TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/27 L511 2005875-1

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Entscheidungsdatum

27.02.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GSVG §35 Abs6

Spruch

L511 2005875-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde von DI Dr. XXXX gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Salzburg, vom 04.10.2013, Zahl: XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 Abs. 6 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG) abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt:

1. Verfahren vor der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft [SVA]

1.1. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 04.10.2013, Zahl:

XXXX, zugestellt am 11.10.2013, verpflichtete die SVA den Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 6 GSVG zur Entrichtung eines Beitragszuschlages für den Zeitraum von 01.01.2011 bis 31.12.2011 in Höhe von EUR 337,32.

Begründend führt die SVA aus, der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid vom 09.07.2013 für das Jahr 2011 weise Einkünfte auf, die die gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungsgrenzen überschritten. Der Beschwerdeführer übe die Vortragstätigkeit seit 2007 aus und habe in seiner Versicherungserklärung vom 16.09.2013 angegeben, in den Jahren 2010 und 2011 die jeweils geltenden Versicherungsgrenzen überschritten zu haben. Für das Jahr 2010 habe der Beschwerdeführer per E-Mail vor Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides mitgeteilt, dass der Gewinn im Kalenderjahr 2010 über der maßgeblichen Versicherungsgrenze liegen werde. Eine Meldung der Überschreitung der Versicherungsgrenzen für das Jahr 2011 sei vor dem Einlangen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides 2011 nicht erfolgt und daher sei gemäß § 35 Abs. 6 GSVG ein Beitragszuschlag von 9,3 % festzustellen gewesen.

1.2. Mit Schriftsatz vom 05.11.2014 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Einspruch, nunmehr Beschwerde, gegen den Bescheid der SVA.

Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen aus, er habe sich sowohl telefonisch als auch schriftlich im Jahr 2011 gemeldet und sei damit der vom Gesetzgeber geforderten "grundsätzlichen Anmeldung zur Pflichtversicherung" nachgekommen. Er habe am 03.11.2011 eine Rückmeldung der SVA bekommen, dass erst der Einkommensteuerbescheid 2010 abzuwarten sei. Er sei daher davon ausgegangen, dass er der Anmeldung zur Pflichtversicherung damit auch für das Folgejahr 2011 nachgekommen sei. Es wäre an der SVA gelegen ihn in den Kreis der Versicherungspflichtigen aufzunehmen. Er habe sich zudem nicht veranlasst gesehen, weitere Schritte zu unternehmen, da die SVA ihm 2011 eine weitere Nachricht betreffend die Versicherungspflicht und die Höhe ankündigt habe und zudem die Mitarbeiter der SVA auf Grund der Vortragstätigkeit im Ausland erst die Versicherungspflicht in Österreich zu überprüfen hätten.

2. Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 ging die Zuständigkeit zur Weiterführung dieses oben bezeichneten zum 31.12.2013 beim Landeshauptmann von Salzburg anhängig gewesenen Verfahrens gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht [BVwG] über (Ordnungszahl des Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1).

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Mit E-Mail vom 13.10.2011, Betreff: "Meldung Versicherungspflicht 2010 / [Nachname] / [Versicherungsnummer]", teilte der Beschwerdeführer der SVA mit, dass nach Auskunft seines Steuerberaters der steuerliche Gewinn im Jahr 2010 EUR 6.474,43 betrage und damit offensichtlich die Versicherungsgrenze überschritten sei. Mit E-Mail vom 03.11.2011 sendete der Beschwerdeführer eine Urgenz zum Mail vom 13.10.2011.

1.2. Mit 11.09.2013 wurden der SVA im Wege des Datenaustauschs gemäß § 229a GSVG die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide der Jahre 2010 und 2011 auf elektronischem Weg übermittelt. Sowohl im Jahr 2010 als auch im Jahr 2011 lag das Einkommen über der jeweiligen Versicherungsgrenze.

1.3. Mit Versicherungserklärung vom 16.09.2013 gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er seit 2007 einer Vortragstätigkeit nachgehe und (auch) in den Jahren 2010 und 2011 die Versicherungsgrenze überschritten habe.

