TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/11 VGW-123/077/3780/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.04.2019

Index

97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

BVergG 2018 §249 Abs2 Z9
BVergG 2018 §251 Abs6
BVergG 2018 §254 Abs5 Z2
BVergG 2018 §302 Abs1 Z2
BVergG 2018 §302 Abs1 Z5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Oppel über den Antrag der A. GesmbH, vertreten durch Rechtsanwälte, vom 13.3.2019 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 4.3.2019 betreffend das Vergabeverfahren "Erneuerung von … Fahrtreppen in der U-Bahn Station B. inkl. 25 Jahre Vollwartung", der Wiener Linien GmbH & Co KG, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, durch mündliche Verkündung

zu Recht e r k a n n t :

I. Der Antrag der A. GmbH auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 4.3.2019 wird abgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die von ihr entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen.

III. Die ordentliche Revision ist unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Antragsgegnerin ist Sektorenauftraggeberin und führt ein offenes Verfahren nach den Bestimmungen des 3. Teils des BVergG 2018 zur Vergabe eines Bauauftrages im Oberschwellenbereich.

Die EU-weite Bekanntmachung der gegenständlichen Ausschreibung erfolgte am 4.12.2018. Die Antragstellerin hat ein Angebot abgegeben. Die Angebotsöffnung erfolgte am 29.1.2019.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin mit Schreiben vom 4.3.2019 mitgeteilt, dass für die Durchführung der ausgeschriebenen Leistung die C. GmbH (im Folgenden: präsumtive Zuschlagsempfängerin) vorgesehen ist.

Die Antragstellerin hat ihren mit 13.3.2019 datierten Nachprüfungsantrag am 13.3.2019 zur Post gegeben. Darüber hinaus hat die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag am 13.3.2019 nach Ende der Amtsstunden auch mittels E-Mail übermittelt. Der Antrag ist somit rechtzeitig.

In ihrem Nachprüfungsantrag bringt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei auszuscheiden und für den Zuschlag sei richtigerweise das Angebot der Antragstellerin vorzusehen.

Gemäß Pkt. VIII WSTW … Teil 2 e-Angebote (Ausgabe 12.9.2018) sei eine Erklärung der Bieter verlangt worden, dass gegen sie kein rechtskräftiges Urteil bzw. keine behördliche Entscheidung ergangen sei, welches bzw. welche ihre berufliche Zuverlässigkeit infrage stelle. Solche behördlichen Entscheidungen, die zum Ausschluss führen könnten, seien ein (nicht rechtskräftiges) Strafurteil und/oder sonstiges Urteil/Bußgelderkenntnis des Kartellgerichts oder der Europäischen Kommission. Im Fall eines solchen Urteils bzw. einer solchen behördlichen Entscheidung sei dieses bzw. diese in einer gesonderten Beilage offenzulegen und die konkreten Maßnahmen technischer, organisatorischer oder personeller Art in einer Form darzustellen, die eine Beurteilung ermöglicht, ob diese Maßnahmen ausreichend sind. Diese Beilage sei gemeinsam mit dem Angebot abzugeben.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei rechtskräftig mit Bußgelderkenntnis des Kartellgerichts verurteilt worden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe entgegen den oben angeführten Festlegungen mit ihrem Angebot diese Verurteilung nicht offengelegt. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe durch die Nichtvorlage einer Erklärung wie in der Ausschreibung gefordert eine falsche Erklärung abgeben - nämlich, dass gegen sie kein einschlägiges rechtskräftiges Urteil bzw. keine entsprechende behördliche Entscheidung vorliege. Dies obwohl eine solche Verurteilung nachweislich vorliege.

Diese falsche Erklärung stelle unzweifelhaft einen Ausschlussgrund gemäß § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 dar.

Selbst wenn die Nichtvorlage des relevanten Beschlusses bzw. der geforderten Beilage nicht vorsätzlich erfolgt sein sollte, sei auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-387/14 „Esaprojekt“ zu verweisen, wonach es für den Ausschlussgrund gemäß § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 ausreichend sei, wenn dem Unternehmer „eine Fahrlässigkeit einer gewissen Schwere vorgeworfen werden kann, d. h. eine Fahrlässigkeit, die geeignet ist, einen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidungen über einen Ausschluss, die Auswahl oder die Vergabe eines öffentlichen Auftrags zu haben“. Das Verhalten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei jedenfalls geeignet, einen bestimmenden Einfluss auf die Antragsgegnerin zu haben und sei demnach als Ausschlussgrund im Sinne des § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 anzusehen.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin wäre somit gemäß § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 in Verbindung mit den Festlegungen in den Ausscheidensunterlagen zwingend vom gegenständlichen Vergabeverfahren auszuschließen.

