TE Lvwg Erkenntnis 2019/3/6 VGW-151/005/2120/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.03.2019
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Entscheidungsdatum

06.03.2019

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
E2D Assoziierung Türkei
E2D E02401013
E2D E05204000
E2D E11401020
60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

NAG §8 Abs1 Z2
NAG §24 Abs1
NAG §24 Abs4
NAG §26
NAG §41a
ARB 1/80 Art. 6 Abs1
AuslBG §3 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Hason über die Beschwerde des Herrn A. B., geb. 1991, Staatsangehörigkeit: Türkei, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft, vom 11.01.2018, Zahl …, betreffend Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) - Abweisung,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11.01.2018 wurde zur Zahl … der Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ nach § 24 Abs. 4 bzw. § 26 iVm. § 41a NAG iVm. Art. 6 ARB 1/80 abgewiesen.

Begründend führte die Behörde sinngemäß aus, der nunmehrige Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, sei Inhaber eines Titels „Studierender“ und habe am 24.01.2017 einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ eingebracht, wobei er sich auf Art. 6 Abs. 1 des ARB 1/80 berufen habe. Der Rechtsmittelwerber wäre seit 12.07.2016 bis dato ununterbrochen bei der Firma „C.-gesellschaft mbH“ rechtmäßig erwerbstätig. Weiters sei er im Besitz von Beschäftigungsbewilligungen mit Gültigkeit von 12.05.2014 bis 20.07.2017. Der Beschwerdeführer habe ein Jahr ununterbrochen eine ordnungsgemäße Beschäftigung bei ein und demselben Arbeitgeber ausgeübt, sodass er die Voraussetzung des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erfülle. Aufgrund seiner mehr als einjährigen Beschäftigung bei der Firma „C.-gesellschaft mbH“ könne der Beschwerdeführer Rechte nach Art 6 Abs 1 erster Spiegelstrich des ARB Nr. 1/80 ableiten. Diesem Anspruch werde jedoch bereits mit seinem damaligen Aufenthaltstitel „Studierender“ entsprochen, sofern eine entsprechende Beschäftigungsbewilligung vorliege. Auch sehe das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz keine Zweckänderung von der Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ auf einen Aufenthaltstitel „Rot Weiß Rot – Karte plus“ vor und sei dies zur Wahrung der aus ARB 1/80 erfließenden Rechte auch nicht erforderlich.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der nunmehrige Rechtsmittelwerber Nachstehendes aus:

„Ich habe meinen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck Rot-Weiß-Rot Karte plus auf Art 6 des ARB 1/80 gestützt.

Es ist demnach zu prüfen, ob diese Bestimmung auf den konkreten Sachverhalt anwendbar ist, das heißt, ob mir meine Rechtsposition nach dem ARB 1/80 zukommt und ob ich eine Berechtigung nach dem Artikel 6 Abs 1 des Beschlusses erworben habe.

Zunächst ist Voraussetzung, dass der türkische Staatsangehörige als ein dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörender Arbeitnehmer zu qualifizieren ist. Der Begriff des Arbeitnehmers in diesem Sinne hat eine unionsrechtliche Bedeutung und darf nicht eng ausgelegt werden. Er ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten der betroffenen Person kennzeichnen.

Als Arbeitnehmer ist jeder anzusehen, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.

Im Lichte der Rechtsprechung des EuGH besteht im vorliegenden Fall kein Zweifel, dass ich – türkischer Staatsangehöriger – als Arbeitnehmer in diesem Sinne zu qualifizieren bin.

Die Anwendbarkeit des Artikel 6 Abs 1 ARB 1/80 setzt weiters voraus, dass die Beschäftigung des türkischen Staatsangehörigen in einem Mitgliedstaat der europäischen Union ordnungsgemäß ist.

Eine Beschäftigung ist ordnungsgemäß in diesem Sinne, wenn der Arbeitnehmer die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaates über die Einreise in dessen Hoheitsgebiet und über die Beschäftigung befolgt und somit das Recht hat, eine Berufstätigkeit in diesem Staat auszuüben.

Im gegenständlichen Fall ist auch von einer ordnungsgemäßen Beschäftigung auszugehen.

Eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme der aus Artikel 6 Abs 1 ARB 1/80 erfließenden Rechte ist nach dessen ersten Spiegelstrich, dass der türkische Arbeitnehmer zuvor ein Jahr bei demselben Arbeitgeber ununterbrochen ordnungsgemäß beschäftigt war. Dies verlangt somit eine vertragliche Beziehung, die eine Vertiefung des Arbeitsverhältnisses erkennen lässt. Wie dem vorliegenden Akteninhalt zu entnehmen ist, übe ich die gegenständliche Tätigkeit seit 12.07.2016 durchgehend aus. Ich kann daher eine ununterbrochene ordnungsgemäße Beschäftigung von mehr als einem Jahr vorweisen.

Folglich ist Artikel 6 Abs 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 auf den konkreten Fall anwendbar und kann ich mich auf die aus dieser Bestimmung erfließenden Gewährleistungen berufen.

Gründe (etwa der öffentlichen Ordnung), die dem entgegenstünden, sind nicht ersichtlich, insbesondere bin ich nachweislich strafrechtlich unbescholten.

Mit jenen Rechten, die einem türkischen Arbeitnehmer im Bereich der Beschäftigung verliehen werden, geht ein entsprechendes Aufenthaltsrecht einher, zumal anderenfalls die Rechte auf Zugang zum Arbeitsmarkt und auf tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung wirkungslos wären.

Das aus Artikel 6 Abs 1 ARB 1/80 folgende Aufenthaltsrecht besteht ex lege, sodass eine Aufenthaltserlaubnis nur deklarativen Charakter hat.

Im Ergebnis ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde mir - mangels einer entsprechenden innerstaatlichen Gesetzesbestimmung einer für diese Fälle auszustellenden Dokumentation – jener nationale Aufenthaltstitel zu erteilen, der dem türkischen Staatsangehörigen bestmöglich in die Lage versetzt, von seinem aus Artikel 6 Abs 1 ARB 1/80 ableitbaren Rechten im österreichischen Bundesgebiet auch in Einkunft effektiv Gebrauch machen zu können.

Der Rechtsansicht der belangten Behörde, dass ich nicht an der Ausübung meiner Berufstätigkeit gehindert sei, da ich über eine „AB-Studierender“ verfüge, ist vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen nicht zu folgen. Denn durch die Bestimmung des § 62 Abs 2 NAG darf die Erwerbstätigkeit eines Studierenden das Erfordernis des Studiums als ausschließlichen Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen. Ich beabsichtige allerdings hauptberuflich zu arbeiten.

Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz kennt allerdings keinen gesonderten Aufenthaltstitel für türkische Staatsangehörige, welche Ansprüche aus Artikel 6 oder 7 ARB 1/80 ableiten können.

Eine Niederlassungsbewilligung gäbe mir gemäß § 8 Abs 1 Z 4 NAG in der geltenden Fassung lediglich die Berechtigung zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, die aber nicht von Artikel 6 ARB umfasst ist.

Als Aufenthaltstitel, der fallbezogen zu einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit berechtigt findet sich im NAG die Rot-Weiß-Rot Karte plus gemäß § 41a. Dieser berechtigt mich zu einem befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet und zu einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit und umfasst einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Für mich kommt entsprechend dem beantragten Aufenthaltszweck kein anderer Aufenthaltstitel als Rot-Weiß-Rot-Karte plus in Betracht, ungeachtet dessen, dass dem erteilten Aufenthaltstitel selbst nur deklarative Wirkung zukommt.“

Im Zuge des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien legte der Beschwerdeführer eine Bescheidausfertigung des AMS Wien vor, in der bestätigt wird, dass die Beschäftigungsbewilligung des Beschwerdeführers für die berufliche Tätigkeit …, für die Zeit vom 21.07.2018 bis 20.07.2019 im Ausmaß von 10 Stunden pro Woche und mit einem monatlichen Entgelt von 421,- Euro brutto verlängert wird.

