Gbk 2018/1/17 GBK III/211/17

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Veröffentlicht am 17.01.2018
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Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Unmittelbare Diskriminierung und Belästigung beim Zugang zu Wohnraum

Text

Senat III der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundeskanzleramt gelangte am 17. Jänner 2018 über den am 19. Juli 2017 eingelangten Antrag von Herrn A (in der Folge „Antragsteller“), vertreten durch den Verein ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, betreffend die Überprüfung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu Wohnraum und einer Belästigung, durch den Antragsgegner

Herrn Mag. X

gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass

1.   durch den Antragsgegner eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Herkunft gemäß § 32 Abs. 1 GlBG vorliegt;

2.   durch den Antragsgegner eine Belästigung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Herkunft gemäß § 35 Abs. 1 GlBG nicht vorliegt.

Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag im Wesentlichen wie folgt dar:

Der Antragsteller habe sich im … auf Wohnungssuche für sich und seine Familie befunden. Im Zuge dessen sei er auf ein Wohnungsinserat des Antragsgegners gestoßen und habe ihn deswegen am … angerufen. Im Gespräch habe der Antragsteller dem Antragsgegner mitgeteilt, dass er dieses Inserat gesehen habe und ob er einen Termin ausmachen könne.

Der Antragsgegner habe daraufhin gefragt, woher er komme, was der Antragsteller damit beantwortet habe, dass er aus Syrien stamme. Der Antragsgegner habe darauf erwidert, dass er seine Wohnung nicht an „syrische Leute“ vermiete. In der Folge habe der Antragsgegner ohne weiteren Kommentar aufgelegt.

Schockiert von dieser Aussage und dieser Umgangsweise habe der Antragsteller den Antragsgegner umgehend nochmals angerufen. Als dieser abgehoben habe, habe der Antragsteller gefragt, warum er vom Antragsgegner so derart unhöflich behandelt worden sei, obwohl der Antragsteller selbst stets höflich gewesen sei. Ohne etwas darauf zu erwidern, habe der Antragsgegner wieder aufgelegt.

Vom Antragsgegner langte zu den Vorwürfen am … im Wesentlichen folgende Stellungnahme bei Senat III ein.

Der Antragsgegner weise den erhobenen Vorhalt entschieden zurück. Der behauptete Anruf sei am … nicht möglich gewesen, da sich der Antragsgegner an diesem Tag einer Operation zu unterziehen hatte.

Dem Antragsgegner sei jedoch in Erinnerung, an einem anderen Tag ein nicht normales Telefongespräch geführt zu haben. Möglicherweise handle es sich dabei um jenes mit dem Antragsteller. Dieser Anrufer habe sich äußerst unpassend, sehr frech und provozierend verhalten. Nicht nur, dass er den Antragsgegner geduzt habe, habe er auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht seinen Namen, sondern nur „Was brauchst du Name?“ erwidert. Auch die Frage nach dem Beruf habe dieser nicht beantwortet. Lediglich die Frage, woher er denn sei, habe er mit „Aus Syrien“ beantwortet. Darauf habe der Antragsgegner nur gesagt, dass er ihn nicht als Mieter nehme, worauf der Antragsteller ihn sofort als „Rassist“ bezeichnet habe.

Der Antragsteller sei nicht aufgrund seiner syrischen Herkunft abgewiesen worden, sondern nur aufgrund seines extrem frechen und provozierenden Verhaltens.

In der Sitzung der GBK am … wurden der Antragsteller und der Antragsgegner als Auskunftspersonen befragt:

Der Antragsteller erläuterte in seiner Befragung im Wesentlichen, dass er ein Wohnungsinserat des Antragsgegners gefunden und diesen am … (und nicht am …) angerufen habe. Der Antragsteller habe den Antragsgegner per Sie angesprochen, sich mit seinem Vornamen vorgestellt und „Grüß Gott“ gesagt. Auch habe der Antragsteller den Grund seines Anrufes genannt, worauf der Antragsgegner nur gefragt habe, woher er denn komme. Der Antragsteller habe geantwortet, dass er aus Syrien stamme, worauf der Antragsgegner gemeint habe, dass er seine Wohnungen nie an syrische Leute vergebe und aufgelegt habe.

Kurz darauf habe der Antragsteller nochmals angerufen und gefragt, warum der Antragsgegner sich so verhalte. Der Antragsgegner habe nur geantwortet, dass der Antragsteller nicht noch einmal anrufen solle und habe aufgelegt.

Der Antragsgegner erläuterte in seiner Befragung im Wesentlichen, dass ein solches Telefonat am … möglich gewesen sei und er sich an ein solches erinnern könne. Es könne sein, dass es sich bei diesem Anrufer um den Antragsteller gehandelt habe. Dieser Anrufer habe sich äußerst frech und unhöflich benommen.

Der Antragsgegner erwarte sich, dass man bei einem Anruf seinen Namen bekannt gebe, was nicht erfolgt sei. Der Anrufer habe den Antragsgegner gleich geduzt und gefragt „Hast du die Wohnung?“. Auf die Frage des Antragsgegners nach dem Namen des Anrufers, habe dieser geantwortet „Wozu brauchst du Name?“. Dies habe den Antragsgegner verärgert. Wenn jemand sich am Telefon so verhalte, seinen Namen nicht nenne und den Antragsgegner auch noch duze, dann lege er normalerweise auf.

Da der Anrufer mit Akzent gesprochen habe, habe der Antragsgegner ihn nach seiner Herkunft gefragt und auch nach seinem Beruf. Auf Letzteres (oder: auf letztere Frage) habe er keine Antwort erhalten.

Der Anrufer habe ihn dann auch noch als Rassist bezeichnet. Dies sei eine Unterstellung, denn die Wohnungen des Antragsgegner seien an eine Türkin, zwei Ungarn und an Rumänen vermietet. Er habe auch einen Mieter pakistanischer Herkunft gehabt. Dieser habe aber drei Monate die Miete nicht bezahlt und enormen Schaden hinterlassen. Jedenfalls habe der Antragsgegner den Namen des Antragstellers nicht gekannt und daher habe die Abweisung auch nichts mit seinem Herkunftsland zu tun.

Schlussendlich sei die Wohnung über einen Makler an eine Österreicherin vergeben worden.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Senat III hatte den Fall einer unmittelbaren Diskriminierung des Antragstellers gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 leg.cit. zu prüfen, nämlich, ob die Verweigerung des Zugangs zu Wohnraum durch den Antragsgegner aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers erfolgte oder sie aus anderen, vom Gleichbehandlungsgesetz nicht sanktionierten Gründen erfolgte und dem Antragsgegner der Beweis darüber im Verfahren gelungen ist.

Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:

§ 30. (2) Für das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sowie für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses

      1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,

      2. bei sozialen Vergünstigungen,

      3. bei der Bildung,

sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.

§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.

§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

§ 35. (1) Unerwünschte, unangebrachte oder anstößige Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit einem der Gründe nach § 31 oder der sexuellen Sphäre stehen, und bezwecken oder bewirken,

         1.       dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird und

         2.       ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person geschaffen wird, gelten als Diskriminierung.

§ 38.

(1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Im … hat sich der Antragsteller auf Wohnungssuche für sich und seine Familie befunden. Im Zuge dessen fand er ein Wohnungsinserat des Antragsgegners und hat ihn deswegen am … angerufen. Im Gespräch teilte der Antragsteller dem Antragsgegner mit, dass er dieses Inserat gesehen hat und ob ein diesbezüglicher Termin möglich sei. Der Antragsgegner hat ihn daraufhin gefragt, woher er komme, was der Antragsteller damit beantwortete, dass er aus Syrien stamme. Der Antragsgegner hat darauf erwidert, dass er seine Wohnung nicht an „syrische Leute“ vermiete. In der Folge hat der Antragsgegner ohne weiteren Kommentar aufgelegt.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Der Senat III bejahte in seiner Sitzung vom 17. Jänner 2018 die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers durch den Antragsgegner iSd § 32 Abs. 1 leg.cit. Eine Belästigung des Antragstellers gemäß § 35 Abs. 1 leg.cit. war jedoch zu verneinen.

Vom Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. ist auszugehen, wenn eine weniger günstige Behandlung von Personen beim Zugang zu Wohnraum, der der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, in direktem oder ausdrücklichem Bezug auf deren ethnische Zugehörigkeit erfolgt.

Dem Antragsgegner ist es nach Ansicht des Senates III nicht gelungen, den Vorwurf der Diskriminierung gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit. zu entkräften. Gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. obliegt es dem/der Antragsgegner/in zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Antragsgegner/in glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Das bedeutet, dass für diesen ganz konkreten Einzelfall ein bestimmtes, vom GlBG nicht sanktioniertes Motiv erkennbar sein muss, das für die Abweisung genau dieses Antragstellers/dieser Antragstellerin ausschlaggebend gewesen ist.

Aus den Schilderungen des Antragstellers ging nachvollziehbar und glaubwürdig hervor, dass sich der Vorfall wie im Antrag ausgeführt, zugetragen hat. Diese Aussagen lassen für Senat III keinen Zweifel daran, dass der Antragsgegner dem Antragsteller aufgrund seiner Herkunft keine Möglichkeit gegeben hat, sein Interesse an der zu vermietenden Wohnung ausreichend darzulegen und ihn damit der Chance beraubte, sich für die Wohnung zu bewerben.

Zunächst muss festgehalten werden, dass sowohl Antragsteller als auch Antragsgegner beim Senat einen positiven Eindruck hinterlassen haben. Hinsichtlich der wahrgenommenen Persönlichkeit des Antragstellers ist es für den Senat nicht vorstellbar, dass dieser ein Telefongespräch in der vom Antragsgegner geschilderten Art geführt hat. Ebenfalls hat der Antragsgegner frei und authentisch ein Telefonat geschildert, das den Unmut des Antragsgegners nachvollziehbar erscheinen hat lassen.

Tatsache bleibt jedoch, dass der Antragsgegner dem Antragsteller mit der Aussage, dass er keine syrischen Leute nehmen würde, den Zugang zu Wohnraum in diskriminierender Weise verweigert hat. Selbst wenn es sich um eine Verwechslung gehandelt haben sollte, würde dies aufgrund des Grundsatzes der Verschuldensunabhängigkeit des Gleichbehandlungsgesetzes keine Rolle spielen. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner den entscheidenden Konnex zur Herkunft in seiner Befragung selbst hergestellt hat, indem er demnach den Antragsteller im Telefonat gefragt habe, woher er komme, obwohl der Anrufer extrem unfreundlich gewesen sein soll. Eine solche Frage würde sich bei einem extrem unfreundlichen Anrufer wohl erübrigen.

Insgesamt ist es dem Antragsgegner daher gemäß § 38 Abs. 3 leg.cit. nicht gelungen zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass kein gemäß dem Gleichbehandlungsgesetz verpöntes Motiv der Verweigerung des Zugangs zu Wohnraum zugrunde lag.

Hinsichtlich des Vorwurfs der Belästigung kam der Senat zum Schluss, dass eine solche seitens des Antragsgegners nicht vorliegt. Zum einen sind die Telefonate sehr kurz gewesen und zum anderen erfüllt das Auflegen des Telefonhörers bzw. das abrupte Beenden eines Telefonates nicht die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 leg.cit.

Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass durch den Antragsgegner eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine unmittelbare Diskriminierung des Antragstellers beim Zugang zu Wohnraum aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz vorliegt.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hält es daher für notwendig, dass der Antragsgegner sich mit der geltenden Rechtslage vertraut macht, das Gleichbehandlungsgesetz respektiert und in Hinkunft alle Menschen, ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit, gleich behandelt.

Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Demgemäß muss die Schadenersatzleistung wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Der Senat III der Gleichbehandlungskommission empfiehlt daher dem Antragsgegner einen dementsprechenden Schadenersatz an den Antragsteller zu leisten.

Wien, Jänner 2018

Mag. Robert Brunner

(Vorsitzender)

Hinweis: Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz sind die Vorschläge der Gleichbehandlungskommission binnen zwei Monaten umzusetzen. Wenn einem Auftrag gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz (siehe obige Vorschläge des Senates III) nicht binnen zwei Monaten entsprochen wird, kann jede im Senat III vertretene Interessenvertretung gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2019
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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