TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/23 99/05/0036

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Veröffentlicht am 23.03.1999
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L82000 Bauordnung;
L82001 Bauordnung Burgenland;

Norm

BauG Bgld 1997 §16 Abs2;
BauG Bgld 1997 §3;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Susanna Groiss in Wien, vertreten durch Dr. Georg Prchlik, Rechtsanwalt in Wien III, Dapontegasse 5/11, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Güssing vom 19. November 1998, Zl. 02/04/31/02-1998, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Eleonora Unger in Moschendorf Nr. 38, 2. Gemeinde Moschendorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. Dezember 1997 wurde der Erstmitbeteiligten unter anderem die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Zentralheizungsanlage mit Ölfeuerung in einem Wohnhaus in Moschendorf 38, Grundstück Nr. 70, EZ 122, erteilt. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Moschendorf Nr. 73. Sie erhob gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 19. Dezember 1997 Berufung, in der sie u.a. ausführte, dass die Zentralheizung zur Versorgung eines Gebäudes diene, welches bislang baubehördlich nicht genehmigt sei. Die im Bescheid vorgesehenen Bedingungen und Auflagen würden daher lediglich einen Teil der Zentralheizung betreffen und das gesamte übrige Gebäude unberücksichtigt lassen. Mangels entsprechender Unterlagen sei es dem Sachverständigen im Verfahren auch nicht möglich, Auflagen vorzuschreiben, die die Gesamtkonzeption des Gebäudes mit berücksichtigten.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Jänner 1997 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Zentralheizungsanlage in einem zwischen 1927 und 1933 errichteten Gebäude installiert sei. Da der Errichtungszeitraum sehr lange Zeit zurückliege und im Gemeindeamt keine Akten auffindbar seien, werde angenommen, dass die Errichtung des Wohnhauses aufgrund eines rechtmäßigen Baubewilligungsbescheides erfolgte.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 26. Jänner 1998 den Bescheid des Gemeinderates auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Der wesentliche Grund für die Aufhebung lag darin, dass das zu beheizende Gebäude zumindest teilweise nicht und der Kamin überhaupt nicht baubehördlich bewilligt seien und eine Bewilligung der Zentralheizung ohne "Definition" des Gebäudes und der Abgasführungsmöglichkeit rechtswidrig sei. Weiters sei im zweiten Rechtsgang näher zu begründen, warum der Altbestand als bewilligt anzusehen sei. Der bloße Umstand der langen Zeitspanne und das Fehlen von Bezugsakten reiche nicht aus. In der Begründung fehle der Hinweis auf ein Ereignis, "das den Verlust eines nicht existenten Aktes erkläre".

Mit Bescheid vom 26. März 1998 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid erneut ab und führte aus, dass die Errichtung der Zentralheizungsanlage in einem Gebäude erfolge, das ein Altbestand sei. Die Errichtung des Gebäudes sei zwischen 1927 und 1933 durchgeführt worden, aufgrund der Baubeschreibung und Baustruktur könne der vordere Teil des Gebäudes mit Kamin (ohne den Kamin in der nordseitigen Feuermauer) als Altbestand angesehen werden. Die Sanierung des Kamines, der in der Mitte des Hauses gelegen sei, sei ein geringfügiges Bauvorhaben. Da die Errichtung sehr lange Zeit zurückliege und im Gemeindeamt keine Akten auffindbar seien, da innerhalb der Gemeinde öfter gesiedelt wurde, werde angenommen, dass die Errichtung des Wohnhauses aufgrund eines rechtmäßigen Baubewilligungsbescheides erfolgte. Die Abgase dieser Zentralheizungsanlage mündeten in den Kamin, der vorher schon bestanden haben müsse. Da früher die Räume über Einzelöfen geheizt worden seien, werde angenommen, dass ein zentral gelegener Kamin vorhanden gewesen sei. Dieser Kamin liege im Altbestand zentral zu allen Wohnräumen, es werde daher angenommen, dass dieser Kamin ursprünglich gleichzeitig mit dem konsensgemäßen Altbestand errichtet worden sei.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, hinsichtlich des Altbestandes gehe der Gemeinderat zu Recht von einem anzunehmenden Baukonsens aus. Der Verlust der Bezugsakten werde nachvollziehbar mit der verstrichenen Zeit der Errichtung des Gebäudes und dem mehrmaligen Umzug begründet. Es sei somit auch die im Altbestand errichtete Kaminanlage als bewilligt anzusehen. Der Einstufung der Sanierung des Kamines als nicht bewilligungspflichtige Maßnahme könne gefolgt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten, die auch den Schutz gegen Immissionen durch rechtswidrige Heizungsanlagen zum Gegenstand hätten, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Gemäß § 77 Abs. 6 der Burgenländischen Gemeindeordnung ist die Gemeinde bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden. Diese Bindung ist auf die die Aufhebung des Gemeindebescheides tragenden Gründe beschränkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/05/0304, u.v.a). Die Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates im ersten Rechtsgang war darauf gestützt, dass im ersten Rechtsgang nicht näher begründet worden sei, warum der Altbestand als bewilligt angesehen worden sei. Der bloße Umstand der langen Zeitspanne und das Fehlen von Bezugsakten reichten nicht aus. In der Begründung fehle der Hinweis auf ein Ereignis, das den Verlust eines einst existenten Aktes erkläre.