Mit hg. Beschluss vom 26.06.2018 wurde das gegenständliche Verfahren gemäß § 34 Abs 3 VwGVG ausgesetzt. Grund dafür war der Umstand, dass beim Verwaltungsgericht zu jenem Zeitpunkt mehrere Beschwerdeverfahren anhängig waren, in denen die Frage zu lösen war, ob und inwieweit der Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 es gebietet, einer Person, die bisher über eine Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ und seit mehr als einem Jahr, aber seit weniger als drei Jahren rechtmäßig beim selben Arbeitgeber in Österreich beschäftigt ist, aufgrund eines Zweckänderungsantrages einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gemäß § 41a NAG zu erteilen. Es war zu diesem Zeitpunkt damit zu rechnen, dass in naher Zukunft eine Vielzahl an Verfahren zu dieser Rechtsfrage, zu der bis dahin eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlte, anhängig wird. Beim Verwaltungsgerichtshof waren bereits mehrere Verfahren über Revisionen gegen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts Wien anhängig, in denen dieselbe Rechtsfrage zu lösen war, unter anderem das beim Verwaltungsgerichtshof zu Ra 2017/22/0149 protokollierte Revisionsverfahren gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 12. Juli 2017, …. Das Verfahren wurde daher ausgesetzt und sollte nach Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes in der Rechtssache Ra 2017/22/0149 an das Verwaltungsgericht Wien fortgesetzt werden.

Eine Ausfertigung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtssache Ra 2017/22/0149 langte am 05.11.2018 beim Verwaltungsgericht Wien ein. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof darin insbesondere Nachstehendes aus:

„Die gegenständliche Rechtssache gleicht in Ansehung sowohl des relevanten Sachverhalts als auch der maßgeblichen Rechtsfragen jenem Fall, über den der Verwaltungsgerichtshof jüngst mit Erkenntnis vom 9. August 2018, Ro 2017/22/0015, entschieden hat. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die ausführlichen Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Daraus ergibt sich zusammengefasst, dass der Mitbeteiligten die aus Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 abzuleitenden individuellen Rechte unmittelbar zustehen, sie jedoch keinen Anspruch auf Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" hat. Weiters ergibt sich, dass aus Art. 6 ARB 1/80 auch kein Anspruch auf Verlängerung einer bestehenden Aufenthaltsbewilligung "Studierender" abgeleitet werden kann; eine solche kommt - entgegen der Auffassung des Revisionswerbers - vielmehr nur bei Erfüllung der im NAG sowie in der Durchführungsverordnung zum NAG vorgesehenen Voraussetzungen in Betracht.“

In seinem Erkenntnis vom 9. August 2018, Zl. Ro 2017/22/0015, sprach der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:

„Im vorliegenden Fall stellte der Revisionswerber (nach Beendigung seines Studiums) einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus". Unstrittig ist, dass der Revisionswerber keine der in § 41a NAG angeführten Voraussetzungen erfüllt.

Der Revisionswerber bringt vor, dass nur der beantragte Aufenthaltstitel das ihm nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 zustehende Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt verschaffen könne. 

Dazu ist auszuführen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Wortlaut des ARB 1/80 keine expliziten aufenthaltsrechtlichen Vergünstigungen zu entnehmen sind. Allerdings impliziert ein Recht auf Beschäftigung notwendigerweise ein Aufenthaltsrecht. Dieses Aufenthaltsrecht als Folge des Rechts auf Zugang zum Arbeitsmarkt und auf die tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung ist ab diesem Zeitpunkt unmittelbar aus dem ARB 1/80 herzuleiten und wird nicht erst durch die Erteilung einer entsprechenden nationalen Erlaubnis begründet (vgl. VwGH 23.6.2015, Ro 2014/22/0038). Die sich aus Art. 6 ARB 1/80 ergebenden individuellen Rechte stehen türkischen Arbeitnehmern unmittelbar zu (VwGH 24.5.2017, Ra 2017/09/0014, Rn. 15). Eine nationale Aufenthaltsberechtigung hätte demnach bloß deklaratorischen Charakter (VwGH 10.11.2009, 2008/22/0687, mwN). Auch nach der Judikatur des EuGH stehen die nach dem ARB 1/80 zukommenden Beschäftigungs- und Aufenthaltsrechte dem türkischen Staatsangehörigen unabhängig davon zu, ob die Behörden des Aufnahmemitgliedstaates diese Papiere (gemeint: eine Arbeits- bzw. Aufenthaltserlaubnis) ausstellen; für die Anerkennung dieser Rechte haben sie nur deklaratorische Bedeutung und Beweisfunktion (EuGH 22.6.2000, Eyüp, C-65/98, Rn. 45, mwN).         

