TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/15 W136 2176187-1

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Veröffentlicht am 15.01.2019
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Entscheidungsdatum

15.01.2019

Norm

ABGB §24
AVG §76 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
RPG §2 Abs1 Z1
RPG §24
RPG §6
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W136 2176187-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin in der Beschwerdesache des XXXX , vertreten durch RAe Dr. Ulrich SCHWAB & Dr. Georg SCHWAB, Ringstraße 3, 4600 Wels, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 27.09.2017, Zl. 1 Jv 684/17v-35-40, betreffend Zulassung zur Gerichtspraxis,

I. zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

II. beschlossen:

A) Gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG wird dem Beschwerdeführer

der Ersatz der Barauslagen der Kosten für die Beiziehung des nichtamtlichen Sachverständigen XXXX iHv € 459,-- auferlegt.

Der Beschwerdeführer hat den Betrag von € 459,-- (inkl 20% USt) auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichts, IBAN: AT840100000005010167, BIC: BUNDATWW, binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution zu überweisen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer wurde mit Wirksamkeit vom 01.06.2011 als Rechtspraktikant im Sprengel des Oberlandesgerichtes XXXX zugelassen und mit Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichtes XXXX vom 24. Juni 2011 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2011 wegen Pflichtenverletzung von der Gerichtspraxis ausgeschlossen. Ein erster Antrag des Beschwerdeführers auf Fortsetzung der Gerichtspraxis ab 02. Jänner 2012 wurde wegen Nichtvorliegens der vollen Handlungsfähigkeit auf Grund einer psychischen Erkrankung rechtskräftig vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes XXXX abgewiesen.

2. Ein weiterer Antrag des Beschwerdeführers vom 11.06.2015 auf Zulassung zur Gerichtspraxis wurde nach einem Ermittlungsverfahren samt Einholung von medizinischen Gutachten mit dem bekämpften Bescheid vom 27.09.2017 wegen Nichtvorliegens der vollen Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers abgewiesen.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens wurde ausgeführt, dass die im angefochtenen Bescheid angeführten und zitierten Gutachten einschließlich der Ergänzungsgutachten von Dr. XXXX und Dr. XXXX nicht geeignet seien, eine taugliche Grundlage für eine zutreffende Entscheidung zur Frage der Eignung des Beschwerdeführers für die Tätigkeit des Gerichtspraktikanten darzustellen. Insbesondere der den Beschwerdeführer behandelnde Primar Univ. Prof. Dr. XXXX habe in seiner Stellungnahme vom 20.4.2017 festgehalten, dass die Diagnosen einer ängstlichen Persönlichkeitsstörung und einer abhängigen Persönlichkeitsstörung unzutreffend seien. Nach dessen Ausführungen sei auch die - auch im angefochtenen Bescheid zitierte - "selbstunsichere, ängstliche und dependente anankastische und zwanghafte Persönlichkeitsstörung" eine sehr unklare und medizinisch letztlich unhaltbare Formulierung, die auch keine Deckungen in den Vorgaben des ICD - 10 finde. Dr. XXXX habe auch wesentliche Widersprüche in den gutachterlichen Ausführungen von Dr. XXXX im Verhältnis zu den vorliegenden medizinischen Unterlagen aufgedeckt. Die danach eingeholten ergänzenden Stellungnahmen würden diese fachlich fundierten und bei ausreichender medizinischer Sachkunde jederzeit nachvollziehbaren Beanstandungen in keiner Weise ausräumen

Es sei auch keineswegs relevant, ob beim Einschreiter an eine "kognitive Basisstörung zu denken wäre", und es sei auch für die bescheidrelevante aktuelle gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers zur Gerichtspraxis nicht relevant, ob es früher bereits zu Auffälligkeiten am Arbeitsplatz gekommen sei. All diese Mängel habe der Beschwerdeführer in der Eingabe vom 19.9.2017 unter nochmaliger Bezugnahme auf die nach der Stellungnahme von Dr. Rittmannsberger nach wie vor offenen Punkte für eine ausreichend fundierte und zutreffende Beurteilung seiner Eignung für die Gerichtspraxis nochmals dargelegt und aufgrund der aufgezeigten und aufrecht gebliebenen Mängel der gutachterlichen Stellungnahmen von Dr. XXXX und Dr. XXXX beantragt, eine bzw. mehrere fachlich kompetente Gutachter zu bestellen und mit der Erstattung eines aktuellen, medizinisch korrekten Gutachtens zu beauftragen. Diesem Antrag sei nicht nachgekommen worden. Tatsächlich wäre dem Antrag des Beschwerdeführers vom 19.9.2017 auf Bestellung eines oder mehrerer neuer und kompetenter Fachgutachter stattzugeben gewesen. Da dies nicht der Fall sei, weise das erstinstanzliche Verfahren einen erheblichen Verfahrensmangel auf, der geeignet sei, eine zutreffende und korrekte Entscheidung zu verhindern.

