TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/28 W172 2202626-1

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Veröffentlicht am 28.12.2018
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Entscheidungsdatum

28.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §13 Abs2 Z3
AsylG 2005 §2 Abs3 Z2
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §51
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z4
FPG §55 Abs4
JGG §5 Z10
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W172 2202626-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin MORITZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX2000, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2018, Zl. 1096791207-151872165, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.12.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I., II., III., IV., V., VI. und IX. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Ihrer Enthaftung".

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der damals noch minderjährige Beschwerdeführer (im Folgenden auch: "Beschwerdeführer") stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 26.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 I.d.g.F. (im Folgenden auch: "AsylG 2005").

Am gleichen Tag erfolgte die Erstbefragung des Beschwerdeführers durch die LPD Niederösterreich.

2. Der Beschwerdeführer wurde am 10.01.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden auch: "BFA") niederschriftlich einvernommen.

3. Mit oben im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 11.07.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und es wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (im Folgenden auch: "BFA-VG") eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (im Folgenden auch: "FPG") erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) Gemäß § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Z 4 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 18 Abs. 1 Ziff. 2, 3 und 5 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) sowie dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VIII.). Das BFA sprach aus, dass der Beschwerdeführer § 13 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 02.02.2018 verloren habe (Spruchpunkt IX.).

4. Gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheides wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde mit oben im Spruch genannten Schriftsatz vom 24.07.2018 erhoben.

5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden auch: "BVwG") vom 06.08.2018, W172 2139196-1/3Z wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

6. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte mit Schreiben vom 09.08.2018 dem Beschwerdeführer eine Verständigung vom Ergebnis seiner aktualisierten Beweisaufnahme zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Afghanistan (s. weiter unter Pkt. II.1.3.).

7. Hierauf erwiderte der Beschwerdeführer mit einer Stellungnahme mit Schreiben vom 21.07.2017.

8. Am 19.12.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden auch: "BVwG") eine mündliche Verhandlung durch, wobei der Beschwerdeführer als Partei teilnahm. Das BFA verzichtete auf die Teilnahme an der Verhandlung.

In dieser Verhandlung wurden Unterlagen und darauf aufbauende aktuelle Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Afghanistan eingeführt (s. weiter unten Pkt. II.1.3.).

9. In das Verfahren wurden neben den vom BFA und vom Bundesverwaltungsgericht eingeführten (s. weiter unten) u.a. folgende entscheidungsrelevante Bescheinigungsmittel vorgelegt, nämlich, zu:

-

gesundheitlichen Beschwerden (Therapieberichte über Suchtmittelkonsum) und

-

schulische Ausbildung (Neue Mittelschule der Stadt Wien).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer führt den oben im Spruch wiedergegebenen Namen, ist am XXXX2000 in XXXX im Iran geboren, Staatsangehöriger von Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Hazara sowie dem schiitischen Glaubensbekenntnis an. Sein Familienstand ist ledig. Seine Muttersprache ist Dari. An Schulausbildung weist er einen fünfjährigen privaten Unterricht in Lesen und Schreiben auf. Er hat keine Berufsausbildung. Er war beruflich zuletzt als Hilfsarbeiter für seinen Vater tätig. Dieser habe auf Baustellen, auf Feldern und als Gärtner gearbeitet. Der Beschwerdeführer lebte seit seiner Geburt im Iran, in XXXX in der Nähe von XXXX bis zu seiner Ausreise im Spätsommer 2015, er war noch nie in Afghanistan. An Familienangehörigen leben im Iran noch seine Eltern und zwei minderjährige Geschwister (jüngerer Bruder, Schwester) sowie sein älterer volljähriger Bruder in Syrien. In Afghanistan hat er keine Familienangehörigen.

Der Beschwerdeführer weist jedenfalls in den letzten Monaten keine (relevanten) gesundheitliche Beschwerden auf. Er hält sich seit ca. November 2015 in Österreich auf

Der Beschwerdeführer weist folgenden Strafregisterauszug auf:

"01) LG F.STRAFS.WIEN 144 HV 157/2017i vom 13.12.2017 RK 19.12.2017

§ 27 (2a) SMG § 15 StGB §§ 27 (1) Z 1 2 SMG

Datum der (letzten) Tat 06.11.2017

Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Jugendstraftat

zu LG F.STRAFS.WIEN 144 HV 157/2017i RK 19.12.2017

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG F.STRAFS.WIEN 163 HV 82/2018a vom 19.11.2018

02) LG F.STRAFS.WIEN 154 HV 4/2018i vom 23.02.2018 RK 23.02.2018

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall SMG § 127 StGB §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a) 2. Fall SMG

