TE Vwgh Erkenntnis 2019/3/26 Ro 2018/16/0005

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Veröffentlicht am 26.03.2019
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Index

32/06 Verkehrsteuern

Norm

GrEStG 1987 §1 Abs1 Z1
GrEStG 1987 §17
GrEStG 1987 §17 Abs1 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma, MMag. Maislinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der M Gesellschaft m.b.H. & Co KG in G, vertreten durch die Stanek Raidl Konlechner Rechtsanwälte OG in 1090 Wien, Ferstelgasse 1/4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 20. Oktober 2017, Zl. RV/7102115/2015, betreffend Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Kaufvertrag vom 22. Jänner 2013 veräußerte die Marktgemeinde G. der revisionswerbenden Kommanditgesellschaft (Revisionswerberin) mehrere Grundstücke um einen Kaufpreis von rund 24,700.000 EUR unter der aufschiebenden Bedingung, dass zwischen den Vertragsparteien ein näher bezeichneter Baurechtsvertrag rechtswirksam abgeschlossen werde und die erforderlichen Genehmigungen rechtskräftig erteilt würden.

2 Mit Baurechtsvertrag vom 22. Jänner 2013 räumte die Revisionswerberin der Marktgemeinde G. hinsichtlich dieser Grundstücke bis zum 31. Mai 2043 ein Baurecht ein, wofür ein jährlicher Bauzins von rund 1,740.000 EUR vereinbart wurde.

3 Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für den erwähnten Kaufvertrag erteilte die Bezirkshauptmannschaft mit Bescheid vom 23. August 2013.

4 Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2013 beantragten die Marktgemeinde G. und die Revisionswerberin u.a. für den erwähnten Kaufvertrag die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG.

5 Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel setzte mit Bescheid vom 29. November 2013 die Grunderwerbsteuer für den erwähnten Kaufvertrag, ausgehend von einer Gegenleistung von rund 24,700.000 EUR fest. Auf Grund der vorliegenden Verträge würden die jeweiligen Leistungen nicht zurückgestellt werden.

6 Dagegen erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2013 Berufung.

7 Mit Vertrag vom 3. Juli 2014 zwischen der Marktgemeinde G. und der Revisionswerberin wurden die erwähnten Verträge (Kaufvertrag und Baurechtsvertrag) aufgehoben.

8 Mit Verträgen vom 4. Juni 2014 und Nachtrag vom 28. Juli 2014 schlossen die Marktgemeinde G. und die Revisionswerberin einen Kauf- und Baurechtsvertrag, in dem einerseits die Marktgemeinde G. der Revisionswerberin die erwähnten Grundstücke um den Kaufpreis von rund 24,700.000 EUR verkaufte, andererseits die Revisionswerberin der Marktgemeinde G. an den erwähnten Grundstücken ein Baurecht einräumte, das zum 1. August 2044 enden sollte. Weiters wurde ausdrücklich vereinbart, dass mit Ablauf des 15. Juli 2044 die Einräumung der Baurechte durch Rückerwerb durch den Baurechtsgeber (die Revisionswerberin) wieder rückgängig gemacht werde, sodass die Baurechtsliegenschaften automatisch wieder an den Baurechtsgeber (Revisionswerberin) zurückfallen. Über die Laufzeit des Baurechts sei kein Bauzins zu bezahlen. Für den Kauf wurde vereinbart, dass der Kaufpreis von der Marktgemeinde G. in Form von jährlichen Rückkaufsraten in näher angeführter Höhe während der Gesamtlaufzeit von 30 Jahren zurückzuzahlen sei und dass nach Bezahlung der letzten Rückkaufrate mit Wirkung vom 1. September 2044 die in Rede stehenden Liegenschaften automatisch an den Verkäufer (die Marktgemeinde G.) zurückfielen, ohne dass es weiterer Handlungen oder Erklärungen bedürfe. Es werde somit der gleiche Kaufgegenstand rückübertragen, der mit dem gegenständlichen Kaufvertrag erworben werde.