Der Angebotsmangel der fehlenden Offenlegung der kartellgerichtlichen Verurteilung sei unbehebbar. Dem objektiven Erklärungswert der Ausschreibungsunterlagen zufolge habe die Offenlegung mittels gesonderter Beilage mit dem Angebot zu erfolgen. Die Festlegung in den Ausschreibungsunterlagen könne nur so verstanden werden, dass diese Beilage gemeinsam mit dem Angebot vorzulegen sei. Dies werde auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass genaue Anweisungen erteilt würden, welchen Inhalt die gesonderte Beilage haben müsse. Aus § 301 Abs. 1 BVergG 2018 folge, dass ein Mangel nur dann als behebbar angesehen werden dürfe, wenn die Grundsätze der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter sowie insbesondere des freien und lauteren Wettbewerbs nicht verletzt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien jedenfalls solche Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, deren Behebung nach der Angebotsöffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen könne, sohin durch die Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbewerbern materiell verbessert würde.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hätte gegebenenfalls Unterlagen nachgereicht, die im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht vorgelegen sind. Selbst wenn das Nachreichen der Unterlagen den Wert der angebotenen Leistung nicht beeinflusse, liege im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter und des freien und lauteren Wettbewerbs ein unbehebbarer Mangel vor, da die präsumtive Zuschlagsempfängerin trotz des ausdrücklichen Hinweises, dass diese Beilage mit dem Angebot vorzulegen ist, diese nicht bis zur Angebotsöffnung erstellt habe, sondern offensichtlich diesen Aufwand - und zugleich auch das Risiko, eben einen Kartellverstoß zugestehen zu müssen, was freilich die Wettbewerbsstellung nicht verbessere - erst tätigen hätte wollen, wenn sie dazu von der Antragsgegnerin aufgefordert würde, weil sie für die Zuschlagserteilung in Betracht komme. Die Nichtvorlage der entsprechenden Beilage stelle sohin einen unbehebbaren Mangel dar.

Darüber hinaus bezweifle die Antragstellerin die Eignung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung. Es werde insbesondere bezweifelt, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung konkrete und ausreichende Maßnahmen getroffen habe, die geeignet sind, das nochmalige Begehen der betreffenden strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu verhindern. Andernfalls hätte sie ohne weiteres die geforderte Beilage mit dem Angebot abgeben können.

Die Antragstellerin beantragte weiters die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Diese wurde mit Beschluss vom 18.3.2019, …, erlassen.

Die Antragsgegnerin hielt dem Nachprüfungsantrag mit Stellungnahme vom 25.3.2019 im Wesentlichen Folgendes entgegen:

Zunächst sei festzuhalten, dass nicht jede Verurteilung einen Ausschlussgrund bewirke. Relevant seien nur solche Verurteilungen, die die berufliche Zuverlässigkeit infrage stellen würden. Gemäß § 254 Abs. 5 Z 1 BVergG 2018 könne der Ausschlussgrund gemäß § 249 Abs. 1 BVergG 2018 höchstens für den Zeitraum von 5 Jahren ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung und gemäß § 254 Abs. 5 Z 2 BVergG 2018 ein sonstiger Ausschlussgrund höchstens für den Zeitraum von 3 Jahren ab dem betreffenden Ereignis zu einem Ausschluss führen.

Die von der Antragstellerin ins Treffen geführte Verurteilung des Kartellgerichts falle nicht unter § 249 Abs. 1 BVergG 2018, weil § 249 Abs. 1 BVergG 2018 lediglich strafrechtliche Verurteilungen nach taxativ aufgezählten Straftatbeständen umfasse, nicht jedoch eine Verurteilung nach kartellrechtlichen Vorschriften. Demnach sei die Verurteilung durch das Kartellgericht unter die sonstigen vom Sektorenauftraggeber vorgesehen Ausschlussgründe zu subsumieren.

Das von der Antragstellerin ins Treffen geführte Urteil des Kartellgerichts stamme aus dem Jahr 2007 (rechtskräftig 2008). Dieses vor mehr als 10 Jahren ergangene Urteil bzw. das damit verurteilte rechtswidrige Verhalten würde - unabhängig davon, ob man das Urteil oder das damit beurteilte rechtswidrige Verhalten als Ereignis ansehe - die berufliche Zuverlässigkeit nicht infrage stellen. Da kein die berufliche Zuverlässigkeit infrage stellendes Urteil vorliege, gebe es auch keine Verpflichtung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, ein solches Urteil mit ihrem Angebot vorzulegen oder irgendwelche vertrauensbildende Maßnahmen darzulegen. Damit gingen sämtliche von der Antragstellerin ins Treffen geführten Ausschlussgründe ins Leere.

Selbst wenn man entgegen der eindeutigen Rechtslage davon ausgehen wolle, dass ein vor mehr als 10 Jahren ergangenes Urteil irgendeine Bedeutung für das nun im Jahr 2019 durchgeführte Vergabeverfahren haben sollte, sei der Nachprüfungsantrag unbegründet.