§ 15 StGB

Datum der (letzten) Tat 11.12.2017

Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB ä

unter Bedachtnahme auf LG F.STRAFS.WIEN 144 HV 157/2017i RK 19.12.2017 Jugendstraftat

zu LG F.STRAFS.WIEN 154 HV 4/2018i RK 23.02.2018

zu LG F.STRAFS.WIEN 144 HV 157/2017i RK 19.12.2017

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F.STRAFS.WIEN 142 HV 54/2018d vom 16.05.2018

03) LG F.STRAFS.WIEN 142 HV 54/2018d vom 16.05.2018 RK 16.05.2018

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a), 27 (3) SMG § 15 StGB

Datum der (letzten) Tat 24.04.2018

Freiheitsstrafe 7 Monate, davon Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt,

Probezeit 3 Jahre Anordnung der Bewährungshilfe Jugendstraftat

zu LG F.STRAFS.WIEN 142 HV 54/2018d RK 16.05.2018

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 22.06.2018

LG F.STRAFS.WIEN 142 HV 54/2018d vom 02.07.2018

zu LG F.STRAFS.WIEN 142 HV 54/2018d RK 16.05.2018

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F.STRAFS.WIEN 163 HV 82/2018a vom 19.11.2018

04) LG F.STRAFS.WIEN 163 HV 82/2018a vom 19.11.2018 RK 19.11.2018

§ 15 StGB § 105 (1) StGB § 15 StGB § 84 (4) StGB § 50 (1) WaffG § 107 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 10.10.2018 Freiheitsstrafe 10 Monate Jugendstraftat"

Das folgende Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen im Rahmen der oben genannten mündlichen Verhandlung wird (im Wesentlichen und zusammengefasst) - soweit glaubwürdig - nachfolgend in die Feststellungen aufgenommen (nicht-inhaltlich/-sinnändernde Ergänzungen wurden vorgenommen bzw. Schreibfehler korrigiert; Anm. des BVwG).

Dem zufolge habe es im Iran schlechte Lebensbedingungen gegeben. Der Bruder des Beschwerdeführers habe keine Aufenthaltskarte gehabt. Die iranische Polizei habe den Bruder des Beschwerdeführers festgenommen und diesen in den Krieg nach Syrien geschickt. Er sei dort getötet worden. Der Vater des Beschwerdeführers habe Angst um dessen Leben bekommen, da der Beschwerdeführer auch in den Krieg hätte geschickt werden können. Deswegen sei der Beschwerdeführer nach Europa geschickt worden. Seine Familie sei damals wegen des Krieges aus Afghanistan geflüchtet und in den Iran übersiedelt.

Das folgende Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Aufenthalt in Österreich im Rahmen der oben genannten mündlichen Verhandlung wird (im Wesentlichen und zusammengefasst) ebenfalls nachfolgend in die Feststellungen aufgenommen (nicht-inhaltlich/-sinnändernde Ergänzungen wurden vorgenommen bzw. Schreibfehler korrigiert; Anm. des BVwG).

Dem zufolge habe der Beschwerdeführer im XXXX Wiener Bezirk in der XXXX gewohnt. Er habe keine Familienangehörigen in Österreich, doch habe er zwei bis drei Freundinnen aus Afghanistan und Österreich gehabt, die Beziehungen hätten aber nur ein paar Monate gedauert. Er hätte auch österreichische Freunde gehabt, diese hätte er aus der Fußballmannschaft von seiner Schule kennengelernt. Er hätte zuletzt eine Hauptschule im XXXX Wiener Bezirk besucht. Er sei an mehreren Schulen gewesen. Zunächst sei er die ersten zwei Jahre außerordentlicher Schüler, dann im dritten Jahr ordentlicher Schüler gewesen. Er habe zuletzt die vierte Klasse Hauptschule abgeschlossen. An Vereinsmitgliedschaften habe der Beschwerdeführer beim Fußballverein "XXXX" gespielt, bei weiteren Vereinen sei er nicht gewesen, er habe nur Fußball gespielt. Er habe zwar zu einer besseren Mannschaft wechseln wollen, den Test habe er auch bestanden, es habe aber dann nicht geklappt. An Deutschkursen habe der Beschwerdeführer im Sommer 2016 einen A2-Kurs besucht. Er habe auch die Prüfung zu A2 absolviert. [...]. Bezüglich Festnahmen sei der Beschwerdeführer insgesamt viermal festgenommen worden sei. Zweimal sei er dann in Haft gewesen, das erste Mal zwei Monate lang, er sei am 24.04.2018 festgenommen worden; das zweite Mal derzeit, er sei am 19.10.2018 festgenommen worden und seitdem in Haft.

