TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/19 W204 2204218-2

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Veröffentlicht am 19.02.2019
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Entscheidungsdatum

19.02.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
BWG §63
BWG §70 Abs1 Z1
BWG §70 Abs1 Z2
FMABG §22 Abs2a
VwGG §33 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W204 2204218-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER als Vorsitzende und die Richter Dr. Stefan KEZNICKL und Mag. Philipp CEDE, LL.M., als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Hausmaninger Kletter Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 19.07.2018, GZ: FMA-KI23 5304/0036-ABS/2018, in einer Angelegenheit nach dem Bankwesengesetz zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Bescheid vom 19.07.2018, GZ. FMA-Kl23 5304/0036-ABS/2018, zugestellt am 23.07.2018, forderte die Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: FMA) die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) unter Bezugnahme auf § 70 Abs. 1 Z 2 BWG zur Auskunftserteilung auf, wobei binnen sechs Wochen ab Erhalt des Bescheides der vollständige Inhalt des geprüften Jahresabschlusses 2016 der XXXX (im Folgenden: Gesellschaft) samt etwaiger Anhänge und Beilagen mitzuteilen oder - alternativ - eine vollständige Kopie des geprüften Jahresabschlusses 2016 der Gesellschaft samt etwaiger Anhänge und Beilagen als Auskunft zu übermitteln sei.

Begründend führte die FMA aus, dass von der BF als Bankprüferin die Daten des jüngsten geprüften Abschlusses der Gesellschaft anzufordern seien, um der Aufsicht, insbesondere aber der Gutachterin Oesterreichische Nationalbank (im Folgenden: OeNB), eine Prüfung der Werthaltigkeit deren externen Garantie an die XXXX (im Folgenden: Bank AG) zu erlauben. Gemäß mündlicher Auskunft des Geschäftsführers der BF vom 18.07.2018 verfüge diese über ein Exemplar des geprüften Jahresabschlusses 2016 der Gesellschaft. Die festgesetzte Leistungsfrist von sechs Wochen sei angemessen, da die angeforderten Informationen bereits in der BF vorhanden seien und daher die Übermittlung dieser Informationen innerhalb genannter Frist jedenfalls gelingen könne.

In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerde gemäß § 22 Abs. 2 FMABG iVm § 12 VwGVG keine aufschiebende Wirkung zukomme.

I.2. Dagegen erhob die BF am 16.08.2018 Beschwerde und führte begründend im Wesentlichen aus, dass der Bescheid gesetzlich nicht gedeckt sei. Während § 70 Abs. 1 Z 1 BWG die Kreditinstitute neben der Auskunftserteilung zur Vorlage verpflichte sowie Auskunfts-, Vorlage- und Einschaurechte enthalte, umfasse Z 2 lediglich ein Einholen von Auskünften und unterscheide sich damit massiv. Das Verlangen, ein Schriftstück vorzulegen, und die Ermöglichung der Einsichtnahme in Schriftstücke seien nicht dem "Verlangen von Auskünften" gleichzuhalten. Um mit den eingeschränkten Befugnissen der FMA gegenüber dem Bankprüfer gemäß Z 2 leg cit kein Informationsdefizit der FMA zu schaffen, habe der Gesetzgeber die Informationsrechte der FMA gegenüber dem beaufsichtigten Kreditinstitut gemäß Z 1 leg cit besonders weit gestaltet. Das Kreditinstitut sei damit die zentrale Informationsquelle der FMA für benötigte Unterlagen. Der Bankprüfer habe (primär) die Aufgabe, die Gesetzmäßigkeit des Jahresabschlusses des Kreditinstituts zu prüfen (§ 63 Abs. 4 BWG) und dazu den bankaufsichtlichen Prüfbericht zu erstellen. Seine Aufgabe sei es nicht, Lagerstelle für Unterlagen des geprüften Kreditinstituts zu sein, um solche nach Auftrag der FMA herauszugeben. Weil das Kreditinstitut ohnehin selbst alle zur Verfügung stehenden Unterlagen der FMA nach Auftrag auszufolgen habe (Z 1 leg cit), wäre dies eine Verdoppelung der Bürde und sei vom Gesetzgeber klar nicht vorgesehen. Der bekämpfte Bescheid könne sich folglich nicht auf ein gesetzlich der FMA eingeräumtes Recht gegenüber dem Bankprüfer stützen, weshalb er aufzuheben sei.

