TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/20 94/14/0149

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Veröffentlicht am 20.04.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §1175;
BAO §115 Abs1;
BAO §115;
BAO §138 Abs1;
BAO §138;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1 lita;
EStG 1972 §22 Abs1 Z3;
EStG 1988 §22 Z1 lita;
EStG 1988 §22 Z3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des G und der I H in R, beide vertreten durch Dr. Thomas Brückl, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, Bayrhammergasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 19. Juli 1994, Zl 8/29/1-BK/Kr-1993, betreffend Gewerbesteuer 1986 bis 1990 sowie Gewerbesteuervorauszahlung für 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführenden Ehegatten betrieben ua in den Jahren 1986 bis 1990 eine Fahrschule in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

Im Bericht über eine bei dieser Gesellschaft durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung für die Jahre 1986 bis 1988 wurde festgehalten, dass an den Fahrkursen jährlich rd 800 Personen teilnähmen, die Durchfallsquote betrage 20 bis 25 %. "Von diesem Personenkreis bedarf wiederum nur ein Teil einer Einzelförderung durch Frau H, sodass die von Frau H ausgeübte (im weitesten Sinn) unterrichtende Tätigkeit nur einen Bruchteil der insgesamt entfalteten Unterrichtstätigkeit ausmachen kann, was auch aus der Aufstellung über April 1988 hervorgeht (8 Stunden Einzelförderunterricht)." Die übrigen Tätigkeiten laut dieser Aufstellung könnten für sich betrachtet, dh ohne in Verbindung mit dem wesentlichen Merkmal - dem Unterrichten vor einer Mehrzahl von Schülern - zu stehen, nicht als unterrichtende Tätigkeit "im steuerlichen Sinn" angesehen werden, sondern seien dem organisatorischen und kaufmännischen Bereich zuzuordnen bzw stellten lediglich Hilfs- und Nebentätigkeiten zu einer unterrichtenden Tätigkeit dar, die größtenteils auch von einer entsprechend eingearbeiteten Bürokraft erledigt werden könnten. Dabei handle es sich laut einer Niederschrift vom 22. April 1991 und einem Schreiben vom 2. Mai 1991 um folgende Tätigkeiten:

Theoretische Vorprüfungsüberwachung mit Korrekturtätigkeit, Skriptenüberarbeitung, Betreuung der Fahrschüler, Erteilung der Einschulungsinformationen, Einteilung von Fahrstunden, Einteilung des Lehrplanes für Kurse, Verkauf der Lehrmittel, Kontakte mit Behörden (Bezirkshauptmannschaft, Landesregierung), Buchhaltung, Fakturierung und Inkasso. Vorprüfungen würden laut Aussage von Herrn Ing. H von ihm selbst durchgeführt. Die übrigen "Unterrichte" würden (mit Ausnahme des "Diesel-Unterrichtes") von einem Dienstnehmer abgehalten.

Da Frau H nur zu einem Bruchteil und im weitesten Sinn unterrichtend tätig werde bzw geworden sei, seien die Einkünfte der Gesellschaft als solche aus Gewerbebetrieb anzusehen, weil der gesellschaftliche Zusammenschluss von Freiberuflern mit berufsfremden Personen in der Regel zur Folge habe, dass die Einkünfte aller Mitunternehmer der Gesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellten. Die kaufmännische und organisatorische Oberleitung einer Fahrschule habe mit einer auf Grund eigener Fachkenntnisse und eigenverantwortlich ausgeübten unterrichtenden Tätigkeit nichts zu tun. Eine Person, die lediglich solche Tätigkeiten ausübe, sei als Berufsfremder anzusehen.

Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und erließ für die Jahre 1986 bis 1988 und in der Folge auch für die Jahre 1989 und 1990 entsprechende Gewerbesteuerbescheide.

