TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/17 98/03/0297

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Veröffentlicht am 17.03.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs5;
B-VG Art49 Abs1;
VStG §51 Abs7 idF 1995/620;
VStG §66b Abs4 idF 1995/620;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des P K in G, vertreten durch Dr. Heinz Lughofer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Marburger Kai 47, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 30. Jänner 1996, Zl. UVS 30.8-83/94-22, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 5. Mai 1994 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) bestraft. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die am 10. Mai 1994 bei der Bundespolizeidirektion Graz einlangte. Im Berufungsverfahren beantragte die belangte Behörde mit Schriftsatz vom 29. Mai 1995 beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 B-VG in Verbindung mit Art. 129a Abs. 3 und Art. 89 Abs. 2 B-VG, "die Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 19.07.1993, GZ.: A 10/FA-1-467/1993, ... aufzuheben, und auszusprechen, daß die Rechtsvorschrift gesetzwidrig war". Nachdem der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag mit Erkenntnis vom 4. Dezember 1995, V 69/95 und Folgezahlen, abgewiesen hatte, gab die belangte Behörde der Berufung mit dem am 30. Jänner 1996 verkündeten angefochtenen Bescheid "dem Grunde nach" keine Folge, setzte jedoch die verhängte Strafe auf S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) herab.

Mit Beschluß vom 29. September 1998, B 895/96, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Beschwerdeführers ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Mit Beschluß vom 11. Oktober 1995, V 67/95, V 70/95, wies der Verfassungsgerichtshof in gleichgelagerten Fällen Anträge der belangten Behörde auf Aufhebung der oben angeführten Verordnung zurück. In der Begründung dieses Beschlusses führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus:

"Aus den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor, daß die Berufungen am 10. Mai 1994 bei der Bundespolizeidirektion Graz eingelangt sind. Die Frist des § 51 Abs. 7 VStG 1991 alte Fassung hat daher am 10. August 1995 geendet (vgl. zum Lauf der Frist zB VwSlg. 11790 A/1985). Mit diesem Zeitpunkt galten sohin die angefochtenen Bescheide als aufgehoben. Die Anordnung des § 51 Abs. 7 VStG 1991 idF der Novelle BGBl. 620/1995, wonach die "Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof ... nicht in diese Frist einzurechnen" ist, wurde zwar gemäß § 66 b Abs. 4 VStG 1991 idF der Novelle BGBl. 620/1995 rückwirkend mit 1. Juli 1995 in Kraft gesetzt. Die Anordnung der Rückwirkung selbst trat aber gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG erst nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem das Stück des Bundesgesetzblattes, das die Kundmachung der VStG-Novelle 1995 enthält, herausgegeben und versendet wurde. Das ist der 13. September 1995, somit ein Zeitpunkt, in dem die fünfzehnmonatige Frist bereits abgelaufen und die Bescheide außer Kraft getreten waren. Es ist aus allgemeinen rechtsstaatlichen Überlegungen auszuschließen, daß § 66 b Abs. 4 VStG 1991 idF der Novelle BGBl. 620/1995 der Sinn beizumessen wäre, die bereits außer Kraft getretenen Straferkenntnis wieder zu erlassen."

Diesen rechtlichen Erwägungen tritt der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall bei. Daraus folgt, daß das mit Berufung bekämpfte Straferkenntnis im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits außer Kraft getreten war. Der meritorischen Entscheidung der belangten Behörde über die Berufung fehlte daher das sachliche Substrat.

Aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1992, Zl. 92/03/0075, zu § 51 Abs. 5 VStG in der Fassung BGBl. Nr. 299/1990).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998030297.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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