TE Vfgh Erkenntnis 2019/3/12 G386/2018, V78/2018 ua (G386/2018-12 V78-80/2018-12)

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.2019
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18
B-VG Art118 Abs2
B-VG Art118 Abs3 Z9
B-VG Art139 Abs1 Z2
B-VG Art139 Abs5 / Fristsetzung
B-VG Art140 Abs1 Z1 litb
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
RaumOG Tir 2016 §69, §71, §113
Flächenwidmungsplan der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee vom 15.12.2016 idF der elektronischen Kundmachung v 13.06.2017
V der Tir Landesregierung über die erstmalige elektronische Kundmachung von Flächenwidmungsplänen vom 03.10.2016, LGBl 110/2016
Tir Plangrundlagen- und PlanzeichenV 2016 idF vom 03.10.2016
VfGG §7 Abs1
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Aufhebung von Bestimmungen des Tir RaumOG 2016, der Tiroler Plangrundlagen- und PlanzeichenV 2016 sowie der V über die erstmalige elektronische Kundmachung von Flächenwidmungsplänen und des gesamten Flächenwidmungsplans der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee; Kundmachung von – im eigenen Wirkungsbereich zu erlassenden – Flächenwidmungsplänen nur unter der rechtlichen Verantwortung eines Gemeindeorgans möglich; Verstoß gegen die Grundsätze der Gemeindeautonomie durch elektronische Kundmachung von Flächenwidmungsplänen der Gemeinden durch die Landesregierung

Spruch

I. 1. §69 Abs1, §71 Abs1, §113 Abs1, Abs2, Abs8 und Abs9 sowie die Wendung ", §69, §71" in §113 Abs4 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 – TROG 2016, LGBl für Tirol Nr 101/2016, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Der Landeshauptmann von Tirol ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Tirol verpflichtet.

II. 1. Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee am 15. Dezember 2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. März 2017, in der Fassung der elektronischen Kundmachung durch die Tiroler Landesregierung vom 13. Juni 2017, wird zur Gänze als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Tirol verpflichtet.

III. 1. Die Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 3. Oktober 2016 über den Tag der erstmaligen elektronischen Kundmachung der Flächenwidmungspläne der Gemeinden Brandberg, Breitenbach am Inn, Finkenberg, Gerlosberg, Gnadenwald, Gries im Sellrain, Grinzens, Hainzenberg, Hochfilzen, Kals am Großglockner, Karres, Karrösten, Oberndorf in Tirol, Patsch, Ranggen, Sellrain, St. Ulrich am Pillersee, Tulfes, Tux, Wildermiening und Zellberg, LGBl für Tirol Nr 110/2016, wird zur Gänze als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 in Kraft.

3. Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Tirol verpflichtet.

IV. 1. §14 sowie die Wortfolge "und über die Fundstelle der Verordnung nach §113 Abs1 TROG 2016" in §15 Abs1 der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 15. August 2013, mit der nähere Bestimmungen über die örtlichen Raumordnungskonzepte, die Flächenwidmungspläne und die Bebauungspläne sowie über die technische Umsetzung des elektronischen Flächenwidmungsplanes erlassen werden (Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016), LGBl für Tirol Nr 74/2013, in der Fassung der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 3. Oktober 2016, mit der die Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2013 geändert wird, LGBl für Tirol Nr 112/2016, werden als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 in Kraft.

3. Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Tirol verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E3084/2018 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Mit Beschluss vom 17. Dezember 2015, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom 21. Dezember 2015 bis 19. Jänner 2016, änderte der Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee im Zuge einer Flurbereinigung den Flächenwidmungsplan im Bereich "Weiler Flecken" und wies – unter anderem – einen Teilbereich der (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG 82115 St. Ulrich am Pillersee, als "Sonderfläche Hofstelle" aus, während der restliche Teil des (ehemaligen) Grundstückes Nr 522 als "Freiland" und die übrigen Teile des (ehemaligen) Grundstückes Nr 526 als "Freiland" bzw "landwirtschaftliches Mischgebiet" verblieben (im Folgenden: "Flächenwidmungsplan 2015").

