TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/25 W263 2214421-1

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Veröffentlicht am 25.02.2019
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Entscheidungsdatum

25.02.2019

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch

W263 2214421-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Christina KERSCHBAUMER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Helmut KRIST und Mag. Sandra FOITL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Waidhofen/Thaya vom 04.02.2019, Zl. XXXX , in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 04.02.2019 schloss das Arbeitsmarktservice Waidhofen/Thaya (im Folgenden: AMS) die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 19.12.2018 gegen den Bescheid des AMS vom 17.12.2018 gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 und § 58 AlVG aus.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass das AMS mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.12.2018 eine Ausschlussfrist gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 AlVG für die Zeit vom 10.12.2018 bis 03.02.2019 (acht Wochen) ausgesprochen habe, weil der Beschwerdeführer die Beschäftigung als Regalpfleger bei XXXX mit möglichem Arbeitsantritt am 10.12.2018 verweigert bzw. vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen seien nicht vorgelegen bzw. hätten nicht berücksichtigt werden können.

Das Arbeitslosenversicherungsrecht bezwecke, arbeitslos gewordene Versicherte durch Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern und in die Lage zu versetzen, den Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten.

§ 10 AlVG sanktioniere durch befristeten Leistungsausschluss diejenigen Personen, die erforderliche Anstrengungen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit schuldhaft unterlassen oder vereiteln.

Die Entscheidung über die Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Hierzu stellte das AMS fest, dass der Beschwerdeführer bereits seit 15.01.2013 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehe. Weiters seien bereits Ausschlussfristen gemäß § 10 AlVG mit den Bescheiden vom 16.10.2014, 03.11.2014, 10.05.2017 und 10.07.2018 verhängt worden. Der Umstand der Langzeitarbeitslosigkeit in Verbindung mit den vorliegenden Arbeitsunwilligkeiten lasse eine Gewährung der aufschiebenden Wirkung nicht zu. Eine Gewährung der aufschiebenden Wirkung würde das öffentliche Interesse an einer Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung unterlaufen. Aus diesem Grund überwiege hier das öffentliche Interesse gegenüber dem mit der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse. Der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides sei daher dringend geboten.

Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde sei daher aus diesen Erwägungen auszuschließen.

Mit dem gegenständlichen Bescheid werde eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweg genommen.

2. Mit Eingabe vom 06.02.2019 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig die verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen diesen Bescheid und führte aus, dass er XXXX sei, einen eigenen Rechner mit öffentlichem Internet-Zugang habe und ständig bei einschlägigen Jobbörsen nach passenden Stellen suche. Als XXXX mit fast 20 Jahren Berufserfahrung sei er aber dennoch bereit, jede ihm angebotene Stelle anzunehmen, umso schnell wie möglich wieder Fuß am Arbeitsmarkt zu fassen.

Die haltlose Unterstellung des AMS, dass er arbeitsunwillig wäre, sei somit eine grundlose Anschuldigung, habe keinerlei Grundlage und sei daher absolut falsch.

Eine Verweigerung der Auszahlung seines Leistungsanspruchs würde seine Existenzgrundlage nachhaltig gefährden.

Aus diesem Grund stelle er den Antrag den vorliegenden Bescheid ersatzlos aufzuheben, ihm die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde zuzuerkennen und ihm die Notstandshilfe im entsprechenden Zeitraum zu zuerkennen und zur Auszahlung zu bringen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang bzw. Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aufgrund der unbedenklichen und unzweifelhaften Aktenlage der vorgelegten Verwaltungsakte der belangten Behörde. Der Beschwerdeführer trat insbesondere den Feststellungen des AMS zur Dauer des Leistungsbezuges und zu den bereits ausgesprochenen Ausschlussfristen nicht substantiiert entgegen. Die Langzeitarbeitslosigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich insbesondere aus dem im Akt einliegenden Bezugsverlauf und dem im Akt einliegenden Versicherungsverlauf.