In dagegen erhobenen Berufungen wandten sich die Beschwerdeführer gegen die Qualifizierung der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb und die entsprechenden Vorschreibungen von Gewerbesteuer. Der Fahrschulbetrieb sei seit der Verehelichung im Jahr 1962 von den Ehegatten gemeinschaftlich geführt worden. Die Einkünfte seien immer als Einkünfte aus selbständiger Arbeit deklariert und anlässlich mehrerer Betriebsprüfungen anerkannt worden. Da die Fahrschule originär zunächst von der Beschwerdeführerin als Deszendentenfortbetrieb geführt und der Beschwerdeführer erst durch Verehelichung mitbeteiligt worden sei, habe die Beschwerdeführerin die Leitung und Führung der Fahrschule nie aus der Hand gegeben, sondern immer partnerschaftlich mit ihrem Ehemann innegehabt. Auch wenn die Verwaltungstätigkeit von der Beschwerdeführerin geführt worden sei, so könne nicht behauptet werden, dass diese Verwaltungstätigkeit so viel Platz einnehme, dass die Beschwerdeführerin keine Zeit mehr gehabt hätte, zu unterrichten. So werde zB die Buchhaltung inzwischen beim Steuerberater geführt, der im Durchschnitt für das Aufbuchen der Monatsbelege zwei Tage benötige. Man sehe daraus, dass die Buchhaltung nicht die gesamte Arbeitskraft der Beschwerdeführerin habe beanspruchen können. Die restliche Zeit habe die Beschwerdeführerin immer den Fahrschülern und ihrem Lernfortschritt gewidmet:

1.) Hilfestellung für Problemschüler, die im Globalunterricht bzw mit den Fahrlehrern nicht zurecht kämen, wie zB Schüler, die schwach im verbalen Ausdruck seien und daher persönliche Unterstützung und Gespräche zur Prüfungsvorbereitung bzw Prüfungswiederholung benötigten. Auf Grund ihres fachlichen Wissens gebe die Beschwerdeführerin diesen Schülern auch fachliche Unterstützung. Auch schwerfällige Prüfungsrepetenten würden von der Beschwerdeführerin "zur Seite genommen", wenn sie im regulären Kurs den Anschluss nicht fänden oder auf Grund ihrer Schwerfälligkeit Hänseleien ausgesetzt seien. So gebe es in jedem Kurs Problemfälle, die Einzelunterricht benötigten, aber auch Repetenten. Gerade um jene Schüler, die im großen Unterricht nicht auf ihre Rechnung gekommen seien, habe sich die Beschwerdeführerin im Einzelförderunterricht immer gekümmert. Dies werde von der Behörde auch nicht bestritten.

2.) Theoretische Vorprüfungsüberwachung: Das Abspielen und Synchronisieren von Dias mit einem vorbesprochenen Tonband. Die Steuerung dieser Tätigkeit erfolge von der Beschwerdeführerin von ihrem Büro aus. Dazu würden von der Beschwerdeführerin über Mikrofon Zwischenfragen gestellt, die in der Folge mit Hilfe der eingespielten Dias einer Beantwortung zugeführt würden. Diese Vorprüfung sei das letzte Intensivtraining zum eigenen Feedback der Prüflinge unmittelbar vor der Fahrprüfung.

3.) Von den Beschwerdeführern ausgearbeitete Testzettel (meist doppelseitig) würden verteilt, diese von den Prüfungskandidaten ausgefüllt und unmittelbar danach von der Beschwerdeführerin ausgewertet. Diese Testbögen beinhalteten einen Querschnitt durch das Fragenprogramm und dienten dazu, die Prüfungsreife festzustellen.

4.) Skriptenerstellung, Herstellung von Lehrvideos: Würden durch Gesetzes- oder Verordnungsnovellen Korrekturen der Arbeitsunterlagen bzw neue Arbeitsunterlagen notwendig, müssten die Skripten im Hinblick auf die jeweilige Änderung gelesen, geprüft und bearbeitet werden. Auch diese Arbeit werde von der Beschwerdeführerin erledigt. Ferner würden von den Ehegatten laufend selbst erstellte Lehrvideos hergestellt.

