TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/8 LVwG-2017/37/2103-35

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Veröffentlicht am 08.04.2019
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Entscheidungsdatum

08.04.2019

Index

L66207 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GSLG Tir §2
AVG §13
VwGVG §24
VwGVG §28
VwGVG §31

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in Y, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 28.07.2017, Zl *****, betreffend die Einräumung eines Bringungsrechtes nach dem Güter- und Seilwege-Landesgesetz – GSLG 1970 (belangte Behörde: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Partei: CC),

zu Recht:

1.       Spruchpunkt I. des Bescheides der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 28.07.2017, Zl *****, wird wegen Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages ersatzlos aufgehoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 12.11.1992 hat der rechtsfreundlich vertretene DD, Z, die Einräumung eines Bringungsrechtes über die Gste Nrn **1, **2, **3 und **4, alle GB Z, zwecks Bewirtschaftung der in seinem Eigentum stehenden Gste Nrn **7, **5/1, **5/2 und **6, alle GB Z, beantragt.

Aufgrund dieses Antrages hat die Agrarbehörde ein Verfahren eingeleitet, in deren Rahmen ua am 12.05.1993 eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Ab Ende 1997 hat die Agrarbehörde das Verfahren nicht mehr weitergeführt.

Mit Schriftsatz vom 24.02.2016 hat Rechtsanwältin EE in Vertretung des CC folgende Mitteilung an die Agrarbehörde erstattet:

„[…] in anwaltlicher Vertretung CCs, des Eigentümers des Hofes ‚X‘ in EZ ***** GB Z, nehme ich höflich Bezug auf unser Telefonat vom 24.02.2016 und ersuche, da mein Mandant keine Möglichkeit mehr hat, zu seinen landwirtschaftlich hauptsächlich als Wiese genutzten Grundstücken **7 und **5/1 zuzufahren und somit ein akuter Bringungsnotstand vorliegt, um Fortsetzung des gegenständlichen Verfahrens. […]“

In weiterer Folge hat die Agrarbehörde das aufgrund des Antrages vom 12.11.1992 eingeleitete Verfahren auf Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes gemäß dem Güter- und Seilwege-Landesgesetz 1970 (GSLG 1970) fortgesetzt.

Mit Bescheid vom 28.07.2017, Zl *****, hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde zugunsten eines Teilbereiches des Gst Nr **5/1 sowie der Gste Nrn **7 und **6, alle GB Z, näher umschriebene Bringungsrechte, insbesondere die Zu- und Abfahrt zur Bewirtschaftung der genannten Grundstücke über die Gste Nrn **1 und **2, beide GB Z (Eigentümer: AA), eingeräumt (Spruchpunkt I.) und einer Beschwerde gegen die verfügte Bringungsrechtseinräumung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II.).

Gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 28.07.2017, Zl *****, hat AA, Adresse 1, Z, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in Y, Beschwerde erhoben und beantragt, der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und im Übrigen die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Bringungsrechtseinräumung (Spruchpunkt I.) ersatzlos zu beheben; hilfsweise wird beantragt eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, „dass ein allfälliges Bringungsrecht zur Bewirtschaftung der Gst Nrn **5/1 ‚unterer Teil‘, **7, **6 je KG Z nicht über die Gst Nrn **1 und **2 je KG Z des Beschwerdeführers, sondern über das Gst Nr **3/2 KG Z des FF eingeräumt wird.“

Mit Beschluss vom 13.10.2017, Zl LVwG-2017/37/2103-3, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerde gegen die mit Spruchpunkt II. des Bescheides vom 28.07.2017, Zl *****, verfügte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die mit Spruchpunkt I. des zitierten Bescheides vorgenommene Einräumung eines Bringungsrechtes zugunsten näher bezeichneter Grundstücke des GB Z als unbegründet abgewiesen. Die mit Spruchpunkt I. des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom 28.07.2017, Zl *****, verfügte Einräumung eines Bringungsrechtes war nicht Gegenstand dieses Beschlusses.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat in weiterer Folge ein ergänzendes Ermittlungsverfahren einschließlich eines Lokalaugenscheines durchgeführt.

Im Zuge des Verfahrens haben die Rechtsvertreter des Konsenswerbers sowie des Beschwerdeführers mitgeteilt, dass eine Klärung der gegenständlichen Angelegenheit durch eine privatrechtliche Vereinbarung angestrebt wird. Aufgrund dieser Mitteilung hat das Landesverwaltungsgericht Tirol die für 29.05.2018 anberaumte öffentliche mündliche Verhandlung abberaumt.

