TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/8 L524 2188288-1

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Veröffentlicht am 08.11.2018
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Entscheidungsdatum

08.11.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GEG §6a Abs1
GEG §7 Abs2
GGG Art.1 §20
GGG Art.1 §32 TP1
IO §6 Abs3
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L524 2188288-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von XXXX als Masseverwalter im Konkursverfahren des XXXX, vertreten durch Kreuzberger, Stranimaier, Vogler RAe, Mohshammerplatz 14, 5500 Bischofshofen, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 29.01.2018, Zl. 100 Jv 130/17z-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

A) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG

ersatzlos aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Im Verfahren 1 C 10/17h vor dem Bezirksgericht Tamsweg wurde am 05.07.2017 Klage gegen XXXX wegen Besitzstörung erhoben, der klagenden Partei die Verfahrenshilfe bewilligt und dabei unter anderem die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren gewährt.

Über das Vermögen der beklagten Partei wurde bereits am 18.04.2017 das Konkursverfahren (XXXX) eröffnet.

2. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 25.09.2017, 100 Jv 130/17z-33, wurde festgestellt, dass die beklagte Partei XXXX im Verfahren wegen Besitzstörung zahlungspflichtig ist und die Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG in Höhe von € 102,-- zur Zahlung vorgeschrieben. Als Vertreter des Beklagten im Verfahren wegen Besitzstörung wird der Masseverwalter angeführt, obwohl der Beklagte im dortigen Verfahren unvertreten war. Nach Anführung von Kontonummer und Verwendungszweck wird Folgendes angeführt: "Beisatz:

Ersatzpflicht gemäß § 20 GGG. Masseforderung gem. § 46 Z 2 IO.". Eine Rechtsmittelbelehrung enthält der Bescheid entgegen ausdrücklicher Anordnung in § 6 Abs. 2 GEG nicht.

Als Empfänger dieses Zahlungsauftrags wird "XXXX, Masseverwalter im Konkurs XXXX" bezeichnet und diesem auch der Zahlungsauftrag am 28.09.2017 zugestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Masseverwalter am 09.10.2017 Vorstellung und führte darin aus, dass dem Masseverwalter die Klagegebühren vorgeschrieben würden, obwohl dieser mit diesem Zivilprozess überhaupt nichts zu tun gehabt habe. Es handle sich um einen Rechtsstreit aus einem familienrechtlichen Wohnverhältnis bzw. Ausfluss aus dem Ehescheidungsstreit des Insolvenzschuldners. Würde der Masseverwalter den Zahlungsauftrag in Rechtskraft erwachsen lassen, so würde eine nicht bestehende Zahlungsverpflichtung der Insolvenzmasse resultieren. Es liege keine Masseforderung gemäß § 46 Z 2 IO vor.

4. Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 29.01.2018, Zl. 100 Jv 130/17z-33, wurde ausgesprochen, dass im Verfahren wegen Besitzstörung "XXXX [...], vertreten durch XXXX als Masseverwalter im Konkursverfahren XXXX des XXXX, über das Vermögen des XXXX [...] zahlungspflichtig" sei. Für die Besitzstörungsklage wurde ein Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG in Höhe von € 102,-- zur Zahlung vorgeschrieben.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass über das Vermögen der beklagten Partei am 18.04.2017 das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Der Sachverhalt, der die Pflicht zur Zahlung einer Gerichtsgebühr begründe, sei nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden, weshalb es sich bei den Gerichtsgebühren um eine Masseforderung iSd § 46 IO handle. Die Gebühr sei daher als eine die Insolvenzmasse treffende öffentliche Abgabe dem Masseverwalter vorzuschreiben (§ 46 Z 2 IO) und als Zahlungspflichtiger sei die Insolvenzmasse zu bezeichnen.