1.2. Nachdem die Tiroler Landesregierung hinsichtlich der angestrebten Flächenwidmungsplanänderung im Rahmen des Beschlusses vom 17. Dezember 2015 die aufsichtsbehördliche Genehmigung wegen der zu befürchtenden Zersiedelung und des Verlustes der kompakten Weilerstruktur versagt hatte, hob der Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee mit Beschluss vom 5. Juli 2016 seinen Beschluss vom 17. Dezember 2015 auf und beschloss den Flächenwidmungsplan im Bereich "Weiler Flecken" in geänderter Form, indem er (unter anderem) auf einem – nun Richtung Nordwesten erweiterten und im Südosten verkleinerten – Teilbereich der (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, die Widmung "Sonderfläche Hofstelle" auswies, während der restliche Teil des (ehemaligen) Grundstückes Nr 522 als "Freiland" und die übrigen Teile des (ehemaligen) Grundstückes Nr 526 als "Freiland" bzw "landwirtschaftliches Mischgebiet" verblieben.

1.3. Nachdem die Tiroler Landesregierung hinsichtlich der angestrebten Flächenwidmungsplanänderung im Rahmen des Beschlusses vom 5. Juli 2016 die aufsichtsbehördliche Genehmigung auf Grund des fehlenden Planverweises im Protokoll über die Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee vom 5. Juli 2016 versagt hatte, wiederholte der Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee am 15. Dezember 2016 unter Einhaltung der Vorgaben der Tiroler Landesregierung die Beschlussfassung über den Flächenwidmungsplan im Bereich "Weiler Flecken" in der unter Punkt I.1.2. genannten Form, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. März 2017 und (vom Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee) kundgemacht an der Amtstafel der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee in der Zeit vom 20. März bis 4. April 2017 (im Folgenden: "Flächenwidmungsplan 2016").

Der auf Grundstück Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, gelegene Teil der neu gewidmeten "Sonderfläche Hofstelle", befindet sich auf Teilen des (ehemaligen) Grundstückes Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, welche zum einen die Widmung "landwirtschaftliches Mischgebiet" (auf der sich der durch einen Brand im Jahr 2015 zerstörte Hof befand) und zum anderen die Widmung "Freiland" (situiert unter anderem zwischen dem abgebrannten Hof und dem Grundstück der beschwerdeführenden Parteien) aufwiesen.

1.4. Mit Bescheid vom 6. September 2017 erteilte die Bürgermeisterin der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee dem Bauwerber die Baubewilligung für den Neubau eines (durch einen Brand im Jahr 2015 zerstörten) Wirtschaftsgebäudes mit Festmistlager, Güllegrube und Heulagerhalle auf dem Grundstück Nr 2170, KG St. Ulrich am Pillersee (welches die [ehemaligen] Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG St. Ulrich am Pillersee, umfasst) unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen.

1.5. Mit Erkenntnis vom 22. Juni 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien (im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof) ab. Hinsichtlich des Flächenwidmungsplanes 2016 führte das Landesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis unter anderem aus:

"[...] Mit erfolgter Kundmachung vom 20.03.2017 bis 05.04.2017 nach §113 [A]bs3 und 4 iVm §71 Abs1 TROG 2016 iVm §67 Abs1 TROG 2006 ist die Widmungsfestlegung als Sonderfläche Hofstelle gemäß §44 TROG 2016 für den gegenständlich[en] Bauplatz sohin mit Ablauf der gesetzlichen Kundmachungsfrist in Kraft getreten.

Aus dem eingeholten Verordnungsakt und den vorstehenden gesetzlichen Erwägungen war daher nach Ansicht des erkennenden Gerichts hinsichtlich der gegenständlichen Widmung als Sonderfläche Hofstelle gemäß §44 TROG 2016 der Anregung [der] Beschwerdeführer zur Einbringung eines Antrag[s] nach Art139 Abs1 Z1 B-VG nicht nachzukommen (vgl VwGH 23.06.2010, 2010/06/0059; ua)."

2. Bei der Behandlung der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes 2016, soweit er sich auf die (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG 82115 St. Ulrich am Pillersee, bezieht, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 24. September 2018, E3084/2018-11, beschlossen, die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes 2016, soweit er sich auf die (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG 82115 St. Ulrich am Pillersee, bezieht, von Amts wegen (im Rahmen des zu V63/2018 protokollierten Verfahrens) auf seine Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

3. Die Tiroler Landesregierung führte in ihrer Äußerung im zu V63/2018 protokollierten Verordnungsprüfungsverfahren an, dass die Tiroler Landesregierung den "Amtswegigen Nachtrag des Flächenwidmungsplanes" der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee am 13. Juni 2017 auf der Internetseite "www.tirol.gv.at" gemäß §113 Abs9 iVm §69 und §71 TROG 2016 elektronisch kundgemacht habe und legte diese elektronische Kundmachung dem Verfassungsgerichtshof vor. Im Hinblick auf diese elektronische Kundmachung bestritt die Tiroler Landesregierung in ihrer Äußerung die Präjudizialität des vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen Teiles des an der Amtstafel der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee kundgemachten ("analogen") Flächenwidmungsplanes 2016 und begehrte die Einstellung des zu V63/2018 protokollierten Prüfungsverfahrens.