Der bescheidmäßig ergangene Auftrag der FMA betreffe zudem kein von der Antragstellerin oder dem geprüften Kreditinstitut erstelltes Dokument, sondern sei der Jahresabschluss einer dritten Gesellschaft mit Sitz außerhalb Europas. Die BF verschließe sich nicht dem Informationsbedarf der FMA, damit diese ihren Aufsichtspflichten nachkommen könne. Daher habe sie, vertreten durch den Geschäftsführer, der FMA am 18.07.2018 mündlich mitgeteilt, dass sie in ihrer Eigenschaft als Bankprüferin der Bank AG und auf Basis der vorgenommenen Prüfungshandlungen im Rahmen der Beurteilung des gesamten Abschlusses den Wertansatz der Garantie (abgegeben von der Gesellschaft) im Jahresabschluss der Bank AG zum Geschäftsjahr 2017 nicht bemängle. Insofern habe die BF der FMA bereits jene Auskunft - über die eigene Handlung (Prüfung der Richtigkeit des Ansatzes der von der Gesellschaft abgegebenen Garantie durch die Bank AG) - erteilt, welche unter Z 2 leg cit von ihr als Bankprüferin eingefordert werden könne. Eine vollständige schriftliche Wiedergabe oder Herausgabe von Unterlagen Dritter sei vom Begriff der "Auskunftserteilung" gemäß Z 2 leg cit nach Willen des Gesetzgebers nicht umfasst.

Überdies sei die BF eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und seien ihre Mitarbeiter standesrechtlich zur Geheimhaltung verpflichtet. Es liege auch eine vertragliche Geheimhaltungspflicht vor, weil die Gesellschaft vor Übermittlung des eigenen geprüften Jahresabschlusses von der BF zusätzlich die Zusage eingeholt habe, die für die Prüfung zu übermittelnden Unterlagen geheim zu halten, dies auch gegenüber der FMA.

Im Verfahren vor dem BVwG zu GZ W231 2163626-1/43E habe die FMA von unterschiedlichen Quellen belastbare Aussagen zur gegebenen Werthaltigkeit der Garantie der Gesellschaft erhalten; dies sowohl von Organmitgliedern der Bank AG als auch von informierten Vertretern der Gesellschaft und eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens. Dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, dass eine schriftliche Wiedergabe oder Herausgabe des geprüften Jahresabschlusses 2016 der Gesellschaft (samt Beilagen) die einzige Informationsquelle wäre, um der FMA die Erfüllung ihrer Aufsichtspflichten zu ermöglichen.

Es wurde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ersatzlos zu beheben.

I.3. Mit Beschluss vom 31.08.2018 wies das Bundesverwaltungsgericht den gleichzeitig mit der Beschwerde erhobenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde mangels Konkretisierung und aufgrund des Überwiegens des öffentlichen Interesses ab.

I.4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.09.2018, zugestellt am 02.10.2018, wurde die Beschwerde durch die FMA zurückgewiesen, weil die BF die geforderte Auskunft mittlerweile erteilt habe, weshalb bei dieser kein Rechtsschutzinteresse (mehr) vorliege.

I.5. Dagegen brachte die BF am 16.10.2018 den gegenständlichen Vorlageantrag ein, in dem zunächst der Wegfall der Beschwer bestritten und zu den Beschwerdegründen ergänzend ausgeführt wird, dass der Bescheid auch wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO rechtswidrig sei. Die FMA habe ihren Spruch unzulässig weit formuliert, weil sie keinerlei Rücksicht auf datenschutzrechtlich privilegierte Angaben nehme. Der Jahresabschluss beinhalte besonders geschützte personenbezogene Daten, die einem besonderen Schutzniveau unterlägen. Die von der FMA durchgesetzte zwangsweise Übermittlung sei eine Verarbeitung im Sinne der DSGVO. Eine solche sei nur dann zulässig, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich sei, der der Verpflichtete unterliege. Das sei aus bereits in der Beschwerde genannten Gründen nicht der Fall, sodass die Verarbeitung mangels Zustimmung der Gesellschaft rechtswidrig sei. Aufgrund dessen bestehe ein Löschungsanspruch der BF, auch deswegen sei die Beschwer nicht weggefallen. Zur Unterstützung ihrer Ansicht legte die BF ein Rechtsgutachten vor, aus dem sich ergebe, dass sich die FMA nicht auf § 70 Abs. 1 Z 2 BWG stützen könne.