1.2.1. Gutachten von Dr. Sarajuddin Rasuly im Rahmen der mündlichen Verhandlung des BVwG vom 21.06.2018 zu GZ W172 2162847-1 betreffend die Sozialisation eines Afghanen, im Besonderen auch eines Hazaras, im Iran, und ihre Folgen für Afghanen, die aus dem Iran wieder nach Afghanistan zurückkehren müssten (nicht-inhaltlich/-sinnändernde Ergänzungen wurden vorgenommen bzw. Schreibfehler korrigiert; Anm. des BVwG):

"Afghanistan und Iran sind Nachbarländer, die schon lange in reger Beziehung zueinander stehen. Die Sprache Farsi ist in Afghanistan eine Art Lingua Franca und wird von der Mehrheit der Bevölkerung, vor allem von Hazaras, gesprochen. Dabei haben die Hazaras einen eigenen Dialekt der Farsi-Sprache, nämlich Hazaragi-Farsi bzw. Hazaragi Dari. Dari ist eine in Afghanistan gesprochene Variante der Farsi-Sprache, d.h. in beiden Länder wird die Farsi-Sprache mit Dialekt unterschiedlich gesprochen, so wie z.B. Deutsch in Österreich, Deutsch in Südtirol, Deutsch in Luxemburg und Deutsch in Deutschland. Die meisten Lese- und Lehrbücher werden aus dem Iran besorgt, weil das Buchdruckwesen im Iran schon seit jeher sehr gut entwickelt ist.

Besonders seit dem Beginn des Krieges in Afghanistan vor 40 Jahren sind Millionen Hazaras in den Iran geflüchtet und haben dort gearbeitet und auch Schulen besucht. Auch im Alltag außerhalb des Bildungsbereichs sind Afghanen mit den Iranern mit einer Farsi-Sprache konfrontiert, die ein höheres Niveau aufweist als die Farsi-Sprache in Afghanistan im Allgemeinen. Nach dem Sturz der Taliban sind Millionen Hazaras entweder nach Afghanistan übersiedelt oder sie haben regen Kontakt mit Afghanistan.

Die Farsi-Sprache der heutigen Medien und die Bildungssprache in Farsi in Afghanistan sind geprägt vom höherem Niveau der Farsi-Sprache, die durch den regen Kontakt der Afghanen mit Iran und mit der Rückkehr von vielen Hazaras und andere Afghanen aus dem Iran zu tun hat. Daher ist ein längerer Aufenthalt und eine längere Sozialisation im Iran für einen Afghanen, besonders für einen Hazara, kein Nachteil. In den Moscheen der Schiiten bzw. Hazaras wird von den schiitischen Mullahs Farsi mit iranischem religiösem Akzent ausgesprochen. Die schiitische und Hazara-Gemeinschaft in Afghanistan werden seit Beginn des Krieges, auch heute, sehr stark von der iranischen Regierung unterstützt: sie bauen Moscheen und Bildungsinstitutionen auf und die Uni-Lehrer benutzen die Farsi-Ausdrucksweise wie im Iran bei den Vorlesungen.

Diese Ausführungen beruhen auf meinen eigenen Wahrnehmungen auf Grund meiner Forschungsreisen in Afghanistan, zuletzt im Februar 2017, auf meine wissenschaftlichen Abhandlungen über Afghanistan und meine gesellschaftliche Position in Österreich und Afghanistan, durch die ich tausende Personen kenne und mit diesen im regen Kontakt stehe."

1.2.2. Gutachten von Dr. Sarajuddin Rasuly im Rahmen der mündlichen Verhandlung des BVwG vom 21.06.2018 zu GZ W172 2162847-1 betreffend die Sozialisation eines Afghanen in Europa (nicht-inhaltlich/-sinnändernde Ergänzungen wurden vorgenommen bzw. Schreibfehler korrigiert; Anm. des BVwG):