Das Verwaltungsgericht hat über die gegenständliche Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG in Verbindung mit § 56 Abs. 2 AlVG (vgl. VwGH 07.09.2017, Ra 2017/08/0081). Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG - insbesondere mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles - und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid, der die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen hat, keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Zur Regelung des § 13 VwGVG hat der Verwaltungsgerichtshof in Zusammenhang mit Beziehern von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung mit Erkenntnis vom 11.04.2018, Ro 2017/08/0033, zuletzt wie folgt ausgeführt:

"Die Entscheidung über Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH 1.9.2014, Ra 2014/03/0028). [...] § 13 Abs. 2 VwGVG ermöglicht es, den in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbringung allenfalls unberechtigt empfangener Geldleistungen zu begegnen und dem Interesse der Versichertengemeinschaft, die Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen an den einzelnen Versicherten ohne Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Falle der Bekämpfung eines Bescheides zu berücksichtigen, indem die berührten öffentlichen Interessen mit den Interessen des Leistungsempfängers abgewogen werden. Stellt sich im Zuge dieser Interessenabwägung heraus, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, so kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Bescheid ausschließen.

Das Tatbestandsmerkmal ,Gefahr im Verzug' bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll (vgl. Hengstschläger/Leeb, Rz 31 zu § 64 AVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 13 VwGVG K 12).

Um die vom Gesetzgeber außerdem geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können (vgl. zur Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG VwGH 14.2.2014, Ro 2014/02/0053), hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat.

Ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Allgemeinen insbesondere bei der Verhängung einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) gegeben, deren disziplinierender Zweck weitgehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würde. Die Interessenabwägung kann vor allem dann zu Gunsten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezuges gefährdet ist. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, hat das AMS zu ermitteln und gegebenenfalls auf Grund konkret festzustellender Tatsachen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Partei festzustellen (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 3f und 19 zu § 56). Wirkt der Notstandshilfebezieher an den Feststellungen über die Einbringlichkeit nicht mit, kann von einer Gefährdung derselben ausgegangen werden (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 19 zu § 56). Eine maßgebliche Gefährdung der Einbringlichkeit des Überbezuges wäre allerdings dann nicht anzunehmen, wenn die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde eine Rückforderung der weiter gezahlten Notstandshilfe unwahrscheinlich machen (vgl. zur Erfolgsprognose VwGH 9.5.2016, Ra 2016/09/0035)."

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer kein konkretes und substantiiertes Vorbringen darüber erstattet (und auch keine Nachweise in Vorlage gebracht), dass ihn der Vollzug des Bescheides über den Verlust der Notstandshilfe unverhältnismäßig hart treffen würde. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.02.2014, Ro 2014/02/0053, trifft den Beschwerdeführer hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils jedoch eine Konkretisierungspflicht (vgl. VwGH 11.04.2018, Ro 2017/08/0033). Hierzu ist erneut ins Treffen zu führen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG ohne weiteres Verfahren zu entscheiden hat. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht (gleichsam einem Eilverfahren) ohne Setzung der sonstigen üblichen Verfahrensschritte über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erkennen kann (vgl. Eder/Martschin/Schmid, K17 zu § 13; Fister/Fuchs/Sachs, Anm. 8 zu § 13). Die Gefährdung der Einbringlichkeit des allfälligen Überbezuges wird demgegenüber vom AMS mit der bestehenden Langzeitarbeitslosigkeit sowie den bereits ausgesprochenen Ausschlussfristen begründet und ist dem der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht konkret entgegengetreten.

Auch ist prima facie nicht ersichtlich, dass seine Beschwerde gegen die Verhängung der Sperrfrist wahrscheinlich Erfolg haben wird. Eine Abwägung seiner Interessen an der Weiterzahlung der Notstandshilfe mit den beschriebenen öffentlichen Interessen an der Wirksamkeit von Maßnahmen im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG und an der Einbringlichkeit von Rückforderungsansprüchen ergibt ein Überwiegen der öffentlichen Interessen. Angesichts der vom AMS festgestellten Umstände des Einzelfalls ist auch von einem so gravierenden Nachteil für die berührten öffentlichen Interessen auszugehen, dass Gefahr im Verzug vorliegt.

Bei der Abwägung der Interessen ist nämlich ein öffentliches Interesse an der Wirksamkeit von Maßnahmen im Sinne des § 10 AlVG mit ins Kalkül zu ziehen. Aufgrund der festgestellten Umstände - nämlich insbesondere die bestehende Langzeitarbeitslosigkeit sowie die bereits ausgesprochenen Ausschlussfristen - kann dem AMS nicht entgegengetreten werden, wenn im Ergebnis das Interesse der Versicherungsgemeinschaft an der Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen besonders stark gewichtet wird, sodass von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen auszugehen ist und Gefahr im Verzug besteht.

Es war die Beschwerde daher abzuweisen und sind der Behörde, weil diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht (s. Vorlage vom 11.02.2018, S. 1), die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Konkretisierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W263.2214421.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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