TE Lvwg Erkenntnis 2019/3/4 VGW-151/032/2582/2019

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Veröffentlicht am 04.03.2019
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Entscheidungsdatum

04.03.2019

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

NAG §25 Abs3
NAG §64 Abs1 Z4
NAG §64 Abs2
NAG-DV §8 Z8 litb

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerde der A. B. (Staatangehörigkeit: Peru, geb.: 1997) vom 5. Februar 2019 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Dezember 2018, Zl. ..., mit welchem der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung "Student" gemäß § 64 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG abgewiesen wurde,

zu Recht erkannt:

I.       Gemäß § 64 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 56/2018, iVm § 8 Z 8 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung – NAG-DV, BGBl. II 451/2005 idF BGBl. II 229/2018, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.   Verfahrensgang

1.       Mit Bescheid der belangten Behörde, Zl. ..., vom 27. Dezember 2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. November 2018 auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung "Student" – mit näherer Begründung – abgewiesen.

2.       Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 5. Februar 2019, mit welcher jene die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien sowie die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels begehrt.

3.       Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien (einlangend am 18. Februar 2019) vor.

4.       Mit Eingaben vom 18. Februar 2019, vom 22. Februar 2019, vom 25. Februar 2019 und vom 27. Februar 2019 legte die Beschwerdeführerin weitere Dokumente zum aktuellen Stand ihres Vorstudienlehrgangs bzw. eine Inskriptionsbestätigung sowie ein Studienblatt der Universität Wien für das Sommersemester 2019 vor.

II. Sachverhalt:

1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Die am ...1997 geborene Beschwerdeführerin ist peruanische Staatsangehörige. Mit Gültigkeit vom 6. Februar 2017 wurde ihr zum ersten Mal der Aufenthaltstitel "Studierende" (nunmehr "Student") erteilt; zuletzt hatte sie eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende mit Gültigkeitsdatum bis 16. November 2018 inne.

Die Beschwerdeführerin war ab dem 1. Oktober 2016 an der Universität Wien für den Vorstudienlehrgang zur Ablegung der Ergänzungsprüfungen aus Deutsch, Geschichte und Sozialkunde sowie Englisch inskribiert, wobei sie nach einer Unterbrechung ab 1. Dezember 2017, welche auf die Versäumung der Frist für die Anmeldung zu Kursen durch die Beschwerdeführerin zurückzuführen ist, das Studium ab 1. März 2018 fortsetzte; mit 27. Februar 2019 wurde die Meldung zum Vorstudienlehrgang beendet.

Die Ergänzungsprüfung aus Deutsch absolvierte die Beschwerdeführerin am 25. Juni 2018, jene aus Geographie und Wirtschaftskunde am 13. November 2018. Am 21. Februar 2019 absolvierte die Beschwerdeführerin schließlich die Ergänzungsprüfung aus Englisch. Seit 1. März 2019 ist sie für das Sommersemester 2019 an der Universität Wien als ordentliche Studierende des Bachelorstudiums ... sowie des Bachelorstudiums ... zur Fortsetzung gemeldet.

2. Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens und der von der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Urkunden.

Die persönlichen Daten der Beschwerdeführerin sowie jene zu ihren bisherigen Aufenthaltstiteln ergeben sich aus der dem Akt einliegenden Kopie des Reisepasses der Beschwerdeführerin sowie dem Ausdruck aus dem Zentralen Fremdenregister.

Die studienbezogenen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungsakt enthaltenen Urkunden, insbesondere dem Zeugnis über die Ergänzungsprüfung aus Deutsch vom 26. Juni 2018, dem Ergänzungsprüfungszeugnis im Fach Geographie und Wirtschaftskunde vom 15. November 2018 sowie dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Studienblatt der Universität Wien vom 27. Februar 2019 und entsprechen im Übrigen den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin.

Dass die Unterbrechung des außerordentlichen Studiums der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2017/2018 auf die Versäumung der Frist zur Anmeldung für Kurse zurückzuführen ist, hat die Beschwerdeführerin in den schriftlichen Stellungnahmen vom 23. November 2018 und vom 14. Dezember 2018 selbst vorgebracht. Das Verwaltungsgericht Wien zweifelt nicht an diesen Angaben.

III.  Rechtliche Beurteilung:

1.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 56/2018, lauten:

"Verfahren im Fall des Fehlens von Erteilungsvoraussetzungen für die Verlängerung eines Aufenthaltstitels

§ 25. (1) bis (2) […]

(3) Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung eines Aufenthaltstitels besondere Erteilungsvoraussetzungen des 2. Teiles, hat die Behörde den Antrag ohne weiteres abzuweisen.