Zur Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellungen wurde darauf hingewiesen, dass die Behörde im angefochtenen Bescheid völlig unerörtert lasse, dass der Beschwerdeführer aktenkundig im Rahmen einer Vielzahl von Tätigkeiten, etwa bei der Volksanwaltschaft oder in der Vermögensberatung jeweils als uneingeschränkt berufsfähig erwiesen hat. Es werde auch in keiner Weise dargelegt, in wieweit diese Tätigkeiten, die der Beschwerdeführer problemlos absolvieren konnte, sich von den Anforderungen einer Tätigkeit im Rahmen der Gerichtspraxis unterscheiden bzw. so sehr unterscheiden würden, dass selbst auf der Basis der Gutachten eine ausreichende medizinische Eignung bzw. Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben sein könnte.

Tatsächlich hätte die Behörde davon auszugehen gehabt, dass volle Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des Erfordernisses gemäß § 2 Abs. 2 Ziff. 1 RPG vorläge, wobei der Bescheid diesbezüglich nicht auf die einzelnen gesetzlichen Voraussetzungen eingehe, sondern lediglich generalisierend auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers abstelle. Tatsächlich hätte der angefochtene Bescheid auch eine rechtliche Wertung dahingehend durchzuführen gehabt, welche konkreten Tätigkeiten als Gerichtspraktikant dem Beschwerdeführer aufgrund der von der Behörde angenommenen medizinischen Beeinträchtigungen tatsächlich nicht ausgeübt werden könnten. Gerade bei der Vielzahl der möglichen Tätigkeiten im Rahmen einer Gerichtspraxis sei davon auszugehen, dass der aktenkundige medizinische Zustand des Beschwerdeführers keinesfalls derart sei, dass überhaupt keine Tätigkeiten erfolgreich ausgeübt werden können. Deshalb hätte die Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung die Handlungsfähigkeit und Einsatzfähigkeit des Beschwerdeführers als Rechtspraktikant zumindest für eingeschränkte Teilbereiche der Gerichtspraxis - allerdings in deren voller Dauer - auszusprechen gehabt.

4. Mit Schreiben vom 06.11.2017 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Verwaltungsakten dem BVwG zur Entscheidung vor.

5. Mit hg. Beschluss vom 02.07.2018 wurde nach Parteiengehör HR Prim iR Dr. XXXX , allgemein beeideter und zertifizierter Gerichtssachverständiger aus dem Fachgebiet Psychiatrie/Psychotherapeutische Medizin mit der Erstellung eines Befundes und eines Gutachtens zur Frage des Bestehens einer psychiatrischen Erkrankung oder Störung des Beschwerdeführers, die gegebenenfalls seine Handlungsfähigkeit beeinträchtigt, beauftragt.

6. Mit Note vom 26.09.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht das Sachverständigengutachten vom 18.09.2018 den Parteien des Verfahrens zur Kenntnisnahme und allfälligen Äußerung. Die Parteien des Verfahrens haben zum Ergebnis dieser Beweisaufnahme keine Stellungnahme abgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer leistete ab 01.06.2011 Gerichtspraxis nach dem Rechtspraktikantengesetz und wurde von dieser mit Bescheid mit Wirksamkeit vom 24.06.2011 gemäß § 12 Abs. 4 RPG ausgeschlossen. Ein Antrag auf Fortsetzung der Gerichtspraxis wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.06.2012 gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 RPG abgewiesen, da der Beschwerdeführer an einer seine volle Handlungsfähigkeit einschränkenden psychischen Erkrankung litt. Der dagegen eingebrachten Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 17.07.2013 nicht Folge gegeben.

Ein weiterer Antrag des Beschwerdeführers vom 11.06.2015 auf Zulassung zur Gerichtspraxis wurde mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid nicht stattgegeben.

1.2. Der Beschwerdeführer stand von 2012 bis 2016 bei einem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie in regelmäßiger medikamentöser und psychotherapeutischer Gesprächstherapie.

Die psychische Belastbarkeit des Beschwerdeführers im Hinblick auf Gedächtnis, Arbeitsleistung und Konzentration ist herabgesetzt.