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsverfahrensakt, aus dem sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt (OZ1).

2.2. Der gesamte entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und ist im Verfahren unbestritten geblieben. Bestritten wird gegenständlich ausschließlich die Zulässigkeit des Beitragszuschlages für das Jahr 2011 (siehe dazu unter Rechtliche Beurteilung).

3. Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1. Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).

3.2. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter. Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.3. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war, da der zu Grunde liegende Sachverhalt im Verwaltungsverfahren unstrittig blieb und weder ergänzungsbedürftig war, noch in entscheidenden Punkten als nicht richtig erschien.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 194 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz [GSVG] und § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG].

4.1.2. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SVA im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.3. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2. Abweisung der Beschwerde

4.2.1. Der Beschwerdeführer ist auf Grund seiner seit dem Jahr 2007 ausgeübten Vortragstätigkeit "neuer Selbständiger" iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG. Erstmalig hat er eine Versicherungserklärung am 16.09.2013 abgegeben.

4.2.2. In Fällen wie dem gegenständlichen, in denen der Betroffene keine Versicherungserklärung iSd § 2 Abs. 1 Z 4 3. Satz GSVG abgibt, kann die Pflichtversicherung erst nach Vorliegen der maßgeblichen (rechtskräftigen) Einkommensteuerdaten festgestellt werden. Ergibt sich aus diesen Daten die Überschreitung der im Kalenderjahr maßgeblichen Versicherungsgrenze nach § 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6 GSVG, so stellt der Versicherungsträger rückwirkend die Pflichtversicherung fest (§ 2 Abs. 1 Z 4 letzter Satz GSVG). Für diese Fälle der rückwirkenden Feststellung auf Grund eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides sieht § 35 Abs. 6 GSVG die Entrichtung eines Beitragszuschlages in der Höhe von 9,3% der (Pensions- und Krankenversicherungs)Beiträge vor. Dieser Zuschlag ist somit immer dann zu leisten, wenn die Meldung der Pflichtversicherung erst nach Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides, gar nicht oder mit einer Einkommensprognose unter der Versicherungsgrenze erfolgt ist (vgl. dazu auch Aminger-Solich/Taudes in Sonntag, GSVG (2018) §35 Rz28).

4.2.3. Verfahrensgegenständlich übermittelte der Beschwerdeführer erstmalig eine Versicherungserklärung nach Vorliegen der rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide. Vor Rechtskraft der Einkommensteuerdaten übermittelte der Beschwerdeführer die Überschreitung der Versicherungsgrenze für das Jahr 2010.

Soweit er dazu die Ansicht vertritt, er habe mit seiner E-Mail vom 13.10.2011 eine grundsätzliche Anmeldung gemacht, welche auch für das Jahr 2011 gelte, ist ihm entgegenzuhalten, dass er gerade keine Versicherungserklärung abgegeben hat, diese datiert erst vom 16.09.2013, sondern nur die Überschreitung der Versicherungsgrenze für das Jahr 2010 mitteilte. Das Jahr 2011 kommt im E-Mail weder im Betreff "Meldung Versicherungspflicht 2010 / [Nachname] /

[Versicherungsnummer]" noch im Text "... beträgt ... der steuerliche

Gewinn im Jahr 2010 EUR ..." vor. Dieser Erklärung ist daher nicht zu entnehmen, dass diese Ankündigung der Überschreitung der gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungsgrenzen nicht nur für das Kalenderjahr 2010, sondern auch für Folgejahre gelten solle.

4.2.4. Zusammenfassend hat der Beschwerdeführer somit für das Jahr 2010 vor Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides eine Überschreitungserklärung abgegeben, nicht jedoch für das Jahr 2011, weshalb die Vorschreibung des Beitragszuschlages zu Recht erfolgte.

4.2.5. Die Beschwerde ist somit spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Die gegenständliche Beurteilung erfolgte an Hand der klaren gesetzlichen Regelung des § 35 Abs. 6 GSVG. Zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage (trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Beitragszuschlag, Einkommenssteuerbescheid, Meldeverstoß,
Versicherungsgrenze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2005875.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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