[…]

Studenten

§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen ist eine Aufenthaltsbewilligung als Student auszustellen, wenn sie

         1. die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und

         2. ein ordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule gemäß dem Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006, absolvieren,

3. […]

         4. ein außerordentliches Studium im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002, eines Lehrganges zur Weiterbildung gemäß § 9 Fachhochschul-Studiengesetz, eines Universitätslehrganges gemäß § 3 Abs. 4 Privatuniversitätengesetz oder eines Hochschullehrganges gemäß § 39 Hochschulgesetz 2005 absolvieren, welches auf die in der Zulassungsentscheidung vorgeschriebene Ergänzungsprüfung vorbereitet,

         5. bis  7. […]

(2) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität oder Pädagogischen Hochschule erbringt und in den Fällen des Abs. 1 Z 4 darüber hinaus spätestens innerhalb von zwei Jahren die Zulassung zu einem Studium gemäß Abs. 1 Z 2 nachweist. Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung einer gesetzlich verpflichtenden fachlichen Ausbildung gemäß Abs. 1 Z 7, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zu diesem Zweck nur zulässig, wenn der Drittstaatsangehörige einen angemessenen Ausbildungsfortschritt nach Maßgabe der der jeweiligen Ausbildung zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften erbringt. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges oder Ausbildungsfortschrittes eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.

(3) […]"

§ 8 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung – NAG-DV, BGBl. II 451/2005 idF BGBl. II 229/2018, lautet (auszugsweise):

"Weitere Urkunden und Nachweise für Aufenthaltsbewilligungen

§ 8. Zusätzlich zu den in § 7 genannten Urkunden und Nachweisen sind dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung folgende weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen:

         1. bis  7. […]

         8. für eine Aufenthaltsbewilligung 'Student':

         a) […]

         b) im Fall eines Verlängerungsantrages ein schriftlicher Nachweis der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität oder der öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 74 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 56/2018 sowie ein aktuelles Studienblatt und eine Studienbestätigung gemäß § 62 Abs. 4 UG; im Fall des § 64 Abs. 1 Z 4 NAG zusätzlich ein Nachweis über die Zulassung zu einem Studium gemäß § 64 Abs. 1 Z 2 NAG innerhalb von zwei Jahren;

[…]"

§ 5 des Statuts des Universitätslehrganges "Vorstudienlehrgang der Wiener Universitäten (VWU) – Universitätslehrgang zur Vorbereitung auf Ergänzungsprüfungen", beschlossen durch – unter anderem – dem Senat der Universität Wien am 23. November 2006, lautet:

"§ 5 Dauer und Gliederung

(1) Der Besuch von Lehrveranstaltungen des Vorstudienlehrganges ist für maximal vier Semester zulässig, jedoch längstens bis zur erfolgreichen Absolvierung aller vorgeschriebenen Ergänzungsprüfungen.

(2) In begründeten Fällen kann die einweisende Universität, vertreten durch ihr Kommissionsmitglied, den Besuch von Lehrveranstaltungen für ein fünftes oder sechstes Semester genehmigen. Als wichtige Gründe gelten solche, die geeignet waren, die Studierende oder den Studierenden an der gehörigen Fortsetzung des Besuchs des Vorstudienlehrganges zu hindern (z.B. Krankheit, Schwangerschaft, familiäre Verpflichtungen, sonstige unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignisse).

(3) […]"

2.       Die Beschwerdeführerin begehrt die Verlängerung des Aufenthaltstitels "Student" gemäß § 64 Abs. 2 NAG und verweist darauf, dass sie den Vorstudienlehrgang zur Ablegung der Ergänzungsprüfungen aus Deutsch, Geschichte und Sozialkunde sowie Englisch, mit einer Unterbrechung vom 1. Dezember 2017 bis 28. Februar 2018, am 21. Februar 2019 absolviert habe und seit 1. März 2019 als ordentliche Studierende des Bachelorstudiums ... sowie des Bachelorstudiums ... zur Fortsetzung, jeweils an der Universität Wien, gemeldet sei.

3.       Gemäß § 64 Abs. 2 NAG ist – wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines außerordentlichen Studiums dient – die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität erbringt und – in den Fällen eines außerordentlichen Studiums zur Vorbereitung auf die in der Zulassungsentscheidung vorgeschriebene Ergänzungsprüfung (Abs. 1 Z 4 par. cit.) – darüber hinaus spätestens innerhalb von zwei Jahren die Zulassung zu einem ordentlichen Studium (Abs. 1 Z 2 par. cit.) nachweist.

Gemäß § 8 Z 8 lit. b NAG-DV ist dem Verlängerungsantrag ein Nachweis über die Zulassung zu einem ordentlichen Studium gemäß § 64 Abs. 1 Z 2 NAG innerhalb von zwei Jahren anzuschließen.