Darüber hinaus traten die Tiroler Landesregierung und die verordnungserlassende Behörde in ihrer Äußerung im zu V63/2018 protokollierten Verordnungsprüfungsverfahren den vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss vom 24. September 2018, E3084/2018-11, dargelegten Bedenken in der Sache entgegen.

4. Im Zuge des beim Verfassungsgerichtshof zu V63/2018 protokollierten Verfahrens sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob

a) der Verfassungsmäßigkeit des §69 Abs1, des §71 Abs1, des §113 Abs1, Abs2, Abs8 und Abs9 sowie der Wendung ", §69, §71" in §113 Abs4 TROG 2016, LGBl 101/2016, sowie

b) der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee am 15. Dezember 2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 15. März 2017, in der Fassung der elektronischen Kundmachung durch die Tiroler Landesregierung vom 13. Juni 2017, soweit er sich auf die (ehemaligen) Grundstücke Nr 522 und Nr 526, KG 82115 St. Ulrich am Pillersee, bezieht,

c) der Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "und St. Ulrich am Pillersee" in §1 Abs5 der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 3. Oktober 2016 über den Tag der erstmaligen elektronischen Kundmachung der Flächenwidmungspläne der Gemeinden Brandberg, Breitenbach am Inn, Finkenberg, Gerlosberg, Gnadenwald, Gries im Sellrain, Grinzens, Hainzenberg, Hochfilzen, Kals am Großglockner, Karres, Karrösten, Oberndorf in Tirol, Patsch, Ranggen, Sellrain, St. Ulrich am Pillersee, Tulfes, Tux, Wildermiening und Zellberg, LGBl 110/2016, und

d) der Gesetzmäßigkeit des §14 sowie der Wortfolge "und über die Fundstelle der Verordnung nach §113 Abs1 TROG 2016" in §15 Abs1 der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 15. August 2013, mit der nähere Bestimmungen über die örtlichen Raumordnungskonzepte, die Flächenwidmungspläne und die Bebauungspläne sowie über die technische Umsetzung des elektronischen Flächenwidmungsplanes erlassen werden (Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016), LGBl 74/2013, in der Fassung der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 3. Oktober 2016, mit der die Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2013 geändert wird, LGBl 112/2016, entstanden.

Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 3. Dezember 2018, V63/2018-10, beschlossen, diese Gesetzes- bzw Verordnungsbestimmungen (im vorliegenden Verfahren) von Amts wegen auf ihre Verfassungs- bzw Gesetzmäßigkeit zu prüfen. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzes- und der Verordnungsprüfungsverfahren bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"3. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die hiemit in Prüfung gezogenen §§69 Abs1, 71 Abs1 sowie 113 Abs1, Abs2, Abs8 und Abs9 sowie die Wendung ", §69, §70" in §113 Abs4 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 folgende Bedenken:

3.1. Das (mit LGBl 101/2016 wiederverlautbarte) Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 sieht in seinem §29 Abs3 die Erstellung der Planungsinstrumente im Rahmen der örtlichen Raumordnung, nämlich der örtlichen Raumordnungskonzepte, der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne, in digitaler Form vor. Der Flächenwidmungsplan ist von der Gemeinde auf der Grundlage digitaler Daten zu beschließen und elektronisch kundzumachen. Die Tiroler Landesregierung hat gemäß §29 Abs4 TROG 2016 durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Erstellung, die digitalen Formate, die Form und den Maßstab der örtlichen Raumordnungskonzepte, der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne zu erlassen. Die elektronische Kundmachung der Flächenwidmungspläne wird in §69 TROG 2016 und im Detail – ebenso wie der elektronische Flächenwidmungsplan an sich – in der Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016, LGBl 74/2013, idF LGBl Nr 112/2016 geregelt.