Dieser Bescheid wurde dem Masseverwalter am 06.02.2018 zugestellt.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Masseverwalter im Konkursverfahren des XXXX fristgerecht Beschwerde, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass es sich bei der vorgeschriebenen Gebühr um keine Masseforderung handle. Es sei der Insolvenzschuldner selbst zahlungspflichtig. Der der Vorschreibung zugrundeliegende Zivilprozess betreffe einen Streit um die Ehewohnung und stünde daher in keinem Zusammenhang mit der Insolvenzmasse. Sofern die belangte Behörde ausführe, dass der die Zahlungspflicht auslösende Sachverhalt nach Eröffnung des Konkursverfahrens verwirklicht worden sei, werde dabei übersehen, dass sich nicht jede während des Verfahrens anfallende Forderung automatisch gegen die Masse richte. Anknüpfungspunkt sei vielmehr, ob der gebührenauslösende Sachverhalt auf eine Bewirtschaftung der Masse zurückgehe.

6. Mit Schreiben vom 28.02.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 07.03.2018, wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 18.04.2017 wurde über das Vermögen von XXXX das Konkursverfahren (XXXX) eröffnet.

Im Verfahren 1 C 10/17h vor dem Bezirksgericht Tamsweg wurde am 05.07.2017 Klage gegen XXXX wegen Besitzstörung erhoben. Der klagenden Partei wurde die Verfahrenshilfe bewilligt und dabei unter anderem die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren gewährt.

Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 25.09.2017, 100 Jv 130/17z-33, wurde festgestellt, dass die beklagte Partei XXXX im Verfahren wegen Besitzstörung zahlungspflichtig ist und die Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG in Höhe von € 102,-- zur Zahlung vorgeschrieben. Als Vertreter des Beklagten im Verfahren wegen Besitzstörung wird der Masseverwalter angeführt, obwohl der Beklagte im dortigen Verfahren unvertreten war. Als Empfänger dieses Zahlungsauftrags wird "XXXX, Masseverwalter im Konkurs XXXX" bezeichnet und diesem auch der Zahlungsauftrag am 28.09.2017 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Masseverwalter am 09.10.2017 Vorstellung.

Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 29.01.2018, Zl. 100 Jv 130/17z-33, wurde ausgesprochen, dass im Verfahren wegen Besitzstörung "XXXX [...], vertreten durch XXXX als Masseverwalter im Konkursverfahren XXXX des XXXX, über das Vermögen des XXXX [...] zahlungspflichtig" sei. Für die Besitzstörungsklage wurde ein Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG in Höhe von € 102,-- zur Zahlung vorgeschrieben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass über das Vermögen der beklagten Partei am 18.04.2017 das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Der Sachverhalt, der die Pflicht zur Zahlung einer Gerichtsgebühr begründe, sei nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden, weshalb es sich bei den Gerichtsgebühren um eine Masseforderung iSd § 46 IO handle. Die Gebühr sei daher als eine die Insolvenzmasse treffende öffentliche Abgabe dem Masseverwalter vorzuschreiben (§ 46 Z 2 IO). Dieser Bescheid wurde dem Masseverwalter am 06.02.2018 zugestellt, der dagegen fristgerecht Beschwerde erhoben hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes (GEG) lauten:

"Gegenstand der Einbringung im Justizverwaltungsweg

§ 1. Von Amts wegen sind folgende Beträge einzubringen:

1. Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren

2. - 7. [...]

Vorstellung und Berichtigung

§ 7. (1) Wer sich durch den Inhalt eines Mandatsbescheids, der von einem Kostenbeamten (§ 6 Abs. 2) namens der Behörde erlassen wurde, beschwert erachtet, kann binnen zwei Wochen Vorstellung bei der Behörde (§ 6 Abs. 1) erheben. In der Rechtsmittelbelehrung des Mandatsbescheids kann auch angeordnet werden, dass die Vorstellung bei der das Grundverfahren führenden Dienststelle einzubringen ist; auch in diesem Fall gilt aber die Einbringung bei der Behörde nach § 6 Abs. 1 als rechtzeitig.

