TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/6 W158 2192177-1

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Veröffentlicht am 06.03.2019
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Entscheidungsdatum

06.03.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
AVG §66 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W158 2192177-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom

XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am

XXXX

A) I. den Beschluss:

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

II. und erkennt in derselben Sache zu Recht:

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 06.03.2020 erteilt.

Der Beschwerde wird hinsichtlich den Spruchpunkten III. bis VI. des angefochtenen Bescheids stattgegeben und diese gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG iVm § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz. Diese wurde dazu am XXXX durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Wien niederschriftlich erstbefragt und am XXXX vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen, wobei für den BF keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht wurden.

I.2. Mit Bescheid vom XXXX , der gesetzlichen Vertreterin am XXXX zugestellt, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das BFA aus, für den BF seien keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht worden und die Fluchtgründe der Eltern seien nicht glaubhaft gewesen, weswegen ihm der Status eines Asylberechtigten nicht gewährt werden könne. Eine Rückkehr wäre ihm mit seiner Familie möglich und zumutbar, es sei ihm daher auch kein subsidiärer Schutz zu gewähren. Gemäß § 57 AsylG sei auch eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nicht zu erteilen, da die Voraussetzungen nicht vorlägen. Letztlich hätten auch keine Gründe festgestellt werden können, wonach bei einer Rückkehr des BF gegen Art. 8 Abs. 2 EMRK verstoßen würde, weswegen auch eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

I.3. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

I.4. Am XXXX erhob der BF vollinhaltlich Beschwerde gegen den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Es wurde beantragt, dem BF den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen; in eventu den Bescheid zu beheben und das Verfahren an das BFA zurückzuverweisen; in eventu ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen; in eventu einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen sowie die Rückkehrentscheidung und Ausweisung aufzuheben und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

I.5. Am XXXX langte die gegenständliche Beschwerde samt dem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.6. Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht eine zur gemeinsamen Behandlung der Verfahren W158 2192168-1, W158 2182177-1, W158 2192179-1 und W158 2192182-1 anberaumte öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der die Eltern des BF teilnahmen. Das BFA verzichtete mit Schreiben vom XXXX auf die Teilnahme an der Verhandlung. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden die Eltern des BF im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi u.a. zu ihrer Identität und Herkunft, zu den persönlichen Lebensumständen, zu ihrem Gesundheitszustand, ihren Familienangehörigen, ihren Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen sowie zu ihrem Privat- und Familienleben in Österreich ausführlich befragt.

Als Beilage zur Niederschrift wurden diverse Integrationsunterlagen genommen.

I.7. Mit Schreiben vom XXXX zog der BF durch seinen Rechtsvertreter die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

-

Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF;

-

Befragung der Eltern der BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX .

II.1. Sachverhaltsfeststellungen:

Die BF führt die im Spruch angeführte Identität. Er ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara und der schiitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht fest. Seine Eltern XXXX (W158 2192182-1) und XXXX (W158 2192179-1) leben mit dem BF und seinem Bruder XXXX (W158 2192177-1) im gemeinsamen Haushalt.

Seinen Eltern wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tag der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

II.2. Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:

II.2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts.

II.2.2. Die Feststellungen ergeben sich allesamt unstrittig aus dem Verfahrensakten der Familienangehörigen und wurden auch bereits vom BFA seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es haben sich daher keine Zweifel daran ergeben.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.).

§ 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem BFA, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, obliegt dem BFA die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 68/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.

II.3.2. Zu Spruchpunkt A)

II.3.2.1. Zu Spruchpunkt I.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war das Verfahren infolge der unmissverständlichen Zurückziehung der Beschwerde gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.

II.3.2.2. Zu Spruchpunkt II.

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

§ 34 AsylG lautet auszugsweise:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht."

Der Verwaltungsgerichtshof hat unlängst klargestellt, dass kein Anspruch auf Zuerkennung eines "originären" Status als Asylberechtigter besteht und hat dazu ausgeführt (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418):

"13 Der Verwaltungsgerichtshof hat in der von der Revision angesprochenen Entscheidung VwGH 24. März 2015, Ra 2014/19/0063, mwN, festgehalten, dass die Behörde bei einem Antrag eines Familienangehörigen in jedem Fall die Bestimmungen des Familienverfahrens anzuwenden hat. Dies ändert jedoch nichts daran, dass jeder Antrag eines Familienangehörigen gesondert zu prüfen und über jeden mit gesondertem Bescheid abzusprechen ist (§ 34 Abs. 4 AsylG 2005). Unabhängig von der konkreten Formulierung ist jeder Antrag eines Familienangehörigen überdies in erster Linie auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gerichtet. Es sind daher für jeden Antragsteller allfällige eigene Fluchtgründe zu ermitteln. Nur wenn solche - nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren - nicht hervorkommen, ist dem Antragsteller jener Schutz zu gewähren, der bereits einem anderen Familienangehörigen gewährt wurde.

