TE Lvwg Erkenntnis 2019/3/18 LVwG-2017/46/2921-13

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Veröffentlicht am 18.03.2019
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Entscheidungsdatum

18.03.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §19 Abs1
VStG §19 Abs2
VStG §44a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Wieser über die Beschwerde des AA, vertreten durch BB, Rechtsanwälte in Z, Adresse 1, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 29.11.2017, Zl *****, betreffend eine Übertretung nach dem TJG 2004, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird in Bezug auf Spruchpunkt 1. als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 120,00 zu leisten. Der Beschwerdeführer hat gem § 64 VStG einen Beitrag in der Höhe von Euro 60,00 zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu bezahlen.

3.       Der Beschwerde wird in Bezug auf Spruchpunkt 2. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

4.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 29.11.2017, Zl *****, wurde dem Beschwerdeführer folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

1.   Herr AA, geb. am XX.XX.XXXX, Y, Adresse 2, hat am 16.07.2017 um 07:10 Uhr im Genossenschaftsjagdgebiet X, im Revierteil W, die örtlichen Verbote des § 41 Tiroler Jagdgesetz 2004 missachtet, indem er vom Grundstück **1, im Grundbuch der KG ***** X (Adresse 3) und vom Grundstück **1/2, im Grundbuch der KG ***** X (Adresse 4) insgesamt drei Schüsse auf einen Rehbock abgegeben hat, obwohl in Bereichen, in welchen durch die Jagd die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört oder das Leben und die Sicherheit von Menschen gefährdet würde, nicht gejagt werden darf und in der unmittelbaren Umgebung von Ortschaften und Einzelsiedlungen das Wild zwar aufgesucht und getrieben, nicht aber mit der Schusswaffe erlegt werden darf.

2.   Herr AA, geb. am XX.XX.XXXX, Y, Adresse 2, hat es zu verantworten, dass die Rehbockjagd am 03.08.2017 in der Genossenschaftsjagd X, im Revierteil W, nicht weidgerecht ausgeübt wurde und einem Tier rohe, unnötige Qualen bereitet wurden, weil dieser nach einem ersten Schuss in den Vorderlauf eines Rehbockes, nach einem zweiten Schuss auf das besagte Stück und nach einem vermeintlichen Fangschuss den Rehbock nicht zur Strecke bringen konnte, was dann erst durch einen Messerstich in den Träger des Tieres gelang.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1) § 70 Abs. 1 Ziffer 18 iVm § 41 Abs. 1 und 2 Tiroler Jagdgesetz 2004 (TJG 2004), LGBl. Nr. 41/2004, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 26/2017

Zu 2) § 70 Abs. 1 Ziffer 11b Tiroler Jagdgesetz 2004 (TJG 2004), LGBl. Nr. 41/2004, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 26/2017

...“

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Beschwerdeführer zu 1) gemäß § 70 Abs 1 Z 18 TJG 2004 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 600,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) und zu 2) gemäß § 70 Abs 1 Z 7 TJG 2004 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 700,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in der Höhe von insgesamt Euro 130,00 vorgeschrieben.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht Beschwerde und führte darin zu Spruchpunkt 1 im Wesentlichen aus, dass gegen die Strafhöhe Beschwerde erhoben werde. Sie sei unverhältnismäßig hoch angesetzt, da die Schuld nicht klar definiert worden sei. Er sei zudem unbescholten. Der Pirschführer der mit ihm gemeinsam unterwegs gewesen sei, sei nur mit Euro 100,00 bestraft worden.

Zu Spruchpunkt 2 werde eine volle Beschwerde erhoben. Zur Frage der Weidgerechtigkeit sei keine Stellungnahme des Tiroler Jägerverbandes eingeholt worden. Weiters sei der tatsächliche Zustand des Tieres zum Zeitpunkt des Abknickens nicht geklärt worden. Ein Schlegeln nach dem Fangschuss sei nicht untypisch und habe nichts mit dem Zufügen von Qualen zu tun. Dazu hätte ein veterinärmedizinisches Gutachten eingeholt werden müssen. Der Sachverhalt sei insgesamt mangelhaft festgestellt worden.

Aufgrund dieses Beschwerdevorbringens wurde der behördliche Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Seitens des Landesverwaltungsgerichtes Tirol wurde eine Stellungnahme des Tiroler Jägerverbandes vom 7.02.2019 (vgl OZ 6) eingeholt.