(2) Verspätete und unzulässige Vorstellungen sind von der Behörde zurückzuweisen. Mit der rechtzeitigen Erhebung der Vorstellung tritt der Mandatsbescheid außer Kraft, soweit sich die Vorstellung nicht ausdrücklich nur gegen einen Teil des vorgeschriebenen Betrags richtet. Die Behörde kann erforderlichenfalls Ermittlungen durchführen und hat mit Bescheid auszusprechen, ob und inwieweit eine Zahlungspflicht besteht; dabei ist sie nicht an die Anträge der Partei gebunden, sondern kann auch über eine weitergehende Zahlungspflicht absprechen. Liegt dem Mandatsbescheid ein Antrag zu Grunde, so hat die Behörde über diesen abzusprechen; die Frist nach § 73 Abs. 1 AVG beginnt mit dem Einlangen der Vorstellung. Bescheide nach diesem Absatz dürfen nicht vom Kostenbeamten nach § 6 Abs. 2 im Namen der Behörde erlassen werden.

(3) (7) [...]"

2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Insolvenzordnung (IO) lauten:

Beginn der Wirkung, Insolvenzmasse

§ 2.

(1) Die Rechtswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens treten mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhalts des Insolvenzedikts folgt.

(2) Durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen.

(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 29/2010)

Wirkung in Ansehung von Rechtsstreitigkeiten

§ 6.

(1) Rechtsstreitigkeiten, welche die Geltendmachung oder Sicherstellung von Ansprüchen auf das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen bezwecken, können nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner weder anhängig noch fortgesetzt werden.

(2) Rechtsstreitigkeiten über Absonderungsansprüche und über Ansprüche auf Aussonderung nicht zur Insolvenzmasse gehöriger Sachen können auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, jedoch nur gegen den Insolvenzverwalter anhängig gemacht und fortgesetzt werden.

(3) Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, insbesondere über Ansprüche auf persönliche Leistungen des Schuldners, können auch während des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner oder von ihm anhängig gemacht und fortgesetzt werden.

Unterbrechung und Wiederaufnahme in anhängigen Rechtsstreitigkeiten

§ 7.

(1) Alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Schuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der in § 6, Absatz 3, bezeichneten Streitigkeiten, werden durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Auf Streitgenossen des Schuldners wirkt die Unterbrechung nur dann, wenn sie mit dem Schuldner eine einheitliche Streitpartei bilden (§ 14 Z P. O.).

(2) Das Verfahren kann vom Insolvenzverwalter, von den Streitgenossen des Schuldners und vom Gegner aufgenommen werden.

(3) Bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die der Anmeldung im Insolvenzverfahren unterliegen, kann das Verfahren vor Abschluß der Prüfungstagsatzung nicht aufgenommen werden. An Stelle des Insolvenzverwalters können auch Insolvenzgläubiger, die die Forderung bei der Prüfungstagsatzung bestritten haben, das Verfahren aufnehmen.

Ablehnung des Eintrittes in den Rechtsstreit.

§ 8.

(1) Lehnt der Insolvenzverwalter den Eintritt in einen Rechtsstreit ab, in dem der Schuldner Kläger ist oder in dem gegen den Schuldner der Anspruch auf Aussonderung nicht zur Insolvenzmasse gehöriger Sachen geltend gemacht wird, so scheiden der Anspruch oder die vom Aussonderungskläger beanspruchten Sachen aus der Insolvenzmasse aus.

(2) Es gilt als Ablehnung des Insolvenzverwalters, wenn er nicht binnen einer vom Prozeßgerichte bestimmten Frist erklärt, in den Rechtsstreit einzutreten.

(3) Das Verfahren kann in diesem Falle vom Schuldner, von dessen Streitgenossen und vom Gegner aufgenommen werden.

