TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/22 99/06/0007

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Veröffentlicht am 22.04.1999
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E6J;
L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Vorarlberg;
L81708 Baulärm Umgebungslärm Vorarlberg;
L82008 Bauordnung Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

11992E030 EGV Art30;
11992E031 EGV Art31;
11992E032 EGV Art32;
11992E033 EGV Art33;
11992E034 EGV Art34;
11992E035 EGV Art35;
11992E036 EGV Art36;
11992E073B EGV Art73b;
11992E222 EGV Art222;
61989CJ0235 Kommission / Italien;
61992CJ0350 Rat / Spanien;
AVG §7 Abs1 Z4;
BauG Vlbg 1972 §55 Abs1 lita;
BauG Vlbg 1972 §55 Abs1 litf;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
EURallg;
VStG §45 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des I in L, vertreten durch D, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 3. April 1997, Zl. 1-0511/96/K3, betreffend Verwaltungsübertretung gemäß § 55 Abs. 1 lit. f Vbg. Baugesetz (weitere Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 VwGG: Vbg. Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23. Mai 1996 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe Ende September/Anfang Oktober 1995 beim Stallgebäude auf dem näher bezeichneten Grundstück entgegen den Bescheiden des Bürgermeisters von T. vom 25. September 1990 und der Gemeindevertretung von T. vom 25. Juni 1991 Bauarbeiten zum Ausbau des Stallgebäudes zu Wohnzwecken fortsetzen lassen, obwohl ihm dies in den zitierten Bescheiden gemäß § 40 Abs. 1 Vbg. Baugesetz untersagt worden sei. Die erstinstanzliche Strafbehörde erblickte darin eine Übertretung des § 55 Abs. 1 lit. f Vbg. Baugesetz i.V.m. den beiden angeführten Bescheiden. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von S 20.000,-- (20 Tage) verhängt.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatbildumschreibung mit "Am 30.9.1995, 7.10.1995 und 14.10.1995 wurden Tischlerarbeiten zum Ausbau einer Wohnstube (Vertäferungen) und am 14.10.1995 Elektroinstallationsarbeiten (Leitungsverlegungen und Montage von einigen Lampen) durchgeführt.", ergänzt werde und die Übertretungsnorm wie folgt zu lauten habe: "§ 55 Abs. 1 lit. f

Baugesetz i.V.m. dem Bescheid der Gemeindevertretung von T... vom

25.6.1991, Zl. ...". Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens folgender Sachverhalt feststehe: Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T. vom 25. Juli 1989 sei dem Beschuldigten die Baubewilligung für die Errichtung eines Anbaues beim Stall auf dem näher angeführten Grundstück unter Auflagen erteilt worden. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 25. September 1990 seien die Arbeiten zur Ausführung eines nicht bewilligten Ausbaues gemäß § 40 Abs. 1 Vbg. Baugesetz eingestellt worden. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde T. vom 25. Juni 1991 keine Folge gegeben. In den Bescheiden sei festgestellt worden, dass Ausbauarbeiten beim Stallgebäude für Wohnzwecke vorgenommen worden seien und diese über die erteilte Baubewilligung hinausgingen und nach § 23 Abs. 1 lit. b und lit. h Vbg. Baugesetz bewilligungspflichtig seien. Obwohl eine Aufhebung dieses Einstellungsauftrages nicht erfolgt sei, seien im Zeitraum Ende September/Anfang Oktober 1995 Arbeiten zum Ausbau des Stallgebäudes zu Wohnzwecken durchgeführt worden. Am 30. September 1995, 7. Oktober 1995 und 14. Oktober 1995 seien Tischlerarbeiten zum Ausbau einer Wohnstube (Vertäferungen) und am 14. Oktober 1995 Elektroinstallationsarbeiten (Leitungsverlegungen und Montage von einigen Lampen) durchgeführt worden. Die belangte Behörde stützte sich dabei insbesondere auf die Aussage des Zeugen W.S., dass von seinem Unternehmen an den angeführten drei Samstagen Tischlerarbeiten zum Ausbau einer Wohnstube (Vertäferungen) durchgeführt worden seien. Die Firma K. habe am 14. Oktober 1995 Arbeiten für die Anbringung von Beleuchtungskörpern vorgenommen. E.K. habe ausgeführt, dass von seinem Unternehmen (die erwähnte Firma K.) Elektroinstallationsarbeiten durchgeführt worden seien. Es habe sich dabei um Leitungsverlegungen und die Montage von einigen Lampen gehandelt. Aus dem Hinweis des Beschwerdeführers auf die Baubewilligung vom 25. Juli 1989 zur Errichtung eines Anbaues könne nichts gewonnen werden, da aufgrund des rechtskräftigen Baueinstellungsbescheides keinerlei Arbeiten zur Ausführung des Stallausbaues mehr vorgenommen hätten werden dürfen. Es sei auch nicht erheblich, ob der Beschwerdeführer sein Wohnobjekt bei der Gemeinde T. als "private Ferienwohnung" angezeigt habe. Eine solche Anzeige gemäß den Übergangsbestimmungen des Art. II des Gesetzes über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 27/1993, ersetze keineswegs eine allenfalls erforderliche Baubewilligung. Weiters gehe aus dem Straferkenntnis der zugrunde liegende Tatvorwurf klar hervor, dass nämlich trotz aufrechter Baueinstellung die Bauarbeiten zum Ausbau des Stallgebäudes zu Wohnzwecken fortgesetzt worden seien. Als Verschuldenform werde Vorsatz angenommen, da dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sei, dass ein Baueinstellungsbescheid ergangen gewesen sei. Erschwerungs- oder Milderungsgründe seien nicht zutage getreten. Der Beschwerdeführer habe keine Angaben über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse gemacht. Die belangte Behörde würde die verhängte Geldstrafe auch bei einer Person ohne Vermögen, ohne Schulden und einem monatlichen Nettoeinkommen von ungefähr S 20.000,-- nicht als überhöht ansehen. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe im Übrigen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sich aus den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers keine Bedenken hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe ergäben. Weiters lägen die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Befangenheitsgründe nicht vor. Was den Befangenheitsgrund eines Schwägerschaftsverhältnisses zwischen einem Mitglied der Kammer 3 der belangten Behörde (Dr. B.) und der Gattin des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers betreffe, stelle dies keine Schwägerschaft und keinen Befangenheitsgrund im Sinne des § 7 AVG dar.