Am 13.02.2019 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung und im Anschluss daran ein Lokalaugenschein durchgeführt. Es waren der Beschwerdeführer in Begleitung seiner rechtsfreundlichen Vertretung, ein Vertreter der belangten Behörde, sowie die veterinärmedizinische Amtssachverständige CC von der Abteilung Landesveterinärdirektion anwesend. Einvernommen wurden der Beschwerdeführer selbst, die Zeugen DD, EE und FF (Pirschführer).

Nach Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts durch die erkennende Richterin zu Spruchpunkt 2 gab die veterinärmedizinische Amtssachverständige das Gutachten vom 5.03.2019, Zl ***** (vgl OZ 12) ab, welches den Parteien des Verfahrens mit der Möglichkeit zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme übermittelt wurde. Im Wesentlichen wurden darin ausgeführt, dass dem Tier sehr wohl Leiden hätten erspart werden können.

Mit E-Mail vom 14.03.2019 wurde seitens des Beschwerdeführers in Wahrung des Parteiengehörs eine Stellungnahme abgegeben in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Weidgerechtigkeit nach dem herrschenden Jagdgebrauch zu beurteilen sei und es sich dabei um einen Sorgfaltsmaßstab handle. Zur Frage der Weidgerechtigkeit bzw zum herrschenden Jagdgebrauch werde die Einholung eines Gutachtens beantragt. Darüber hinaus werde vorgebracht, dass die Amtssachverständige CC als Tierärztin keine Aussage über die Weidgerechtigkeit treffen könne. Zudem könne es keinen Unterschied machen, ob sich der Pirschführer oder der Beschwerdeführer vom Tod des Tieres überzeugt habe. Dass der erste Schuss nicht getroffen habe werde nicht bestritten, doch könne dies nicht dazu führen, dass eine Übertretung nach dem TJG 2004 vorliege. Dass der zweite Schuss schneller hätte abgegeben werden können, sei rein spekulativ. Der zweite Schuss sei präzise gewesen. Der Beschwerdeführer habe alles Nötige veranlasst, um das Tier nicht leiden zu lassen. Des Weiteren verfüge der Beschwerdeführer nur über die Mindestpension.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, in die Stellungnahme des Tiroler Jägerverbandes vom 7.02.2019 (vgl OZ 6) und der veterinärmedizinischen Amtssachverständigen vom 5.03.2019 (vgl OZ 12). Weiters wurde Beweis aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung in der der Pirschführer FF, sowie die Zeugen EE und DD als Zeugen einvernommen wurden, sowie durch Durchführung eines Lokalaugenscheins. Im Rahmen der Verhandlung wurde ein Orthofoto von den Örtlichkeiten angefertigt, welches als Beilage A zum Akt genommen wurde.

II.      Sachverhalt:

Zu Spruchpunkt 1)

Der Beschwerdeführer hat am 16.07.2017 um 7:10 Uhr im Genossenschaftsjagdgebiet X, im Revierteil W, vom Grundstück **1, im Grundbuch der KG ***** X (Adresse 3) und vom Grundstück **1/2, im Grundbuch der KG ***** X (Adresse 4) insgesamt drei Schüsse auf einen Rehbock abgegeben. Bei der Abgabe der Schüsse befand sich der Beschwerdeführer auf den Terrassen der auf diesen Grundstücken befindlichen Wohnhäuser und feuerte er sein Gewehr unmittelbar vor den Schlafzimmern von Gästen ab. Er hat den Rehbock dabei dreimal verfehlt.

Zu Spruchpunkt 2)

Der Beschwerdeführer ging am 3.08.2017 morgens in der Genossenschaftsjagd X im Revierteil W, auf dem Feld („W-Wiesen“) hinter dem Haus Adresse 5 in Begleitung des Pirschführers FF auf die Jagd nach einem Rehbock. Um 6:30 Uhr fiel auf den W-Wiesen von den Feldstadeln bzw den dort befindlichen Büschen aus in Richtung Waldrand der erste Schuss, wobei der Beschwerdeführer den Rehbock bei idealen Bedingungen (kein Wind, gute Sicht, Bock stand still) aus ca 50 m Entfernung mit seinem eigenen 2/22 Gewehr hoch am Vorderlauf getroffen hat. Der Bock flüchtete zunächst in Richtung der Häuser, sodass eine weitere Schussabgabe zunächst nicht möglich war.