I.6. Am 25.10.2018 legte die FMA den Vorlageantrag samt dazugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

I.7. Am 23.11.2018 nahm die FMA Stellung zu den Ausführungen der BF im Vorlageantrag und führte wiederum aus, dass die BF kein Rechtsschutzinteresse mehr habe und die Beschwerde daher zurückzuweisen sei. Die im Vorlageantrag vorgebrachten Interessen seien nicht relevant, da allenfalls reflexartige Interessen nicht zur Beurteilung der Gegenstandslosigkeit heranzuziehen seien. Die "Unverbesserbarkeit" der Rechtsposition der BF zeige sich auch durch ihren nunmehrigen Bezug auf die DSGVO, da eine Aufhebung des Bescheids die Datenverarbeitung durch die BF rechtswidrig mache, wodurch die BF schadenersatzpflichtig werde. Die BF wäre daher nicht nur nicht besser, sondern schlechter gestellt.

I.8. Am 11.01.2019 äußerte sich die BF dahingehend, dass die FMA bei ihren Ausführungen die DSGVO unberücksichtigt lasse. Gerade daraus ergebe sich die Beschwer der BF.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Sachverhaltsfeststellungen

Die auf den XXXX inkorporierte Gesellschaft, XXXX , hat am 25.06.2014 gegenüber der XXXX (im Folgenden: Bank AG) eine Erfüllungsübernahme für künftig allenfalls entstehende Steuerlasten aus bestimmten Abgabeverfahren bis zur Höhe von maximal 38 Mio. EUR erklärt.

Die Bank AG ist gegenüber dieser in ihrer Eigentümersphäre stehenden Gesellschaft substantiellen Konzentrationsrisiken ausgesetzt.

Die Bank AG verfügt selbst über keine detaillierten Jahresabschlüsse der Gesellschaft und ihren Vertretern sind nur Teile der Jahresabschlüsse bekannt. Der BF liegt der geprüfte Jahresabschluss der Gesellschaft aus dem Jahr 2016 vor.

Die BF hat diesen Jahresabschluss der FMA am 04.09.2018 übermittelt.

II.2. Beweiswürdigung

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen Akten der FMA und des Bundesverwaltungsgerichts.

Der Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den Akten und wurde bereits durch die FMA in deren Bescheid beziehungsweise Beschwerdevorentscheidung festgestellt sowie von der BF während des gesamten Verfahrens nicht bestritten. Dass die Bank AG selbst über keine Jahresabschlüsse der Gesellschaft verfügt und deren Vertreter - ohne sich Notizen machen zu können - nur in ausgewählte Teile des Jahresabschlusses Einsicht nehmen konnten, ergibt sich auch aus dem von der BF selbst ins Verfahren eingebrachten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.05.2018 zu W231 2163626-1.

II.3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Über Beschwerden gegen Bescheide der FMA entscheidet gemäß § 22 Abs. 2a FMABG das Bundesverwaltungsgericht durch Senat. Es liegt daher gegenständlich Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles (§§ 63 bis 73 AVG), die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

II.3.2. Zum Rechtsschutzinteresse der BF:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. In welchen Fällen ein Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Ein Beschwerdeverfahren kann in Anlehnung an § 33 VwGG und die dazu ergangene Judikatur eingestellt werden (VwGH 27.07.2017, Ra 2017/07/0014; 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde. Bei einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist § 33 Abs. 1 VwGG aber nicht auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofs hat und somit materiell klaglos gestellt wurde (VwGH 30.12.2017, Ra 2015/22/0168).