Mit dem näheren Hinweis im zweiten Rechtsgang auf die mehrfach erfolgten "Übersiedlungen der Gemeinde" wurde aber der Verlust des einst existenten Aktes erklärt. Damit durften aber die Baubehörden mit Recht davon ausgehen, dass der vordere Teil des Gebäudes aufgrund seiner Baustruktur einschließlich des dort befindlichen Kamines als konsentierter Bestand anzusehen sei.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin durfte auch die Aufsichtsbehörde aufgrund des ergänzenden Hinweises auf die Übersiedlungen nunmehr grundsätzlich zu einem anderen Bescheidergebnis gelangen, da ihrem Auftrag, näher zu begründen, warum der Altbestand als bewilligt angesehen werde, entsprochen wurde.

Am 1. Februar 1998, somit noch vor Erlassung des zweitinstanzlichen Bescheides im zweiten Rechtsgang, ist das Burgenländische Baugesetz, LGBl. Nr. 10/1998, in Kraft getreten. Gemäß § 35 Abs. 5 leg. cit. gelten bis zur Erlassung eines Burgenländischen Heizungsanlagengesetzes die Bestimmungen des § 52 Abs. 1, 3, 4, 6, 7, 9 und 12 und des § 52a der Burgenländischen Bauordnung 1969, LGBl. Nr. 13/1970 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 11/1994, weiter. Bis zur Erlassung eines Burgenländischen Heizungsanlagengesetzes ist für diese Anlagen der IV., V. und VI. Abschnitt dieses Gesetzes anzuwenden.

Nach § 16 Bgld. BauG bedürfen Maßnahmen zur Erhaltung, Instandsetzung oder Verbesserung von Bauten und Bauteilen sowie sonstige Bauvorhaben, an denen keine baupolizeilichen Interessen (§ 3) bestehen, keines Bauverfahrens, sind aber der Baubehörde spätestens vierzehn Tage vor Baubeginn schriftlich mitzuteilen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat die Baubehörde in Zweifelsfällen schriftlich festzustellen, ob ein geringfügiges Bauvorhaben vorliegt oder ob ein Bauverfahren durchzuführen ist. Diese Feststellung hat auf Verlangen einer Partei (§ 21) in Bescheidform zu ergehen.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hat die Sanierung des als konsentiert anzusehenden Kamines, an den die Heizungsanlage angeschlossen werden soll, als geringfügiges Bauvorhaben qualifiziert und das in seinem Bescheid vom 26. März 1998 zum Ausdruck gebracht. Dieser Auffassung widerspricht die Beschwerdeführerin.

Die §§ 3 und 16 Bgld. BauG lauten wie folgt:

"§ 3

Zulässigkeit von Bauvorhaben

(Baupolizeiliche Interessen)

Bauvorhaben sind nur auf für die Bebauung geeigneten

Grundstücken zulässig, wenn sie

1. dem Flächenwidmungsplan, dem Bebauungsplan/Teilbebauungsplan oder den Bebauungsrichtlinien nicht widersprechen,

2. den Bestimmungen dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen entsprechen,

3. nach Maßgabe des Verwendungszweckes dem Stand der Technik, insbesondere bezüglich

a)

Festigkeit und Standsicherheit

b)

Benützungssicherheit und Barrierefreiheit

c)

Wärmeschutz und Energieeinsparung

d)

Schall- und Brandschutz

e)

Feuchtigkeitsschutz, Gesundheit und Hygiene entsprechen,

              4.              das Orts- oder Landschaftsbild nicht wesentlich beeinträchtigen,

              5.              durch ihre bestimmungsgemäße Benützung eine Gefährdung oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigungen der Nachbarn nicht erwarten lassen sowie

              6.              verkehrsmäßig erschlossen sind und ihre Ver- und Entsorgung gewährleistet ist."

"§ 16

Geringfügige Bauvorhaben

§ 16 (1) Maßnahmen zur Erhaltung, Instandsetzung oder Verbesserung von Bauten und Bauteilen sowie sonstige Bauvorhaben, an denen keine baupolizeilichen Interessen (§ 3) bestehen, bedürfen keines Bauverfahrens, sind aber der Baubehörde spätestens 14 Tage vor Baubeginn schriftlich mitzuteilen.

(2) Die Baubehörde hat in Zweifelsfällen schriftlich festzuhalten, ob ein geringfügiges Bauvorhaben vorliegt oder ein Bauverfahren durchzuführen ist. Diese Feststellung hat auf Verlangen einer Partei (§ 21) in Bescheidform zu ergehen."

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht des Gemeinderates und der belangten Behörde, wonach die Sanierung des Kamines als geringfügiges Bauvorhaben im Sinne des § 16 Bgld. BauG anzusehen ist. Der Beurteilung der Beschwerdeführerin, dass durch eine bestimmungsgemäße Benützung eines Kamines infolge des Anschlusses einer ölbetriebenen Zentralheizungsanlage eine Gefährdung oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigung der Nachbarn zu erwarten sei, kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen, hat er doch wiederholt ausgesprochen, dass die mit dem Wohnen üblicherweise verbundenen Immissionen von den Nachbarn hinzunehmen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, Zl. 96/05/0110). Da in Österreich das Heizen von Wohnhäusern witterungsbedingt erforderlich ist, sind die Nachbarn auch gehalten, diese Immissionen, sofern sie sich im Rahmen des üblichen Ausmaßes halten, hinzunehmen. Dass die beantragte ölbetriebene Zentralheizungsanlage aus besonderen Gründen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigung der Nachbarn erwarten lasse, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. März 1999

Schlagworte

Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999050036.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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