In weiterer Folge bewegte sich der Rehbock wieder von den Häusern weg und lief wieder auf die Wiese. Der zweite Schuss wurde erst nach einigen Minuten abgegeben und wurde das Tier unter dem sog. „Hainzenschupfen“ ein zweites Mal getroffen. Es handelte sich um einen Weichteilschuss und kam das Tier an Ort und Stelle zum Liegen. Der Pirschführer bewegte sich gerade zum Tier um zu überprüfen, ob es noch lebte als der Zeuge EE zu ihm kam und auf das Geschehen ansprach. Der Zeuge wies den Pirschführer darauf hin, dass der Rehbock ja noch lebe. Der Beschwerdeführer hatte sein Gewehr kurzzeitig bereits abgelegt und befand sich noch bei den Stadeln. Er selbst überprüfte nach dem zweiten Schuss nicht mehr, ob das Tier noch lebte. Gesehen hat dies zunächst EE, als er mit dem Pirschführer sprach. Das Tier hat nach dem 2. Schuss das Haupt noch gehoben und war eindeutig erkennbar, dass es noch lebte, was der Beschwerdeführer jedoch nicht beobachtete. Erst als der Pirschführer dem Beschwerdeführer zurief, dass das Tier noch lebe und er solle mit dem Gewehr kommen ging der Beschwerdeführer von den Stadeln aus zum Rehbock und feuerte aus kurzer Entfernung einen dritten Schuss auf den Rehbock ab. Es dauerte sicherlich mehrere Minuten bis der dritte Schuss abgegeben wurde. Da das Tier noch schlegelte, hat er schließlich noch einen Genickstich durchgeführt. Es kann nicht mehr festgestellt werden, ob das Tier nach dem 3. Schuss noch lebte.

Das ganze Geschehen (vom ersten Schuss bis zum Genickstich) dauerte ca 15 Minuten. Zwischen den einzelnen Schüssen sind jeweils mehrere Minuten vergangen.

Warum es dem Beschwerdeführer bei idealen Bedingungen nicht gelang, das Tier bereits beim ersten Schuss zu töten kann nicht festgestellt werden. Ob ein zweiter Schuss an der gegenständlichen Örtlichkeit schneller hätte abgegeben werden können, kann auch nicht festgestellt werden. Auf jeden Fall hätte der Beschwerdeführer, wenn er das Tier nach dem 2. Schuss weiter beobachtet hätte bzw sofort zu dem Tier hingegangen wäre, gesehen, dass dieses noch lebte und schneller einen dritten Schuss abgeben können. Er musste ja auf Zuruf des Pirschführers, dass das Tier ja noch lebe, erst sein Gewehr wieder nehmen und über die Wiese zum Tier gehen. Er selbst hat nicht einmal gesehen, dass das Tier noch den Kopf hob, da er dieses gar nicht mehr beobachtete. Durch diese Verzögerung, welche sicher ein paar Minuten dauerte (zuerst geht der Pirschführer in Richtung des Tieres, dann unterhält sich der Pirschführer mit dem Zeugen und dann erst, auf Zuruf des Pirschführers, nimmt der Beschwerdeführer sein Gewehr und geht zum Tier hin um einen dritten Schuss abzugeben) wurden dem Rehbock unnötige Qualen bereitet.

III.     Beweiswürdigung:

Zu Spruchpunkt 1)

Der Beschwerdeführer erhob nur gegen die Strafhöhe Beschwerde, sodass von einer Beweiswürdigung abgesehen werden konnte.

Zu Spruchpunkt 2)

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers selbst und der Angaben der drei einvernommenen Zeugen.

Die beiden Zeugen DD und EE konnten das Geschehen nach dem 1. Schuss zunächst von der Terrasse des Hauses aus sehen, da beide aufgrund des ersten Schusses aus dem Haus kamen. Auch gab die Zeugin an, dass sie den zweiten Schuss bzw den Rehbock beim zweiten Schuss nicht gesehen hat. Nach dem 2. Schuss ging sie hinauf zu Adresse 3 und beobachtete von dort aus das Geschehen vor und nach dem 3. Schuss.