Die im Pkt. VIII WSTW … Teil 2 e-Angebote vorformulierte Erklärung habe nicht den Inhalt, dass kein rechtskräftiges Urteil ergangen sei. Vielmehr umfasse diese vorformulierte Erklärung, dass entweder kein „die Zuverlässigkeit infrage stellendes Urteil“ ergangen sei oder - sofern doch ein Urteil ergangen sei - entsprechende Maßnahmen getroffen worden seien. Eine falsche Erklärung könne bestenfalls dann vorliegen, wenn ein „die berufliche Zuverlässigkeit infrage stellendes Urteil“ vorliege und die präsumtive Zuschlagsempfängerin keinerlei Maßnahmen getroffen hätte. Abgesehen davon, dass das von der Antragstellerin ins Treffen geführte Urteil die berufliche Zuverlässigkeit nicht infrage stelle, habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin sehr wohl geeignete Maßnahmen getroffen. Es könne schon allein aus diesem Grund keine Rede davon sein, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin eine falsche Erklärung abgegeben habe.

Schließlich übersehe die Antragstellerin auch, dass falsche Erklärungen - selbst wenn eine solche abgegeben worden wäre - per se keinen Ausschlussgrund bewirken würden. Der einzige in diese Richtung gehende Ausschlussgrund sei in § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 geregelt. Demnach liege ein Ausschussgrund nicht bei jeder falschen Erklärung vor, sondern nur dann, wenn sich der Unternehmer einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht habe. Dazu sei bereits zur früheren Rechtslage durch den EuGH klargestellt worden, dass die falsche Erklärung „tatsächlich einen Einfluss auf das Ergebnis des (…) Vergabeverfahrens“ gehabt haben müsse (EuGH 4.5.2017, C-387/14). Eine derart schwerwiegende Täuschung sei im vorliegenden Fall schon allein deshalb ausgeschlossen, weil die von der Antragstellerin ins Treffen geführte Verurteilung gemäß § 254 Abs. 5 BVergG 2018 gar keine Relevanz für die berufliche Zuverlässigkeit habe.

Dazu komme, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin in der Vergangenheit bei mehreren Ausschreibungen die hinsichtlich der erfolgten Verurteilung getroffenen Maßnahmen dargelegt habe. Der Auftraggeberin seien die Verurteilung und auch die diesbezüglich getroffenen Maßnahmen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin also seit mehr als 10 Jahren bestens bekannt, zumal sich die Auftraggeberin aus verschiedenen Gründen in besonderem Maße mit dem Aufzugskartell befassen habe müssen (eigene Schadensersatzansprüche, Mehrzahl von Vergabeverfahren mit Beteiligung der Kartellanten).

Soweit die Antragstellerin ausführe, dass die Nichtvorlage des Urteils des Kartellgerichts und die Nichtvorlage einer Darlegung der hierzu getroffenen Maßnahmen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin einen unbehebbaren Mangel darstellen würden, sei neuerlich festzuhalten, dass die gegenständliche Verurteilung die berufliche Zuverlässigkeit nicht infrage stelle, sodass schon aus diesem Grund keine Verpflichtung bestanden habe, dieses Urteil bzw. eine Darlegung der diesbezüglich getroffenen Maßnahmen mit dem Angebot vorzulegen. Demnach bestehe gar kein Mangel.

Selbst wenn man davon ausgehen wolle, dass das von der Antragstellerin ins Treffen geführte Urteil und eine Darlegung der hierzu getroffenen Maßnahmen vorzulegen wäre, würde im gegenständlichen Fall kein Mangel vorliegen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe aufgrund des bekannten Urteils die von ihr hierzu getroffenen Maßnahmen längst vorgelegt, nämlich bereits vor Abgabe ihres Angebotes im Zuge mehrerer anderer von der Auftraggeberin durchgeführter Vergabeverfahren. Die dabei von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin dargelegten umfangreichen Maßnahmen seien jedenfalls im Sinne des § 254 Abs. 2 BVergG 2018 geeignet, das nochmalige Begehen der strafbaren Handlung bzw. Verfehlung zu verhindern. Gemäß § 251 Abs. 6 BVergG 2018 müsse der Bieter jene Nachweise nicht vorlegen, die dem Sektorenauftraggeber bereits in einem früheren Vergabeverfahren vorgelegt worden und geeignet seien, die Eignung nachzuweisen. Damit erübrige sich im vorliegenden Fall auch eine Nachforderung der ohnehin bereits der Auftraggeberin vorliegenden Unterlagen.