Zwar ist ein rechtliches Interesse des Betroffenen an einer Bescheinigung bzw. an einer deklarativen Feststellung des ihm nach dem ARB 1/80 zustehenden Aufenthaltsrechts anzuerkennen (vgl. in diesem Zusammenhang VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151, Rn. 18; sowie dem Grunde nach - wenn auch zu einer nicht mehr aktuellen Fassung des AuslBG - VwGH 25.6.1996, 96/09/0088). Allerdings wird dem Interesse an einer Dokumentation einer aus dem ARB 1/80 erfließenden Berechtigung dadurch Rechnung getragen, dass gemäß § 4c Abs. 1 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen ist, wenn türkische Staatsangehörige die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 erfüllen (vgl. auch VwGH 18.12.2012, 2010/09/0185, mwN, wonach mit § 4c AuslBG die innerstaatliche Umsetzung der Art. 6 und 7 ARB 1/80 erfolgen sollte). Die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 wird somit in einem Verfahren nach § 4c AuslBG geklärt. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 4c AuslBG bereits ausgesprochen, dass bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung besteht (VwGH 24.5.2017, Ra 2017/09/0014, Rn. 15). Daher ist ein Antrag auf Feststellung eines Aufenthaltsrechts nach dem ARB 1/80 unzulässig (vgl. VwGH 22.6.2006, 2005/21/0115, mwN; sowie dazu, dass eine Vorfrage, die im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu lösen ist, nicht zum Gegenstand eines selbständigen Feststellungsbescheides gemacht werden kann, VwGH 28.5.2015, Ro 2014/22/0001, mwN). 

Davon unabhängig ist die erfolgte Abweisung des Antrags auf Titelerteilung auch deshalb nicht zu beanstanden, weil - wie sich aus § 17 AuslBG ergibt - die Rechte aus dem begehrten Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" über die Berechtigung nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 hinausgehen. Ein auf den ARB 1/80 gestützter Anspruch auf Erteilung eines nationalen Aufenthaltstitels, der eine darüber hinausgehende Berechtigung einräumt, ist zu verneinen, weil dem Betroffenen nur ein entsprechendes Aufenthaltsrecht zukommt (vgl. EuGH 18.12.2008, Altun, C-337/07, Rn. 21). Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers lässt sich ein derartiger Anspruch auch nicht aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 2017, Ra 2016/22/0098, ableiten, weil darin keine Aussage zur hier vorliegenden Konstellation (des Bestehens einer Berechtigung nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80) getroffen wurde.“ 

Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:

Der 1991 geborene Rechtsmittelwerber ist türkischer Staatsangehöriger und weist seit 19.03.2010 durchgehend einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet auf. Aktuell ist er an der Anschrift D.-Straße, Wien, hauptgemeldet.

Mit Zweckänderungsantrag vom 24.01.2017, beim Amt der Wiener Landesregierung an diesem Tage persönlich durch den nunmehrigen Beschwerdeführer eingebracht, beantragte dieser die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“. Im Zuge der Einbringung dieses Antrages führte der Einschreiter zusammengefasst sinngemäß aus, dass er seine Teilzeitbeschäftigung ausbauen und wenn möglich einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehen wolle.

Der Beschwerdeführer verfügte zunächst seit 16.04.2010 über einen Aufenthaltstitel „Studierender“, wobei die ihm zuletzt erteilte Aufenthaltsbewilligung bis 03.01.2018 gültig war. Der Rechtsmittelwerber absolvierte in dieser Zeit an der Universität Wien das Bachelorstudium …. Seit 01.10.2016 ist er nunmehr an der Universität Wien für das Masterstudium … inskribiert.

Der Beschwerdeführerin ist seit 12.07.2016 bei der „C.-gesellschaft mbH“ als …, im Beschäftigungsausmaß von 10 Wochenstunden, unselbständig erwerbstätig. Für diese Erwerbstätigkeit wurden ihm vom Arbeitsmarktservice Wien Beschäftigungsbewilligungen für die berufliche Tätigkeit … für den Zeitraum von 12.05.2014 bis 20.07.2019 erteilt.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt, insbesondere auf die durch den Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 NAG berechtigt der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG.