3. Über das Vermögen der im Verfahren wegen Besitzstörung beklagten Partei, XXXX, wurde am 18.04.2017 der Konkurs eröffnet. Die Besitzstörungsklage wurde am 05.07.2017 erhoben und der klagenden Partei Verfahrenshilfe gewährt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ausgesprochen, dass für das Besitzstörungsverfahren "XXXX [...], vertreten durch XXXX als Masseverwalter im Konkursverfahren XXXX des XXXX, über das Vermögen des XXXX [...] zahlungspflichtig" sei und hierfür die Pauschalgebühr zu entrichten habe.

Auf Grund dieser Formulierung des Spruchs ist nicht klar, wem die belangte Behörde die Pauschalgebühr vorschreiben will. In Betracht kommen sowohl der Gemeinschuldner als auch die Insolvenzmasse, vertreten durch den Masseverwalter.

Nur wenn der Spruch eines Bescheides auslegungsbedürftig in dem Sinn ist, dass er für sich allein betrachtet Zweifel an seinem Inhalt aufkommen lässt, dann kann und muss seine Begründung zur Deutung - also nicht zur Ergänzung oder Ausweitung - von Sinn und Inhalt der darin verkörperten individuellen Norm herangezogen werden. Diesfalls kommt der Grundsatz zum Tragen, dass der Bescheid einer Verwaltungsbehörde als Ganzes zu beurteilen ist und Spruch und Begründung des Bescheides eine Einheit bilden (vgl. VwGH 10.07.2018, Ra 2018/05/0167).

Es ist daher die Begründung des Bescheides heranzuziehen, aus der sich ergibt, dass die Insolvenzmasse als Zahlungspflichtiger vorgesehen ist und der Bescheid an den Masseverwalter zu adressieren ist.

Die belangte Behörde stellte den Bescheid sodann auch dem Masseverwalter rechtwirksam zu, der daraufhin fristgerecht und zulässig Beschwerde erhob.

4. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid aus, dass der Sachverhalt, der die Zahlungspflicht der Gerichtsgebühr begründe, nach Eröffnung des Konkursverfahrens verwirklicht worden sei, so dass die Gebühr eine die Insolvenzmasse treffende öffentliche Abgabe dem Masseverwalter vorzuschreiben sei und als Zahlungspflichtiger die Insolvenzmasse zu bezeichnen sei. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden:

Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, insbesondere über Ansprüche auf persönliche Leistungen des Schuldners, können gemäß § 6 Abs. 3 IO auch während des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner oder von ihm anhängig gemacht und fortgesetzt werden. Auf solche Gemeinschuldnerprozesse äußert die Konkurseröffnung keine Wirkung. Sie werden durch die Konkurseröffnung nicht unterbrochen, der Prozess ist nicht vom Masseverwalter, sondern vom Gemeinschuldner weiterzuführen (vgl. Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 6 KO, Rz 55).

Die Konkurseröffnung beseitigt nicht die Rechtsfähigkeit des Gemeinschuldners; dieser bleibt vielmehr parteifähig und behält auch die Sachlegitimation und ist grundsätzlich prozessfähig (vgl. VwGH 30.09.2010, 2010/07/0170). Hinsichtlich des durch die Konkurseröffnung seiner freien Verfügung entzogenen Vermögens ist der Gemeinschuldner verfügungsunfähig und daher insoweit prozessunfähig. Der Masseverwalter ist gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners mit Beschränkung auf die Masse (vgl. VwGH 30.09.2010, 2010/07/0170) und hat kraft seiner Bestellung alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die der Gemeinschuldner nicht vornehmen kann, mit Wirkung für die Masse und für die Konkursgläubiger vorzunehmen (vgl. VwGH 26.09.2013, 2010/11/0175 mit Hinweis VwGH vom 07.10.2005, 2005/17/0194, mwN).