Um jede weitere Diskussion auszuschließen, habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin eine Darlegung der lange vor Ende der Angebotsfrist getroffenen Maßnahmen (gleichlautend mit dem bereits in früheren Vergabeverfahren vorgelegten Darlegungen) neuerlich vorgelegt, wodurch - selbst wenn man von einem Mangel ausginge - dieser jedenfalls behoben werde.

Betreffend vertrauensbildende Maßnahmen sei die Antragstellerin neuerlich auf die Vorschrift des § 254 Abs. 5 BVergG 2018 hinzuweisen. Demnach wäre die präsumtive Zuschlagsempfängerin selbst dann nicht auszuschließen, wenn sie gar keine vertrauensbildenden Maßnahmen getroffen hätte. Insoweit würde sich eigentlich eine Diskussion darüber übrigen, ob die präsumtive Zuschlagsempfängerin solche Maßnahmen getroffen habe. Im Übrigen habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin Maßnahmen nach § 254 Abs. 2 BVergG 2018 getroffen und diese auch im vorangegangenen Vergabeverfahren gegenüber der Auftraggeberin dargelegt.

Die Teilnahmeberechtigte hat mit Schriftsatz vom 22.3.2019 repliziert. In ihrem Schriftsatz verweist die Teilnahmeberechtigte zunächst darauf, dass sie nach dem Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 14.12.2007 entsprechende Compliancemaßnahmen getroffen und diese der Antragsgegnerin bereits in früheren Vergabeverfahren mehrfach zur Kenntnis gebracht habe. Die Behauptung der Antragstellerin, die Teilnahmeberechtigte habe eine unrichtige Erklärung abgegeben, sei tatsachenwidrig. Gemäß § 251 Abs. 6 BVergG 2018 bestünde keine Verpflichtung, die getroffenen Compliancemaßnahmen noch einmal nachzuweisen, da die entsprechenden Nachweise bereits in früheren Vergabeverfahren erfolgt und der Antragsgegnerin daher bekannt seien. Die reine Nichtvorlage der Compliancebestätigung als falsche Erklärung anzusehen, sei rechtlich völlig verfehlt; wenn überhaupt, könnte dies nur eine behebbare Mangelhaftigkeit des Angebotes zur Folge haben.

Davon abgesehen habe im gegenständlichen Vergabeverfahren bezüglich des Bußgeldbeschlusses des Oberlandesgerichts Wien vom 14.12.2007 und der daraufhin getroffenen Compliancemaßnahme aber ohnehin weder eine Offenlegungs- noch eine Nachweispflicht gemäß § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 in Verbindung mit den Festlegungen in den Punkten 1.2.4 (1) und (2) der Allgemeinen Eignungsanforderungen der Wiener Stadtwerke WSTW 9310 Teil 1 bestanden. Grund dafür sei, dass Unternehmer, die bei Vorliegen eines fakultativen Ausschlussgrundes keine oder unzureichende Compliancemaßnahmen ergreifen, gemäß § 254 Abs. 5 BVergG 2018 höchstens für den Zeitraum von 3 Jahren ab dem betreffenden Ereignis von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden dürfen. Beginn der Laufzeit dieses Zeitraumes sei hier der Zeitpunkt, in dem die relevante Entscheidung ergangen sei. Hieraus folge, dass man die Teilnahmeberechtigte aufgrund des Bußgeldbeschlusses des OLG Wien vom 14.12.2007 - selbst im Falle des Fehlens jeglicher Compliancemaßnahmen - maximal für die Dauer von 3 Jahren nach dem 8.10.2008, also bis längstens 8.10.2011, von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren wegen mangelnder Zuverlässigkeit hätte ausschließen können. Da eine 10 Jahre zurückliegende Entscheidung bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit sohin nicht mehr zu berücksichtigen sei, könne aber auch keine Pflicht bestehen, diese sowie allenfalls getroffene Compliancemaßnahmen offenzulegen bzw. nachzuweisen. Die Ausschreibungsunterlagen würden schlussendlich auch nicht die Vorlage jedweder Entscheidung verlangen, sondern lediglich jene, die die Zuverlässigkeit eines Bieters infrage stellen würden. Dies entspreche auch dem Gebot, Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonformen und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen (VwGH 2008/04/0087).

Weiters sei bei der Anwendung des § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 aber auch darauf zu achten, dass diese Bestimmung richtlinienkonform ausgelegt werde. Erwägungsgrund 101 zur Richtlinie 2014/24/EU halte fest, dass öffentliche Auftraggeber bei der Anwendung fakultativer Ausschlussgründe (§ 249 Abs. 2 BVergG 2018) insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen sollten. Kleinere Unregelmäßigkeiten könnten daher nur in Ausnahmefällen zum Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers führen. Sollte das Gericht wider Erwarten zu der Ansicht gelangen, dass eine Pflicht zum Nachweis der getroffenen Compliancemaßnahmen bestünde, wäre ein Ausschluss des Angebotes der Teilnahmeberechtigten wegen der zeitlich verzögerten Übermittlung der Compliancebestätigung, welche der Auftraggeberin ohnehin bekannt sei, völlig unverhältnismäßig, da es sich hierbei um einen behebbaren Mangel handeln würde. Die Auftraggeberin hätte in diesem Fall einen entsprechenden Verbesserungsauftrag zu erteilen. Faktisch hätte die Teilnahmeberechtigte diesen ohnehin bereits erfüllt.

