - Finanzierungsgesetz (AMPFG) sind die Beiträge gemäß § 2 durch die zuständigen Sozialversicherungsträger einzuheben, soweit es sich um Beiträge pflichtversicherter Personen handelt, gemeinsam mit dem Beitrag zur Krankenversicherung. Für die Beiträge pflichtversicherter Personen und gemäß § 3 Abs. 8 AVG versicherter Personen gelten die vom jeweils zuständigen Sozialversicherungsträger anzuwendenden krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften über die Berechnung, Fälligkeit, Einzahlung, Eintreibung, Beitragszuschläge, Sicherung, Verjährung und Rückforderung der Pflichtbeiträge mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Beiträge zur Krankenversicherung die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung treten, soweit sich aus bundesgesetzlichen Vorschriften nicht Abweichendes ergibt.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 4 Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (ESG) werden die Ausgaben des Insolvenz-Entgelt-Fonds von einem vom Arbeitgeber zu tragenden Zuschlag zu dem vom Dienstgeber zu leistenden Anteil des Arbeitslosenversicherungsbeitrages gemäß § 2 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes (AMPFG), BGBl. Nr. 315/1994, bestritten.

Lohnordnung (Kollektivvertrag Gastgewerbe)

a. Die von den vertragsabschließenden Parteien jeweils vereinbarten Lohnabkommen bilden einen Bestandteil dieses Kollektivvertrages. Änderungen des jeweils gültigen Lohnabkommens können jederzeit vereinbart werden, ohne dass dadurch die Gültigkeit dieses Kollektivvertrages berührt wird.

b. Die Garantielöhne (samt einer allfälligen Erhöhung gemäß lit h) werden durch Berechnung eines Prozentanteils, bezogen auf den Konsum der Gäste, aufgebracht. Zum Konsum zählen nicht: die Umsatzsteuer, Verkauf im Lokal ohne Bedienung, AKM-Gebühren, Eintrittspreise, Entgelte für Mieten von Kegelbahnen, Garagenplätzen, Tennis-, Golf- und Minigolfplätzen u.ä., Kur- und Ortstaxen, Durchlaufposten (z.B. Telefon-, Wäsche- und Kleiderreinigung, Kurmittel u.ä.), Portierauslagen (z.B. Theater-, Fahr- und Flugkarten). Ob ein gemeinsames Umsatzprozentkonto geführt wird oder ob für einzelne Betriebsabteilungen getrennte Umsatzprozentkonten geführt werden, ist innerbetrieblich mit dem Betriebsrat zu regeln. Die Aufteilung der Umsatzprozente kann erfolgen:

1. über ein gemeinsames Umsatzprozentkonto (Tronc),

2. über getrennte Umsatzprozentkonten für einzelne Betriebsabteilungen (Abteilungstronc),

3. nach dem Reviersystem

c. Allfällige Fehlbeträge auf den Garantielohn sind vom Arbeitgeber zu ergänzen. Überschüsse verbleiben den Garantielöhnern. Sie sind nach dem Verhältnis der Garantielöhne aufzuteilen, soweit in der zuständigen Lohnordnung nicht etwa ein Punktesystem festgelegt wird. Garantielöhnern ist auf Verlangen die Richtigkeit der Abrechnung und Aufteilung der Umsatzprozente (Bedienungszuschläge) nachzuweisen. Umsatzprozente bilden eine Betriebseinnahme, ihre Abfuhr ist innerbetrieblich zu regeln.

d. Die Höhe des Prozentanteils wird nach der in der Gastgewerbeberechtigung bezeichneten Betriebsart wie folgt festgelegt:

1. Für die Betriebsart Kaffeehaus 15 Prozent.

2. Für die Betriebsarten des Beherbergungsgewerbes 10,5 bis 15 Prozent. Die Berechnung von 15 Prozent wird empfohlen.

3. Für alle übrigen Betriebsarten des Gast- und Schankgewerbes mindestens 10,5 Prozent.

e. Für einzelne Bundesländer können mit Landeskollektivvertrag vom Garantielohn abweichende Entlohnungssysteme vereinbart werden.