Daraus sei zu sehen, dass die Beschwerdeführerin sicherlich zu einem wesentlichen Teil Agenden der Unterrichtstätigkeit, Unterrichtsunterstützung bzw Schriftenverfassung ausübe. Die Einstufung dieser Tätigkeiten als solche, die größtenteils von einer entsprechend eingearbeiteten Bürokraft erledigt werden könnten, werde als unsachliche Herabwürdigung der Tätigkeit der Beschwerdeführerin zurückgewiesen. Vielmehr könnten diese Tätigkeiten nur von einer in allen kraftfahrrechtlichen Belangen geschulten Person ausgeübt werden. Bereits im Prüfungsverfahren sei vorgebracht worden, dass die Skriptenerstellung zumindest auch schriftstellerische Arbeit sei. Es handle sich hier um unterrichtende Tätigkeit oder um schriftstellerische Tätigkeit, in jedem Fall jedoch um Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Sollten dem Prüfer auf etwaige Fragen, wer nun verwaltend bzw unterrichtend tätig sei, wortgetreu nicht vollkommen gleich lautende Antworteten gegeben worden sein, so sei dies ein semantisches Problem, welches leicht dahin zu erklären sei, dass der Prüfer mit unterrichtender Tätigkeit eine Tätigkeit im Sinne des § 22 gemeint habe, dessen Wortlaut dem Steuerpflichtigen naturgemäß völlig unbekannt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe mit unterrichtend wiederum den Frontalunterricht im großen Lehrsaal verstanden. Die Beschwerdeführerin wiederum habe mit verwaltender Tätigkeit alles gemeint, was sie von ihrem Schreibtisch bzw Büro aus erledigen könne. Dass dazu auch Unterricht und Schriftstellerei im Sinne des § 22 gehörten, sei ihr "infolge Kenntnis dieses Paragraphen" klar gewesen. Ferner sei es im Zeitalter der Elektronik, in dem überwiegend Unterrichtshilfsmittel Videos, Dias und Tonbandkassetten seien, ohnehin müßig zu erwägen, wessen Stimme im Unterricht spreche. Tatsache sei, dass die Beschwerdeführer gemeinsam schon eine Menge Unterrichtsvideos mit eigener Kamera hergestellt hätten und diese laufend erneuerten. Man dürfe doch erwarten, dass auch die Behörde mit der Zeit gehe und nicht auf ewig "Unterrichten" als jene antiquierte Form sehe, in der eine Person frontal zum Auditorium spreche. Die neue Form von Unterricht sei eben, dass elektronische Unterrichtshilfsmittel hergestellt würden. Auch dies sei von der Behörde nicht gewürdigt worden. Ferner sei gerade in letzter Zeit der Beschwerdeführer wiederum laufend schwer und schwerst krank, sodass es ein Leichtes sei, glaubhaft zu machen, dass die Beschwerdeführer ihre Agenden teilten. Gemäß § 138 Abs 1 zweiter Satz BAO genüge die Glaubhaftmachung. Jede weitere Untersuchung sei untragbar, weil der Beschwerdeführerin nicht zuzumuten sei, laufend durch Befragungen oä zu beweisen, dass sie Tätigkeiten ausführe, die sie berufsrechtlich nicht ausführen dürfe, ihr jedoch im Tagesgeschäft nicht erspart blieben, nämlich zu unterrichten.

Nach Durchführung weiterer Erhebungen, Bekanntgabe der entsprechenden Beweisergebnisse an die Beschwerdeführer und Stellungnahmen durch diese wies die belangte Behörde die Berufungen ab. Für die Qualifikation der Einkünfte der Erwerbsgesellschaft als solche aus selbständiger Arbeit sei Voraussetzung, dass die Mitgesellschafterin die unterrichtende Tätigkeit selbst tatsächlich ausübe, daher sei das Schicksal der Berufung von der Klärung der Frage abhängig, welche Tätigkeit die Mitgesellschafterin im Rahmen des Fahrschulbetriebes im Wesentlichen tatsächlich ausgeübt habe, ob überwiegend leitende und unterrichtende Tätigkeit oder kaufmännische und organisatorische Tätigkeit. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, dass sie Förderunterricht abgehalten und Einschulungsinformationen erteilt, die Einteilung der Fahrstunden und des Lehrplanes für die Kurse vorgenommen und den Lehrmittelverkauf besorgt habe, dass sie die Kontaktstelle für die Fahrschüler und die Behörden gewesen sei, im Rahmen der Prüfungsvorbereitung persönliche Unterstützung geleistet und Gespräche geführt und die Schüler auch fachlich unterstützt habe, sowie die Überwachung der theoretischen Vorprüfungen und die Korrekturen der Vorprüfungsergebnisse vorgenommen und Skripten und Lehrvideos gemeinsam mit ihrem Ehegatten hergestellt habe. Dazu sei anzumerken, dass die Betreuung der Fahrschüler im Rahmen der Anmeldung zur Fahrschulung, die Einteilung der Lehrpläne und der Fahrstunden, der Lehrmittelverkauf und die Funktion als Kontaktstelle für Schüler und Behörden bzw als persönliche Anlaufstelle für die Prüflinge nicht als unterrichtende Tätigkeit angesehen werden könnten, weil von einer unterrichtenden Tätigkeit nur dann gesprochen werden könne, wenn Kenntnisse didaktisch aufbereitet und in systemgerechter Weise mit einem bestimmten Lehrziel vermittelt werden. Diese Arbeiten seien vielmehr typisch organisatorischer Natur bzw dem kaufmännischen Bereich zuzuordnen. Als unterrichtende Tätigkeiten im weiteren Sinn könnten lediglich die Erteilung von Förderunterrichtsstunden, die Prüfungsüberwachung und Korrektur sowie die behauptete Skriptenerstellung und Herstellung von Lehrvideos angesehen werden. Zu diesen behaupteten Tätigkeiten seien jedoch im Zuge der Betriebsprüfung und des Rechtsmittelverfahrens trotz wiederholter Aufforderung keinerlei Unterlagen vorgelegt worden und die Beschwerdeführer hätten darüber hinaus die Bekanntgabe der Namen von Fahrschülern und Fahrlehrern verweigert, die zu diesem Beweisthema hätten befragt werden können. Die Abgabenbehörde sei daher gezwungen gewesen, sich die Namen und Adressen von Fahrlehrern und Fahrschülern auf andere Weise zu besorgen, um Befragungen über die tatsächlich durchgeführten Tätigkeiten der Beschwerdeführerin durchzuführen. Nach übereinstimmenden Aussagen dieser Personen habe die Beschwerdeführerin keinen theoretischen Unterricht und keine Vorprüfungen abgehalten. Sie habe auch nicht an den Vorprüfungen - wie von ihr behauptet - durch Stellung von Zwischenfragen über Mikrofon mitgewirkt. Bestätigt sei lediglich worden, dass sie zum Teil schriftliche Testarbeiten korrigiert habe. Auch die behauptete Erteilung von sogenannten Einzelförderstunden an Problemschüler durch die Beschwerdeführerin sei von keinem einzigen der befragten Fahrschüler (es seien nur solche befragt worden, welche die Prüfung mindestens einmal nicht bestanden hätten) bestätigt worden. Auch die befragten Fahrlehrer hätten die Erteilung von Einzelförderstunden durch die Beschwerdeführerin nicht bestätigt. Lediglich einer von ihnen hielt dies für möglich, einer von ihnen habe ausgesagt, dass besondere Schulungen "jedenfalls nicht von Frau H" abgehalten worden seien. Die Fahrschüler hätten übereinstimmend ausgesagt, dass die Beschwerdeführerin die Einteilung der Fahrstunden vorgenommen habe und von ihnen "nur im Büro" gesehen worden sei. Die Fahrlehrer hätten den Aufgabenbereich der Beschwerdeführerin mit "Einteilung der Fahrstunden, Abrechnung mit den Fahrschülern, Auskunftserteilungen an die Fahrschüler, Gehaltsauszahlung, Büroarbeit und finanzielle Belange" beschrieben. Die Beschwerdeführerin sei zum Teil auch bei Besprechungen mit Fahrlehrern anwesend gewesen, Besprechungen über Änderungen der Gesetzeslage und fachliche Belange seien jedoch ausschließlich mit dem Beschwerdeführer abgehalten worden. Nach einer Aussage des Beschwerdeführers gegenüber dem Prüfer habe die Beschwerdeführerin keinen Unterricht abgehalten, weil sie mit organisatorischen und kaufmännischen Arbeiten völlig ausgelastet gewesen sei. Sie sei danach an der Erteilung des theoretischen Unterrichtes und an der Durchführung der Vorprüfungen nicht beteiligt gewesen und habe offenbar lediglich Mithilfe geleistet. Für die behauptete schriftstellerische Tätigkeit und die behauptete Erstellung von Lehrvideos seien ebenfalls keine geeigneten Nachweise erbracht worden. Zusammenfassend ergebe sich somit ein Bild, wonach die Beschwerdeführerin nicht selbst unterrichtend tätig geworden und auch nicht an der fachlichen Leitung der Fahrlehrer beteiligt gewesen sei. Die Einkünfte der Erwerbsgesellschaft seien daher zu Recht als gewerbliche Einkünfte und nicht als solche aus selbständiger Tätigkeit qualifiziert worden. In der Folge wies die belangte Behörde darauf hin, dass selbst für den Fall, dass man von der Richtigkeit der Behauptung der Beschwerdeführerin ausgehe, es sei ihr eine Mitwirkung an der Sachverhaltsermittlung nicht zumutbar und es reiche daher eine Glaubhaftmachung im Sinne des § 138 BAO aus, es nicht gelungen sei, die behauptete leitende und unterrichtende Tätigkeit im Rahmen der Fahrschule glaubhaft zu machen. Im Übrigen vertrat die belangte Behörde die Ansicht, die Mitwirkung im Abgabenverfahren wäre ohne weiteres zumutbar gewesen, weil der Inhalt und Umfang der Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht unter ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis falle. Der Anspruch auf Schutz vor Aufdeckung von behaupteten Verstößen gegen gewerbebehördliche Vorschriften sei nicht höherwertig, als die Pflicht der Abgabepflichtigen, an der Ermittlung der steuerpflichtigen Grundlagen mitzuwirken. Auch die behauptete Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben liege nicht vor, weil von der Abgabenbehörde kein Verhalten gesetzt worden sei, aus welchem eindeutig und unzweifelhaft zum Ausdruck hätte kommen können, dass die Art der von der Beschwerdeführerin tatsächlich ausgeübten Tätigkeit keinen Einfluss auf die Qualifikation der von der Gesellschaft erzielten Einkünfte hätte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 22 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1972 in der für die Jahre 1986 bis 1988 geltenden Fassung sind ua Einkünfte aus einer schriftstellerischen und unterrichtenden Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Nach den letzten drei Sätzen der Z 1 leg cit ist ein Angehöriger eines freien Berufes auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Voraussetzung ist, dass er selbst auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Eine Vertretung im Falle vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen.

Gemäß § 22 Z 1 lit a EStG 1988 sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit ua Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu diesen Einkünften gehören ua Einkünfte aus einer schriftstellerischen und unterrichtenden Tätigkeit. Nach den beiden letzten Sätzen des § 22 Z 1 EStG 1988 liegt eine freiberufliche Tätigkeit auch dann vor, wenn sich ein Angehöriger eines freien Berufes in seinem Beruf der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Abgesehen vom Fall einer vorübergehenden Verhinderung muss er selbst auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden.

Gemäß § 22 Abs 1 Z 3 EStG 1972 sowie der inhaltlich im Wesentlichen gleichen Bestimmung des § 22 Z 3 EStG 1988 sind Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit auch Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, unter der Voraussetzung, dass die Tätigkeit der Gesellschafter ausschließlich als selbständige Arbeit anzusehen ist und jeder einzelne Gesellschafter im Rahmen der Gesellschaft selbständig im Sinne der Z 1 oder Z 2 tätig wird.

Entscheidend für die Qualifikation von Einkünften als solche aus selbständiger Arbeit aus dem Betrieb einer Fahrschule ist grundsätzlich die unterrichtende Tätigkeit und nach den zitierten Bestimmungen die diesbezüglich leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit (vgl auch das hg Erkenntnis vom 21. Juni 1994, 94/14/0026, 0027). Wird die Fahrschule in Form einer Mitunternehmerschaft geführt, so ist überdies erforderlich, dass jeder der Mitunternehmer in dieser Form tätig wird.

Zu Recht ist die belangte Behörde daher davon ausgegangen, dass die Art der Tätigkeit der Beschwerdeführerin - dass der Beschwerdeführer leitend, eigenverantwortlich und unterrichtend tätig wurde, ist unbestritten - für die Qualifikation der Einkünfte beider Mitunternehmer der Gesellschaft als solche aus selbständiger Arbeit oder Gewerbebetrieb von maßgebender Bedeutung ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zu dieser Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Ergebnis eines von relevanten Mängeln freien Verfahrens und einer solchen Beweiswürdigung an, der einen Verstoß gegen die Denkgesetze oder die Lebenserfahrung im Sinne einer aufzugreifenden Rechtswidrigkeit der Sachgrundlagenermittlung nicht anhaftet. Soweit die Beschwerdeführer Mängel der Beweiswürdigung darin zu erkennen glauben, dass "nur" neun Fahrschüler einvernommen worden seien, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde ihre Beweiswürdigung nicht nur auf die Aussagen dieser Fahrschüler, sondern auch auf Aussagen von Fahrlehrern und eine diesbezügliche Angabe des Beschwerdeführers stützte. Das von den Beschwerdeführern behauptete Ungleichgewicht zwischen dem Verlangen des Finanzamtes, 250 Fahrschüler namhaft zu machen und den in der Folge tatsächlich einvernommenen neun Fahrschülern belastet den angefochtenen Bescheid deswegen nicht, weil die Beschwerdeführer nach Bekanntgabe des diesbezüglichen Beweisergebnisses im Berufungsverfahren in keiner Weise zum Ausdruck gebracht haben, dass für das Beweisverfahren die Einvernahme bestimmter weiterer Personen wesentlich wäre. Die Beschwerdeführer brachten - ganz im Gegenteil und, wie unten noch auszuführen sein wird, zu Unrecht - zum Ausdruck, dass die Finanzbehörde entsprechende Befragungen überhaupt nicht hätte durchführen dürfen, weil den Beschwerdeführern entsprechende "Befragungen infolge § 138 Abs 1 letzter Satz BAO nicht zugemutet werden könnten und somit Glaubhaftmachung genüge".

Nach dem Beschwerdevorbringen behaupten die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides insbesondere dadurch, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführern eine Mitwirkung an der Sachverhaltsermittlung abverlangt habe, die auf Grund der spezifisch berufsrechtlichen Vorschriften für Fahrschulen sowie auf Grund der Wettbewerbssituation völlig unzumutbar gewesen sei. Nach übereinstimmender Lehre und Judikatur finde die Mitwirkungspflicht im Abgabenverfahren dort ihre Grenze, wo der Schutz von Ruf und Ehre, Name und Firma gefährdet sei. Die belangte Behörde hätte daher "bei Beachtung sämtlicher Verfahrensvorschriften von der geforderten Beweisführung wegen Unzumutbarkeit Abstand nehmen müssen" und auf Grund der "vorliegenden Beweisergebnisse" und der Feststellungen bei früheren Ermittlungen der Abgabenbehörde davon ausgehen müssen, dass eine unterrichtende und schriftstellerische Tätigkeit der Beschwerdeführerin "in jenem Umfang, der eine Qualifikation der Einkünfte der Erwerbsgesellschaft als solche aus selbstständiger Arbeit rechtfertigt", hinreichend glaubhaft gemacht worden sei.

Dieser Ansicht kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

Gemäß § 138 Abs 1 BAO haben die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen, sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Die Hauptbedeutung eines Auftrages nach § 138 BAO liegt darin, dass der Abgabepflichtige insbesondere aus prozessökonomischen Gründen dazu verhalten werden soll, das ihm ohne große Mühe zugängliche Verfahrensmaterial beizubringen, nämlich jenes Material, das für die Würdigung der in Frage stehenden Tatsachen von Bedeutung ist. § 138 BAO verfolgt somit den Zweck, verstärkt die Beweiskräfte des Abgabepflichtigen zu mobilisieren und durch Aktivierung seiner Beweismöglichkeiten und der bei ihm liegenden Erkenntnismittel das Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, um rascher und zuverlässiger zum Verfahrensziel, nämlich zur Feststellung des tatsächlich rechtsbedeutenden Sachgeschehens zu gelangen. Kommt der Abgabepflichtige einem Auftrag nach § 138 BAO nicht oder nicht in ausreichendem Maße nach, so bedeutet dies nicht, dass die Abgabenbehörde unter dem Blickwinkel des § 138 BAO berechtigt oder gar genötigt wäre, daraus den Schluss zu ziehen, die Nichterfüllung des Auftrages, somit die Nichterbringung des Beweises, berechtige zur Annahme des Nichtzutreffens des fraglichen Sachverhaltes. Vielmehr bleibt es auch bei Ausbleiben der vom Abgabepflichtigen angeforderten Nachweise beim Amtswegigkeitsprinzip, somit bleibt die Verpflichtung aufrecht, auf andere Art nach erforderlichen Nachweisen zu suchen. Durch einen Auftrag nach § 138 BAO wird somit nicht eine Beweislast im Sinne des Zivilprozessrechtes begründet. Der das abgabenrechtliche Ermittlungsverfahren beherrschende Grundsatz ist der der amtswegigen Ermittlungspflicht, gerichtet auf die Feststellung der materiellen Wahrheit. Diese Grundsätze werden durch die im § 138 BAO begründete Nachweispflicht der Partei nicht durchbrochen oder eingeschränkt (vgl Stoll, BAO, Kommentar, Band 2, 1566 f). Es ist daher im Beschwerdefall diesbezüglich schon deshalb keine Verletzung von Verfahrensvorschriften zu erkennen, weil die belangte Behörde - ohne derart auf der Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführer zu beharren, dass die zu beweisenden Umstände ohne weitere Ermittlungen als nicht erwiesen beurteilt wurden - von Amts wegen weitere Ermittlungen anstellte und erst in - wie oben ausgeführt nicht als unschlüssig erkennbarer - Würdigung der Ergebnisse dieser Ermittlungen zur Ansicht gelangte, dass die behauptete Tätigkeit von der Beschwerdeführerin nicht ausgeübt wurde. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Frage nach der Zumutbarkeit im Sinne des § 138 Abs 1 BAO nur danach zu beantworten ist, ob die Aufbürdung des Nachweises der Tatsachenereignisse auf die Partei eher dem Prinzip der Zumutbarkeit im Sinne von Erträglichkeit und Einsichtigkeit entspricht als die Überantwortung der Beweisführung auf die Abgabenbehörde, die dem Beweis nach dem Beweisgegenstand eindeutig ferner steht (vgl Stoll, aaO, 1569 f).

Hinsichtlich der Beschwerderüge, die belangte Behörde habe dadurch, dass sie abweichend von der bisherigen Beurteilung die Einkünfte der Gesellschaft als solche aus Gewerbebetrieb beurteilt habe, den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt, ist - abgesehen davon, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dieser Grundsatz nicht darin besteht, ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit zu schützen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 22. März 1995, 92/13/0025) - dem Bericht über die abgabenbehördliche Prüfung aus dem Jahr 1974, auf welchen sich die Beschwerdeführer diesbezüglich stützen, nicht zu entnehmen, dass die tatsächliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin damals einer eingehenderen Prüfung unterzogen worden wäre.

Die Beschwerdeführer rügen auch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil sich die belangte Behörde mit einzelnen Tätigkeitsbereichen nicht auseinander gesetzt habe. So sei vorgebracht worden, dass die Beschwerdeführerin durch Erstellung von Skripten als Unterrichtsbehelfe schriftstellerische Tätigkeit in erheblichem Umfang ausgeübt habe. Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer keinen Verfahrensmangel auf, weil die Beschwerdeführer im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht trotz wiederholter Aufforderung keinerlei Beweismittel beigebracht haben.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 20. April 1999

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1994140149.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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