"Wenn jemand als Kind in Österreich aufgewachsen ist und keine afghanische Sprache sprechen kann, hat diese Person Anpassungsschwierigkeiten in Afghanistan, aber in der afghanischen Gesellschaft stößt diese Person dennoch auf keine Ablehnung. Personen, die sich kurze Zeit in Europa befunden und ihre Muttersprache vollständig behalten haben, werden in Afghanistan wegen ihres Aufenthaltes in Europa keine Probleme bekommen, wenn sie nach Afghanistan zurückkehren. Aber eine Rückkehr wird für afghanische Flüchtlinge, die nach Europa geflüchtet sind, auf alle Fälle schwerfallen, weil sie nach ihrer Rückkehr keine europäische Infrastruktur vorfinden, an der sie sich während ihres Aufenthalts gewöhnt haben, nämlich z.B. bequeme Transportmittel, toleranter Umgang miteinander, das Fehlen einer bequemen Versorgungssituation. Aber Rückkehrer aus Europa stoßen nicht auf Ablehnung der afghanischen Gesellschaft. Es leben in Europa und Amerika fast zwei Millionen Afghanen und diese sind im regen Verkehr mit Afghanistan. Ihre Familien freuen sich, wenn sie sich treffen, und viele beneiden die Afghanistan, die es nach Europa geschafft haben. Ich möchte darauf hinweisen, dass es in den von den Taliban beherrschten Gebieten vorkommen kann, dass die Taliban für die Verfolgung einer Person auch ihren Aufenthalt in Europa als Vorwand nehmen. Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen, dass die Taliban selbst die islamische Geistlichkeit, die die Pashtu-Sprache spricht, töten und verfolgen.

Für die Rückkehrer ist auch der Gesichtsverlust ein Problem, weil sie im Falle ihrer Abschiebung mit leeren Händen zurückkehren und damit ihren Familien das nicht ersetzen können, was sie von diesen genommen und für ihre Reise nach Europa finanziert haben.

Diese Ausführungen beruhen auf meinen eigenen Wahrnehmungen auf Grund meiner Forschungsreisen in Afghanistan, zuletzt im Februar 2017, auf meine wissenschaftlichen Abhandlungen über Afghanistan und meine gesellschaftliche Position in Österreich und Afghanistan, durch die ich tausende Personen kenne und mit diesen im regen Kontakt stehe."

1.2.3. Zur politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers

Aufgrund der vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 23.11.2018):

"KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte

dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Quellen:

1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/

afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison? fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BygjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ, Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack, https:// www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack- 181121162807917.html, Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul- 181112094659291.html, Zugriff 22.11.2018

ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018): Afghanistan:

67 morti in 24 ore, http://

www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182- a798-34b9ace3ae65.html, Zugriff 22.11.2018

Dawn (1.11.2018): Seven killed in suicide attack near Kabul prison, https://www.dawn.com/news/1442782/seven-killed-in-suicide-attack-near-kabul-prison, Zugriff 22.11.2018

DZ - Die Zeit (20.11.2018): Mehr als 50 Tote bei Anschlag in Kabul, https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/afghanistan-kabul-explosion-anschlagattentat-ulema-rat-versammlung-tote, Zugriff 22.11.2018

DZ - Die Zeit (12.11.2018): Mehrere Tote bei Anschlag nahe Anti-Taliban-Demo,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/kabul-anschlag-explosion-demonstration-talibanregierungstruppen-ghasni, Zugriff 12.11.2018

IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.11.2018): Afghanistan, attacco kamikaze a Kabul durante incontro religioso: almeno 50 morti e 80 feriti gravi,

https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/11/20/afghanistanattacco-kamikaze-a-kabul-durante-incontro-religioso-almeno-40-morti-e-80-feriti/4779194/, Zugriff 22.11.2018

KP - Khaama Press (12.11.2018): Protesters gather near Presidential Palace in Kabul over recent wave of violence, https://www.khaama.com/protesters-gather-near-presidential-palace-in-kabulover-recent-wave-of-violence-02722/?

fbclid=IwAR2cNyRcLjWNmzaEoWNieBq37J1eVAKL2aT_4yCqbU9HdYKpr30O1NoXe-g, Zugriff 22.11.2018

LE - L'Express (21.11.2018): Attentat à Kaboul : la lecture de verset du Coran soudain interrompue, raconte un blessé, https://www.lexpress.fr/actualites/1/monde/attentat-a-kaboul-lalecture-de-versets-du-coran-soudain-interrompue-raconte-un-blesse_2049660.html, Zugriff 22.11.2018

NYT - New York Times (20.11.2018): At Leas 55 Killed in Bombing of Afghan Religious Gathering,

https://www.nytimes.com/2018/11/20/world/asia/afghanistan-wedding-hall-bombing.html, Zugriff 22.11.2018

Pajhwok Afghan News (31.10.2018): Suicide blast in front of Pul-i-Charhi prison leave 6 people dead, https://www.pajhwok.com/en/2018/10/31/suicide-blast-front-pul-i-charkhi-prison-leave-6- people-dead, Zugriff 22.11.2018

SS - Stars and Stripes (20.11.2018): Suicide bomb attack in Kabul kills at least 43, wounds 83,

https://www.stripes.com/news/suicide-bomb-attack-in-kabul-kills-at-least-43-wounds-83-1.557397, Zugriff 22.11.2018