Besitzstörungsstreitigkeiten von und gegen den Gemeinschuldner werden, soweit sie die Vornahme bzw. Unterlassung persönlicher Handlungen des Gemeinschuldners betreffen, von der Konkurseröffnung nicht berührt (vgl. Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 6 KO, Rz 57). Die gegen den Gemeinschuldner erhobene Besitzstörungsklage, welche darauf gerichtet ist, dass es dieser unterlasse, die Klägerin aus der ehelichen Wohnung durch Tausch des Haustürschlosses auszusperren, fällt daher unter den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 IO.

Dies hat zur Folge, dass der Gemeinschuldner hinsichtlich des vorliegenden Besitzstörungsverfahrens weiterhin prozessfähig ist und diesbezüglich keine gesetzliche Vertretung durch den Masseverwalter eintritt.

5. Im Beschluss des VwGH vom 05.11.1971, 0083/71, sprach dieser aus, sofern der Masseverwalter im Zuges eines Konkursverfahrens gemäß § 8 KO den Eintritt in einen vom Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung eingeleiteten Rechtsstreit ablehnte, so trifft die Zahlungspflicht für Protokollgebühren, die in diesem Streit NACH Konkurseröffnung entstanden sind, nicht den Masseverwalter, sondern den Gemeinschuldner persönlich (§ 6 Abs 1 Z 2 GJGebG). Mangels der Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte ist der Masseverwalter (die Konkursmasse) in Fällen dieser Art nicht zur Einbringung eines Berichtigungsantrages gegen die Gebührenvorschreibung (§ 7 GEG) legitimiert.

Gleiches muss daher auch für das gegenständliche Besitzstörungsverfahren gelten, in dem der Gemeinschuldner gemäß § 6 Abs. 3 IO weiterhin prozessfähig ist, so dass auch ihn die Zahlungspflicht für die Gerichtsgebühren trifft.

6. Der Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 25.09.2017, 100 Jv 130/17z-33, sieht in seinem Spruch eine Zahlungspflicht des Gemeinschuldners vor und schreibt ihm in Anwendung von § 20 GGG die Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG in Höhe von € 102,-- zur Zahlung vor.

In einem Beisatz findet sich die Wortfolge: "Masseforderung gem. § 46 Z 2 IO".

Im Mandatsbescheid wird auch die Rechtssache (Besitzstörung) angeführt und hier neben der klagenden und der beklagten Partei auch deren Rechtsvertreter genannt. Dabei wird hinsichtlich der beklagten Partei - aktenwidrig - der Masseverwalter als Rechtsvertreter angeführt, obwohl der Beklagte in diesem Verfahren tatsächlich unvertreten war. Diese Angaben begründen daher keine wirksame Vertretung des Gemeinschuldners.

Eine Auslegung des Spruchs eines Bescheides nach dessen Begründung kommt nur in jenen Fällen in Betracht, in denen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt. Dagegen kommt eine Umdeutung (oder auch Ausweitung) eines klar gefassten Spruches anhand der Begründung des Bescheides nicht in Betracht (vgl. VwGH 02.12.2008, 2007/18/0327). Ist somit der Spruch des Bescheides eindeutig, dann kommt der Begründung eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung nicht zu. Selbst ein Widerspruch der Begründung zum Spruch ist unerheblich, wenn nach dem Wortlaut des Spruchs eines Bescheides über dessen Inhalt kein Zweifel herrschen kann. Eine über den formalen Spruchinhalt hinausgehende Gesamtbetrachtung von Spruch und Begründung findet somit ihre Grenze dann, wenn der formale Spruchinhalt durch Ausführungen im Begründungsteil nicht ergänzt bzw. komplettiert wird, sondern mit diesem in Widerspruch gerät (vgl. VwGH 18.10.2012, 2008/22/0693 unter Hinweis auf VwGH 13.05.2005, 2004/02/0354, mwN).

Im vorliegenden Fall ist der Spruch des Mandatsbescheides klar gefasst und sieht eindeutig eine Zahlungspflicht des Gemeinschuldners vor. Der Widerspruch im Beisatz zum eindeutigen Spruch des Mandatsbescheides ist somit unerheblich.