Gemäß § 24 Abs. 1 NAG sind Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

Gemäß § 24 Abs. 4 NAG kann mit einem Verlängerungsantrag bis zur Erlassung des Bescheides ein Antrag auf Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels oder auf Änderung des Aufenthaltstitels verbunden werden. Sind die Voraussetzungen für den beantragten anderen Aufenthaltszweck oder Aufenthaltstitel nicht erfüllt, ist darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen und der bisherige Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen.

Gemäß § 3 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes darf ein Ausländer, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) hat ein türkischer Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat

         -        nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

         -        nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedsstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;

         -        nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.

Gemäß Art. 6 Abs. 2 des ARB 1/80 werden der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeiten erworbenen Ansprüche.

Die Behörde stützte die Abweisung des gegenständlichen Ansuchens auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer zwar aufgrund seiner mehr als einjährigen Beschäftigung bei der Firma „C.-gesellschaft mbH“ Rechte nach Art 6 Abs 1 erster Spiegelstrich des ARB Nr. 1/80 ableiten könne, diesem Anspruch, sofern eine entsprechende Beschäftigungsbewilligung vorliegt, jedoch bereits mit dem derzeitigen Aufenthaltstitel „Studierender“ entsprochen werde.

Der Beschwerdeführer geht seit dem 12.07.2016 bei der „C.-gesellschaft mbH“ einer Erwerbstätigkeit nach. Zu untersuchen ist im gegebenen Zusammenhang somit, ob dem Beschwerdeführer eine Rechtsposition nach dem ARB 1/80 zukommt, somit ob er ad personam eine Berechtigung nach dem Art. 6 Abs. 1 und 2 dieses Beschlusses erworben hat.

Im Hinblick auf die oben getätigten unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen war konkret zu prüfen, ob der Beschwerdeführer Rechte aus dem zitierten ARB 1/80 und damit ein aus dem Unionsrecht ableitbares, unmittelbare Wirkung entfaltendes Recht auf Zugang zur Beschäftigung im Aufnahmemitgliedstaat erworben hat. Die praktische Wirksamkeit dieses Rechts setzt zwangsläufig die Existenz eines entsprechenden Aufenthaltsrechts voraus, das ebenfalls auf dem Gemeinschaftsrecht beruht und vom Fortbestehen der Voraussetzungen für den Zugang zu diesen Rechten unabhängig ist. Denn das in Art. 7 Satz 1 zweiter Spiegelstrich des Beschlusses Nr. 1/80 vorgesehene, durch keine Voraussetzungen - nicht einmal durch einen Vorrang der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten - eingeschränkte Recht des Betroffenen, eine frei von ihm gewählte Beschäftigung aufzunehmen, würde ausgehöhlt, wenn die zuständigen nationalen Behörden die Möglichkeit hätten, die Ausübung der dem türkischen Migranten unmittelbar durch den Beschluss Nr. 1/80 verliehenen, genau bestimmten Rechte an Bedingungen zu knüpfen oder in irgendeiner Weise einzuschränken (vgl. VwGH vom 8. November 2001, Zl. 97/21/0111 mit Hinweisen auf die Judikatur des EuGH).

Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 regelt nunmehr die Voraussetzungen unter denen ein türkischer Arbeitnehmer, der rechtmäßig in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist ist und dort die Erlaubnis erhalten hat, eine Beschäftigung auszuüben, seine Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat ausüben kann. Danach darf der türkische Arbeitnehmer nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung weiterhin bei demselben Arbeitgeber arbeiten (erster Spiegelstrich) und nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung kann er sich - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten einzuräumenden Vorrangs - für den gleichen Beruf auf ein Stellenangebot eines anderen Arbeitgebers bewerben (zweiter Spiegelstrich). Im Gegensatz dazu verleiht Abs. 1 dritter Spiegelstrich nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung dem türkischen Arbeitnehmer nicht nur das Recht, sich auf ein vorliegendes Stellenangebot zu bewerben, sondern auch uneingeschränkten Zugang zu jeder von ihm frei gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis (vgl. EuGH Urteil vom 7. Juli 2005, Rs C-383/03, Dogan; EuGH Urteil vom 10. Jänner 2006, Rs C-230/03, Sedef).