TNAE - The National (21.11.2018): Kabul reels in grief after wedding hall attack,

https://www.thenational.ae/world/asia/kabul-reels-in-grief-after-wedding-hall-attack-1.794365, Zugriff 22.11.2018

Tolonews (20.11.2018): Death Toll Rises To 50 In Kabul Wedding Hall Explosion,

https://www.tolonews.com/afghanistan/40-killed-80-wounded-kabul-wedding-hall-blast, Zugriff 22.11.2018

Tolonews (12.11.2018): MoI Confirms 6 Death In Kabul Explosion, https://www.tolonews.com/afghanistan/casualties-feared-explosion-rocks-kabul, Zugriff 22.11.2018

TS - Tagesschau (21.11.2018): Deutschland verurteilt Anschlag in Kabul, https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-135.html, Zugriff 22.11.2018

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Milionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Milionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).

Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilsten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).

Anmerkung: Weiterführende Informationen über den Wahlprozess in Afghanistan können der KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018 entnommen werden.

Zivile Opfer

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED

[Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).

(UNAMA 10.10.2018)

Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert:

davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).

Regierungfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

(UNAMA 10.10.2018)

Quellen:

AAN - Afghanistan Analysts Network (26.10.2018): Before Election Day

Three: Looking at Kandahar's upcoming vote, https://www.afghanistan-analysts.org/before-election-day-threelooking-at-kandahars-upcoming-vote/, Zugriff 29.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018a): Election Day One (Evening Update): Voter determination and technical shambles, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-oneevening-update-voter-determination-and-technical-shambles/ Zugriff 22.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018b): Election Day Two:

A triumph of administrative chaos, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-two-a-triumph-of-administrative-chaos/, Zugriff 22.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (20.10.2018): Election Day One: A rural-urban divide emerging,

https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-one-a-rural-urban-divide-emerging/, Zugriff 22.10.2018

AFP - Agence France Presse (20.10.2018): Nearly 170 casualties as violence rocks chaotic Afghan elections, https://www.afp.com/en/news/15/nearly-170-casualties-violence-rocks-chaoticafghan-elections-doc-1a599v9, Zugriff 22.10.2018

AJ - Al Jazeera (19.10.2018): Afghanistan: Kandahar elections delayed by a week after killings, https://www.aljazeera.com/news/2018/10/afghan-election-polls-kandahar-delayed-week- 181019082632025.html Zugriff 22.10.2018

CNN - Cable News Network (27.10.2018): Kandahar goes to the polls in Afghan parliamentary vote delayed by violence, https://edition.cnn.com/2018/10/27/asia/afghan-elections-kandahar-intl/ index.html, Zugriff 29.10.2018

LS - La Stampa (21.10.2018): Ancora sangue sul secondo giorno di voto in Afghanistan,

http://www.lastampa.it/2018/10/21/esteri/ancora-sangue-sul-secondo-giorno-di-voto-inafghanistan-quhK2AP00HBuCKGBEHU8TN/pagina.html, Zugriff 22.10.2018

RN - Rainews (21.10.2018): Chiusi I seggi in Afghanistan, 4 milioni al voto nonostante gli attacchi dei Talebani, http://www.rainews.it/dl/rainews/articoli/Chiusi-i-seggi-in-Afghanistan-4-milioni-alvoto-nonostante-gli-attacchi-52f120d0-cda8-4c1c-b469-363549cb767c.html, Zugriff 22.10.2018

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018),

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_ 3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 25.10.2018

KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:

Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).

Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptädte von den Taliban angegriffen: Farah- Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).

Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018).

Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der

Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).

Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

(BFA Staatendokumentation 15.10.2018a)

Im Folgenden wird das Verhältnis zwischen den diversen sicherheitsrelevanten Vorfällen für den Zeitraum 1.4.2018 - 30.9.2018 durch eine Grafik der Staatendokumentation veranschaulicht.

(BFA Staatendokumentation 15.10.2018b)

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).

Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).

Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).

(UNAMA 15.7.2018)

Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine "nationale Politik für zivile Schadensminimierung und - prävention" und das Protokol V der "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände", welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA 15.7.2018).

Wahlen

Zwischen 14.04.2018 und 27.7.2018 fand die Wählerregistrierung für die Parlaments- sowie Distriktwahlen statt. Offiziellen Angaben zufolge haben sich im genannten Zeitraum 9,5 Millionen Wähler registriert, davon 34% Frauen (UNGASC 10.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Parlaments- sowie Distriktwahlen endete am 12.6.2018 bzw. 14.6.2018 und die Kandidatenliste für die Parlamentswahlen wurde am 2.7.2018 veröffentlicht (UNGASC 10.9.2018). Am 25.9.2018 wurde vom Sprecher der Independent Electoral Commission (IEC) verkündet, dass die landesweiten Distriktwahlen sowie die Parlamentswahlen in der Provinz Ghazni am 20.10.2018 nicht stattfinden werden (im Rest des Landes hingegen schon). Begründet wurde dies mit der niedrigen Anzahl registrierter Kandidaten für die Distriktwahlen (nur in 40 von 387 Distrikten

wurden Kandidaten gestellt) sowie mit der "ernst zu nehmenden Sicherheitslage und anderen Problematiken". Damit wurden beide Wahlen (Distriktwahlen landesweit und Parlamentswahlen in Ghazni) de facto für 2018 abgesagt. Obwohl noch nicht feststeht, wann diese nachgeholt werden sollen, ist der 20.4.2019, an dem u.a. die Präsidentschafts- sowie Provinzwahlen stattfinden sollen, als neuer Termin wahrscheinlich (AAN 26.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ist für den Zeitraum 11.11.2018 - 25.11.2018 vorgesehen; die vorläufige Kandidatenliste soll am 10.12.2018 bereitstehen, während die endgültige Aufstellung am 16.1.2019 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018). Ohne die Provinz Ghazni sank die Zahl der registrierten Wähler mit Stand Oktober 2018 auf ungefähr 8.8 Milionen (AAN 9.10.2018; vgl. IEC o. D.). Die Verkündung der ersten Wahlergebnisse für die Parlamentswahlen (ohne Provinz Ghazni) ist für den 10.11.2018 vorgesehen, während das Endergebnis voraussichtlich am 20.12.2018 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018).

Im April und Oktober 2018 erklärten die Taliban in zwei Stellungnahmen, dass sie die Wahl boykottieren würden (AAN 9.10.2018). Angriffe auf mit der Ausstellung von Tazkiras sowie mit der Wahlregistrierung betraute Behörden wurden berichtet. Sowohl am Wahlprozess beteiligtes Personal als auch Kandidaten und deren Unterstützer wurden von regierungsfeindlichen Gruppierungen angegriffen. Zwischen 1.1.2018 und 30.6.2018 wurden 341 zivile Opfer (117 Tote und 224 Verletzte) mit Bezug auf die Wahlen verzeichet, wobei mehr als 250 dieser Opfer den Anschlägen Ende April und Anfang Mai in Kabul und Khost zuzuschreiben sind. Auch wurden während des Wahlregistrierungsprozesses vermehrt Schulen, in denen Zentren zur Wahlregistrierung eingerichtet worden waren, angegriffen (39 Angriffe zwischen April und Juni 2018), was negative Auswirkungen auf die Bildungsmöglichkeiten von Kindern hatte (UNAMA 15.7.2018). Seit dem Beginn der Wählerregistrierung Mitte April 2018 wurden neun Kandidaten ermordet (AAN 9.10.2018).

Von den insgesamt 7.366 Wahllokalen werden aus Sicherheitsgründen letztendlich am Tag der Wahl 5.100 geöffnet sein (AAN 9.10.2018; vgl. UNAMA 17.9.2018, Tolonews 29.9.2018). Diese sollen während der fünf Tage vor der Wahl von 54.776 Mitgliedern der Afghan National Security Forces (ANSF) bewacht werden; 9.540 weitere stehen als Reserven zur Verfügung (Tolonews 29.9.2018; vgl. AAN 9.10.2018).

Quellen:

AAN - Afghanistan Analysts Network (9.10.2018): Afghanistan Election Conundrum (16): Basic facts about the parliamentary elections, https://www.afghanistan-analysts.org/afghanistan-electionconundrum-16-basic-facts-about-the-parliamentary-elections/, Zugriff 19.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (26.9.2018): Afghanistan Election Conundrum (14): District council and Ghazni parliamentary elections quietly dropped, https://www.afghanistan-analysts.org/ afghanistan-election-conundrum-14district-council-and-ghazni-parliamentary-elections-quietlydropped/, Zugriff 2.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (4.8.2018): Qari Hekmat's Islan Overrun: Taleban defeat 'ISKP' in Jawzjan, https://www.afghanistan-analysts.org/qari-hekmats-island-overrun-talebandefeat-iskp-in-jawzjan/, Zugriff 31.8.2018

AJ - Al Jazeera (19.8.2018): Afghanistan's Ghani declares Eid ceasefire with Taliban,

https://www.aljazeera.com/news/2018/08/afghanistan-ghani-declares-eid-ceasefire-taliban- 180819143135061.html, Zugriff 31.8.2018