Das rechtliche Interesse an der Entscheidung kann insbesondere durch Änderungen maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art wegfallen (VwGH 27.02.2015, 2013/06/0117). Eine Partei hat keinen Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (VwGH 28.05.2013, 2010/10/0010).

Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses. Dieses besteht im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Es wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird beziehungsweise wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (VwGH 27.11.2018, Ra 2018/02/0162).

Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor: Der FMA ist zwar insofern zuzustimmen, als die von der BF geltend gemachten allenfalls eintretenden Schadenersatzansprüche nicht zur rechtlich geschützten Interessenssphäre zählen, die zur Beschwerdeerhebung beziehungsweise zur Beschwerdefortführung legitimiert (VwGH 28.05.2013, 2010/17/0026), allerdings liegt ein Rechtsschutzbedürfnis nur dann nicht mehr vor, wenn eine Entscheidung lediglich über abstrakt-theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (VwGH 27.07.2017, Ra 2017/07/0014). Die BF hat die von der FMA geforderten Unterlagen nur aufgrund der Verpflichtung aus dem an sie ergangenen Bescheid vom 19.07.2018, wobei einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt war, übermittelt. Die BF macht hier zu Recht geltend, dass sie im Falle des Obsiegens Anspruch auf Löschung der übermittelten Daten habe. Sollte sie mit diesem Vorbringen durchdringen, kann jedoch nicht die Rede davon sein, dass der Frage keine praktische Relevanz mehr zukommen würde.

Im Übrigen lassen sich auch unter Heranziehung der Rechtsstaatsprinzipien - abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Aufträgen nach § 70 BWG, wonach das Beschwerdeverfahren bei Auftragserfüllung einzustellen ist (zu dieser Judikatur siehe VwGH 22.10.2007, 2006/17/0106; 28.05.2013, 2010/17/0026; 17.11.2014, 2010/17/0039) - gute Gründe dafür ins Treffen führen, dass das Beschwerdeverfahren nicht einzustellen ist. Dies entspricht der zu sonstigen Verwaltungsmaterien ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verwaltungspolizeilichen Aufträgen: Eine Erfüllung nach dem Zeitpunkt der Erlassung eines in Beschwerde gezogenen Auftrags stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, die auch nach dieser Novelle aufrecht erhalten wurde, vgl. VwGH 26.11.2015, Ra 2015/07/0118 mwN) keine im Beschwerdeverfahren zu beachtende Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes dar. Die Umsetzung eines Bescheides, der eine Leistung auferlegt, in die Wirklichkeit kann weder eine noch anhängige Berufung (Beschwerde) gegenstandslos machen noch die Entscheidung der Berufungsbehörde (des Verwaltungsgerichts) in einem bestimmten Sinn festlegen (VwGH 30.08.1994, 94/05/0067; 17.10.2002, 98/07/0061; VwSlg. 16.871 A/2006). Diese Rechtsprechung geht zurück u.a. auf das Erkenntnis eines verstärkten Senats des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlg. 4040 A/1956), in dem dieser aussprach, dass eine Anwendung des Grundsatzes, dass die Rechtsmittelbehörde auch nach Bescheiderlassung eingetretene Änderungen zu berücksichtigen hat, auf solche Änderungen des Sachverhaltes, die "nur auf die Herstellung des dem Bescheid der Unterbehörde entsprechenden Zustandes zurückzuführen" sind, zur Folge haben würde, "daß die Berufungsbehörde gar nicht in die Lage kommen könnte, ihre Funktion als rechtliche Kontrollinstanz - das Wesen der Berufung besteht ja vorwiegend in der Herbeiführung der Entscheidung der im Instanzenzug übergeordneten Behörde über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides - auszuüben". Der Gerichtshof betonte, dass es "schon aus Gründen des Rechtsschutzes, der demjenigen, der ein Leistungsgebot befolgt, nicht gerade deswegen genommen werden" dürfe, "geboten" sei, "de[n] Umstand einer Erfüllung eines erstinstanzlichen Leistungsbefehles durch den Bescheidadressaten nach Erlassung des Bescheides für den Inhalt der über den Leistungsbefehl zu erlassenden [Rechtsmittel]entscheidung als unbeachtlich zu beurteilen" (vgl. zB VwGH 17.10.2002, 98/07/0061).