Die Antragstellerin replizierte zu diesen Stellungnahmen mit Schriftsatz vom 3.4.2019. In ihrer Replik brachte die Antragstellerin insbesondere vor, die Ausführungen der Antragsgegnerin und der Teilnahmeberechtigten, wonach § 254 Abs. 5 Z 2 BVergG 2018 einschlägig sei, würden ins Leere gehen. In den Ausschreibungsunterlagen (Pkt. VIII WStW … Teil 2 e-Angebot) sei bestandsfest festgelegt worden, dass ein Bußgelderkenntnis des Kartellgerichts im vorliegenden Fall in einer gesonderten Beilage offenzulegen sei und die daraufhin konkret getroffenen Maßnahmen technischer, organisatorischer oder personeller Art darzustellen seien. Diese Beilage sei ausdrücklich gemeinsam mit dem Angebot abzugeben gewesen. Widrigenfalls, wenn doch eine Verurteilung vorliege, werde fälschlich erklärt, dass keine solche bestünde. Das stelle, wie im Nachprüfungsantrag ausgeführt worden sei, einen Ausschlussgrund im Sinne des § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 dar. Getäuscht werde im Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung. Die Bestimmung des § 254 Abs. 5 Z 2 BVergG 2018 sei nicht einschlägig.

Ausschreibungsbestimmungen seien nach dem objektiven Erklärungswert auszulegen, sohin allein danach, wie der Text der Ausschreibung unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv verstanden werden müsse (VwGH 22.11.2011, 2006/04/0024). Danach erscheine die Bestimmung als zwingende Anforderung für die Angebotserstellung („Muss-Kriterium“). Auch insofern sei § 254 Abs. 5 Z 2 BVergG 2018 im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Offenbar würden auch die Antragsgegnerin und die Teilnahmeberechtigte letztlich nicht daran glauben, dass 254 Abs. 5 Z 2 BVergG 2018 relevant sei. Andernfalls hätte es der Nacheichung der Compliancebestätigung nicht bedurft.

Die Antragsgegnerin und die Teilnahmeberechtigte würden in ihren Stellungnahmen schließlich ausführen, dass die Nichtvorlage einer gesonderten Beilage zum Bußgelderkenntnis und den getroffenen Maßnahmen höchstens einen behebbaren Mangel darstellen würde. Compliancemaßnahmen seien schon früher einmal mitgeteilt und eine Compliancebestätigung am 15.3.2019 der Antragsgegnerin nachträglich übermittelt worden.

Dem sei entgegenzuhalten, dass in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich und bestandsfest vorgesehen worden sei, dass eine Beilage mit dem Angebot abzugeben gewesen sei, wenn eine entsprechende Verurteilung vorliege. Das habe die Teilnahmeberechtigte nicht getan. Vielmehr habe sie den damit auch verbundenen Aufwand und die geforderte Offenlegung des Umstandes, kartellrechtlich verurteilt zu sein, erst nach Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung getätigt. Sie sei, wie schon im Nachprüfungsantrag ausgeführt worden sei, wegen der damit gegenständlich einhergehenden Falscherklärung auszuschließen und liege im Übrigen auch ein unbehebbarer Mangel vor, der zum Ausscheiden nach § 302 Abs. 1 Z 5 BVergG 2018 führen müsse.

Jedenfalls vermöge die nach Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung erfolgte Nachreichung gegenständlich nichts daran zu ändern, dass die Zuschlagsentscheidung wie beantragt aufzuheben sei. Offenkundig sei bis zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung eine Eignungsprüfung zumindest nicht vollständig durchgeführt worden (schon die falsche Erklärung hätte zum Ausscheiden führen müssen) bzw. sei darin jedenfalls ein Mangel im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gelegen (tatsächlich ein unbehebbarer Mangel).

Im Übrigen stelle die vorliegende Vorgehensweise auch ganz klar einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter und des freien und lauteren Wettbewerbs dar. So seien auf der einen Seite Bieter mit der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung über das finale Ergebnis der Angebotsprüfung informiert und zum anderen einem einzigen Bieter offenbar die Möglichkeit eingeräumt worden, sein Angebot - nach Verstreichen aller allfälligen Fristen zur Verbesserung/Aufklärung - zu verbessern. Auch aus diesem Grund sei die Zuschlagsentscheidung zwingend für nichtig zu erklären. Das Vorgehen der Antragsgegnerin stelle einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vergaberechts dar.