Die Behandlung der dagegen zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem mit Beschluss vom 29. September 1998, B 1439/97-8, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt. In der Folge wurde die Beschwerde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Jänner 1999, B 1439/97-10, zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 55 Abs. 1 lit. f Vbg. Baugesetz vorgetragenen Bedenken nicht. Der Straftatbestand gemäß § 55 Abs. 1 lit. f, der darauf abstellt, dass gegen einen Baueinstellungsbescheid durch Fortsetzung der eingestellten Bauarbeiten verstoßen wird, stellt neben dem Straftatbestand des § 55 Abs. 1 lit. a leg. cit. (dem Bauen ohne Baubewilligung) einen eigenständigen und zulässigen Straftatbestand dar. Eine nicht ausreichende Bestimmtheit des Straftatbestandes des § 55 Abs. 1 lit. f Vbg. Baugesetz ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.

Soweit der Beschwerdeführer zum Großteil in seiner Beschwerde Verletzungen des Art. 6 Menschenrechtskonvention geltend macht, genügt es darauf zu verweisen, dass die Prüfung der Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten - wie sich dies aus Art. 133 Z. 1 B-VG ergibt - nicht in den Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichtshofes fällt. Der Verwaltungsgerichtshof ist vielmehr ausschließlich zuständig, die Verletzung von in einfachen Gesetzen verbürgten Rechten wahrzunehmen.

Der Umstand, dass der Referent der belangten Behörde und die Ehegattin des Beschwerdevertreters gemeinsam Paten der beiden Kinder der Schwester des Referenten bzw. des Bruders der Gattin des Beschwerdevertreters sind, stellt keinen sonstigen wichtigen Grund im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG dar, der geeignet ist, die Unbefangenheit dieses Mitgliedes der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen.

Soweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, aus der EG-rechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit sei ein Strafausschließungsgrund im vorliegenden Fall abzuleiten, ist darauf schon deshalb nicht näher einzugehen, weil es sich bei der vorliegenden Verwaltungsstrafsache um einen rein internen Sachverhalt Österreichs als Mitgliedstaat der EU handelt (vgl. dazu Holoubeck, OGH, EMRK und Gemeinschaftsrecht, ZfV 1996, 36). Das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren betrifft im Übrigen keinen Vorgang, der in den Bereich der Kapitalsverkehrsfreiheit gemäß EG-V fällt. Es handelt sich um keine Angelegenheit bzw. rechtliche Regelung, die den Verkehr von Sach- bzw. Geldkapital betrifft oder beschränkt (siehe zum Begriff des Kapitalverkehrs in Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Europäische Union4, 339). Es geht insbesondere nicht um eine Beschränkung, über das in Frage stehende Grundstück rechtsgeschäftlich zu verfügen. Auch stellt die vorliegende Verwaltungsstrafe keine Maßnahme betreffend das gewerbliche bzw. kommerzielle Eigentum dar, mit der gegen den Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit innerhalb des gemeinsamen Marktes verstoßen würde (siehe dazu die vom Beschwerdeführer zu Art. 222 EG-V zitierten Urteile des EuGH vom 18. Feber 1992, Rs C-235/89, und vom 13. Juli 1995, Rs C-350/92), dar.

In der Beschwerde wird auch nicht näher begründet, warum die über den Beschwerdeführer verhängte Verwaltungsstrafe als nicht verhältnismäßig anzusehen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dieser Hinsicht keine Bedenken. Der angefochtene Bescheid hat sich auch mit der Strafhöhe und mit dem Grad des Verschuldens des Beschwerdeführers auseinander gesetzt.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. April 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999060007.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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