Da die Beschwerde somit entgegen der Ansicht der FMA zulässig ist, mit der Beschwerdevorentscheidung jedoch zurückgewiesen wurde, ist inhaltlich über die Beschwerde zu erkennen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tritt an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung, ohne dass diese explizit behoben werden muss. Der Grundsatz, dass die Beschwerdevorentscheidung an die Stelle des Ausgangsbescheids tritt, gilt in den Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung nämlich gerade nicht (VwGH 25.04.2018, Ra 2017/09/0033; 17.12.2015, Ra 2015/08/0026).

II.3.3. In der Sache:

§ 70 BWG, BGBl. Nr. 532/1993 idF BGBl. I Nr. 117/2015, lautet auszugsweise:

"Auskunfts- und Informationseinholungsbefugnisse

(1) In ihrem Zuständigkeitsbereich als Bankenaufsichtsbehörde (§ 69 Abs. 1 Z 1 und 2) kann die FMA unbeschadet der ihr auf Grund anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zustehenden Befugnisse jederzeit zur Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Kreditinstitute-Verbünde und der Kreditinstitutsgruppen

1. von Kreditinstituten, Kreditinstitute-Verbünden, übergeordneten Kreditinstituten für Unternehmen der Kreditinstitutsgruppe sowie von Finanzholdinggesellschaften, gemischten Finanzholdinggesellschaften und gemischten Holdinggesellschaften die Vorlage von Zwischenabschlüssen, von Ausweisen in bestimmter Form und Gliederung und von Prüfungsberichten verlangen, ferner von den Kreditinstituten, Kreditinstitute-Verbünden, von den übergeordneten Kreditinstituten für Unternehmen der Kreditinstitutsgruppe sowie von Finanzholdinggesellschaften, gemischten Finanzholdinggesellschaften und gemischten Holdinggesellschaften und deren Organen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten fordern, in die Bücher, Schriftstücke und Datenträger Einsicht nehmen; auf den Umfang der Auskunfts-, Vorlage- und Einschaurechte der FMA und die Verpflichtung zur Verfügbarkeit von Unterlagen im Inland ist § 60 Abs. 3 anzuwenden;

2. von den Bankprüfern der Kreditinstitute, Kreditinstitute-Verbünde und Kreditinstitutsgruppen und von den zuständigen Prüfungs- und Revisionsverbänden Auskünfte einholen; weiters kann sie von den Sicherungseinrichtungen und von dem gemäß Abs. 2 Z 2 bestellten Regierungskommissär alle erforderlichen Auskünfte einholen und diesen erteilen; [...]"

§ 70 BWG enthält die bedeutendsten Aufsichtsmittel, die der FMA zur Verfügung stehen. Es soll dadurch die laufende Überwachung der beaufsichtigten Kreditinstitute sowie die Ergreifung notwendiger Maßnahmen zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands bei Gesetzesverletzungen sichergestellt werden (Fletzberger in Laurer/M. Schütz/Kammel/Ratka, BWG4 § 70, Rz 1). Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein besonderes öffentliches Interesse an einem funktionierenden Kreditsektor bestehe, da Banken in einem volkswirtschaftlichen Schlüsselbereich tätig sind, von dem weite Teile der Volkswirtschaft abhängen, und dass von einer besonderen Schutzwürdigkeit der Anleger und Gläubiger auszugehen ist (z.B. VfSlg. 12.098/1989, 689; 12.378/1990, 545; 13.471/1993, 589 und 15.646/1999).

Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt in Fällen, in denen es um Einleger- und Anlegerschutz geht, dass konkret das Vertrauen in die Funktion des Kapitalmarktes derart schwer gewichtet ist, dass es als "absolut öffentliches Interesse" aufzufassen ist (VwGH 24.05.2013, AW 2013/17/0007). Der Vermeidung von Beeinträchtigungen des Vertrauens in einen funktionierenden Kapitalmarkt kommt Priorität zu (VwGH 03.07.2001, AW 2001/17/0045). Das klaglose Funktionieren des Bankwesens wird vom VwGH als so schwer gewichtet, dass es als im zwingenden öffentlichen Interesse stehend erachtet wird (VwGH 17.03.2010, AW 2010/17/0004).