4.       Die Beschwerdeführerin war seit 1. Oktober 2016 an der Universität Wien für den Vorstudienlehrgang zur Ablegung der Ergänzungsprüfungen aus Deutsch, Geschichte und Sozialkunde sowie Englisch inskribiert. Mit Gültigkeit vom 6. Februar 2017 wurde ihr zum ersten Mal der Aufenthaltstitel "Studierende" erteilt.

Die Frist zur Erbringung eines Nachweises über die Zulassung zu einem ordentlichen Studium beträgt gemäß § 64 Abs. 2 NAG und § 8 Z 8 lit. b NAG-DV zwei Jahre. § 64 Abs. 2 NAG lässt offen, von welchem Zeitpunkt an diese zweijährige Frist berechnet wird. Im Beschwerdefall führt jedoch jede denkmögliche Alternative zum selben Ergebnis: Gerechnet ab der erstmaligen Inskription zum Vorstudienlehrgang am 1. Oktober 2016 endete diese Frist am 1. Oktober 2018; gerechnet ab der Gültigkeit des ersten Aufenthaltstitels am 6. Februar 2017 endete diese Frist am 6. Februar 2019. Die Beschwerdeführerin hat daher zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (vgl. unter vielen VwGH 20.11.2018, Ra 2016/05/0097) den nach § 64 Abs. 2 NAG erforderlichen Nachweis der Zulassung zu einem ordentlichen Studium innerhalb von zwei Jahren jedenfalls nicht erbracht, da sie erst seit 1. März 2019 an der Universität Wien als ordentliche Studierende des Bachelorstudiums ... sowie des Bachelorstudiums ... gemeldet ist.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien beseitigt die Zulassung zum ordentlichen Studium nach mehr als zwei Jahren nicht das Erteilungserfordernis in § 64 Abs. 2 erster Satz NAG, wonach "spätestens innerhalb von zwei Jahren die Zulassung zu einem [ordentlichen] Studium" nachgewiesen werden muss, weil die Beschwerdeführerin ihren zu verlängernden Aufenthaltstitel aus § 64 Abs. 1 Z 4 NAG ableitet und daher trotz mittlerweile erfolgter Aufnahme eines Studiums iSd § 64 Abs. 1 Z 2 NAG ein "Fall des Abs. 1 Z 4 NAG" vorliegt.

Insofern die Beschwerdeführerin vorbringt, sie habe sogar deutlich mehr als die nach Universitätsgesetz geforderten Semesterwochenstunden erbracht, ist anzumerken, dass die Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 erster Satz NAG (die Erbringung eines Studienerfolgsnachweises sowie die Erbringung eines Nachweises über die Zulassung zum ordentlichen Studium) kumulativ vorliegen müssen (arg. "und in den Fällen des Abs. 1 Z 4 darüber hinaus spätestens innerhalb von zwei Jahren die Zulassung zu einem Studium gemäß Abs. 1 Z 2 nachweist."). Es kann sohin – im Hinblick darauf, dass nicht innerhalb von zwei Jahren der Nachweis über die Zulassung zu einem ordentlichen Studium erbracht wurde – dahingestellt bleiben, ob darüber hinaus der erforderliche Studienerfolg erbracht wurde.

Dass eine Unterbrechung des Studiums – gleich aus welchem Grund – nicht in die zweijährige Frist eingerechnet wird, ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, zumal nicht auf die zurückgelegten Semester, sondern vielmehr auf einen Zeitraum von zwei Jahren abgestellt wird. Aus diesem Grund ist es ebenso unerheblich, dass sich die Beschwerdeführerin ihrem Vorbringen nach bei Abschluss des Vorstudienlehrganges erst im vierten Semester desselben befunden habe.

5.       Die Beschwerdeführerin hat in Zusammenhang mit diesem Vorbringen in ihrer Beschwerde das Vorliegen eines Hinderungsgrundes iSd § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG behauptet. Nach dieser Bestimmung kann trotz Fehlens eines Studienerfolgs eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden, wenn Gründe vorliegen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind. Sie habe nämlich die Frist für die Anmeldung zu Prüfungen im Wintersemester 2017/2018 übersehen und aus diesem Grund das Studium im Zeitraum vom 1. Dezember 2017 bis zum 28. Februar 2018 unterbrochen.

Im Hinblick darauf ist jedoch festzuhalten, dass es allein im Einflussbereich der Beschwerdeführerin liegt, sich über die maßgeblichen Fristen betreffend die Anmeldungen zu Prüfungen in Kenntnis zu setzen und entsprechende Schritte zu unternehmen, um diese Fristen einhalten zu können. Dass die Beschwerdeführerin die maßgeblichen Fristen zur Anmeldung nicht eingehalten hat, ist daher nicht als ein unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis im Sinne des § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG zu werten.