Die Aussagen divergieren hauptsächlich zur verstrichenen Zeit und ob sich der Rehbock nach dem zweiten Schuss noch bewegt hat. In Bezug auf die Zeitdauer erschienen die Angaben des Pirschführers unglaubwürdig. Bei Berücksichtigung der Bewegungen des Tieres, dass der Beschwerdeführer nach dem ersten Schuss zunächst keinen weiteren Schuss abgeben konnte, weil das Tier zu den Häusern flüchtete, dann erst ein zweiter Schuss erfolgte, ein Gespräch mit dem Zeugen EE geführt wurde, dass der Beschwerdeführer erst auf Zuruf des Beschwerdeführers über die Wiese zum Rehbock ging und den dritten Schuss abgab, kann das gesamte Geschehen nicht nur ein paar Minuten gedauert haben. Dass der Rehbock nach dem 2. Schuss den Kopf noch gehoben hat, bestätigen alle drei einvernommenen Zeugen, nur der Beschwerdeführer will das nicht gesehen haben. Ob sich der Rehbock noch einen halben Meter oder Meter weiterbewegt hat ist unerheblich, ist doch durch das heben des Kopfes schon erwiesen, dass das Tier auf jeden Fall noch gelebt hat.

Dass der Beschwerdeführer nach dem 2. Schuss das Tier nicht mehr beobachtet hat, ergibt sich aus den Aussagen des EE und des Pirschführers, die übereinstimmend aussagten, dass sie ein Gespräch führten und der Zeuge sah, dass das Tier den Kopf hob.

IV.      Rechtslage:

Die im gegenständlichen Verfahren maßgebenden Bestimmungen des Tiroler Jagdgesetzes – TJG 2004, LGBl Nr 41/2004, idF LGBl Nr 26/2017, lauten wie folgt:

§ 11b

Weidgerechtigkeit

(1) Die Jagd darf nur in weidgerechter Weise ausgeübt werden. Dazu gehören auch das Recht und die Pflicht zur Hege des Wildes unter Bedachtnahme auf die Interessen der Landeskultur.

(2) Zur weidgerechten Jagdausübung (Weidgerechtigkeit) gehört die Einhaltung der jagdrechtlichen Vorschriften auf der Grundlage ethischer Grundsätze unter Beachtung insbesondere der Gebote,

a) dem Wild unnötige Qualen zu ersparen,

….

§ 41

Örtliche Verbote

(1) Wo durch die Jagd die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört oder das Leben und die Sicherheit von Menschen gefährdet würde, darf nicht gejagt werden.

(2) In der unmittelbaren Umgebung von Ortschaften und Einzelsiedlungen, von Stätten, die der Heilung oder Erholung dienen, darf das Wild zwar aufgesucht und getrieben, nicht aber mit der Schusswaffe erlegt werden.

(3) Das Weidevieh darf durch die Ausübung der Jagd mit Hunden nicht beunruhigt werden.

§ 70

Strafbestimmungen

(1) Wer

7. entgegen § 11b Abs. 1 die Jagd in nicht weidgerechter Weise ausübt, insbesondere der Verpflichtung zur Hege des Wildes nicht nachkommt,

18. die örtlichen Verbote nach § 41 missachtet,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 6.000,- Euro zu bestrafen.

V.       Erwägungen:

Zu Spruchpunkt 1.:

Der Beschwerdeführer hat in Bezug auf Spruchpunkt 1 lediglich gegen die Strafhöhe Beschwerde erhoben, sodass der Spruch in Rechtskraft erwachsen ist. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist daher nur mehr die Frage des Ausmaßes der Strafe.

Zur Strafbemessung ist festzuhalten, dass gemäß § 19 Abs 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegen einander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Bezüglich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat der Beschwerdeführer glaubhaft angegeben, über ein monatliches Nettoeinkommen von Euro 1.400,-- netto, 14 x jährlich, zu verfügen. Darüber hinaus befindet sich die Ehegattin des Beschwerdeführers in Vollpflege in einem Altenheim.

Zwar ist auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse entsprechend Bedacht zu nehmen, dies bedeutet jedoch nicht, dass auch bei einem geringen Einkommen keine entsprechende Geldstrafe vorzuschreiben wär. Anders als im Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist im Verwaltungsstrafverfahren kein Tagsatzsystem vorgesehen. So sind die wirtschaftlichen Verhältnisse ein Element der Strafbemessung, jedoch ist diese nicht unmittelbar und bedingungslos an das Einkommen des Bestraften gebunden. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise auch im Erkenntnis vom 15.10.2002, 2001/21/0087 festgehalten, dass sich aus § 16 VStG ergibt, dass die Verhängung einer Geldstrafe auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht. Die Geldstrafe ist daher auch dann zu verhängen, wenn die Vermögensverhältnisse und Einkommensverhältnisse des Bestraften es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass er nicht in der Lage sein wird, sie zu bezahlen. Die von der belangten Behörde festgesetzte Strafe war daher aus diesem Grund nicht herabzusetzen.