f. Schülerinnen und Schüler von jenen mittleren und höheren Schulen, die auf Grund schulrechtlicher Vorschriften ein Betriebspraktikum ableisten müssen, gelten als Ferialpraktikanten. Diese haben Anspruch auf ein Entgelt in der Höhe der jeweils geltenden Lehrlingsentschädigung für das mit dem Schuljahr korrespondierenden Lehrjahr. Praktika, die zwischen zwei Schuljahren geleistet werden, sind jeweils dem vorangegangenen Schuljahr zuzurechnen.

g. Der Mindestlohn für fallweise Beschäftigte im Sinne des § 471 b ASVG beträgt 120 Prozent des kollektivvertraglichen Mindestlohnes für die der Tätigkeit entsprechende Beschäftigungsgruppe.

h. Die Überstundenarbeit wird mit dem Normalstundenlohn und einem Überstundenzuschlag entlohnt. Der Normalstundenlohn beträgt 1/173 des Bruttonormalmonatslohnes. Der Überstundenzuschlag beträgt 50 Prozent des Normalstundenlohnes. Bei Überstundenarbeit der Garantielöhner tritt eine Erhöhung des Garantielohnes um den Überstundenlohn ein, wobei diese Erhöhung den Umsatzprozenten zu entnehmen ist.

i. Garantielöhner, die eine oder mehrere Fremdsprachen derart beherrschen, dass sie den betrieblichen Notwendigkeiten entsprechen, erhalten für jede verlangte Fremdsprache einen Zuschlag sofern die Anwendung der Fremdsprache(n) vom Arbeitgeber im Betrieb ausdrücklich verlangt wird. Die Höhe dieses Zuschlages wird in den Lohnabkommen festgelegt. Diese Leistungszulage darf nicht der Prozentkasse (Tronc) entnommen werden.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde

Die gegenständliche Beitragsprüfung ergab, dass das Bedienungsgeld nicht der Beitragspflicht unterworfen wurde.

Da im Sozialversicherungsrecht das Anspruchslohnprinzip gilt, ist die Bemessungsgrundlage für die Krankenkasse, der Lohn, der nach dem Kollektivvertrag auszubezahlen wäre (Garantielohn). Beim diesem Garantielohn ist der Arbeitnehmer an den sogenannten "Umsatzprozenten" beteiligt.

Die gegenständlich anzuwendende Lohnordung des Kollektivvertrages Gastronomie legt dar, dass für Mitarbeiter, die unmittelbar Kontakt zu den Gästen haben, eine Beteiligung am Nettoumsatz (Bedienungsgeld oder Tronc) vorgesehen ist.

Die Beteiligung am Tronc erfolgt in Form eines gewissen Prozentsatzes des Nettoumsatzes. Aufgeteilt wird dieser Umsatz entsprechend der im Monat geleisteten Arbeitszeit und im Verhältnis des garantierten Mindestlohnes. Sollten die Umsatzprozente niedriger sein, gilt der im Kollektivvertrag angegebene Mindestlohn. Aufgeteilt können die Umsatzprotzente entweder über ein gemeinsames Umsatzprozentkonto, also für das gesamte Serviceteam, über getrennte Umsatzprozentkonten für die einzelnen Betriebsabteilungen (=Abteilungstronc) oder nach dem Reviersystem. In der Regel je nach Betriebsart, liegt die Höhe der Umsatzprozente zwischen mindestens 10,5% und maximal 15%.

Unabhängig von der Höhe der ermittelten Umsatzprozente hat der Garantielöhner jedenfalls Anspruch auf den in der Lohnordnung garantierten Mindestbruttolohn. Dieser ergibt sich aus der Einstufung in die jeweilige Lohnkategorie. Erhält der Garantielöhner aus den Umsatzprozenten mehr als den in der Lohnordnung garantierten Mindestbruttolohn, erhält er den höheren Lohnanspruch.