ANSA - Agenzia Nationale Stampa Associata (13.8.2018): Afghanistan:

a Ghazni 120 morti, http://

www.ansa.it/sito/notizie/mondo/asia/2018/08/13/afghanistan-a-ghazni-120-morti_695579f5-407b- 4e4f-8814-afcd60397435.html, Zugriff 31.8.2018

BFA Staatendokumentation (15.10.2018a): kartografische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Mai-September 2018, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

BFA Staatendokumentation (15.10.2018b): grafische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Q2 und Q3, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

CBS News (14.8.2018): Taliban overruns Afghan base, killing 17 soldiers,

https://www.cbsnews.com/news/afghanistan-base-overrun-taliban-faryab-afghan-troops-killedghazni-fight/, Zugriff 31.8.2018

GT - Gulf Today (12.9.2018): Scores killed in Afghan suicide attack, http://gulftoday.ae/portal/efd26c1a-5e54-42e8-a810-7e18341d14e4.aspx, Zugriff 2.10.2018

IEC - Independent Election Commission of Afghanistan (o.D.), http://www.iec.org.af/pdf/vr-2018/vr- statistics.pdf, Zugriff 19.10.2018

NYT - The New York Times (21.9.2018): The Death Toll for Afghan Forces Is Secret. Here's Why,

https://www.nytimes.com/2018/09/21/world/asia/afghanistan-security-casualties-taliban.html, Zugriff 3.10.2018

SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.7.2018): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2018-07-30qr.pdf, Zugriff 31.8.2018

TG - The Guardian (19.8.2018): Afghan president announces conditional ceasefire with Taliban, https://www.theguardian.com/world/2018/aug/19/afghan-ashraf-ghani-conditional-ceasefire-talibaneid-al-adha, Zugriff 31.8.2018

Tolonews (28.9.2018): Candidates Begin Campaign For Parliamentary Elections,

https://www.tolonews.com/elections-2018/candidates-begin-campaign-%C2%A0parliamentaryelections, Zugriff 19.10.2018

Tolonews (23.9.2018): Alarm Bells Ring Over High ANA Casualty Rate, https://www.tolonews.com/

afghanistan/alarm-bells-ring%C2%A0over%C2%A0high%C2%A0ana%C2%A0casualty-rate, Zugriff 3.10.2018

Tolonews (19.8.2018): Ghani Announces Conditional Ceasefire, https://www.tolonews.com/afghanistan/ghani-announces-conditional-ceasefire, Zugriff 31.8.2018

UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (25.9.2018a):

Preliminary findings indicate airstrike killed 12 civilians in Maidan Wardak province, https://unama.unmissions.org/preliminaryfindings-indicate-airstrike-killed-12-civilians-maidan-wardak-province, Zugriff 2.10.2018

UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (25.9.2018b): Concern about rising number of civilian casualties from airstrikes, https://unama.unmissions.org/concern-about-rising-numbercivilian-casualties-airstrikes, Zugriff 2.10.2018

UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (17.9.2018): Briefing to the United Nations Security Council by the Secretary-General's Special Representative for Afghanistan, Mr. Tadamichi Yamamoto,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/17_september_2018_srsg_briefing_security_counc il_english.pdf, Zugriff 19.10.2018

UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (15.7.2018): Midyear Update on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 30 June 2018,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_poc_midyear_update_2018_15_july_englis

h. pdf, Zugriff 31.8.2018

UNGASC - General Assembly Security Council (10.9.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_12_sept.pdf

UNGASC - General Assembly Security Council (6.6.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_6_june.pdf, Zugriff 31.8.2018

KI vom 11.9.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul, Anschläge in Nangarhar und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Anschläge in Nangarhar 11.9.2018

Am 11.9.2018 kamen nach einem Selbstmordanschlag während einer Demostration im Distrikt Mohamad Dara der Provinz Nangarhar mindestens acht Menschen ums Leben und weitere 35 wurden verletzt (Tolonews 11.9.2018; vgl. TWP 11.9.2018, RFE/RL 11.9.2018). Kurz zuvor wurde am Vormittag des 11.9.2018 ein Anschlag mit zwei Bomben vor der Mädchenschule "Malika Omaira" in Jalalabad verübt, bei dem ein Schüler einer nahegelegenen Jungenschule ums Leben kam und weitere vier Schüler verletzt wurden, statt (RFE/RL 11.9.2018; AFP 11.9.2018). Davor gab es vor der Mädchenschule "Biba Hawa" im naheligenden Distrikt Behsud eine weitere Explosion, die keine Opfer forderte, weil die Schülerinnen noch nicht zum Unterricht erschienen waren (AFP 11.9.2018).

