TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/26 98/17/0327

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Veröffentlicht am 26.04.1999
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Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
L37209 Armenprozente Versteigerungsabgabe Wien;
L70319 Versteigerung Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
23/04 Exekutionsordnung;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
EO §183;
EO §352;
LAO Wr 1962 §4 Abs1;
VersteigerungsabgabeG Wr §2;
VersteigerungsabgabeG Wr §3;
VersteigerungsabgabeV Wr 1985 §2;
VersteigerungsabgabeV Wr 1985 §3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der M, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 9. September 1997, Zl. MD-VfR - S 60/97, betreffend Versteigerungsabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war Miteigentümerin (zur Hälfte) der Liegenschaft EZ X, Grundbuch H. Je ein Viertel der Liegenschaft stand im Eigentum des A und der G. Auf der Liegenschaft wurde von der Beschwerdeführerin, A und G in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts das "Hotel W" betrieben. Auf Grund des Urteiles des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. Oktober 1994 wurde über Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 352 EO die Exekution durch gerichtliche Versteigerung des Unternehmens "Hotel W" mit dem Standort Wien 14, K-Gasse 24, einschließlich der dazugehörigen, oben genannten Liegenschaft gegen A und gegen G zum Zwecke der Auseinandersetzung bewilligt.

Die gerichtlich genehmigten Versteigerungsbedingungen sahen in Punkt 7 Abs. 3 vor:

"Miteigentümer als Meistbietende erwerben mit dem Zuschlag jeweils nur die Anteile des/der anderen Miteigentümer. In diesem Fall erfolgt der Zuschlag nur hinsichtlich der anderen Anteile."

Bei der am 12. Juni 1996 durchgeführten Versteigerung wurde der Beschwerdeführerin der Zuschlag erteilt. Entsprechend den Versteigerungsbedingungen fasste das Bezirksgericht Hietzing den Beschluss:

"Die Liegenschaftsanteile Grundbuch H, EZ X, 1/4 Anteil (BLNR 3) und 1/4 Anteil (BLNR 4) einschließlich dem den verpflichteten Parteien gehörigen 1/2 Anteil am auf der Liegenschaft betriebenen Unternehmen 'Hotel W' wird der Mag. (Beschwerdeführerin) ... als Meistbietender auf Grund der Versteigerungsbedingungen ON 4 um das Meistbot von S 7,500.000,-- zugeschlagen."

Über diesen Zuschlag wurde für die grundbücherliche Durchführung am 17. Juni 1996 eine entsprechende Amtsurkunde ausgefertigt.

Mit Bescheid vom 3. März 1997 schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin gemäß § 1 iVm den §§ 2 und 3 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 über die Ausschreibung einer Abgabe von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 30. Mai 1985, eine Versteigerungsabgabe von S 300.000,-- vor. Bei der Bemessung dieser Abgabe ging die Behörde davon aus, dass bei der Versteigerung ein Meistbot von S 15,000.000,-- erzielt worden wäre.

Gegen diese Vorschreibung erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der geltend gemacht wurde, dass es keine verfassungsmäßige Grundlage für die Vorschreibung gebe und dass die Abgabe unrichtig bemessen worden sei, weil das Meistbot nur S 7,500.000,-- betragen habe.

Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung und einem Vorlageantrag der Beschwerdeführerin wurde die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Die Beschwerdeführerin erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 29. September 1998, B 2797/97-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, dass bei der Vorschreibung der Versteigerungsabgabe gemäß § 1 iVm den §§ 2 und 3 des Beschlusses des Wiener Gemeinderats vom 26. April 1985 für die am 12. Juni 1996 beim BG Hietzing durchgeführte öffentliche Versteigerung der Liegenschaft Wien 14, K-Gasse 24, EZ X, KG H, der der Beschwerdeführerin schon vor der Versteigerung gehörige Hälfteanteil der Liegenschaft nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen und demgemäß die Versteigerungsabgabe auf einer Bemessungsgrundlage von S 7,500.000,-- festgesetzt werde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die wesentlichen Bestimmungen des Versteigerungsabgabegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 45/1983, idF der Novelle LGBl. Nr. 28/1985, lauten:

"§ 1. (1) Soweit keine bundesgesetzliche Ermächtigung gemäß § 7 Abs. 5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, für Abgaben von freiwilligen Feilbietungen vorliegt, wird die Gemeinde ermächtigt, von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen beweglicher und unbeweglicher Sachen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes eine Abgabe auszuschreiben.

(2) Versteigerungen gemeinschaftlicher Liegenschaften nach § 352 Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896, gelten als freiwillige Versteigerungen.

(3) Versteigerungen unbeweglicher Sachen sind abgabepflichtig, wenn sie von Gerichten oder Notaren durchgeführt werden; Versteigerungen beweglicher Sachen sind abgabepflichtig, wenn deren Durchführung den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 unterliegt.