Es wird also dem Funktionieren des Bankwesens allgemein und dem Vertrauen (der Öffentlichkeit) in den Kapitalmarkt vom österreichischen Gesetzgeber wie auch dem EU-Gesetzgeber ein besonderes öffentliches Interesse bescheinigt. Bereits mögliche Nachteile für Kunden, der Verlust des Vertrauens in das Bankwesen und die Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes (eines Kreditinstituts) werden als Gefährdung dieser zwingenden öffentlichen Interessen gewertet. Im Hinblick auf die umfassenden Aufgaben, die der FMA in diesem Bereich zur Wahrung des volkswirtschaftlichen Interesses an einem funktionsfähigen Bankwesen und an der Finanzmarktstabilität zukommen (siehe auch § 69 BWG, BGBl. Nr. 532/1993 idF BGBl. I Nr. 149/2017), ist der Begriff der Auskunftseinholung weit und umfassend auszulegen. Auskünfte sind demnach sämtliche Mitteilungen von Tatsachen. Hierzu gehören auch "innere Tatsachen", also subjektive Werturteile und Einschätzungen, Absichten, Motive und dergleichen mehr. Die Auskünfte können über alle Geschäftsangelegenheiten verlangt werden, wobei jedoch ein Zusammenhang mit der Aufsicht über das Unternehmen im Rahmen des BWG bestehen muss (Johler in Dellinger, Bankwesengesetz § 70, Rz 15-17;

Fletzberger in Laurer/M. Schütz/Kammel/Ratka, BWG4 § 70, Rz 12;

Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 70 BWG, Rz 2f). Die Auskünfte können insbesondere in jeder Form, sowohl mündlich oder telefonisch als auch schriftlich, verlangt und erteilt werden (Johler in Dellinger, Bankwesengesetz § 70, Rz 20).

Die BF geht unter Verweis auf ein von ihr vorgelegtes Rechtsgutachten von einer weit restriktiveren Auslegung des Begriffs "Auskunft" aus, übersieht dabei jedoch, dass dabei von der Übermittlung der Jahresabschlüsse ausgegangen wird, während die FMA - primär - lediglich die Mitteilung des Inhalts des Jahresabschlusses anordnet und nur alternativ aus Praktikabilitätsgründen die Vorlage des Jahresabschlusses selbst. Die Ausführungen im Rechtsgutachten gehen somit weitestgehend von einer falschen Prämisse aus und können daher nicht überzeugen. Zudem geht aus den Ausführungen nicht hervor, was nach Ansicht der BF unter dem Begriff "Auskünfte" zu verstehen sei. Soweit auf die Materialien verwiesen wird, ist zwar richtig, dass diese vom Bankprüfer als "sachverständige[m] Zeuge" sprechen. Damit stellen die Erläuterungen allerdings, wie sich aus den weiteren Ausführungen ergibt, nur klar, dass es sich dabei um einen Akt der Beweisaufnahme im Ermittlungsverfahren handelt und keine hoheitliche Funktion der Prüfer vorliegt (ErläutRV 819 BlgNR XXII. GP, 6). Auch der Vergleich mit den gesellschaftsrechtlichen Parallelbestimmungen geht fehl, zumal auch diese nichts über den Begriff "Auskünfte" im Sinne des BWG aussagen und darüber hinaus auch von den gesellschaftsrechtlichen Sonderprüfern die Vorlage aller Nachweise, also auch der Berichte, verlangt werden kann (§ 133 Abs. 2 AktG; § 46 GmbHG).

Dem Argument der BF, die FMA vermische das Einholen von Auskünften mit dem in § 70 Abs. 1 Z 1 BWG normierten Vorlageverlangen beziehungsweise der Einsichtnahme in Bücher kann nicht gefolgt werden, da die FMA die Mitteilung des Inhalts des Jahresabschlusses fordert. Gerade aufgrund des evidenten öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Bankwesens und der Finanzmarktstabilität ist auch der Umfang der geforderten Auskunft nicht wie von der BF behauptet zu weit, da die Solvenz der Bank AG an der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft als Garantiegeberin hängt und die Folgen einer Unterschreitung des Mindesteigenmittelerfordernisses zum Ende des Geschäftsbetriebs und zur Auslösung der österreichischen Einlagensicherung führten. Es ist daher für eine Bewertung der gesamte Inhalt des Jahresabschlusses von Relevanz und konnte folglich von der FMA auch angefordert werden.

Soweit die BF weiter ausführt, sie sei der falsche Bescheidadressat, da der richtige die Bank AG sein müsse, zumal deren Handlungen durch die FMA überprüft werden sollten, kann auch damit keine Rechtswidrigkeit des Bescheides aufgezeigt werden: Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, bereits von der FMA festgestellt und von der BF nicht bestritten wurde, verfügt die Bank AG nämlich nicht über den zur Prüfung der Richtigkeit der Bewertung der Garantie nötigen Bericht, weshalb er von dieser auch nicht eingefordert werden kann. Insbesondere hat das von der BF selbst ins vorliegende Verfahren eingeführte Vorverfahren zu W231 2163626-1 gezeigt, dass die Bank AG der FMA fälschlich (schriftlich) mitgeteilt hat, dass konkrete Stresstests stattgefunden hätten und damit suggerierte, dass die erforderlichen Daten zur Überprüfung des Risikos in der Bank AG vorliegen. Erst das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hat zutage gebracht, dass in der Bank AG die zur Beurteilung und Ermöglichung der Aufsichtspflicht notwendigen Informationen gar nicht vorliegen und auch deren Vertretern nicht einmal annähernd bekannt sind. Hingegen liegen diese Daten der BF unbestritten und zur Gänze vor, sodass sich der Bescheid richtigerweise an die BF richten musste.

Insoweit die BF in diesem Zusammenhang ausführt, es werde die Herausgabe von Unterlagen Dritter eingefordert, was nicht zulässig sei, ist dem einerseits zu entgegnen, dass der Bescheid keine Herausgabe der Unterlagen fordert, sondern lediglich eine Mitteilung über den Inhalt des geprüften Jahresabschlusses und nur alternativ dazu eine Übermittlung. Andererseits besteht auch keine berufliche Verschwiegenheitspflicht gegenüber der FMA (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, BWG3 § 70 BWG, Rz 3) und kann auch eine vertraglich vereinbarte Geheimhaltungspflicht einer hoheitlich verfügten Auskunftsverpflichtung nicht entgegengehalten werden. Somit zeigt die BF auch mit diesem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des Bescheids auf.

Ebenso verhält es sich mit ihren Ausführungen in Bezug auf die DSGVO, zumal nach Art. 6 Abs. 1 lit c eine Verarbeitung dann rechtmäßig ist, wenn diese zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt, was vorliegend der Fall ist.

Die beantragte mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, da lediglich eine Rechtsfrage zu klären und der Sachverhalt unstrittig war, sodass trotz Antrags keine Verhandlungspflicht bestand (VwGH 14.11.2018, Ra 2018/11/0199; 19.09.2017, Ra 2017/01/0276).

II.3.4. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen und sind die anzuwendenden Rechtsbestimmungen ausreichend klar definiert. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anlegerschutz, Aufsichtsrecht, Auskunfterteilung, Auskunftsbegehren,
Auskunftspflicht, Auskunftsrecht, Bewertung, Finanzmarktaufsicht,
funktionsfähiger Börsehandel, Gegenstandslosigkeit,
Geheimhaltungsinteresse, Informationsinteresse, Informationspflicht,
Informationsrecht, Jahresabschluss, Klaglosstellung, mangelnde
Beschwer, Mitteilung, öffentliches Interesse, rechtliches Interesse,
Rechtsaufsicht, Rechtsschutzinteresse, Risikoaufdeckung,
Übermittlung, Verschwiegenheitspflicht, Vorlagepflicht, Wegfall des
Rechtschutzinteresses, Wegfall rechtliches Interesse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W204.2204218.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.05.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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