Die Garantielöhne werden durch Berechnung eines Prozentanteiles, bezogen auf den Konsum der Gäste, aufgebracht. Der Kollektivvertrag zählt taxativ Umsatzanteile auf, die nicht zum Konsum des Gastes zählen und damit nicht in die Bemessungsgrundlage des Bedienungsgeldes fallen (wie z.B. die Umsatzsteuer).

Verfahrensgegenständlich hat die BF nicht nachgewiesen, dass für die Dienstnehmer und kein Bedienungsgeld zu verrechnen ist.

Wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, konnten die vorgelegten Unterlagen nicht zum Nachweis des Gassenverkaufs als zweckdienlich erachtet werden und damit nicht zur Herausrechnung von Umsatzerlösen bei der Berechnung des Bedienungsgeldes führen.

Da keine Aufzeichnungen vorgelegt wurden, die eine Zuordnung des Umsatzes auf einen bestimmten Kellner möglich machen, wurde das Bedienungsgeld aliquot auf die gegenständlichen vier Servierkräfte aufgeteilt.

Für den Prüfzeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2014 wurde ein Beitragsnachtrag in der Höhe von EUR 6.901,17 vorgeschrieben.

Dieser berechnet sich wie folgt:

Nach Berechnung des laut Kollektivvertrag Gastgewerbe Arbeiter zustehende Bedienungsgeld für entsprechenden Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen und Ermittlung der anteiligen Sonderzahlungen aus den Differenzbeträgen sowie die Beitragsgrundlagen zur Betrieblichen Mitarbeitervorsorge anhand der vorliegenden Bilanzdaten wurden die erhöhten Beitragsgrundlagen in der Beitragsgruppe Al mit einem Beitragssatz von 39,90% nachverrechnet. Darin waren 6% Arbeitslosenversicherungsbeitrag, 7,65% Krankenversicherungsbeitrag, 22,80 Pensionsversicherungsbeitrag, 1,4% Unfallversicherungsbeitrag, 0,50% Arbeiterkammerumlage, 0,55% Beitrag zum Insolvenzentgeldfonds, sowie 1% Wohnbauförderungsbeitrag enthalten.

Für die anteiligen Sonderzahlungen wurde ein Beitragssatz von 38,40% nachverrechnet, in denen die Beitragssätze wie für die allgemeine Beitragsgrundlage ohne 1% Wohnbauförderungsbeitrag und 0,50% Kammerumlage enthalten sind.

Für die Nachverrechnung der Beiträge zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge wurde ein Beitragssatz von EUR 1,53% herangezogen.

Auf die dem Dienstgeber vorgeschriebenen Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen und Beiträge nach dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz in Gesamthöhe von EUR 6.901,17 entfallen gemäß § 5 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Einhebung eines Wohnbauförderungsbetrages auf die Wohnbauförderungsbeiträge EUR 143,54 und auf die Beiträge zur Betrieblichen Mitarbeitervorsorge EUR 256,67.

Zum Vorbringen der BF betreffend Verletzung des rechtlichen Gehörs, darf auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden, wonach eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs jedenfalls dadurch saniert wird, dass die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung - hier - Beschwerde - und sodann im Zuge des Beschwerdeverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und sohin an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (vgl. VwGH vom 03.07.1985, Zl. 83/11/0139, vom 20.11.1967, Zl. 0907/67, vom 22.12.1987, Zl. 87/05/0174, vom 18.10.1989, Zl. 88/03/0151, vom 30.01.1991, Zl. 90/01/0225).

3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.

In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).

Die BF hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG jedoch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).

Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung, Bemessungsgrundlage, Berechnung,
Kollektivvertrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W156.2184524.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten