TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/20 LVwG-S-2561/001-2018

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Veröffentlicht am 20.02.2019
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Entscheidungsdatum

20.02.2019

Norm

AVG 1991 §69 Abs1 Z2
AVG 1991 §69 Abs2
VStG 1991 §24
StVO 1960 §20 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Mag. Gindl über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom
29. Oktober 2018, Zl. ***, betreffend Abweisung des Wiederaufnahmeantrages des Strafverfahrens ***, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG keine Folge gegeben und diese abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG eine ordentliche Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf (in der Folge: belangte Behörde) wurde der Antrag des A (in der Folge: Beschwerdeführer), vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, vom 24. Oktober 2018 auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG betreffend der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf mit dem Kennzeichen ***, abgewiesen.

Dagegen hat der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter, fristgerecht mit Schreiben vom 27. November 2018 Beschwerde erhoben. In dieser führte er im Wesentlichen aus, dass ihm mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 05.06.2018, GZ: ***, rechtskräftig zur Last gelegt worden sei, dass er mit dem Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen *** die auf der Landesstraße ***, Strkm. ***, Fahrtrichtung ***, zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 74 km/h überschritten habe.

Er habe die festgesetzte Strafe unter der irrigen Annahme bezahlt, dass er die ihm vorgeworfene Tat auch tatsächlich selbst begangen habe. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zur GZ: *** vom 10.10.2018 habe die Landespolizeidirektion Kärnten ihm mitgeteilt, dass gegen ihn ein Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung eingeleitet worden wäre. Aufgrund dieses Umstandes, habe er eine detaillierte Prüfung des Sachverhalts vorgenommen und habe sich ergeben, dass die vorgeworfene und zunächst durchaus zugestandene Geschwindigkeitsübertretung nicht durch ihn begangen worden sei, zumal das Fahrzeug bereits am 09.05.2018 an Herrn C verkauft und übergeben worden sei. Er habe am 09.05.2018 mit Herrn C, ***, ***, einen Kaufvertrag zum Fahrzeug Audi A8 mit dem amtlichen Kennzeichen *** abgeschlossen und sei das Fahrzeug sogleich, das heißt am 09.05.2018, um 09:10 Uhr, an den Käufer übergeben worden. Zur Überstellung des Fahrzeuges habe er dem Käufer die Fahrzeugkennzeichen überlassen und sei dieser Umstand auf dem bezughabenden Kaufvertrag auch vermerkt worden. Seit 09.05.2018, 09:10 Uhr, sei das Fahrzeug samt Kennzeichen
*** im ausschließlichen Gewahrsame des Herrn C gestanden und habe demnach auch zum Tatzeitpunkt am 12.05.2018 ausschließlich C über das Fahrzeug samt Kennzeichen verfügt. Aufgrund des Umstandes, dass er noch Anfang Mai 2018 mit diesem Fahrzeug regelmäßig auch in der Umgebung von *** gefahren sei, sowie aufgrund des Umstandes, dass er durchaus gelegentlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten habe, habe er sich in der irrigen Annahme, das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt selbst gelenkt zu haben, zunächst als Lenker gegenüber der belangten Behörde bekannt gegeben und in weiterer Folge die verhängte Geldstrafe auch bezahlt.

Dieser Irrtum habe erst nach Aufforderung zur Stellungnahme der Landespolizeidirektion Kärnten vom 10.10.2018 aufgeklärt werden können. Demzufolge sei bei der belangten Behörde umgehend ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG gestellt worden, zumal Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG vorliegen würden. Mit diesem Wiederaufnahmeantrag habe er auch den bezughabenden Kaufvertrag vom 09.05.2018 als Beweismittel zur Vorlage gebracht und Herrn C als Lenker zum Vorfall vom 12.05.2018 bekannt gegeben.