Ein weiteres unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis sieht die Beschwerdeführerin darin gelegen, dass erst seit 1. September 2018 der Nachweis über die Zulassung zum ordentlichen Studium innerhalb von zwei Jahren zu erbringen sei, wohingegen zuvor der Nachweis binnen drei Jahren habe erbracht werden können. Diese Änderung der Gesetzeslage sei ihrer Einflusssphäre entzogen und unvorhersehbar gewesen und habe sich auf die Planung ihres Studiums nachteilig ausgewirkt.

Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz in den Fassungen vor der Novelle BGBl. I 56/2018 keine ausdrücklichen Regelungen enthielt, wonach ein Abschluss des Vorstudienlehrganges binnen drei Jahren einen ausreichenden Studienerfolg nachweise. Vielmehr sah das Statut des Universitätslehrganges "Vorstudienlehrgang der Wiener Universitäten (VWU) – Universitätslehrgang zur Vorbereitung auf Ergänzungsprüfungen" vom 23. November 2006 bereits im Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels an die Beschwerdeführerin gemäß § 5 "Dauer und Gliederung" in dessen Abs. 1 vor, dass der Besuch von Lehrveranstaltungen des Vorstudienlehrganges für maximal vier Semester zulässig ist, jedoch längstens bis zur erfolgreichen Absolvierung aller vorgeschriebenen Ergänzungsprüfungen. Gemäß § 5 Abs. 2 des Statuts kann lediglich in begründeten Fällen die einweisende Universität, vertreten durch ihr Kommissionsmitglied, den Besuch von Lehrveranstaltungen für ein fünftes oder sechstes Semester genehmigen. Derartige studienrechtliche Genehmigungen zur Verlängerung des Vorstudienlehrganges haben jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Einfluss auf die nachzuweisenden Prüfungserfolge nach den niederlassungs- und aufenthaltsrechtlichen Regelungen (vgl. VwGH 9.8.2018, Ra 2017/22/0043, mwN). Die Beschwerdeführerin konnte sohin auch vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I 56/2018 nicht auf einen ihr aufenthaltsrechtlich zur Verfügung stehenden Zeitraum von drei Jahren zur Ablegung der Ergänzungsprüfungen vertrauen, weshalb das Verwaltungsgericht Wien in diesem Vorbringen ebenfalls keinen berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG erkennen kann und aus Sicht des Beschwerdefalls auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Hinblick auf § 64 Abs. 2 NAG in der Fassung der ohne Übergangsfrist in Kraft getretenen Novelle BGBl. I 56/2018 bestehen.

6.       Bei Fehlen einer für die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels notwendigen besonderen Erteilungsvoraussetzung muss weder das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen geprüft, noch eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG vorgenommen werden (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung VwGH 17.10.2016, Ra 2016/22/0065, uva.).

7.       Die Ablehnung des Verlängerungsantrags der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Recht; die dagegen gerichtete Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen.

8.       Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte trotz eines Antrags der Beschwerdeführerin gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt unstrittig ist, sich im Wesentlichen aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin ergibt und somit eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Im Beschwerdeverfahren waren ausschließlich nicht besonders komplexe Rechtsfragen zu klären, deren Beantwortung sich aus der schlichten Anwendung des Gesetzeswortlauts ergibt; in einem solchen Fall steht Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC dem Entfall einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. VwGH 2.5.2016, Ra 2016/11/0043, mwN).

9.       Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1999, 95/21/0894, die hier in Beschwerde gezogene Erledigung der belangten Behörde trotz Fehlens eines im Schriftbild abgegrenzten Spruchs als ein der Rechtskraft fähiger normativer Abspruch zu werten ist. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass folgende – wenngleich disloziert am Ende der Erledigung angeführten – Sätze als normative Aussage zu werten sind: "Aus diesem Grund ist der Antrag abzuweisen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden." In Zusammenschau mit der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid und der angefügten Rechtsmittelbelehrung war die Erledigung somit als Bescheid zu werten und die Beschwerde dagegen zulässig.

10.      Die ordentliche Revision ist unzulässig, da im Beschwerdefall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht Wien hat sich bei der Beurteilung der Voraussetzungen gemäß § 64 Abs. 2 NAG wie auch hinsichtlich der Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung an der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs orientiert. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Aufenthaltsbewilligung Student; außerordentliches Studium; ordentliches Studium; Zulassung; Vorstudienlehrgang; Ergänzungsprüfungen; Studienerfolg

Anmerkung

VwGH v. 9.9.2020, Ra 2019/22/0127; Aufhebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.032.2582.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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