TE Vwgh Erkenntnis 1999/3/23 97/02/0127

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Veröffentlicht am 23.03.1999
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Index

L67008 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Vorarlberg;

Norm

GVG Vlbg 1993 §5 Abs1 lita;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs1;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs2 litd;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde 1. des H O und 2. des G S, beide in F, beide vertreten durch Dr. Hansjörg Klocker, Rechtsanwalt in Bregenz, Römerstraße 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 18. Februar 1997, Zl. 3-1-62/96/K4, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. Februar 1997 wurde der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 31. Oktober 1996, mit dem dem Zweitbeschwerdeführer die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Erwerb näher bezeichneter Liegenschaften inneliegend in der KG Fußach versagt wurde, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 lit. a und § 5 Abs. 2 lit. b und d des Grundverkehrsgesetzes (im folgenden: GVG) keine Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides hat die belangte Behörde ausgeführt, bei einem der Grundstücke handle es sich um eine im Naturschutzgebiet gelegene Streuwiese. Die Grundstücke Nr. 1067, 1078/1 und 1079/1 seien teilweise ein bis zwei Meter tiefer als das Niveau der angrenzenden Flächen gelegen; der Boden sei durch das anstehende Grundwasser, das periodisch über die Geländeoberkante aufsteige, gekennzeichnet und der Bewuchs bestehe vorwiegend aus mehr als zehn Jahre alten Laubgehölzen. Der südliche Teil des Grundstückes Nr. 1075/1 sei eine als Streue nutzbare Grundfläche. Daran schließe sich ein Gehölzstreifen an, der mit den beschriebenen drei Grundstücken vergleichbar sei; der nördlichste Grundstücksteil sei Teil eines größeren Teiches. Die Grundstücks-Nr. 1074/1 habe ein Ausmaß von 184 m2 , die südlichen 100 m2 seien eine Streuewiese, der Rest ungenutzer Schilfbestand. Die Kaufliegenschaften wiesen ein Ausmaß von insgesamt 24.195 m2 auf und befänden sich in der KG Fußach. Das Gebiet, in dem die Grundstücke lägen, sei im Flächenwidmungsplan als Freifläche-Landwirtschaftsgebiet ausgewiesen und es befände sich darüber hinaus innerhalb des mit Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Festlegung von überörtlichen Freiflächen in der Talsohle des Rheintales, LGBl. Nr. 8/1977, (Grundzone Rheintal), festgelegten Gebietes. Der Kaufpreis für sämtliche Grundstücke betrage S 8,5 Mio, dies entspräche einem m2-Preis von ca. S 350,--. Der Zweitbeschwerdeführer sei von Beruf Gastwirt. Er sei Eigentümer von 4,9 ha Grund. 4.100 m2 Grundfläche seien den Kaufgrundstücken benachbart und stellten Sumpfgebiet dar. Der Rest seien jene schilfbewachsenen Grundstücke, die im Nahebereich seines Wohnhauses (Restaurant und Campingplatz) lägen. Der Zweitbeschwerdeführer habe auch drei Rinder als Stellvieh angeschafft; er sei jedoch kein Landwirt und besitze auch keinen landwirtschaftlichen Betrieb, in dessen Rahmen die Kaufliegenschaften bewirtschaftet würden. Er habe auch keine Angaben über die beabsichtigte Bewirtschaftung nach der Kultivierung getätigt. Aus seinen Ausführungen ergebe sich vielmehr, daß er die Kaufliegenschaften mit anderen Grundstücken tauschen wolle, um seinen Grundbesitz im Nahbereich seines bestehenden Restaurants bzw. Campingplatzes zu vergrößern.

Bei den gegenständlichen Grundstücken handle es sich um landwirtschaftliche Grundstücke. Aus den Ausführungen des Amtssachverständigen für Landwirtschaft ergebe sich, daß nur das Grundstück Nr. 598/2 und etwa die Hälfte des Grundstückes 1075/1 ohne Kultivierungsarbeiten nutzbar und auch in den vergangenen Jahren genutzt worden seien. Eine Rekultivierung der anderen Flächen sei durch Auffüllen mit Aushubmaterial leicht durchführbar, wobei die Beschaffung von Aushubmaterial aufgrund der knappen Kapazität an Aushubdeponien leicht möglich sei. Im Fall einer Rekultivierung sei zu erwarten, daß die Flächen mehrmähdiges Grünland würden. Insgesamt sei daher davon auszugehen, daß sich die Flächen, soweit sie nicht schon landwirtschaftlich nutzbar seien, nach Rekultivierungsmaßnahmen für eine landwirtschaftliche Nutzungen eigneten. Solche Flächen sollten aber nach den Intentionen des Grundverkehrsgesetzes von Landwirten im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaftet und betrieben werden.