§ 2. Die Abgabe beträgt 2 % des bei der Versteigerung erzielten Erlöses. Der Versteigerungserlös besteht aus dem Meistbot und dem Wert jener Lasten, die vom Ersteher zusätzlich zum Meistbot zu übernehmen sind. Der Wert solcher Lasten ist bezogen auf den Versteigerungstag in sinngemäßer Anwendung des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, zu ermitteln.

§ 3. Abgabepflichtig ist derjenige, der die Sache versteigern lässt. Ist er nicht der Eigentümer der Sache, so haftet der Eigentümer mit ihm zur ungeteilten Hand für die Entrichtung der Abgabe. Sämtliche Miteigentümer einer zu versteigernden Sache sind Gesamtschuldner.

...

§ 7. Die Gemeinde hat ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen."

Der Beschluss des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 lautet:

"§ 1. (1) Von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen beweglicher und unbeweglicher Sachen wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Abgabe erhoben.

(2) Versteigerungen gemeinschaftlicher Liegenschaften nach § 352, Exekutionsordnung, RGBl Nr 79/1896, gelten als freiwillige Versteigerungen.

(3) Versteigerungen unbeweglicher Sachen sind abgabepflichtig, wenn sie von Gerichten oder Notaren durchgeführt werden; Versteigerungen beweglicher Sachen sind abgabepflichtig, wenn deren Durchführung den Bestimmungen der GewO 1973 unterliegt.

§ 2. Die Abgabe beträgt 2 Prozent des bei der Versteigerung erzielten Erlöses. Der Versteigerungserlös besteht aus dem Meistbot und dem Wert jener Lasten, die vom Ersteher zusätzlich zum Meistbot zu übernehmen sind. Der Wert solcher Lasten ist bezogen auf den Versteigerungstag in sinngemäßer Anwendung des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl Nr 148, zu ermitteln.

§ 3. Abgabepflichtig ist derjenige, der die Sache versteigern lässt. Ist er nicht der Eigentümer der Sache, so haftet der Eigentümer mit ihm zur ungeteilten Hand für die Entrichtung der Abgabe. Sämtliche Miteigentümer einer zu versteigernden Sache sind Gesamtschuldner."

Laut § 6 des Gemeinderatsbeschlusses tritt dieser mit 1. Jänner 1985 in Kraft.

Die belangte Behörde hat sich für ihre Rechtsauffassung, dass die Bemessungsgrundlage der Abgabe im vorliegenden Fall S 15,000.000,-- sei, auf das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1988, Zl. 86/17/0005, berufen. In diesem Erkenntnis hatte der Verwaltungsgerichtshof die Vorschreibung einer Versteigerungsabgabe nach den oben genannten Rechtsgrundlagen in einem Fall zu beurteilen, in dem dem Beschwerdeführer als bisherigem Dritteleigentümer die Liegenschaft um das Meistbot von S 1,550.000,-- zugeschlagen worden war.

In der Beschwerdeergänzung wird zu dieser Rechtsauffassung ausgeführt, dass sich die Judikatur nicht überzeugend mit der entscheidenden Frage auseinandergesetzt habe, ob nach der österreichischen Rechtsordnung überhaupt die rechtliche Möglichkeit bestehe, dass eine Person in sich ein Schuldverhältnis begründe, durch das sie sich ein Recht gegen sich selbst einräume und sich zur entsprechenden Leistung an sich selbst verpflichte und dass sich der gegenständliche Sachverhalt auch von den Fällen, über die der Verwaltungsgerichtshof bislang zu entscheiden hatte, unterscheide. Die Versteigerungsbedingungen hätten im Beschwerdefall ausdrücklich vorgesehen, dass Miteigentümer als Meistbietende mit dem Zuschlag jeweils nur die Anteile des/der anderen Miteigentümer erwerben und dass in diesem Fall der Zuschlag nur hinsichtlich der anderen Anteile erfolge. Diese Auffassung wird in der Beschwerde detailliert begründet.

Das Beschwerdevorbringen ist jedoch nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde zugrundegelegten Rechtsauffassung darzutun.

Es ist insbesondere unzutreffend, dass ein für die Abgabenbemessung relevanter Unterschied zwischen dem vorliegenden Sachverhalt und jenem, der dem bereits genannten Erkenntnis vom 2. Dezember 1988, Zl. 86/17/0005, zugrunde lag, gegeben ist. Auch in jenem Falle hatte der Beschwerdeführer eingewendet, ein Miteigentümer, der die Liegenschaft zur Gänze ersteigere, habe niemals das gesamte Meistbot zu entrichten, da ihm das Meistbot ja anteilig auf Grund seiner Stellung als Miteigentümer wieder zufließe. Da der Beschwerdeführer lediglich einen Drittelanteil an der Liegenschaft im Rahmen der Versteigerung erworben habe und daher auch nur ein Drittel des Meistbotes zu bezahlen habe, müsse er höchstens ein Drittel der ihm vorgeschriebenen Versteigerungsabgabe entrichten.