Soweit die Antragsgegnerin und die Teilnahmeberechtigte auf § 251 Abs. 6 BVergG 2018 verwiesen, sei zunächst wiederum festzuhalten, dass sie offenbar von der bestandsfesten Ausschreibung abgehen wollten. Mit der Nichtvorlage der geforderten Beilage zusammen mit dem Angebot gehe gegenständlich die falsche Erklärung einher, dass keine Verurteilung vorliege. Gegenständlich gehe es nicht um irgendeinen Eignungsnachweis, sondern um eine konkret definierte Anforderung an die mit dem Angebot abgegebene Erklärung. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe einen Ausschlussgrund nach § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 gesetzt bzw. entspreche ihr Angebot nicht den Ausschreibungsbedingungen und sei daher gemäß § 302 Abs. 1 Z 5 BVergG 2018 auszuscheiden. Wiederum würden die Antragsgegnerin und die Teilnahmeberechtigte selbst nicht daran zu glauben scheinen, dass § 251 Abs. 6 BVergG 2018 einschlägig sei, weil sich ansonsten ja die nachträgliche Vorlage der Compliancebestätigung, auf die die Antragsgegnerin und Teilnahmeberechtigte übereinstimmend verweisen würden, erübrigen würde.

Anzumerken sei schließlich, dass die bestandsfeste Ausschreibung selbst - und nicht etwa § 253 Abs. 6 BVergG 2018 - die unabänderliche Grundlage für die Angebotsprüfung und Angebotsbewertung darstelle (BVA 19.8.2013, N/0076-BVA/06/2013-47, BVA 15.7.2013, N/0061-BVA/09/2013-24).

Es wurde am 11.4.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. In dieser wurde von den Parteien ihr schriftliches Vorbringen jeweils aufrechterhalten und kein darüber hinausgehendes Vorbringen erstattet. Da die Entscheidung im Wesentlichen von der Beurteilung von Rechtsfragen abhing und die Parteien ihre Rechtsstandpunkte bereits ausführlich schriftlich dargelegt hatten, bestand kein mündlicher Erörterungsbedarf.

Folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde festgestellt:

Punkt VIII WSTW … Teil 2 e-Angebot in der der Ausschreibung zugrunde liegenden Fassung vom 12.9.2018 sieht - kurz zusammengefasst - die Erklärung des Bieters vor, dass gegen ihn - sowie gegen näher ausgeführte, ihm vergaberechtlich zuzurechnende Personen - kein rechtskräftiges Urteil bzw. keine behördliche Entscheidung ergangen ist, welches bzw. welche seine berufliche Zuverlässigkeit infrage stellen. Solche behördliche Entscheidungen, die zum Ausschluss führen können, sind unter anderem auch Bußgelderkenntnisse des Kartellgerichts. Andernfalls, sofern ein rechtskräftiges Urteil oder eine behördliche Entscheidung gemäß den obigen Ausführungen gegen den Bieter ergangen ist, wird erklärt, dass er konkrete und ausreichende Maßnahmen getroffen hat, die geeignet sind, das nochmalige Begehen der betreffenden strafbaren Handlung bzw. Verfehlung zu verhindern, sodass seine Zuverlässigkeit gegeben ist. In diesem Fall sind allfällige Urteile oder behördliche Entscheidungen gemäß den obigen Ausführungen in einer gesonderten Beilage offenzulegen und sind die konkret getroffenen Maßnahmen technischer, organisatorischer oder personeller Art in einer Form darzustellen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob diese Maßnahmen ausreichend sind. Diese Beilage ist gemeinsam mit dem Angebot abzugeben.

Gegen die Teilnahmeberechtigte wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 14.12.2007, …, eine Geldbuße nach dem KartellG verhängt. Der Oberste Gerichtshof hat als Kartellobergericht mit Beschluss vom 8.10.2008, …, sämtlichen gegen diesen Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien eingebrachten Rekursen keine Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin hat von diesen Beschlüssen bereits Jahre vor Einleitung des gegenständlichen Vergabeverfahrens Kenntnis gehabt. Die Teilnahmeberechtigte hat der Antragsgegnerin bereits Jahre vor Einleitung des gegenständlichen Vergabeverfahrens die von ihr getroffenen Compliancemaßnahmen offen gelegt, und zwar aus Anlass früherer Vergabeverfahren, an denen sich die Teilnahmeberechtigte als Bieterin beteiligt hat. Letzteres wurde von der Antragsgegnerin und von der Teilnahmeberechtigten in den Beilagen ihrer Schriftsätze im Nachprüfungsverfahren belegt.

Im gegenständlichen Vergabeverfahren wurden der obgenannte Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien und die von der Teilnahmeberechtigten in Folge der Bußgeldverhängung von ihr getroffenen Compliancemaßnahmen weder neuerlich bekannt gegeben, noch von der Antragsgegnerin neuerlich geprüft.