Der Amtssachverständige für Landwirtschaft habe hinsichtlich des ortsüblichen Preises dargetan, dieser betrage für als Streuefläche nutzbare Grundstücke maximal 25 bis 35 S/ m2. Für die restlichen Flächen sei aufgrund ihrer Einzigartigkeit kein Vergleichswert bekannt; allerdings sei im Falle der Rekultivierung zu erwarten, daß die Flächen mehrmähdiges Grünland würden, wobei die ortsüblichen Preise für solche Flächen bei 80 bis 100 S/ m2 lägen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beschwerdeführer, wonach eine Rekultivierung nur mit großem finanziellem Aufwand zu bewerkstelligen wäre, müsse der m2-Preis unterhalb des ortsüblichen Preises von 80 bis 100 S/m2 angesetzt werden. Es sei somit davon auszugehen, daß der gegenständliche Kaufpreis von ca. 350 S/m2 den ortsüblichen Preis jedenfalls erheblich übersteige. Derart hohe Grundstückspreise führten zu einer ungesunden Preisentwicklung und damit insgesamt zu einer Beeinträchtigung der durch das Grundverkehrsgesetz geschützten landwirtschaftlichen Interessen.

Der beabsichtigte Rechtserwerb widerspreche daher dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlichen gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. a

VGVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

§ 5 Grundverkehrsgesetz (Vorarlberger LGBl. Nr. 61/1993) lautet:

"(1) Der Rechtserwerb darf nur genehmigt werden,

a) - im Falle landwirtschaftlicher Grundstücke - wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes entspricht und der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hat oder, soweit ein solches nicht in Frage kommt, er der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht,

b)

...

c)

...

(2) Die Voraussetzungen des Abs. 1 sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn

a)

...

b)

die Gegenleistung den ortsüblichen Preis des Grundstückes erheblich übersteigt,

c)

...

d)

anzunehmen ist, daß die Selbstbewirtschaftung längerfristig nicht gesichert ist oder die zur Selbstbewirtschaftung erforderlichen fachlichen Kenntnisse nicht vorliegen,

......."

§ 2 Abs. 1 leg. cit. lautet:

"(1) Ob ein Grundstück ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück ist, ist nicht nach der aus dem Grundsteuer- oder Grenzkataster ersichtlichen Benützungsart, sondern nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner tatsächlichen Verwendung zu beurteilen. Als landwirtschaftliche Grundstücke gelten jedenfalls Grundstücke, die als Landwirtschaftsgebiet gewidmet sind. Keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Baugrundstücke."

Die Beschwerdeführer weisen zunächst darauf hin, daß der zweite Abschnitt des § 5 Abs. 1 lit. a VGVG nach dem "oder" (gemeint: § 5 Abs. 1 lit. a zweiter Halbsatz leg. cit.) ausführe, daß wenn Abschnitt 1 (gemeint wohl: § 5 Abs. 1 lit. a erster Halbsatz leg. cit.), also der Erwerb durch einen Landwirt, nicht in Frage komme, der Rechtserwerb genehmigt werden dürfe, wenn dieser der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspreche. Widerspreche dies nicht, so könne also auch ein Nichtlandwirt landwirtschaftliche Grundstücke erwerben. Als Begründung für die Versagung der Genehmigung seien im angefochtenen Bescheid zwei dieser Gründe angeführt, nämlich daß die Gegenleistung den ortsüblichen Preis der Grundstücke erheblich übersteige und daß anzunehmen sei, daß die Selbstbewirtschaftung durch den Zweitbeschwerdeführer längerfristig nicht gesichert sei. Wenn der Erwerb durch einen Nichtlandwirt der Erhaltung und Schaffung eines gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspreche, das Grundstück also für landwirtschaftliche Zwecke völlig uninteressant sei, spiele der Preis keine Rolle; es könne auch ein allenfalls überhöhter Preis die Gegenleistung für landwirtschaftlich interessante Flächen nicht in die Höhe treiben. Für die landwirtschaftlich nicht nutzbaren Flächen bestehe nach den Ausführungen des Sachverständigen gar kein ortsüblicher Preis. Es könne daher die Frage, ob die Selbstbewirtschaftung längerfristig gesichert sei oder nicht oder die erforderlichen fachlichen Kenntnisse vorlägen, völlig außer Betracht bleiben, weil ja unter den genannten Voraussetzungen auch ein Nichtlandwirt erwerben dürfe. Bei richtiger Rechtsanwendung könne es nach Meinung der Beschwerdeführer im gegebenen Falle lediglich um die Frage gehen, ob der Erwerb durch den Zweitbeschwerdeführer der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspräche oder nicht.