Der Beschwerdeführer ist unbescholten, was als mildernd zu werten war. Warum jedoch das Verschulden des Beschwerdeführers als gering anzusehen sein soll, konnte nicht dargelegt werden. Von einem geringem Verschulden ist nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl VwGH vom 15.10.2009, Zl 2008/09/0015 oder vom 5.05.2014, Zl Ro 2014/03/0052). Indem der Beschwerdeführer am 16.07.2017 die Jagd sogar von den Terrassen von Wohnhäusern aus ausgeübt hat, dort drei Schüsse abgegeben hat und sich die Bewohner der Häuser auch gestört gefühlt haben, immerhin langten bei der belangten Behörde zwei Anzeigen ein, hat er dem Schutzzweck der Norm in erheblichem Ausmaß zuwidergehandelt. Die örtlichen Verbote nach § 41 TJG 2004 dienen nicht zuletzt dem Schutz der Sicherheit von Menschen. Eine allenfalls niedrigere Bestrafung des Pirschführers vermag daran auch nichts ändern, ist doch bei der Strafbemessung auf den Beschuldigten selbst abzustellen. Darüber hinaus wurde der Strafrahmen lediglich zu 10% ausgeschöpft, die verhängte Geldstrafe bewegt sich daher im unteren Bereich des Möglichen.

Zu Spruchpunkt 2.:

Dem Beschwerdeführer wurde mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass die Rehbockjagd am 03.08.2017 in der Genossenschaftsjagd X, im Revierteil W, nicht weidgerecht ausgeübt wurde und einem Tier rohe, unnötige Qualen bereitet wurden, weil er nach einem ersten Schuss in den Vorderlauf eines Rehbockes, nach einem zweiten Schuss auf das besagte Stück und nach einem vermeintlichen Fangschuss den Rehbock nicht zur Strecke bringen konnte, was dann erst durch einen Messerstich in den Träger des Tieres gelang. Dabei hat die belangte Behörde jedoch die zeitliche Komponente völlig außer Acht gelassen. Dem Beschwerdeführer können nicht die drei Schüsse als nicht weidgerechte Ausübung der Jagd vorgehalten werden. Das Qualvolle ist nicht das dreimalige Schießen, sondern die zeitliche Dauer des Geschehens und insbesondere, dass der Beschwerdeführer nach dem 2. Schuss nicht sofort zum angeschossenen Rehbock hingegangen ist um sich davon zu überzeugen, dass er tot ist. Nach Ansicht der erkennenden Richterin wäre dem Beschwerdeführer „nur“ vorzuwerfen gewesen, dass er den Rehbock nach dem 2. Schuss, welcher ihn nicht getötet hat, sich nicht mehr davon überzeugt hat, ob das Tier noch lebt und vor allem nicht unverzüglich getötet hat, um ihm dadurch unnötige Qualen zu ersparen. Selbst der Tiroler Jägerverband stellt in seiner Stellungnahme vom 7.02.2019 fest, dass die dreimalige Abgabe eines Schusses auf ein Stück Rehwild alles andere als üblich ist und hält fest, dass „möglichst rasch“ ein tödlicher Fangschuss auf das Tier abzugeben ist.

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach § 44 a Z 1 VStG 1950 ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Das heißt, dass jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (VwSlg 11894 A/1985). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44 Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Verwaltungsübertretung geschlossen werden kann.

Nach Ansicht der erkennenden Richterin wurde der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses falsch formuliert und käme eine Spruchkorrektur der Auswechslung der Tat gleich. Da das angefochtene Straferkenntnis schon aus diesem Grund zu beheben war, konnte auf ein Eingehen auf das übrige Vorbringen der Parteien verzichtet werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Wieser

(Richterin)

Schlagworte

Strafbemessung; Unrechtsgehalt; Weidegerechtigkeit; Konkretisierungsgebot;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2017.46.2921.13

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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