9 Mit Schriftsatz vom 15. September 2014 begehrten die Revisionswerberin und die Marktgemeinde G. die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 GrEStG.

10 Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom 22. Jänner 2015 die als Beschwerde behandelte Berufung gegen den Bescheid vom 29. November 2013 als unbegründet ab.

11 Dagegen stellte die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 10. März 2015 einen Vorlageantrag.

12 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Bescheid vom 29. November 2013 dahingehend, dass es die Grunderwerbsteuer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von rund 20,800.000 EUR festsetzte. Es sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

13 Das Bundesfinanzgericht ging davon aus, dass es sich im Revisionsfall um einen Grundstückstausch handle, wobei einerseits die im Kaufvertrag erwähnten Liegenschaften von der Marktgemeinde G. hingegeben worden seien, im Tauschwege ihr dafür das gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG den Grundstücken gleichstehende Baurecht eingeräumt worden sei.

14 Zwar seien die in Rede stehenden Liegenschaften nach einem "befristeten" Eigentum der Revisionswerberin wieder in die Verfügung der Marktgemeinde G. zurückgelangt, jedoch sei von dieser lediglich der Kaufpreis in Form von Raten samt Zinsen zurückgestellt worden und es verbliebe an Gegenleistung die "Tauschleistung" des Baurechts für 30 Jahre. Eine Rückstellung der Tauschleistung "Baurecht" finde jedenfalls nicht statt, denn die im Nachtrag vom 28. Juli 2014 vorgesehene "Rückübertragung" des Baurechts von der Marktgemeinde G. an die Revisionswerberin zum 15. Juli 2044, das heißt 16 Tage vor Erlöschen des Baurechts zum 1. August 2044, könne keine Rückgängigmachung eines für die Dauer von 30 Jahren eingeräumten Baurechts darstellen, weil das Recht bei der "Rückübertragung" bereits infolge Verbrauchs wertlos geworden sei. Dieser Tauschleistung käme ein gemeiner Wert in Höhe von rund 20,800.000 EUR zu und sei daher als Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 17 GrEStG anzusetzen.

15 Die dagegen erhobene ordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens und einer mit Schriftsatz vom 18. Jänner 2018 eingebrachten Revisionsbeantwortung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel dem Verwaltungsgerichtshof vor.

16 Die Revisionswerberin erachtet sich im Recht auf Befreiung eines Erwerbsvorganges von der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG verletzt.

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (im Folgenden GrEStG) unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet. Den Grundstücken stehen nach § 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG Baurechte gleich.

19 Die Grunderwerbsteuer ist gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG in der im Revisionsfall noch anzuwendenden Fassung des Schenkungsmeldegesetzes 2008, BGBl. I Nr. 85/2008, vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

20 Gegenleistung ist gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 GrEStG bei einem Tausch die Tauschleistung des anderen Vertragsteiles einschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung.

21 Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld u.a. durch Vereinbarung rückgängig gemacht wird.

22 Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird gemäß § 17 Abs. 3 GrEStG die Steuer auf Antrag der Herabsetzung entsprechend festgesetzt, wenn die Herabsetzung innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld stattfindet.

23 Das Tatbestandsmerkmal einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges im Sinn des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG verlangt, dass der Verkäufer seine ursprüngliche Rechtsstellung und jene Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangt, die er vor dem ursprünglichen Vertragsabschluss innegehabt hat (vgl. etwa in ständiger Rechtsprechung VwGH 26.5.2011, 2011/16/0001).

24 Die Begünstigung des § 17 GrEStG setzt eine Wiederherstellung des früheren Zustandes voraus. Eine solche findet ihren Niederschlag auch in der Rückstellung der Gegenleistung, die der Ersterwerber dem Rückerwerber geleistet hat (vgl. VwGH 30.6.2005, 2005/16/0094).