Hiezu ist auszuführen, daß § 5 Abs. 1 lit. a GVG eine Generalklausel darstellt, nach der der Rechtserwerb an landwirtschaftlichen Grundstücken grundsätzlich nur dann zu genehmigen ist, "wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes entspricht ...". Für den Fall, daß - etwa bei Rechtserwerben zu anderen Zwecken als der Landwirtschaft - ein solches allgemeines Interesse nicht in Frage kommt, wird jedoch eine "Widerspruchslösung" normiert: Die Genehmigung ist in diesem Fall schon zu erteilen, wenn der Rechtserwerb "der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht".

Die im § 5 Abs. 2 VGVG umschriebenen besonderen Versagungsgründe wirken jedoch absolut (arg.: "Die Voraussetzungen des Abs. 1 sind insbesondere dann nicht erfüllt ....."). Die Genehmigung ist jedenfalls und ohne weitere Prüfung nach der Generalklausel zu versagen.

Die Beschwerdeführer verkennen daher die Rechtslage, wenn sie ausführen, daß sich aus dem Gesetz keinerlei Anhaltspunkte ergäben, daß die im § 5 Abs. 2 VGVG genannten Gründe lediglich im Falle des § 5 Abs. 1 lit. a erster Halbsatz VGVG zur Anwendung gelangen.

Zur Frage des ortsüblichen Preises bringen die Beschwerdeführer vor, daß für die landwirtschaftlichen, nicht ohne Rekultivierungsmaßnahmen nutzbaren Flächen aufgrund ihrer Einzigartigkeit kein Vergleichswert bestünde. Den Feststellungen des angefochtenen Bescheides ist jedoch zu entnehmen, daß der Amtssachverständige für Landwirtschaft hiezu ausgeführt hat, daß im Falle der Rekultivierung zu erwarten sei, daß die Flächen mehrmähdiges Grünland würden, wobei die ortsüblichen Preise für solche Flächen bei 80 bis 100 S/ m2 lägen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beschwerdeführer, wonach eine Rekultivierung nur mit großem finanziellem Aufwand zu bewerkstelligen wäre, müsse der m2-Preis unterhalb des ortsüblichen Preises von 80 bis 100 S/m2 angesetzt werden..

Der gegenständliche Kaufpreis von ca. S 350,--/m2 übersteigt damit die Gegenleistung für den ortsüblichen Preis der (nicht kultivierten) Grundstücksteile erheblich, sodaß jedenfalls der absolute Versagungsgrund des § 5 Abs. 2 lit. b VGVG gegeben ist.

Die Beschwerdeführer bringen ferner vor, daß die Grundstücke vom Erstbeschwerdeführer landwirtschaftlich nie genutzt worden seien. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Kaufliegenschaften deshalb als landwirtschaftliche Grundstücke gelten, weil sie als Landwirtschaftsgebiet gewidmet sind, kommt der Versagungstatbestand der mangelnden Selbstbewirtschaftung auch dann zum Tragen, wenn das Grundstück schon vom bisherigen Eigentümer nicht selbst bewirtschaftet worden ist.

Zum Begriff der "landwirtschaftlichen Nutzung" gehört es, daß betriebliche Merkmale vorliegen, somit eine planvolle, grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit ausgeübt wird, oder jedenfalls beabsichtigt ist, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen Landwirtschaftsbetriebes rechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/06/0189). Dadurch ist sichergestellt, daß die Bestimmungen des GVG nicht durch die Ausübung eines "Hobbys" umgangen werden.

Die vom Zweitbeschwerdeführer angestrebte Nutzung der Kaufliegenschaften bietet ihm jedenfalls keinen nachhaltigen Beitrag zur Sicherung seiner Existenz. Der Zweitbeschwerdeführer ist nämlich von Beruf Gastwirt; er verfügt zwar über einen Viehbestand von drei Stück Stellvieh, nicht jedoch über einen landwirtschaftlichen Betrieb, in dessen Rahmen die Kaufliegenschaft (Ausmaß: 24.195 m2) bewirtschaftet werden könnte. Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, daß keine gewinnbringende, sondern allenfalls eine hobbymäßige Landwirtschaft geplant wäre. Gemäß § 5 Abs. 2 lit. d VGVG ist daher anzunehmen, daß die Selbstbewirtschaftung längerfristig nicht gesichert ist. Auch aus diesem absoluten Versagungsgrund heraus war daher die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu versagen.

Die von den Beschwerdeführern unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgebrachte Rüge, daß der Landschaftspfleger H.M. zum Beweise dafür, daß von Seiten der Landwirte keinerlei Interesse daran bestünde, die Streuflächen käuflich zu erwerben oder überhaupt landwirtschaftlich zu nutzen, nicht einvernommen wurde, ist im Hinblick auf das von der belangten Behörde ohne Rechtsirrtum angenommene Vorliegen absoluter Versagungsgründe rechtlich ohne Belang.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. März 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997020127.X00

Im RIS seit

09.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.04.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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