Ich bin formell beschert, da meinen gestellten Anträgen im Wiederaufnahmeantrag

vom 24.10.2018 in keiner Weise entsprochen wurde und wird demgemäß meine

Rechtssphäre nachteilig berührt. Durch den abweisenden Bescheid sei er in seinen subjektiven Rechten einer ausschließlich gesetzmäßigen Bestrafung, in seinem Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz, sowie in seinem Recht auf Freiheit des Eigentums verletzt. Entgegen den Darstellungen der belangten Behörde würden gegenständlich Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG vorliegen und habe er diese Wiederaufnahmegründe umfangreich in seinem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 24.10.2018 gegenüber der belangten Behörde dargestellt. Schon am 12.05.2018 - drei Tage nach Fahrzeugverkauf - sei die nunmehr verfahrensgegenständliche Tat begangen worden und sei ein diesbezüglicher Irrtum auf seiner Seite jedenfalls nachvollziehbar. Durch den zeitlich engen Zusammenhang zwischen Fahrzeugverkauf und Tat, könne ihm ein diesbezügliches Verschulden an der irrigen Lenkerbekanntgabe und an Nichtvorlage des Kaufvertrages nicht angelastet werden, welches einen Wiederaufnahmegrund ausschließen würde. Verkannt werde in diesem Zusammenhang keineswegs die tatsächliche Möglichkeit der entsprechenden Bekanntgabe bzw. Vorlage von Beweismitteln im Ermittlungsverfahren, wobei dieser Umstand durchaus als minderer Grad des Versehens eingeordnet werden könne und ihm demnach daraus auch kein schwerer Vorwurf zu machen sei. Dieser allenfalls mindere Grad des Versehens begründe sich auch damit, dass er unmittelbar vor der begangenen Tat tatsächlich selbst in der Umgebung von Wien mit diesem Kraftfahrzeug, mit diesen Kennzeichen unterwegs gewesen sei und es in der Vergangenheit durchaus gelegentlich vorgekommen sei, dass er aus eigenem Verschulden Geschwindigkeitsübertretungen zu verantworten gehabt habe. Wie ausgeführt, habe er erst durch die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme der Landespolizeidirektion Kärnten vom tatsächlichen Sachverhalt im Detail erfahren und habe er diese Umstände umgehend auch gegenüber der belangten Behörde in seinem Wiederaufnahmeantrag – selbiger sei auch formell zulässig – dargelegt. Darüber hinaus seien in diesem Zusammenhang auch die Schwere der Tat und die mit dieser Tat verbundenen Rechtsfolgen für ihn bei der Beurteilung eines allfälligen Versehens zu beachten. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass gegen ihn bereits eine Geldstrafe in Höhe von € 600,00 verhängt worden sei und nun auch der Entzug der Lenkerberechtigung für sechs Wochen, welche zudem mit ergänzenden Kosten belastet sei, beabsichtigt sei, dies obwohl er die Tat nachweislich nicht begangen haben könne, erscheine eine Wiederaufnahme des Verfahrens zwingend erforderlich. Darüber hinaus habe er gravierende berufliche Nachteile zu erwarten, wenn er über einen Zeitraum von mehreren Wochen nicht über einen Führerschein verfügen würde und würde sich auf Grund des konkreten Sachverhaltes durchaus auch eine Behebung von Amts wegen (§ 68 Abs. 3, 4 AVG) rechtfertigen.

Verkannt werde in diesem Zusammenhang keineswegs die tatsächliche Möglichkeit der entsprechenden Bekanntgabe bzw. Vorlage von Beweismitteln im Ermittlungsverfahren, wobei dieser Umstand durchaus als minderer Grad des Versehens eingeordnet werden könne und ihm demnach daraus auch kein schwerer Vorwurf zu machen sei.

Ausschließlich die Wiederaufnahme des Verfahrens sei geeignet, den tatsächlichen Täter der inkriminierten Tat derentwegen zu bestrafen, habe er die Tat tatsächlich nicht begangen und würden Gründe vorliegen, welche eine Wiederaufnahme rechtfertigen würden. Die erst im Rahmen des Wiederaufnahmeantrages und somit verspätete Darstellung des Sachverhaltes sei als minderer Grad des Versehens zu werten und könne dieses Versehen kein Verschulden im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG begründen. Demzufolge verletzte auch die Bestrafung durch die Behörde in Ermangelung der Verfahrenswiederaufnahme ihn in seinem Recht auf nur gesetzmäßiger Bestrafung. Darüber hinaus werde er dadurch in seinem Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt, zumal gemäß dem Gleichheitsgrundsatz Gleiches gleich sowie Ungleiches ungleich zu behandeln sei. Durch die Bestrafung werde er als tatsächlich unschuldige Person aber einem Straftäter gleichgestellt, sei der Umstand meiner Unschuld der belangten Behörde durch Urkunden (Kaufvertrag vom 09.05.2018) nachgewiesen und begründe die Versagung der Wiederaufnahme daher auch die Verletzung des Gleichheitssatzes. Nicht zuletzt greife die verhängte Strafe in sein Recht auf Freiheit des Eigentums ein, zumal ihm eine Strafe auferlegt werde, welche unmittelbar sein Vermögen schmälert und diesem Eigentumseingriff ein diesbezüglich korrespondierender und strafbarer Sachverhalt nicht gegenüberstehe.

Es wurde beantragt, dem Wiederaufnahmeantrag wegen vorliegender Wiederaufnahmegründe gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG stattzugeben und gemäß § 50 VwGVG die gegen ihn ergangene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 05.06.2018, zur GZ: ***, ersatzlos aufzuheben und das Verfahren gegen ihn ohne weitere Konsequenz einzustellen; in eventu dem Wiederaufnahmeantrag wegen vorliegender Wiederaufnahmegründe gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG stattzugeben und gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG die Verwaltungsstrafsache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf zurückzuverweisen; sowie eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 VwGVG durchzuführen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in Entsprechung des
§ 44 Abs. 1 VwGVG am 12. Februar 2019, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser wurde der Beschwerdeführer einvernommen sowie in die Verfahrensakte, auf deren Verlesung verzichtet wurde, eingesehen.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens kann nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen angesehen werden:

Mit Anzeige der Landesverkehrsabteilung Niederösterreich vom 24. Mai 2018, wurde der Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen ***, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) angezeigt. Demnach soll der Lenker dieses Fahrzeuges, die im Freiland gemäß § 20 Abs. 2 StVO 1960 erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, am 12. Mai 2018, um 11:41 Uhr, im Gemeindegebiet von ***, auf der Landesstraße ***, nächst Strkm. ***, in Fahrtrichtung ***, um 74 km/h (gefahrenen Geschwindigkeit somit von 174 km/h) unter Abzug der Messtoleranz (von 10 km/h – somit mittels Radar gemessene Geschwindigkeit von 184 km/h) überschritten haben.

Zulassungsbesitzerin dieses Kraftfahrzeuges (mit dem gegenständlichen Kennzeichen) war die D e.U.

Aus dem Firmenbuchauszug betreffend die Zulassungsbesitzerin (D e. U. – FN ***) ergibt sich, dass der Beschwerdeführer Inhaber dieser ist.

Die belangte Behörde forderte (mit Schreiben vom 29. Mai 2018) die Zulassungsbesitzerin gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 auf, binnen zwei Wochen bekanntzugeben, wer das gegenständliche Kraftfahrzeug gelenkt hat.

Mit 1. Juni 2018 wurde der Beschwerdeführer als Lenker des Fahrzeuges (für den angefragten Tatzeitpunkt und Tatort) bekanntgegeben.

Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 5. Juni 2018, ***, wurde dem Beschwerdeführer die angezeigte Verwaltungsübertretung (gemäß § 20 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 2e StVO 1960) zur Last gelegt und er mit einer Geldstrafe von € 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 277 Stunden) bestraft.

Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer entsprechend der Aktenlage am 7. Juni 2018 zugestellt. Ein Einspruch wurde nicht erhoben und wurde die Strafverfügung somit rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2018 beantragt der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens. Dieser Antrag wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen.

Dies ergibt sich auf Grund der unstrittigen Aktenlage und wurde dies auch seitens des Beschwerdeführers bestätigt bzw. dem nicht widersprochen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz erkennt das Verwaltungsgericht über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

„Sache“ des Beschwerdeverfahrens ist jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat.

Gegenständlich wurde seitens der belangten Behörde der Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens (***) vom 24. Oktober 2018 abgewiesen.

