TE Vwgh Beschluss 1999/3/22 96/10/0101

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Veröffentlicht am 22.03.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §41 Abs1;
ForstG 1975 §41 Abs2;
ForstG 1975 §41 Abs3;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/10/0102

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, in der Beschwerdesache des P und der P, beide in Riegersburg, vertreten durch Dr. Ludwig Draxler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 3, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 14. März 1995, Zl. VI/4-Fo-170, betreffend Antrag auf Erlassung eines Verbotes nach § 41 Abs. 2 ForstG, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von Waldgrundstücken in den KG F. und M. Am 2. Mai 1994 stellten sie bei der Bezirkshauptmannschaft H. den Antrag, das Betreten der Grundstücke in der Zeit vom 15. Mai bis 30. November 1994 zu verbieten. Begründend wurde dargelegt, durch die Errichtung eines Naturschutzgebietes und durch die laufenden "fruchtlosen Proklamationen" eines Nationalparks habe der Zustrom von Waldbesuchern stark zugenommen. Dadurch steige das Risiko eines Waldbrandes ganz erheblich. Dazu käme, daß die vergangenen fünf Jahre den Waldboden sehr ausgetrocknet hätten.

Mit den im Instanzenzug erlassenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Anträge ab. Begründend wurde u.a. dargelegt, nach dem Gutachten des forstfachlichen Amtssachverständigen sei die Vegetation in den fraglichen Waldgebieten im Frühjahr ausreichend mit Wasser versorgt gewesen. Bis Anfang Juni hätte nicht allgemein von Brandgefahr gesprochen werden können. Die im Juli entstandene Trockenheit habe die BH zum Anlaß genommen, in einer auf § 41 Abs. 1 ForstG gestützten Verordnung jegliches Feueranzünden und Rauchen im Wald zu verbieten. Einer Auskunft der Stadtgemeinde H. zufolge hätten die Nationalparkdiskussionen und die Landesausstellung keine Zunahme des Fremdenverkehrs und des Zustroms an Waldbesuchern nach sich gezogen. Die besonderen Gründe für die Verhängung eines Waldbetretungsverbotes nach § 41 Abs. 2 ForstG lägen somit nicht vor.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerden mit Beschluß vom 4. März 1996, Zlen. B 1495, 1513/95, ab und trat die Beschwerden über nachträglichen Antrag der Beschwerdeführer mit Beschluß vom 3. Juni 1996 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer - der ausdrücklichen Bezeichnung des Beschwerdepunktes zufolge - eine Verletzung im Recht auf Erlassung des forstbehördlichen Verbotes des Betretens der Gebiete durch an der Waldbewirtschaftung nicht beteiligte Menschen gemäß § 41 Abs. 2 ForstG geltend.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so fehlt auch die Beschwerdeberechtigung.

Im Beschwerdefall fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung, weil den Beschwerdeführern das geltend gemachte Recht (auf Erlassung eines Verbotes nach § 41 Abs. 2 ForstG) nicht zukommt.

Nach § 33 Abs. 1 ForstG darf - unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 und des § 34 - jedermann Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten.

Die Abs. 2 und 3 des § 34 nehmen bestimmte Waldflächen bzw. bestimmte Benützungsarten von dem durch § 33 Abs. 1 normierten Betretungsrecht aus. Darüber hinaus bestimmt § 34 in Verbindung mit § 35 Abs. 3 ForstG, unter welchen Voraussetzungen Wald von der Benützung zu Erholungszwecken vom Waldeigentümer befristet oder dauernd ausgenommen werden darf (Sperre). § 35 ForstG richtet ein Verfahren zur behördlichen Überprüfung der vom Waldeigentümer vorgenommenen Sperren ein.

Nach § 41 Abs. 1 ForstG hat die Behörde in Zeiten besonderer Brandgefahr für besonders waldbrandgefährdete Gebiete jegliches Feuerentzünden sowie das Rauchen im Wald und in dessen Gefährdungsbereich zu verbieten.

§ 41 Abs. 2 ForstG bestimmt:

"Liegen besondere Gründe vor, die in waldbrandgefährdeten Gebieten Verbote gemäß Abs. 1 zum Schutze vor Waldbränden voraussichtlich als nicht ausreichend erscheinen lassen, so hat die Behörde das Betreten dieser Gebiete durch an der Waldbewirtschaftung nicht beteiligte Menschen zu verbieten. Hiebei ist insbesondere auf Gefährdungen durch starken Erholungsverkehr und hiefür ungünstige Waldstrukturen entsprechend Bedacht zu nehmen."

Nach Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde Verbote gemäß den Abs. 1 und 2 in geeigneter Weise kundzumachen. Der Waldeigentümer darf solche Verbote ersichtlich machen.

Während § 34 ForstG die Voraussetzungen regelt, unter denen der Waldeigentümer bestimmte Waldflächen durch Sperre der Benützung zu Erholungszwecken durch die Allgemeinheit entziehen darf, bedeutet § 41 Abs. 2 ForstG die Ermächtung und Verpflichtung der Forstbehörde, im öffentlichen Interesse an der Walderhaltung (zur Verhütung von Waldbränden) ein forstbehördliches Verbot des Betretens zu verhängen. Ein solches Verbot hat sich nach der Anordnung des Gesetzes an jedermann (mit Ausnahme der an der Waldbewirtschaftung beteiligten Personen) zu richten. Dabei handelt es sich um einen Rechtsakt, der sich auf einen nach generellen Merkmalen bestimmten Adressatenkreis richtet und der nach § 41 Abs. 3 ForstG von der Behörde auf geeignete Art kundzumachen ist. Nach dem System des Gesetzes stellt ein nach § 41 Abs. 2 ForstG zu erlassendes Verbot somit eine Verordnung dar, auf deren Erlassung niemand einen Anspruch hat.

Eine Verletzung der Beschwerdeführer im allein geltend gemachten Recht auf Erlassung eines Verbotes nach § 41 Abs. 2 ForstG kommt somit nicht in Betracht.

Den Beschwerdeführern kommt aber auch aus einem weiteren Grund die Beschwerdelegitimation nicht zu. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit ist immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. z.B. den Beschluß vom 23. September 1994, Zl. 94/17/0366).

Die Anträge der Beschwerdeführer waren auf ein Verbot des Betretens ihrer Waldgrundstücke in der Zeit vom 15. Mai 1994 bis 30. November 1994 gerichtet. Im Hinblick darauf, daß der Zeitraum, für den die Erlassung des Verbotes beantragt war, zur Zeit der Einbringung der Beschwerden bereits abgelaufen war, war eine Rechtsverletzungsmöglichkeit von vornherein nicht gegeben (vgl. z. B. den Beschluß vom 26. Juni 1997, Zl. 95/11/0157, und die dort zitierte Vorjudikatur). An der Rechtsstellung der Beschwerdeführer würde sich durch eine Aufhebung der angefochtenen Bescheide nichts ändern, weil auch in dem einem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes folgenden Verwaltungsverfahren das beantragte Verbot wegen des Ablaufes des Zeitraumes, für den es beantragt wurde, nicht mehr erlassen und vollzogen werden könnte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte nach § 39 Abs. 2 Z. 1 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. März 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996100101.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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