Weder die Taliban noch der IS/ISKP bekannten sich zu den Anschlägen, obwohl beide Gruppierungen in der Provinz Nangarhar aktiv sind (AFP 11.9.2018; vgl. RFE/RL 11.9.2018, TWP 11.9.2018).

Kämpfe in den Provinzen Sar-e Pul und Jawzjan 11.9.2018

Am Montag, dem 10.9.2018, eroberten die Taliban die Hauptstadt des Kham Aab Distrikts in der Provinz Jawzjan nachdem es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Taliban und den afghanischen Sicherheitskräften gekommen war (Tolonews 10.9.2018a; Tolonews 10.9.2018b). Sowohl die afghanischen Streitkräfte als auch die Taliban erlitten Verluste (Khaama Press 10.9.2018a).

Am Sonntag, dem 9.9.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt der Provinz Sar-i Pul, wo nach wie vor u.a. mit Einsatz der Luftwaffe gekämpft wird (Tolonews 10.9.2018b; vgl. FAZ 10.9.2018). Quellen zufolge haben die Taliban das Gebiet Balghali im Zentrum der Provinzhauptstadt eingenommen und unter ihre Kontrolle gebracht (FAZ 10.9.2018). Sar-i-Pul-Stadt gehört zu den zehn Provinzhauptstädten, die Quellen zufolge das höchste Risiko tragen, von den Taliban eingenommen zu werden. Dazu zählen auch Farah-Stadt, Faizabad in Badakhshan, Ghazni-Stadt, Tarinkot in Uruzgan, Kunduz-Stadt, Maimana in Faryab und Pul-i- Khumri in Baghlan (LWJ 10.9.2018; vgl. LWJ 30.8.2018). Weiteren Quellen zufolge sind auch die Städte Lashkar Gar in Helmand und Gardez in Paktia von einer Kontrollübernahme durch die Taliban bedroht (LWJ 10.9.2018).

IS-Angriff während Massoud-Festzug in Kabul 9.9.2018

Bei einem Selbstmordanschlag im Kabuler Stadtteil Taimani kamen am 9.9.2018 mindestens sieben Menschen ums Leben und ungefähr 24 weitere wurden verletzt. Der Anschlag, zu dem sich der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte, fand während eines Festzugs zu Ehren des verstorbenen Mudschahedin-Kämpfers Ahmad Shah Massoud statt (AJ 10.9.2018; vgl. Khaama Press 10.9.2018b).

IS-Angriff auf Sportverein in Kabul 5.9.2018

Am Mittwoch, dem 5.9.2018, kamen bei einem Doppelanschlag auf einen Wrestling-Klub im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi mindestens 20 Personen ums Leben und ungefähr 70 weitere wurden verletzt (AJ 6.9.2018; vgl. CNN 6.9.2018, TG 5.9.2018). Zuerst sprengte sich innerhalb des Sportvereins ein Attentäter in die Luft, kurz darauf explodierte eine Autobombe in der sich vor dem Klub versammelnden Menge (SO 5.9.2018) Der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte sich zum Anschlag (RFE/RL 5.9.2018).

Quellen:

AFP - Agence France-Presse (11.9.2018): Student killed in twin bomb attack near Afghan girls' school, https://www.afp.com/en/news/23/student-killed-twin-bomb-attack-near-afghan-girls-schooldoc-1904hc1, Zugriff 11.9.2018

AJ - Al Jazeera (10.9.2018): Afghanistan: Bomb attack hits Ahmed Shah Massoud supporters,

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-bomb-attack-hits-ahmed-shah-massoudsupporters-180909112746171.html, Zugriff 11.9.2018

AJ - Al Jazeera (6.9.2018): Afghanistan: Two journalists among 20 killed in Kabul blasts,

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-deadly-suicide-attack-kabul-sports-club- 180905142909428.html, Zugriff 11.9.2018

CNN - Cable News Network (6.9.2018): Two journalists among 20 killed in wrestling club blasts in Kabul, https://edition.cnn.com/2018/09/06/asia/kabul-attack-wrestling-intl/index.html, Zugriff 11.9.2018

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.8.2018): Totei bei Angriff auf Schiiten-Moschee,

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-tote-bei-angriff-auf-schiiten-moschee- 15721269.html, Zugriff 21.8.2018

Khaama Press (10.9.2018a): Taliban militants overrun Khamab district in Jawzjan proince, https://

www.khaama.com/taliban-militants-overrun-khamab-district-in-jawzjan-province-05929/, Zugriff 11.9.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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