Gemäß § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) gilt, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, § 39 Abs. 3 bis 5, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 57, 68 Abs. 2 und 3, 75 und 78 bis 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.

Gemäß § 69 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1.   der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2.   neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3.   der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4.   nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

Gemäß § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Die beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG setzt voraus, dass Tatsachen (Beweismittel) hervorkommen, die schon vor Erlassung des das wiederaufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides bestanden haben, aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden sind. Es ist zwar notwendig, aber nicht ausreichend, dass die Tatsachen (Beweismittel) im wiederaufzunehmenden Verfahren nicht geltend gemacht worden sind; es ist darüber hinaus auch erforderlich, dass sie - allenfalls auch im Verfahren vor einer höheren Instanz - nicht geltend gemacht werden konnten und dass die Partei daran kein Verschulden trifft. Jegliches Verschulden, das die Partei an der Unterlassung ihrer Geltendmachung trifft, auch leichte Fahrlässigkeit, schließt den Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus. Die neu hervorgekommenen Tatsachen (Beweismittel) müssen entscheidungsrelevante Umstände derart betreffen, dass sie, wären sie seinerzeit berücksichtigt worden, voraussichtlich zu einer anderen als der tatsächlich getroffenen Entscheidung geführt hätten. Für die Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens genügt es, dass diese Voraussetzung mit einiger Wahrscheinlichkeit zutrifft; ob sie tatsächlich vorliegt, ist erst im wieder aufgenommenen Verfahren zu entscheiden (Hinweis Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, § 69 AVG, Anm. 12 bis 14 sowie insbesondere E Nr. 124f und 132; vgl. auch VwGH vom 14.12.2015, Ra 2015/09/0076).

Das Wiederaufnahmeverfahren hat nicht den Zweck, allfällige Versäumnisse einer Partei in einem Ermittlungsverfahren oder die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels im Wege über die Wiederaufnahme eines Verfahrens zu sanieren (vgl. auch VwGH vom 24.09.2014, 2012/03/0165).

Wenn es der Beschuldigte in einem Strafverfahren unterlässt, sich eines bestimmten Beweismittels zu seiner Verteidigung zu bedienen, so begibt er sich des Rechts auf Wiederaufnahme des Verfahrens unter Bedachtnahme auf dieses Beweismittel nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG (Hinweis E 18.10.1990, Zl. 90/09/0101; 19.10.2008, 2005/09/0140).

Im gegenständlichen Verfahren waren (bzw. mussten) dem Beschwerdeführer sämtliche Sachverhalte bzw. Unterlagen bereits vor dem Strafverfahren sowie auch im Strafverfahren bekannt (sein). Dennoch hat der Beschwerdeführer sich selbst als Lenker bekanntgegeben und hat er in weiterer Folge keinen Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben. Auch wurde im Zuge der Verhandlung vom Vertreter des Beschwerdeführers eine „im Sachverhalt immanente Sorglosigkeit des Beschwerdeführers“ eingestanden.

Bei entsprechend sorgfältigem Vorgehen des Beschwerdeführers, hätte dieser bereits vor Erteilung der Lenkerauskunft geprüft wer das Kraftfahrzeug gelenkt hat. Der Beschwerdeführer hat sich selbst als Lenker angegeben und hat es auch in weiterer Folge unterlassen ein Rechtsmittel gegen die gegen ihn gerichtete Strafverfügung zu erheben.

Gegenständlich lag daher kein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG vor. Jedenfalls hat der Beschwerdeführer auch ein Verschulden daran, dass die nunmehr vorgelegten Beweismittel (diese mussten dem Beschwerdeführer bekannt sein) nicht bereits im Strafverfahren vorgelegt wurden.

Es wurde daher der Antrag auf Wiederaufnahme zu Recht abgewiesen.

Zur Nichtzulassung der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG, welcher grundsätzliche Bedeutung zukommt, war gegenständlich nicht zu lösen, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Straßenverkehr; Verwaltungsstrafe; Verfahrensrecht; Wiederaufnahme; neue Tatsache;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.S.2561.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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