 

Des Weiteren kommt türkischen Staatsangehörigen, die dem Anwendungsbereich des Assoziationsabkommens unterliegen, nach der Rechtsprechung ein unmittelbar aus dem Assoziationsrecht herrührendes Aufenthaltsrecht zu, zumal aus der unmittelbaren Wirkung des Art. 6 ARB 1/80 nicht nur folgt, dass der Betroffene hinsichtlich der Beschäftigung ein individuelles Recht unmittelbar daraus herleiten kann, sondern dass die praktische Wirksamkeit dieses Rechts außerdem zwangsläufig die Existenz eines entsprechenden Aufenthaltsrechts voraussetzt (vgl. etwa VwGH vom 15. März 2012, Zl. 2009/01/0036 mwN und unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH vom 7. Juli 2005, Rs C-383/03, Do-gan, vom 29. Oktober 2006, Rs-4/05, Güzeli und vom 29. September 2011, Rs C-187/10, Unal). Im Fall des Bestehens einer aus Art. 6 ARB 1/80 erfließenden Rechtsposition kommt einer Aufenthaltsberechtigung bloß deklaratorische Bedeutung zu.

 

Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt ist dabei die Ausübung einer tatsächlichen und echten Tätigkeit in der Eigenschaft als Arbeitnehmer, wobei solche Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die wegen ihres geringen Umfanges völlig untergeordnet und unwesentlich sind. Dabei besteht das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (EuGH vom 24. Jänner 2008, Rs C-294/06, Payir et. al, EuGH vom 19. November 2002, Rs C-188/00, Bülent Kurz, geb. Yüce).

 

Eine Berechtigung nach Art. 6 ARB 1/80 kommt somit nur solchen türkischen Arbeitnehmern zu, die während bestimmter Zeiträume eine gesicherte und nicht nur eine vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt innehaben. Während dieser Zeiträume muss sowohl die Beschäftigung des betroffenen türkischen Arbeitnehmers im Einklang mit den arbeitsrechtlichen, als auch sein Aufenthalt mit den nicht nur eine vorübergehende Position sichernden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates gestanden sein (VwGH vom 24. Februar 2009, Zl 2008/22/0410 mwN, EuGH vom 19. November 2002, Rs C-188/00, Bülent Kurz, geb. Yüce).

 

Aus der soeben wiedergegebenen Judikatur folgt somit, dass nicht jeder Student, der türkischer Staatsangehöriger ist und während seines Studiums einer Erwerbstätigkeit nachgeht, sich auf Art. 6 Abs 1 ARB 1/80 berufen kann. Vielmehr müssen die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen in einer Form erfüllt sein, wie sie vom Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 24. Jänner 2008, C 294/06 (Rs. Payir ua), in den Rz 27 ff näher dargestellt wurden (vgl. VwGH vom 18. Juni 2009, Zl. 2008/22/0796). Danach wird die Zugehörigkeit zum „regulären Arbeitsmarkt“ aufgrund einer „gesicherten“ und nicht nur „vorläufigen Position“ sowie die Ausübung einer „tatsächlichen und echten“ und nicht nur „wegen ihres geringen Umfanges völlig untergeordneten und unwesentlichen Tätigkeit“ im erforderlichen zeitlichen Ausmaß gefordert (vgl. auch VwGH vom 25. Februar 2010, Zl. 2007/21/0429).

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist rechtmäßig nach Österreich eingereist und hält sich auf Grund des rechtzeitig vor Ablauf des letzten Aufenthaltstitels „Studierender“, gültig bis 03.01.2018, eingebrachten Verlängerungsantrages verbunden mit einem Zweckänderungsantrag gemäß § 24 Abs. 4 NAG rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er geht aufgrund einer ihm erteilten Beschäftigungsbewilligung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nach und beabsichtigt auch weiterhin einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er kann sich somit auf Art. 13 ARB 1/80 berufen.

Aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 ergibt sich wie dargestellt, dass türkische Staatsangehörige nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung weiterhin bei demselben Arbeitgeber arbeiten dürfen (erster Spiegelstrich). Da der Beschwerdeführer seit 12.07.2016, somit mehr als ein Jahr durchgehend, einer nicht bloß untergeordneten unselbstständigen Erwerbstätigkeit … im Ausmaß von zumindest 10 Wochenstunden beim selben Arbeitgeber, der „C.-gesellschaft mbH“ nachgeht und auch weiterhin beabsichtigt, dieser Beschäftigung … beim selben Arbeitgeber nachzugehen, erfüllt er seit Ablauf des 11.07.2017 die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 und hat demnach Anspruch auf die Verlängerung seiner arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung und auf ein entsprechendes Aufenthaltsrecht zwecks Durchsetzung seiner beschäftigungsrechtlichen Position. Dementsprechend wurde die Beschäftigungsbewilligung vom Arbeitsmarktservice Wien bereits verlängert. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer jedoch noch keine weiteren Rechte, insbesondere nicht das Recht auf unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt im Sinne des Art. 6 Abs. 1 dritter Spiegelstrich nach Art. 6 ARB 1/80 erworben, da er noch nicht vier Jahre beim selben Arbeitgeber beschäftigt gewesen ist (vgl. EuGH Urteil 10. Jänner 2006, Rs C-230/03, Sedef).

Dem Wortlaut des ARB 1/80 sind nach der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine expliziten aufenthaltsrechtlichen Vergünstigungen zu entnehmen (vgl. Akyürek, Das Assoziationsabkommen EWG-Türkei, 124). Allerdings impliziert ein Recht auf Beschäftigung notwendigerweise ein Aufenthaltsrecht. Dieses Aufenthaltsrecht als Folge des Rechts auf Zugang zum Arbeitsmarkt und auf die tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung ist ab diesem Zeitpunkt unmittelbar aus dem ARB 1/80 herzuleiten und wird nicht erst durch die Erteilung einer entsprechenden nationalen Erlaubnis begründet. Deshalb hat eine Aufenthaltserlaubnis für die Anerkennung des Aufenthaltsrechtes nur eine deklaratorische Bedeutung und Beweisfunktion (vgl. auch dazu Akyürek, a.a.O., 124f, sowie das hg. Erkenntnis vom 10.11.2009, 2008/22/0687).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. August 2018, Zl. Ro 2017/22/0015, ausgesprochen hat, ist zwar ein rechtliches Interesse des Betroffenen an einer Bescheinigung bzw. an einer deklarativen Feststellung des ihm nach dem ARB 1/80 zustehenden Aufenthaltsrechts anzuerkennen, allerdings wird dem Interesse an einer Dokumentation einer aus dem ARB 1/80 erfließenden Berechtigung dadurch Rechnung getragen, dass gemäß § 4c Abs. 1 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen ist, wenn türkische Staatsangehörige die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 erfüllen. Die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 wird somit in einem Verfahren nach § 4c AuslBG geklärt. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 4c AuslBG bereits ausgesprochen, dass bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung besteht, sodass ein Antrag auf Feststellung eines Aufenthaltsrechts nach dem ARB 1/80 unzulässig ist (vgl. dazu auch VwGH vom 22. Juni 2006, 2005/21/0115; VwGH vom 24. Mai 2017, Ra 2017/09/0014, Rn. 15). Des Weiteren stellte das Höchstgericht im Erkenntnis vom 9. August 2018, Zl. Ro 2017/22/0015, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH vom 18. Dezember 2008, Altun, C-337/07, Rn. 21, fest, dass - wie sich aus § 17 AuslBG ergibt - die Rechte aus dem begehrten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“ über die Berechtigung nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 hinausgehen. Ein auf den ARB 1/80 gestützter Anspruch auf Erteilung eines nationalen Aufenthaltstitels, der eine darüber hinausgehende Berechtigung einräumt, ist zu verneinen, weil dem Betroffenen nur ein entsprechendes Aufenthaltsrecht zukommt.

Im Hinblick auf diese Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bislang auf Grund seiner seit mehr als einem Jahr ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit noch kein Recht auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben hat. Somit gehen auch in seinem Fall die Rechte aus dem beantragten Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“ über die vom Beschwerdeführer erworbene Berechtigung nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80, wonach er weiterhin bei demselben Arbeitgeber arbeiten kann, hinaus. Ebenso erfüllt der Beschwerdeführer nicht die Voraussetzungen des § 41a NAG. Auf Grund der nunmehr vorliegenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erging der angefochtene Bescheid zu Recht und war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verlängerungsantrag; Zweckänderungsantrag; Assoziierungsabkommen; Aufenthaltsrecht; Arbeitsverhältnis; unselbständige Erwerbstätigkeit; Beschäftigungsbewilligung

Anmerkung

VfGH v. 11.6.2019, E 1446/2019; Ablehnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.005.2120.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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