Nach Zuschlagsentscheidung wurde diese Bekanntgabe von der Teilnahmeberechtigten aus Anlass des von der Antragstellerin eingebrachten Nachprüfungsantrages nachgeholt.

Bei der Beweiswürdigung wurde erwogen:

Die obigen Tatsachenfeststellungen beruhen auf der Dokumentation im Vergabeakt sowie auf dem Vorbringen der Parteien im Nachprüfungsverfahren und der zum Tatsachennachweis ihres Vorbringens übermittelten Urkunden.

Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 kann der Sektorenauftraggeber - unbeschadet der Abs. 4 bis 6 - einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen, wenn der Unternehmer sich bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Eignung einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht hat, diese Auskünfte nicht erteilt hat oder die vom Sektorenauftraggeber zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorgelegt, vervollständigt oder erläutert hat.

Gemäß § 251 Abs. 6 BVergG 2018 muss ein Unternehmer im Oberschwellenbereich jene Nachweise nicht vorlegen, die dem Sektorenauftraggeber bereits in einem früheren Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorgelegt wurden und geeignet sind, die Eignung nachzuweisen. Der Sektorenauftraggeber kann zum Zweck der Verwaltung und Wiederverwendung der solcherart vorgelegten Nachweise eine Datenbank einrichten.

Gemäß § 254 Abs. 5 Z 2 BVergG 2018 darf ein öffentlicher Auftraggeber - unbeschadet des Abs. 4 - einen Unternehmer, bei dem ein Ausschlussgrund gemäß den §§ 248 oder 249 vorliegt und der keine oder nur unzureichende Maßnahmen gemäß Abs. 2 und Abs. 3 ergriffen hat, bei Vorliegen eines sonstigen vom Sektorenauftraggeber vorgesehen Ausschlussgrundes höchstens für den Zeitraum von 3 Jahren ab dem betreffenden Ereignis von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen.

Gemäß § 302 Abs. 1 Z 2 BVergG 2018 hat der Sektorenauftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund der Ergebnisse der Prüfung Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, auszuscheiden.

Gemäß § 302 Abs. 1 Z 5 BVergG 2018 hat der Sektorenauftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund der Ergebnisse der Prüfung unter anderem den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote auszuscheiden.

Rechtlich ist zunächst auszuführen, dass der von der Antragstellerin relevierte Bußgeldbeschluss des OLG Wien vom 14.12.2007 gemäß § 254 Abs. 5 Z 2 BVergG 2018 keinen Ausschlussgrund mehr darstellt, weil vom Ereignis der Verhängung des Bußgeldes im Jahr 2007 bis zum Ende der Angebotsfrist im Jahr 2019 mehr als drei Jahre verstrichen sind. Die Tatsache der gegen die Teilnahmeberechtigte im Jahr 2007 erfolgten Verhängung eines Bußgeldes nach kartellrechtlichen Bestimmungen war daher für die vergaberechtliche Eignung der Teilnahmeberechtigten ohne Relevanz.

Wenn die Antragstellerin ihre Argumentation, dass das Angebot der Teilnahmeberechtigten auszuscheiden sei, darauf stützt, dass die Teilnahmeberechtigte entgegen Art VIII des Angebotsformblattes WSTW … Teil 2 e-Angebot, Ausgabe 12.9.2018, eine falsche Erklärung abgegeben habe und ihr Angebot aus diesem Grunde auszuscheiden sei, ist ihr Folgendes entgegen zu halten:

Zunächst war nach dem objektiven Erklärungswert des zit. Punktes VIII der Antragsgegnerin nicht jedes Bußgelderkenntnis und jeder Bußgeldbeschluss des Kartellgerichtes bekannt zu geben, sondern nur solche Bußgelderkenntnisse und Bußgeldbeschlüsse, die überhaupt als Ausschlussgrund in Betracht kommen und daher gegebenenfalls einer näheren Prüfung durch die Antragsgegnerin bedürfen. Dies geht bereits aus dem Wortlaut des Punktes VIII hervor, zumal ausdrücklich nur solche Verurteilungen bekannt zu geben sind, welche die berufliche Zuverlässigkeit in Frage stellen. Diese Bedeutung wird dadurch zusätzlich klargestellt, dass im Fall einer – in zeitlicher Hinsicht noch relevanten – Verurteilung die erfolgte Selbstreinigung nachzuweisen ist. Ein Erklärungsinhalt dahingehend, dass auch in zeitlicher Hinsicht nicht mehr relevante Verurteilungen mitzuteilen wären und für diese vergaberechtlich – im Hinblick auf § 254 Abs. 5 Z 2 BVergG 2018 – gar nicht mehr erforderliche Maßnahmen der Selbstreinigung nachzuweisen wären, ist dem zit. Punkt VIII nicht zu entnehmen.