25 Wird in eine Vertragsgestaltung die Regelung aufgenommen, dass nach Ablauf einer bestimmten Dauer etwa ein Leasingnehmer das (zuvor von ihm dem Leasinggeber veräußerte) Leasingobjekt durch Bezahlung der letzten monatlichen Leasingrate erwirbt, so hat damit der Leasingnehmer einen Übereignungsanspruch im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG erworben, wozu es keiner rechtsgeschäftlichen Erklärung für den Erwerb der Liegenschaft mehr bedarf. Zweck solcher Vereinbarungen ist die langfristige Finanzierung eines Investitionsprojektes, wobei dem in wirtschaftlicher Hinsicht als Kreditgeber zu betrachtenden Vertragspartner zur Sicherung des Kredites das Eigentum an der Liegenschaft übertragen wird. Nach Erfüllung des (durch zwei getrennte Vereinbarungen abgeschlossenen) Rechtsgeschäftes wird damit vom "Leasingnehmer" wieder seine vormalige Rechtstellung erlangt. Solche Vertragsgestaltungen fallen daher unter § 17 Abs. 1 GrEStG (vgl. VwGH 21.1.1998, 97/16/0345).

26 Das Bundesfinanzgericht hat nicht bezweifelt, dass die in Rede stehenden Liegenschaften nach Bezahlung der letzten Kaufpreisrate mit Wirkung zum 1. September 2044 "automatisch" an die Marktgemeinde G. zurückfallen werden, ohne dass es weiterer Handlungen oder Erklärungen bedürfe. Es hat jedoch die Rückstellung eines Teils der Gegenleistung (des im Tauschweg hingegebenen, einem Grundstück gleichgestellten Baurechts) deshalb verneint, weil die Rückstellung dieses Baurechts wenige Tage vor dessen Ablauf infolge "Verbrauches" als wertlos anzusehen sei und nicht zu einer Rückgängigmachung des Rechtsgeschäftes führe.

27 Gegenstand der Einräumung eines Baurechtes ist das Recht, auf oder unter der Bodenfläche eines Grundstückes ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs. 1 des Baurechtsgesetzes - BauRG) und an diesem Bauwerk die Rechte des Eigentümers und am Grundstück die Rechte des Nutznießers zu haben (§ 6 Abs. 2 BauRG). Dieses Recht kann nur auf eine bestimmte Zeit bestellt werden (§ 3 Abs. 1 BauRG).

28 Das im Revisionsfall vereinbarte "Rückgängigmachen" des Baurechts (Teil 2, Punkt 7.2 des Vertrags vom 4. Juni 2014 in der Fassung des Nachtrags vom 28. Juli 2014) ist so zu verstehen, dass mit dieser Vereinbarung das Baurecht nicht bis zum 1. August 2044 (Teil 2, Punkt 3.1. des erwähnten Vertrages), sondern bis zum 15. Juli 2044 eingeräumt wird und damit das Baurecht zu diesem Zeitpunkt erlischt. Ein Erlöschen des Baurechts mit Zeitablauf stellt jedenfalls kein "Rückgängigmachen" der Leistung "Einräumung des Baurechts" dar (vgl. VwGH 30.6.2005, 2005/16/0094, zum Verkauf der Liegenschaft an den Baurechtsberechtigten).

29 Damit ist aber die eine Teilleistung des Tauschs, nämlich die "Baurechtseinräumung", nicht rückgängig gemacht und der Tatbestand des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG nicht erfüllt.

30 Das Bundesfinanzgericht durfte daher im Instanzenzug die Grunderwerbsteuer für den Vertrag zum Erwerb des Eigentums an den in Rede stehenden Liegenschaften durch die Revisionswerberin festsetzen.

31 Die Revision, welche die Berechnung der Höhe der Grunderwerbsteuer nicht bekämpft, war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

32 Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

33 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am 26. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018160005.J00

Im RIS seit

09.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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