Der Beschwerdeführer leidet an einer kombinierten psychiatrischen Störung in Form einer paranoiden und anankastischen Persönlichkeitsstörung, die seine Handlungsfähigkeit deutlich beeinträchtigt.

2. Beweiswürdigung

1.1. Die Feststellungen zum bisherigen Verfahren ergeben sich aus der unstrittigen Aktenlage.

1.2. Die Feststellung zur psychiatrisch/psychotherapeutischen Behandlung beruhen auf den diesbezüglichen Angaben des behandelnden Arztes des Beschwerdeführers (Prim Univ.Prof. XXXX ).

Die Feststellung zur herabgesetzten psychischen Belastbarkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Befund der bei XXXX durchgeführten Leistungsdiagnostik vom 15.10. 2015 und vom 27.12.2017

Die Feststellung zu der beim Beschwerdeführer vorliegenden Persönlichkeitsstörung ergeben sich einerseits aus den von der belangten Behörde im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten fachärztlichen Gutachten ( XXXX vom 31.12.2012 XXXX vom 21.10.2015 und vom 11.03.2016 (richtig 2017)), andererseits aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten fachärztlichen Gutachten des XXXX . Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass die vom Beschwerdeführer von seinem behandelnden Arzt zum letztgenannten Gutachten der XXXX vorgelegte fachärztliche Stellungnahme ausdrücklich lediglich der von XXXX zusätzlich diagnostizierten ängstlichen und abhängigen Persönlichkeitsstörung (F60.6, F60.7) entgegentritt.

Die Feststellung zur beeinträchtigten Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers waren auf der Grundlage der gutachterlichen Ausführungen des XXXX zu treffen. Demnach ist die Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers durch die diagnostizierte Persönlichkeitsstörung bei Interaktionen innerhalb von Arbeitsgruppen beeinträchtigend betroffen, wirkt jedoch auch bei alleiniger Aufgabenstellung, da sich der Beschwerdeführer dabei in Details verliert und komplexe intellektuelle Projekte nur sehr langsam oder gar nicht zu Ende bringt. Die Störung beeinträchtigt auch die Entscheidungsfähigkeit insgesamt im Sinne einer Nichtentscheidung aufgrund des Versuches alles bis ins kleinste Detail zu klären sowie aufgrund von störungsspezifischen Ängsten und inadäquaten Misstrauen gegenüber anderen Personen, wodurch die Beurteilung komplexer Inhalte deutlich beeinträchtigt wird.

Nachdem sich die vom Gutachter XXXX gestellte Diagnose der psychiatrischen Störung des Beschwerdeführers mit den Diagnosen der Vorgutachter des verwaltungsbehördlichen Verfahrens deckt, gab es keinen Grund an deren Richtigkeit zu zweifeln. Die vom Gutachter beschriebene beeinträchtigte Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Beschwerdeführers entspricht in der Beschreibung ihrer Auswirkung den Ergebnissen der beim Beschwerdeführer durchgeführten Leistungsdiagnostik, weshalb auch diesbezüglich davon ausgegangen werden kann, dass diese Beurteilung zutreffend ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im RPG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages - der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten den Parteien übermittelt wurde, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal auch keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vorliegt.

Zu I.A) Abweisung der Beschwerde

3.1. § 2 des Rechtspraktikantengesetzes - RPG, BGBl. Nr. 644/1987 idF BGBl. I. Nr. 119/2016, lautet:

"Zulassung zur Gerichtspraxis

§ 2. (1) Auf die Zulassung zur Gerichtspraxis besteht in dem Ausmaß ein Rechtsanspruch, in dem die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist. Die Zulassung für einen längeren Zeitraum kann nach Maßgabe der budgetären, personellen und räumlichen Möglichkeiten erfolgen.

(2) Von der Gerichtspraxis sind Personen ausgeschlossen,

1. die nicht die volle Handlungsfähigkeit besitzen,

2. die wegen einer mit Vorsatz begangenen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, solange die Verurteilung nicht der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt oder getilgt ist,

3. gegen die wegen eines Verbrechens ein Strafverfahren eingeleitet ist oder

4. die für einen noch nicht abgelaufenen Zeitraum von der Gerichtspraxis ausgeschlossen wurden (§ 12 Abs. 3).

(3) Dem Antrag auf Zulassung zur Gerichtspraxis sind ein Lebenslauf und zwei Lichtbilder der Zulassungswerberin oder des Zulassungswerbers anzuschließen. Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob die Zulassungswerberin oder der Zulassungswerber die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst anstrebt. Die Rechtspraktikantin oder der Rechtspraktikant kann die Erklärung, ob sie oder er die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst anstrebt, jederzeit schriftlich abändern.

(3a) Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes hat die Zulassungsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 2 zu prüfen. Sie oder er hat dabei insbesondere durch die dafür erforderliche Einsichtnahme in die Verfahrensautomation Justiz im Rahmen einer schriftlich dokumentierten Verarbeitung zu erheben, ob der Ausschlussgrund nach § 2 Abs. 2 Z 3 vorliegt. Die abgefragten personenbezogenen Daten und besonderen Kategorien personenbezogener Daten dürfen nur solange verarbeitet werden, als dies zur Zweckerreichung unbedingt erforderlich ist. Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichtes hat überdies eine Strafregisterauskunft gemäß § 9 des Strafregistergesetzes 1968, BGBl. Nr. 277/1968, einzuholen und schriftlich dokumentiert zu verarbeiten. Die Strafregisterauskunft ist nach ihrer Überprüfung unverzüglich zu löschen.

(4) Durch die Zulassung zur Gerichtspraxis und deren Ableistung wird kein Dienstverhältnis, sondern ein Ausbildungsverhältnis begründet."

3.2. § 24 ABGB lautet:

"Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit

§ 24. (1) Handlungsfähigkeit ist die Fähigkeit einer Person, sich im jeweiligen rechtlichen Zusammenhang durch eigenes Handeln zu berechtigen und zu verpflichten. Soweit nichts anderes bestimmt ist, setzt sie Entscheidungsfähigkeit voraus; im jeweiligen Zusammenhang können noch weitere Erfordernisse vorgesehen sein.

(2) Entscheidungsfähig ist, wer die Bedeutung und die Folgen seines Handelns im jeweiligen Zusammenhang verstehen, seinen Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann. Dies wird im Zweifel bei Volljährigen vermutet."

Gemäß § 1 Abs. 1 des Rechtspraktikantengesetzes (RPG; BGBl. Nr. 644/1987 idF BGBl. I Nr. 109/2000) soll die Gerichtspraxis Personen, die die wissenschaftliche Berufsvorbildung abgeschlossen haben und zur Führung eines akademischen Grades eines Magisters der Rechtswissenschaften berechtigt sind, die Möglichkeit geben, ihre Berufsvorbildung durch eine Tätigkeit bei Gericht fortzusetzen und dabei ihre Rechtskenntnisse zu erproben und zu vertiefen.

Gemäß § 2 Abs. 1 RPG besteht auf die Zulassung zur Gerichtspraxis in dem Ausmaß ein Rechtsanspruch, in dem die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist. Die Zulassung für einen längeren Zeitraum kann nach Maßgabe der budgetären, personellen und räumlichen Möglichkeiten erfolgen.

Zunächst ist im gegebenen Zusammenhang darauf zu verweisen, dass hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zulassung zur Gerichtspraxis als erforderliche Qualifikation ausschließlich der Abschluss einer wissenschaftlichen Berufsvorbereitung - idR wohl ein rechtswissenschaftliches Studium - vorgesehen ist.

Insoweit in der Beschwerde vorgebracht wird, dass einerseits die von der belangten Behörde eingeholten Gutachten nicht geeignet seien, eine Grundlage für die mangelnde Eignung des Beschwerdeführers für die Tätigkeit eines Gerichtspraktikanten darzustellen, sowie dass gänzlich unberücksichtigt geblieben wäre, dass sich der Beschwerdeführer in seiner Tätigkeit bei der Volksanwaltschaft oder als Vermögensberater als berufsfähig gezeigt habe, ist darauf zu verweisen, dass die persönliche Eignung eines Bewerbers - durchaus im Gegensatz zu anderen Ausbildungsverhältnissen zur Republik Österreich (vgl dazu § 36a VBG zum Verwaltungspraktikum) keine gesetzliche Voraussetzung für die Zulassung zur Gerichtspraxis ist, weshalb das diesbezügliche Vorbringen ins Leere geht.