Aus diesen Gründen musste die Teilnahmeberechtigte in ihrem Angebot die mehr als 10 Jahre zurückliegende Verhängung eines Bußgeldes nach kartellrechtlichen Bestimmungen nicht anführen.

Wenn die Antragstellerin ausführt, die Teilnahmeberechtigte habe sich durch die Nichtanführung der im Jahr 2007 erfolgten Bußgeldverhängung einer schwerwiegenden Täuschung der Antragsgegnerin schuldig gemacht und ihr Angebot sei deswegen nach § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018 auszuscheiden, so ist ihr zunächst entgegen zu halten, dass die Teilnahmeberechtigte – wie bereits ausgeführt wurde – diese Bußgeldverhängung gar nicht anführen musste und ihre Vorgangsweise bereits aus diesem Grund nicht zu beanstanden war.

Darüber hinaus müssen etwaige falsche Angaben hinsichtlich der Eignung zumindest geeignet sein, eine schwerwiegende Täuschung der Antragsgegnerin zu bewirken. Dies ist gegenständlich nicht der Fall. Zum einen konnte die Teilnahmeberechtigte zu Recht davon ausgehen, dass der Antragsgegnerin diese Bußgeldverhängung bekannt ist, zumal die Teilnahmeberechtigte diese Bußgeldverhängung bereits wiederholt, und zwar in mehreren vorangegangenen Vergabeverfahren, der Antragsgegnerin mitgeteilt hat. Eine Täuschung der Antragsgegnerin konnte somit nicht eintreten. Zum anderen wäre es auch ohne vergaberechtliche Relevanz, wenn die Antragsgegnerin tatsächlich eine falsche Vorstellung hinsichtlich des Vorliegens der mehr als 10 Jahre zurückliegenden Bußgeldverhängung haben sollte, weil eine solche Bußgeldverhängung für die vergaberechtliche Eignung nicht mehr relevant wäre. Eine etwaige Täuschung könnte somit allenfalls vergaberechtlich nicht mehr relevante Aspekte betreffen und wäre daher keinesfalls eine schwerwiegende Täuschung im Sinne des § 249 Abs. 2 Z 9 BVergG 2018.

Zu der in den Schriftsätzen erfolgten Argumentation über § 251 Abs. 6 BVergG 2018 genügt es festzuhalten, dass diese Bestimmung in das BVergG 2018 im Zusammenhang mit der Umstellung auf die verpflichtende elektronische Kommunikation eingeführt wurde und auf den europarechtlich gebotenen Mindestinhalt beschränkt blieb. § 251 Abs. 6 BVergG 2018 gilt daher nicht für Bekanntgaben, die noch vor Einführung der verpflichtenden elektronischen Kommunikation im Geltungsbereich des früheren BVergG 2006 erfolgt sind. Aus der fehlenden Einschlägigkeit des § 251 Abs. 6 BVergG 2018 für den Anlassfall ist jedoch aus den vorgenannten Gründen für die Antragstellerin nichts gewonnen.

Wenn die Antragstellerin vorbringt, dass das Angebot der Teilnahmeberechtigten ausschreibungswidrig bzw. mangelhaft wäre, weil dem Angebot die verlangte Beilage mit dem Bußgeldbeschluss und den von der Teilnahmeberechtigten gegebenenfalls gesetzten Selbstreinigungsmaßnahmen nicht angeschlossen gewesen sei, so ist der Antragstellerin entgegen zu halten, dass ein Angebotsmangel im Sinne des BVergG 2018 nicht vorliegt. Wie bereits ausgeführt wurde, war es nicht erforderlich, im Angebot die Bußgeldverhängung anzuführen, und war mangels zeitlicher Relevanz der Bußgeldverhängung auch eine erfolgte Selbstreinigung nicht nachzuweisen. Das von der Antragstellerin relevierte Fehlen einer diesbezüglichen Beilage, in welcher der Bußgeldbeschluss angeschlossen und die Selbstreinigungsmaßnahmen nachgewiesen werden, stellt keine Ausschreibungswidrigkeit und keinen Angebotsmangel dar. Es erübrigt sich daher auch, auf die Frage einzugehen, ob der vermeintliche Angebotsmangel verbesserungsfähig wäre oder nicht.

Da die im Antrag auf Nichtigerklärung vorgebrachten Rechtsverstöße nicht vorlagen, war der Antrag abzuweisen.

Die Entscheidung über die Pauschalgebühren gründet auf § 16 Abs. 1 WVRG 2014. Da die Antragstellerin nicht obsiegt hat, hat sie die von ihr entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren; Ausscheidensentscheidung; Ausschlussgrund; Eignung; berufliche Zuverlässigkeit; Täuschung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.123.077.3780.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten