TE Vwgh Beschluss 2019/3/11 Ra 2019/11/0035

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Veröffentlicht am 11.03.2019
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §20 Abs4;
KFG 1967 §20 Abs5;
KFG 1967 §22 Abs4;
StVO 1960 §26 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Schick sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Stadtwerke F, vertreten durch die Dr. Ernst Dejaco Rechtsanwälte GmbH in 6800 Feldkirch, Mühletorplatz 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 20. Dezember 2018, Zl. LVwG-418-1/2018-R11, betreffend Bewilligung zur Führung von Blaulicht und Tonfolgeanlage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Vorarlberg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde der Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung einer Bewilligung zur Führung von Blaulicht und Tonfolgehorn für zwei näher bezeichnete Fahrzeuge gemäß § 22 Abs. 4 iVm § 20 Abs. 4 und 5 KFG 1967 abgewiesen.

2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass zu den Tätigkeiten der Revisionswerberin die Strom- und Wasserversorgung der Gemeinde gehöre und sie ein Kraftwerk und ein Verteilernetz betreibe. Die beiden Fahrzeuge, für die die Bewilligung beantragt worden sei, würden eingesetzt, um Orte zu erreichen, an denen eine schnelle Stromabschaltung erforderlich sei, wie insbesondere bei Gebäudebränden, Beschädigungen von Stromleitungen oder elektrischen Anlagen (etwa durch Verkehrsunfälle) und bei Hochwasser. Im Jahr 2017 habe es insgesamt 21 derartige Vorfälle gegeben, und nach den Angaben der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung wäre sie in lediglich fünf Fällen aufgrund der Verkehrssituation mit Blaulicht schneller am Einsatzort gewesen.

3 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, bei der Revisionswerberin handle es sich nicht um eine Organisation iSd § 20 Abs. 1 Z 4 KFG 1967, weshalb gemäß § 20 Abs. 5 lit. b leg. cit. Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht nur dann bewilligt werden dürften, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen sei, vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestünden und das gegenständliche Fahrzeug zur Verwendung für den öffentlichen Hilfsdienst bestimmt sei, was auf die gegenständlichen Fahrzeuge zutreffe. Ein öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht bzw. eines Tonfolgehorns sei nur dann gegeben, wenn das Fahrzeug, für welches die Bewilligung angestrebt werde, nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit zu Fahrten bestimmt sei, bei denen Gefahr im Verzug im Sinne des § 26 Abs. 1 StVO vorliege und die bewirkte Erleichterung des Vorankommens ausschlaggebend sein werde, um drohende Gefahren für das Leben und für die Gesundheit von Menschen abzuwenden (Verweis auf VwGH 21.8.2014, Ro 2014/11/0068). Insgesamt fehle es an der Häufigkeit von Ereignissen, bei denen die Revisionswerberin die Warneinrichtungen tatsächlich benötigen würde, weshalb der Beschwerde keine Folge zu geben gewesen sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).

5 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Geltend gemacht wird, die Zulässigkeit der Revision sei deshalb gegeben, weil noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dazu vorliege, ob es für die Beurteilung der Häufigkeit von Einsatzfahrten lediglich auf jene Fahrten ankomme, bei denen die Verwendung der Warneinrichtungen "wegen allfälliger konkreter Behinderungen durch den übrigen Verkehr ein möglichst unbehindertes Vorankommen und damit ein früheres Eintreffen am Einsatzort bewirkt bzw. bewirken würde, oder aber auf alle Einsatzfahrten, bei denen Gefahr im Verzug liegt, die also dringlich iSd § 26 Abs. 1 StVO, sind".

6 Damit wird übersehen, dass der Verwaltungsgerichtshof im bereits erwähnten Erkenntnis Ro 2014/11/0068 "Gefahr im Verzug iSd. § 26 Abs. 1 StVO" damit umschrieben hat, "dass die durch die Verwendung von Blaulicht oder Tonfolgehorn bewirkte Erleichterung des Vorankommens ausschlaggebend sein wird, um drohende Gefahren für das Leben und für die Gesundheit von Menschen abzuwenden". Er hat in diesem Erkenntnis auch betont, dass nicht schon kraft des Zweckes, für den ein Fahrzeug bestimmt ist, ein öffentliches Interesse iSd. § 20 Abs. 5 KFG 1967 vorauszusetzen sei, sondern jeweils eine Prüfung im Einzelfall zu erfolgen habe, und zwar selbst bei Fahrzeugen, die nach der Einschätzung des Gesetzgebers häufig für dringende Fahrten bestimmt sind.

7 Es ist somit nicht erkennbar, dass das Verwaltungsgericht mit seiner auf den von der Revisionswerberin bekanntgegebenen Erfahrungswerten beruhenden Beurteilung der (vorliegend: mangelnden) Häufigkeit von Ereignissen, für die die Warneinrichtungen benötigt würden, von der - entgegen der Revisionsansicht sehr wohl vorliegenden - hg. Judikatur (vgl. etwa auch den Beschluss VwGH 27.4.2017, Ra 2016/11/181, mwN) abgewichen wäre.

8 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019110035.L00

Im RIS seit

11.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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