Die vom Beschwerdeführer bereits im erstinstanzlichen Verfahren und nunmehr auch in der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen gegen die Gutachten der Sachverständigen sind allerdings nicht geeignet, einen Verfahrensmangel darzutun, zumal diesen schlüssigen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde, sondern lediglich der behandelnde Arzt des Beschwerdeführers die Diagnose der ängstlichen und abhängigen Persönlichkeitsstörung (F60.6, F60.7) entgegentrat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 RPG sind jedoch Personen von der Gerichtspraxis ausgeschlossen, die nicht die volle Handlungsfähigkeit besitzen. Das RPG bzw. die Gesetzmaterialien zu dieser bereits in der Stammfassung enthaltenen Bestimmung erläutern den Begriff der Handlungsfähigkeit, der im geltenden Recht in unterschiedlichen - oft negierenden Zusammenhang - verwendet wird, nicht näher. Mit dem am 01.07.2018 in Kraft getretenen § 24 ABGB wurde jedoch nunmehr eine gesetzliche Definition des Begriffes der Handlungsfähigkeit und der Entscheidungsfähigkeit, die, soweit nicht anderes bestimmt wird, eine Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit darstellt, getroffen.

Das von der belangten Behörde zuletzt herangezogene Gutachten Dris. XXXX stützt sich zur Frage der Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers maßgeblich auf die durchgeführte Psychodiagnostik zur Frage der psychischen Belastbarkeit des Beschwerdeführers, wobei eine verminderte Gedächtnis- und Konzentrationsleistung sowie eine verminderte Arbeitsgeschwindigkeit festgestellt wurde. Diese Ergebnisse der psychologischen Leistungsdiagnostik wurden vom Beschwerdeführer zwar nicht in Zweifel gezogen, betreffen bzw. beeinflussen jedoch vorwiegend die persönliche Eignung des Beschwerdeführers für die Gerichtspraxis (vgl. dazu § 6 RPG), die jedoch, wie bereits oben ausgeführt, nicht Zulassungsvoraussetzung ist. Im Hinblick auf die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen das letztgenannte Gutachten war daher seinem Antrag auf Einholung eines weiteren fachärztlichen Gutachtens zur Frage seiner vollen Handlungsfähigkeit stattzugeben.

Wie oben unter Punkt 1.2 ausgeführt, wurde jedoch auch von dem vom Bundesverwaltungsgericht bestellten Gutachter beim Beschwerdeführer eine seine volle Handlungs- bzw. diese voraussetzende Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigende psychische Erkrankung in Form einer Persönlichkeitsstörung festgestellt.

Der Beschwerde kommt daher keine Berechtigung zu, weil die belangte Behörde den Antrag auf Fortsetzung der Gerichtspraxis infolge Fehlens einer Zulassungsvoraussetzung zu Recht abgewiesen hat.

Zu I.B) Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es, soweit überblickbar, keine Entscheidungen des Verwaltungsrichthofes iZm § 2 Abs. 2 Z 1 RPG gibt.

Zu II.A) Kostenbeschluss

1. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.01.2019 zu W136 2176187-1/15Z, wurden die Gebühren des Sachverständigen XXXX in beantragter Höhe mit Euro € 459,00 (inkl. USt) festgesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Zwischenzeit dem Sachverständigen die beantragten Gebühren in der festgesetzten Höhe angewiesen, sodass dem Gericht Barauslagen in der genannten Höhe erwachsen sind.

3. Erwachsen einer Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gemäß § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen.

4. Ein verfahrenseinleitender Antrag im Sinn des § 76 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn mit diesem Antrag der Prozessgegenstand bestimmt wird. Aus der Stellung eines verfahrenseinleitenden Antrags erwächst der Partei ein subjektives Recht auf Durchführung und Erledigung des Verfahrens. Die Erfüllung des diesem Recht entsprechenden Gebots erfordert die amtswegige Ermittlung des für die Erledigung des Antrags bzw. der damit begründeten Sache maßgeblichen Sachverhalts, einschließlich der Vornahme jener Amtshandlung, die Barauslagen verursachen (Hengstschläger/Leeb, AVG² § 76 Rz 16).

5. Da der Beschwerdeführer Antragsteller im zugrundeliegenden Administrativverfahren ist, Beschwerde erhoben sowie sich im Verfahren keine Verursachung der Amtshandlung im Sinne von § 76 Abs. 2 AVG oder ein amtswegiges Tragen dieser Kosten herausgestellt hat, waren die Kosten des Sachverständigengutachtens ausweislich § 17 VwGVG iVm § 76 Abs. 1 AVG dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.

Zu II.B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. dazu z.B. VwGH 26.05.2014, 2012/03/0061; 29.01.2014, 2011/01/0185; 31.07.2012, 2010/05/0053, 06.09.2011, 2008/05/0242); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Barauslagen, Gerichtspraxis, Handlungsfähigkeit, nichtamtlicher
Sachverständiger, persönliche Eignung, psychische Erkrankung,
Sachverständigengutachten, Verfahrenskostenersatz,
Zulassungsvoraussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W136.2176187.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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