Die Erlassung eines schriftlichen Bescheides hat dessen Zustellung zur Voraussetzung. Erst wenn eine rechtswirksame Zustellung vorliegt, ist der Bescheid erlassen (vgl. VwGH 20.03.2001, 2000/11/0336). Als Empfänger des Mandatsbescheides wird der Masseverwalter angeführt. Dies erweist sich aber insofern als nicht richtig, da es sich bei dem die Gebührenpflicht auslösenden Besitzstörungsverfahren um einen Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 3 IO handelt und daher der Masseverwalter diesbezüglich nicht gesetzlicher Vertreter ist. Der Zahlungsauftrag hätte somit dem Gemeinschuldner persönlich zugestellt werden müssen und nicht dem Masseverwalter. Da der Mandatsbescheid dem Gemeinschuldner nicht rechtswirksam zugestellt wurde, ist der Bescheid rechtlich nicht existent geworden (vgl. VwGH 29.05.1995, 93/17/0318).

Gegen den Mandatsbescheid erhob sodann der Masseverwalter am 09.10.2017 Vorstellung. Die belangte Behörde ging von einer zulässigen Vorstellung aus und erließ einen Vollbescheid. Dies stellt sich jedoch als rechtswidrig dar:

Die Gemeinschuldnerin und das konkursverfangene Vermögen sind rechtlich nicht ident, bilden zwei von einander verschiedene rechtliche Zurechnungspunkte und werden bei ihren Rechtshandlungen in verschiedener Weise vertreten, wobei durch die bloße Zustellung von an die Gemeinschuldnerin adressierten Bescheiden an den Masseverwalter diese nicht ihm gegenüber wirksam werden (vgl. VwGH 21.12.2004, 2000/04/0118 unter Hinweis auf VwGH 18.12.1992, 89/17/0037, 0038).

Der Mandatsbescheid, der eine Zahlungspflicht des Gemeinschuldners vorsieht und nur dem Masseverwalter zugestellt wurde, konnte dem Masseverwalter gegenüber keine Rechtswirkungen entfalten. Gemäß § 7 Abs. 2 GEG sind verspätete und unzulässige Vorstellungen von der Behörde zurückzuweisen. Mangels Vorliegens eines rechtswirksamen Bescheides hätte die belangte Behörde die Vorstellung des Masseverwalters als unzulässig zurückweisen müssen. Die belangte Behörde hätte somit keine Entscheidung in der Sache treffen dürfen. Der dennoch von der belangten Behörde erlassen Vollbescheid, der nun eine Zahlungspflicht der Insolvenzmasse vorsieht und dem Masseverwalter zugestellt wurde, war daher ersatzlos aufzuheben.

Der Vollständigkeit halber wird auch darauf hingewiesen, dass - sofern der Mandatsbescheid rechtswirksam erlassen worden wäre -, die belangte Behörde, indem sie im Mandatsbescheid die Zahlungspflicht des Gemeinschuldners ausspricht, im nachfolgenden Vollbescheid jedoch die Zahlungspflicht der Insolvenzmasse vorsieht, die Verfahrenspartei auswechselt. Eine Auswechslung der Partei während eines Verfahrens sieht das Gesetz nicht vor und wäre daher rechtswidrig. Auch diesfalls wäre - sofern der Mandatsbescheid rechtswirksam erlassen worden wäre - der angefochtene Bescheid aufzuheben gewesen (vgl. VwGH 29.06.2012, 2012/02/0022).

7. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 06.04.2016, Ro 2016/16/0006 mwN).

Schlagworte

Bescheidadressat, Besitzstörungsklage, ersatzlose Behebung,
Gemeinschuldner, Gerichtsgebühren, Insolvenzmasse,
Insolvenzverfahren, Konkurs, Masseverwalter,
Pauschalgebührenauferlegung, Verfahrenspartei, Vorstellung,
Zahlungsauftrag, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L524.2188288.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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