14 Diese Aussagen sind vor dem Hintergrund der mit VwGH 24. März 2015, Ra 2014/19/0063, entschiedenen Rechtssache zu sehen: In dieser Rechtssache hatte die Behörde nicht geprüft, ob der (dortigen) Revisionswerberin - bei Vorliegen eigener Gründe - nicht auch der Status der Asylberechtigten zu gewähren gewesen wäre, und dieser im Wege des Familienverfahrens bloß den bereits ihren Eltern gewährten subsidiären Schutz zuerkannt.

15 In dieser Hinsicht war entscheidend, dass gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht und subsidiärer Schutz gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nur zuerkannt werden kann, wenn der Antrag in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten negativ entschieden wird. In diese Richtung sind die Aussagen in VwGH 24. März 2015, Ra 2014/19/0063, zu verstehen, dass jeder Antrag eines Familienangehörigen überdies in erster Linie auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gerichtet ist und daher für jeden Antragsteller allfällige eigene Fluchtgründe zu ermitteln sind.

16 In der vorliegenden Rechtssache wurde dem Revisionswerber jedoch bereits der Status des Asylberechtigten nach § 3 AsylG 2005 zuerkannt.

17 Darüber hinaus differenziert das Gesetz beim Status des Asylberechtigten jedoch nicht. Weder kennt das Gesetz einen "originären" Status des Asylberechtigten, noch spricht das Gesetz in § 34 Abs. 4 AsylG 2005 davon, dass im Familienverfahren ein anderer, nur "abgeleiteter" Status zuzuerkennen ist. Im Gegenteil spricht der zweite Satz des § 34 Abs. 4 AsylG 2005 ausdrücklich davon, dass "der" Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist, was nur bedeuten kann, dass der Status des Asylberechtigten an sich (ohne weitere Differenzierung) zuzuerkennen ist. Im Übrigen lässt sich auch der Status-Richtlinie 2011/95/EU eine solche Differenzierung bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht entnehmen (vgl. insbesondere deren Art. 13). [...]

22 Hinzu kommt, dass der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung Ra 2014/19/0063 auf die Materialien zu § 34 AsylG 2005 (RV 952, 22. GP, 54) verwiesen hat. Danach dient § 34 AsylG 2005 der Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband. Ziel der Bestimmungen ist, Familienangehörigen (§ 2 Z 22) den gleichen Schutz zu gewähren, ohne sie um ihr Verfahren im Einzelfall zu bringen.

23 Ist einem Familienangehörigen - aus welchen Gründen auch immer - ohnedies der Status des Asylberechtigten zu gewähren, so kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe darüber hinaus vorgesehen, dass auch in diesem Fall eigene Fluchtgründe zu prüfen wären. Dies würde der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeführten Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen."

Diese Überlegungen treffen auch auf die Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter zu, da auch in diesem Fall der zweite Satz des § 34 Abs. 4 AsylG ausdrücklich davon spricht, dass "der" Status des subsidiär Schutzberechtigten und kein abgeleiteter Status zuzuerkennen ist. Gleichfalls kennt weder das AsylG, noch die Statusrichtlinie (vgl. insbesondere deren Art. 18) beim Status des subsidiär Schutzberechtigten - ebenso wie beim Status des Asylberechtigten - eine Differenzierung. Es besteht daher auch kein Recht auf "originäre" Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten. Eine andere Sichtweise würde zudem, wie bei der Frage der Zuerkennung des Status als Asylberechtigter, dem Ziel des Gesetzgebers einer Beschleunigung im Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen.

Da den Eltern des BF subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, war dem BF - ohne Prüfung eigener Gründe - ebenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren, weil er nicht straffällig geworden ist, gegen die Eltern kein Aberkennungsverfahren anhängig ist und dem BF nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist. Da keine Differenzierung zwischen der eigenen Zuerkennung und der Zuerkennung im Familienverfahren besteht, war § 34 Abs. 3 AsylG im Spruch nicht zu nennen (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418 Rz 18). Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG war dem BF eine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres zu erteilen.

Aufgrund der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und der damit verbundenen Aufenthaltsberechtigung liegen die Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung einschließlich Fristsetzung für die freiwillige Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat gemäß § 10 Abs. 1 AsylG nicht mehr vor. Die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides waren daher gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG aufzuheben.

II.3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beziehungsweise auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung Ra 2017/01/0418 zwar nur die Frage nach einem Recht auf originäre Zuerkennung des Status des Asylberechtigten behandelt. Diese Rechtsprechung ist jedoch, wie oben näher dargelegt, aufgrund der gleichartigen Regelung insbesondere des § 34 Abs. 4 AsylG nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ebenso auf die Frage nach einer originären Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigten anzuwenden, sodass die Revision nicht zuzulassen war.

Schlagworte

befristete Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren, subsidiärer
Schutz, Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W158.2192177.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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