Diesem Vorbringen hielt der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis entgegen, dass § 3 dritter Satz des Versteigerungsabgabegesetzes und des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 vorsähe, dass sämtliche Miteigentümer einer zu versteigernden Sache Gesamtschuldner seien, d. h. gemäß § 4 Abs. 1 WAO als Mitschuldner zur ungeteilten Hand (§ 891 ABGB) dieselbe abgabenrechtliche Leistung (und zwar zur Gänze) schuldeten. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage könne eine "Teilung der Forderung und der Schuld nach den Grundsätzen der Gemeinschaft des Eigentums" nicht eintreten.

Der Beschwerdeführer übersieht mit seinem Vorbringen, dass gemäß § 3 der genannten Rechtsgrundlagen Abgabenschuldner die Miteigentümer der zu versteigernden Sache sind. Es wird nicht an den Erwerbsvorgang auf Seiten des Erwerbers (und damit dessen Leistungspflicht) angeknüpft, sondern die Miteigentümer der zu versteigernden Sache sind Abgabenschuldner, wobei gemäß § 2 des Beschlusses des Gemeinderates vom 26. April 1985 die Abgabe 2 Prozent des bei der Versteigerung erzielten Erlöses beträgt. Der Versteigerungserlös besteht nach § 2 zweiter Satz des Beschlusses "aus dem Meistbot und dem Wert jener Lasten, die vom Ersteher zusätzlich zum Meistbot zu übernehmen sind". Wenn - wie im Beschwerdefall - ein Miteigentümer nicht das gesamte Meistbot in bar zu erlegen hat, sondern nur einen Teil des Meistbots, ändert dies nichts daran, dass das Meistbot höher ist als der bar zu erlegende Teil. Der von der Beschwerdeführerin bar zu erlegende Teil des Meistbots ist nicht identisch mit dem Meistbot. (Daran kann auch die in der Beschwerde zitierte Wortwahl im Beschluss des BG Hietzing, in dem der von der Beschwerdeführerin bar zu erlegende Teil des Meistbots als Meistbot bezeichnet wird, nichts ändern.)

Nach den Versteigerungsbedingungen musste die Beschwerdeführerin nur die auf sie entfallende Hälfte des Meistbots in bar entrichten; dies wurde vom BG im Beschluss über den Zuschlag mit der zitierten Formulierung zum Ausdruck gebracht. Wollte man davon ausgehen, dass in einem derartigen Fall der Zuschlag tatsächlich für ein "Meistbot" in der Höhe der Hälfte des in der Versteigerung tatsächlich Gebotenen möglich wäre, führte dies dazu, dass ein Zuschlag für ein Anbot möglich wäre, welches nicht das höchste Anbot darstellt. Gemäß § 183 EO ist jedoch dem Meistbietenden der Zuschlag zu erteilen. Das Gesetz geht dabei offenkundig davon aus, dass sich die Anbote auf die gesamte Liegenschaft zu beziehen haben. Ein Vergleich von Anboten von Miteigentümern für Teile der Liegenschaft mit den Anboten der übrigen Bieter ist im Gesetz nicht vorgesehen. Der Umstand, dass das Gericht den Zuschlag nur hinsichtlich jener Anteile vorgenommen hat, die noch nicht im Eigentum der Beschwerdeführerin standen, ändert ebenfalls nichts an der Tatsache, dass ein Meistbot in der Höhe von S 15,000.000,-- erzielt wurde, war doch Gegenstand der freiwilligen Feilbietung die (ungeteilte) gesamte Liegenschaft und nicht nur ein Hälfteanteil.

Bei der dargestellten Rechtslage ist es unmaßgeblich, ob bei der Versteigerung gemeinschaftlicher Liegenschaften gemäß § 352 EO der Erwerber ein außenstehender Dritter ist oder der Erwerber aus dem Kreis der Miteigentümer kommt. Auch unter dem Blickwinkel des Beschwerdefalles vermag der Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine derartige Regelung zu sehen. Es wird damit im Gegenteil die Höhe der Abgabe in jedem Falle dem wirtschaftlichen Erfolg der Versteigerung entsprechend gleich bemessen. Der in der Beschwerde angestellte Vergleich mit einem dritten Erwerber geht daher fehl, auch der Verfassungsgerichtshof hat die diesbezügliche Argumentation des Beschwerdeführers nicht geteilt.

Es erübrigt sich damit aber auch eine nähere Erörterung der in der Beschwerde ausführliche behandelten Frage, ob ein Miteigentümer einen ihm schon gehörigen Anteil erstehen kann.

Das Beschwerdevorbringen ist damit nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. April 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998170327.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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