Mit Schriftsatz vom 02.04.2019 hat die Rechtsvertreterin des Antragstellers CC dem Landesverwaltungsgericht Tirol wörtlich Nachfolgendes mitgeteilt:

„Da die Parteien CC und AA nunmehr am 14.03.2019 einen Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen haben, der ihnen wechselseitige Bringungs- und Zufahrtsrechte einräumt, zieht der Antragsteller CC den von seinem Rechtsvorgänger DD am 12.11.1992 gestellten Antrag auf Einräumung von Bringungsrechten über Gst **7, **5/1, **5/2 und **6 KG Z zurück.“

II.      Rechtslage:

1.       Güter- und Seilwege-Landesgesetz – GSLG 1970:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 2 des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes – GSLG 1970, LGBl Nr 40/1970 in der Fassung (idF) LGBl Nr 130/2013, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Voraussetzungen für die Einräumung

§ 2. (1) Auf Antrag des Eigentümers eines Grundstückes ist ein Bringungsrecht einzuräumen, wenn

[…]“

2.       Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 13 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 57/2018, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Anbringen

§ 13. (…)

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

[…]“

3.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 138/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Verhandlung

§ 24. […]

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.  der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

[…]“

„Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit denen ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

[…]“

III.     Erwägungen:

1.       Zur Rechtzeitigkeit:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.

Der Bescheid vom 28.07.2017, Zl *****, ist dem Rechtsvertreter trotz falscher Zustellverfügung tatsächlich am 07.08.2017 zugekommen. Der zitierte Bescheid gilt daher gemäß § 9 Abs 3 zweiter Satz Zustellgesetz als am 07.08.2017 zugestellt.

Die Beschwerde vom 16.08.2017 ist am 17.08.2017 und folglich innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist bei der Agrarbehörde eingelangt.

2.       In der Sache:

Mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom 28.07.2017, Zl *****, hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde zugunsten eines Teilbereiches des Gst **5/1 sowie der Gste Nrn **7 und **6, alle GB Z, näher umschriebene Bringungsrechte, insbesondere die Zu- und Abfahrt zur Bewirtschaftung der genannten Grundstücke über die Gste Nrn **1 und **2, beide GB Z (Eigentümer: AA), eingeräumt.

Grundlage für das mit Spruchpunkt I. des Bescheides der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 28.07.2017, Zl *****, abgeschlossene Verfahren nach dem GSLG 1970 ist der bei der Agrarbehörde am 26.11.1992 eingelangte Antrag des DD ? Rechtsvorgänger des nunmehrigen Konsenswerbers CC ? auf Einräumung eines Bringungsrechtes zwecks Bewirtschaftung näher bezeichneter Grundstücke des GB Z.

Bringungsrechte nach dem GSLG 1970 sind zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Rechte, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen. Diese Einräumung kann nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs 1 GSLG 1970 nur über Antrag von der Agrarbehörde begründet werden (Schwamberger – Lang, Tiroler Agrarrecht III, S 21).

Nach § 13 Abs 7 AVG ? diese Bestimmung ist gemäß § 1 Agrarverfahrensgesetz, BGBl Nr 173/1950 idF BGBl I Nr 189/2013, auch im agrarbehördlichen Verfahren anzuwenden ? können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages ist auch noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend einen nach den Bestimmungen des AVG erlassenen Bescheides zulässig. Eine derartige Zurückziehung muss zur ersatzlosen Behebung des in Beschwerde gezogenen Bescheides führen [Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 42 (Stand: 01.01.2014 rdb.at)].

CC hat durch seine Rechtsvertreterin im Einklang mit § 13 Abs 7 AVG den (verfahrenseinleitenden) Antrag auf Einräumung eines näher beschriebenen Bringungsrechtes zwecks Bewirtschaftung mehrerer in seinem Eigentum stehender landwirtschaftlicher Grundstücke mit Schriftsatz vom 02.04.2019 und somit während des anhängigen Beschwerdeverfahrens zurückgezogen. Aufgrund der Zurückziehung dieses Antrages war Spruchpunkt I. des Bescheides der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 28.07.2017, Zl *****, ersatzlos aufzuheben. Die ersatzlose Aufhebung stützt sich auf § 28 Abs 5 VwGVG und hat daher in Form eines Erkenntnisses zu ergehen.

3.       Ergebnis:

CC hat durch seine Rechtsvertreterin mit Schriftsatz vom 02.04.2019 und damit während des anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens den verfahrens-einleitenden Antrag seines Rechtsvorgängers aus dem Jahr 1992 auf Einräumung eines näher beschriebenen Bringungsrechtes zurückgezogen. Aufgrund der Zurückziehung dieses Antrages war Spruchpunkt I. des Bescheides der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 28.07.2017, Zl *****, in der Form eines Erkenntnisses ersatzlos aufzuheben. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer AA hat zwar in seinem Rechtsmittel die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Da das erkennende Gericht die mit Spruchpunkt I. des Bescheides der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 28.07.2017, Zl *****, verfügte Einräumung eines näher beschriebenen Bringungsrechtes aufhebt, konnte die öffentliche mündliche Verhandlung nach dem eindeutigen Wortlaut des § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Der rechtsfreundlich vertretene Konsenswerber CC war gemäß § 13 Abs 7 AVG berechtigt, den verfahrenseinleitenden Antrag seines Rechtsvorgängers aus dem Jahr 1992 auf Einräumung eines näher beschriebenen Bringungsrechtes zurückzuziehen. Die Einräumung eines Bringungsrechtes setzt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs 1 GSLG 1970 einen Antrag voraus. Aufgrund des Wegfalls des verfahrenseinleitenden Antrages war Spruchpunkt I. des Bescheides der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 28.07.2017, Zl *****, nach der einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ersatzlos aufzuheben.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren waren folglich keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung zu beurteilen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol erklärt daher die ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Bringungsrecht; Bringungsanlage; Zurückziehung des Antrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2017.37.2103.35

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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