Der Tiroler Landesregierung obliegt die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes auf der Grundlage der digitalen Daten (§69 Abs1 TROG 2016). Die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes hat in der Weise zu erfolgen, dass der Flächenwidmungsplan ab dem der Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung folgenden Tag auf der Internetseite des Landes Tirol zur Abfrage bereitgehalten wird. Der Flächenwidmungsplan und die Daten nach §69 Abs3 TROG 2016 sind derart bereitzuhalten, dass diese nach Grundstücken abgefragt werden können (§69 Abs4 TROG 2016). Der Flächenwidmungsplan tritt mit dem Ablauf des Tages der Freigabe zur Abfrage in Kraft. Änderungen des Flächenwidmungsplanes treten mit dem Ablauf jenes Tages, an dem die geänderte Fassung des Flächenwidmungsplanes zur Abfrage freigegeben wird, in Kraft. Die elektronische Kundmachung hat den Tag, an dem die jeweils geltende Fassung des Flächenwidmungsplanes zur Abfrage freigegeben worden ist, zu enthalten (§69 Abs2 TROG 2016). In der elektronischen Kundmachung sind weiters alle Änderungen des Flächenwidmungsplanes ersichtlich zu machen.

Nach §71 Abs1 TROG 2016 gilt §69 TROG 2016 betreffend die elektronische Kundmachung der Flächenwidmungspläne gleichermaßen für deren Änderung.

Der Wechsel von der 'analogen' Kundmachung der Flächenwidmungspläne durch die Gemeinde zur elektronischen Kundmachung der Flächenwidmungspläne durch die Tiroler Landesregierung erforderte – wie die Tiroler Landesregierung in ihrer Äußerung vorträgt – die Übernahme der bisher ('analog') in Papierform vorliegenden Pläne in den elektronischen Flächenwidmungsplan und deren elektronische Kundmachung. Diese Übernahme wird in §113 TROG 2016 in Verbindung mit der Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016 geregelt. Da es – wie die Tiroler Landesregierung in ihrer Äußerung darlegt – nicht möglich war, den elektronischen Flächenwidmungsplan zum gleichen Zeitpunkt für alle Gemeinden einzuführen, sieht §113 Abs1 TROG 2016 vor, dass die Tiroler Landesregierung durch Verordnung für jede Gemeinde den Tag zu bestimmen hat, von dem an der (gesamte) Flächenwidmungsplan erstmalig elektronisch kundzumachen ist; korrespondierend hat die Tiroler Landesregierung den Flächenwidmungsplan für die jeweilige Gemeinde von diesem Tag an elektronisch kundzumachen. Weiters bestimmt §113 Abs1 TROG 2016, dass die elektronische Kundmachung diesen Tag zu enthalten hat und – bezogen auf den mit dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24. September 2018, E3084/2018-11, in Prüfung gezogenen Flächenwidmungsplan 2016 der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee – dass gemäß §113 Abs9 iVm Abs1 TROG 2016 nach dem Ablauf des Tages, an dem der Flächenwidmungsplan erstmalig elektronisch kundgemacht worden ist, ausschließlich der elektronisch kundgemachte Flächenwidmungsplan gilt.

Nach §1 Abs5 der Verordnung der Tiroler Landesregierung über die erstmalige elektronische Kundmachung von Flächenwidmungsplänen näher bezeichneter Gemeinden, LGBl 110/2016, ist u.a. für die Gemeinde St. Ulrich am Pillersee der Flächenwidmungsplan vom 31. Jänner 2017 an nach §69 TROG 2016 elektronisch kundzumachen. Korrespondierend sieht §1 Abs6 der genannten Verordnung der Tiroler Landesregierung vor, dass u.a. für die Gemeinde St. Ulrich am Pillersee vom 1. Februar 2017 an der elektronisch kundgemachte Flächenwidmungsplan gilt.

Bei der dem Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes zugrunde liegenden Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee handelt es sich um einen Übergangsfall gemäß §113 Abs9 TROG 2016, weil die entsprechende Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee ursprünglich 'analog' durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde und danach durch Auflage kundgemacht worden ist.

Nach §113 Abs9 zweiter Satz TROG 2016 ist die Tiroler Landesregierung verpflichtet, die (ursprünglich 'analog' kundgemachte) Änderung eines Flächenwidmungsplanes nach Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung elektronisch kundzumachen. Dieser Verpflichtung hat die Tiroler Landesregierung bei dem mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24. September 2018, E3084/2018-11, in Prüfung gezogenen Flächenwidmungsplan 2016 der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee im Anlassfall mit 13. Juni 2017 entsprochen, womit die elektronische Kundmachung nach §113 Abs9 in Verbindung mit §71 und §69 TROG 2016 am 14. Juni 2017 wirksam geworden ist. Damit war von diesem Zeitpunkt an die ursprünglich 'analoge' Kundmachung nicht mehr wirksam.

Dies hat zur Folge, dass bereits bei Erteilung der Baubewilligung für das im Anlassbeschwerdeverfahren gegenständliche Hofstellengebäude am 6. September 2017 die elektronische Kundmachung der Änderung des Flächenwidmungsplanes gegolten hat.

3.2. Die Einführung der elektronischen Kundmachung der Flächenwidmungspläne mit der Novelle LGBl 47/2011 (damals §67a TROG 2006) wird in den Erläuternden Bemerkungen Nr 119/2011 im Wesentlichen folgendermaßen begründet:

'[...] Nach dem Abs1 des neuen §67a ist der elektronische Flächenwidmungsplan von der Landesregierung zu führen. Damit wird die Kundmachung des Flächenwidmungsplanes, die an sich einen Teil des in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallenden Verfahrens zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes darstellt, dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde entzogen. Verfassungsrechtlich ist dies nur unter den Voraussetzungen des Art118 Abs2 B-VG zulässig. Nach dem ersten Satz dieser Verfassungsbestimmung umfasst der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde – neben den im Art116 Abs2 B-VG angeführten Angelegenheiten, zu denen aufgrund der Z7 dieses Absatzes u.a. die Aufgaben der örtlichen Raumplanung zählen – alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen sind und die weiters geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Die erste Voraussetzung, nämlich das zumindest überwiegende Eigeninteresse der Gemeinde an der Erlassung des Flächenwidmungsplanes, ist unzweifelhaft weiterhin gegeben. Für die Zuordnung einer Angelegenheit zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde muss kumulativ aber auch die zweite genannte Voraussetzung gegeben sein, das heißt, die Gemeinde muss aus eigenem zur Besorgung der betreffenden Aufgabe in der Lage sein. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde dynamisch zu sehen, was zur Folge hat, dass sich der Kreis der in den eigenen Wirkungsbereich fallenden Aufgaben aufgrund geänderter Rahmenbedingungen, zu denen auch die fortschreitende technische Entwicklung zählt, ändern kann. Der Entwurf geht davon aus, dass dies aufgrund des heutigen Standes der EDV-Technik, der ein elektronisches Kundmachungswesen ermöglicht, wie es etwa der Bund bereits für das Bundesgesetzblatt vorsieht, hier der Fall ist.

Für die Schaffung eines solchen Systems sprechen gewichtige Gründe. Der Flächenwidmungsplan steht auf diese Weise in der jeweils aktuell gültigen Fassung in verbindlicher Form zur Verfügung. Schon daraus ergibt sich im Vergleich zum bisherigen Flächenwidmungsplan, bei dem die Stammfassung und die (vielfach zahlreichen) Änderungspläne jeweils gesondert zur Einsicht aufliegen (verbunden mit einer mehr oder minder genauen Ersichtlichmachung der Änderungsbereiche im Stammplan), ein wesentlich höheres Maß an Benutzerfreundlichkeit. Dies auch insofern, als der Flächenwidmungsplan von jedem Computer mit Internetzugang aus abgefragt und erforderlichenfalls auch ausgedruckt werden kann. Die digitale Darstellung ermöglicht weiters eine wesentlich höhere Plangenauigkeit. Ein solches System stellt jedoch höchste Anforderungen an die Systemstabilität und die Datensicherheit, die bei einem im Endausbau alle Gemeinden des Landes (279 Gemeinden einschließlich der Stadt Innsbruck) umfassenden System nur dann gewährleistet werden können, wenn dieses System zentral geführt und verwaltet wird. Damit können die zur Führung des Systems erforderlichen Zugriffsrechte auf wenige entsprechend qualifizierte Personen beschränkt werden, womit dem Risiko von Systemstörungen und fehlerhaften Eingaben entsprechend vorgebeugt wird. Anderenfalls wäre eine sehr große Anzahl von Zugriffsberechtigungen erforderlich, was selbst unter Berücksichtigung dessen, dass diese abgestuft erteilt werden könnten, eine unvertretbare Fehleranfälligkeit zur Folge hätte.

Der Entwurf geht daher davon aus, dass die Führung des elektronischen Flächenwidmungsplanes durch das Land keinen verfassungsrechtlichen Einwänden begegnet. Dies nicht zuletzt auch aufgrund des Umstandes, dass in Entscheidungsbefugnisse der Gemeinde nicht eingegriffen wird. Der Landesregierung obliegt nur die verwaltungstechnische Durchführung der Kundmachung, bei der ihr kein wie immer gearteter Spielraum zukommt. Auch der Zeitpunkt der Kundmachung ist genau bestimmt. Die Kundmachung hat grundsätzlich von dem der Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung folgenden Tag an zu erfolgen, was EDV-seitig automatisiert möglich ist, sodass es auch keine Probleme bereitet, wenn dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt (Abs2 erster Satz).

Hinsichtlich der Art der Kundmachung bestimmt der Abs2, dass der Flächenwidmungsplan auf der Internetseite des Landes zur Abfrage bereitgehalten wird, und zwar – wie bereits erwähnt – in der jeweils aktuell gültigen Fassung. Die Bereithaltung der aus Gründen der Publizität zusätzlich erforderlichen Daten, die bisher aus den in analoger Form im Gemeindeamt aufliegenden Plänen ersichtlich waren, ist im Abs3 geregelt. Der Abs4 regelt die Ersichtlichmachung von Planänderungen. Zwar wird aus der Sicht des Rechtsunterworfenen vielfach die Kenntnis der aktuellen Widmung, die – wie vorhin dargelegt – wesentlich einfacher als bisher unmittelbar durch die Abfrage des Flächenwidmungsplanes erlangt werden kann, ausreichend sein. Der Rechtsunterworfene muss aber auch weiterhin in der Lage sein, aufgrund der Kundmachung Kenntnis über erfolgte Planänderungen zu erlangen. Dementsprechend verlangt der Abs4 ergänzend die Ersichtlichmachung von Planänderungen einschließlich der damit zusammenhängenden rechtlich relevanten Informationen (das sind neben der planlichen Darstellung des jeweiligen Änderungsbereiches die im Abs3 angeführten Daten). Diese Daten müssen grundstücksbezogen abgefragt werden können. [...]'

3.3. Gemäß Art118 Abs2 B-VG umfasst der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde neben den in Art116 Abs2 B-VG angeführten Angelegenheiten 'alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden'. Der eigene Wirkungsbereich wird durch diese Generalklausel und ergänzend durch die in Art118 Abs3 B-VG demonstrativ aufgezählten Angelegenheiten abschließend umschrieben (vgl VfSlg 5807/1968; Weber, in: Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 2017, Art118/1-7 B-VG, Rz 11, mwN).

Im Hinblick auf die ausdrückliche Festlegung in Art118 Abs3 Z9 B-VG besteht kein Zweifel, dass die 'örtliche' Raumplanung in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt. Sämtliche Angelegenheiten, die zur örtlichen Raumplanung gehören, hat der Gesetzgeber demzufolge nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes als Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu bezeichnen.

Der Verfassungsgerichtshof hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber die Modalitäten der Kundmachung eines Flächenwidmungsplanes, also die Art und Weise der Kundmachung, regelt. Der Gesetzgeber kann somit ohne Weiteres die elektronische Kundmachung eines Flächenwidmungsplanes vorsehen und deren Modalitäten näher regeln. Es dürfte dem Gesetzgeber hingegen verwehrt sein, mit der Kundmachung des im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu erlassenden Flächenwidmungsplanes ein Organ (hier: die Tiroler Landesregierung) in dessen eigenem Verantwortungsbereich zuständig zu machen, das kein Organ der Gemeinde ist.

Fällt eine Angelegenheit in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde, so wie im gegenständlichen Fall die Angelegenheiten der 'örtlichen Raumplanung' iSd Art118 Abs3 Z9 B-VG, dürfte – entgegen den oben wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen zur Novellierung des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006 durch LGBl 47/2011, mit der die elektronische Kundmachung der Flächenwidmungspläne eingeführt wurde – nicht bloß die Vorbereitung und der Beschluss eines zu einer solchen Angelegenheit gehörigen Rechtsaktes, sondern auch dessen Erlassung bzw Kundmachung gehören. Dies dürfte sich insbesondere daraus ergeben, dass der Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans erst durch die Kundmachung Geltung erlangt und damit die Kundmachung ein untrennbarer Teil des Verfahrens zur Erlassung des Flächenwidmungsplanes ist.

Bezogen auf die Kompetenz des Art118 Abs3 Z9 iVm Art118 Abs2 B-VG dürfte es demnach ausscheiden, dass die Gemeinde bloß das Verfahren zur Erlassung und den Beschluss des Flächenwidmungsplanes besorgen darf, die Kundmachung des von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich beschlossenen Flächenwidmungsplanes hingegen (nicht von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen ist, sondern) von der Tiroler Landesregierung vorgenommen werden muss.

Nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes scheinen sohin die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016, die in einem untrennbaren Zusammenhang stehen dürften, nicht im Einklang mit Art118 Abs2 iVm Art118 Abs3 Z9 B-VG zu stehen.

4. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen den hiemit in Prüfung gezogenen Teil des Flächenwidmungsplanes 2016 in der elektronisch kundgemachten Fassung folgendes Bedenken:

Erweisen sich die vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 als begründet, dürfte die elektronische Kundmachung des Flächenwidmungsplanes 2016 der Gemeinde St. Ulrich am Pillersee durch die Tiroler Landesregierung keine gesetzliche Grundlage haben und sich dementsprechend als gesetzwidrig herausstellen.

Im Verordnungsprüfungsverfahren wird aber zu erörtern sein, ob der hiemit in Prüfung gezogene Teil des Flächenwidmungsplanes 2016 in der elektronisch kundgemachten Fassung im Falle der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 nach wie vor eine normative Wirkung entfaltet und daher vom Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig aufgehoben werden muss.

5. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die Wortfolge 'und St. Ulrich am Pillersee' in §1 Abs5 der Verordnung der Tiroler Landesregierung, LGBl 110/2016, folgendes Bedenken:

Sollten sich die vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 als begründet herausstellen, dürfte die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung einer gesetzlichen Grundlage entbehren und somit ein Verstoß gegen Art18 Abs2 B-VG vorliegen.

6. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen §14 sowie die Wortfolge 'und über die Fundstelle der Verordnung nach §113 Abs1 TROG 2016' in §15 der Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016, LGBl 74/2013, idF LGBl 112/2016, folgendes Bedenken:

§14 der Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016 sieht im Zusammenhang mit der 'Überprüfung und Übernahme der analogen Flächenwidmungspläne und analog vorliegender Änderungen' die Zuständigkeit der Tiroler Landesregierung vor. Der Verfassungsgerichtshof hat das vorläufige Bedenken, dass diese Regelung und die damit in einem untrennbaren Zusammenhang stehende Wortfolge 'und über die Fundstelle der Verordnung nach §113 Abs1 TROG 2016' in §15 der Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2016 aus den zu den in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 genannten Gründen gesetzwidrig sind und daher gegen Art18 Abs2 B-VG verstoßen könnten."

5. Die Tiroler Landesregierung erstattete im vorliegenden Prüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie den vom Verfassungsgerichtshof gewählten Prüfungsumfang hinsichtlich des §71 Abs1 und des Verweises "§71" in §113 Abs4 TROG 2016 als zu weit erachtet und den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes in der Sache im Wesentlichen wie folgt entgegentritt:

"3. Der Sonderfall der dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde nicht (mehr) zuzurechnenden elektronischen Kundmachung der Flächenwidmungspläne:

[...]

b. Die Kundmachung von Verordnungen im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (ausschließlich) als Fall des Art118 Abs2 B-VG:

Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung trifft die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, wonach die Kundmachung einer Verordnung als untrennbarer Teil des Verordnungserlassungsverfahrens zu qualifizieren ist – dies mit der Folge, dass bei Verordnungen im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zwingend auch deren Kundmachung diesem Wirkungsbereich unterfällt – nicht zu. Zwar obliegt die Regelung der Art und Weise der Kundmachung von Verordnungen primär dem Gesetzgeber jener Gebietskörperschaft, der auch zur Regelung der jeweiligen Materie befugt ist; subsidiär kommt diese Regelungsbefugnis hingegen dem jeweiligen Organisationsgesetzgeber zu (vgl Gartner, Die authentische Kundmachung genereller Normen im Internet – Ein kurzer Überblick über die Rechtslage, in Kärntner Verwaltungsakademie [Hg], Bildungsprotokolle, Bd 19 [2010] 141 [150]); weiters Gartner-Müller, Redaktions- und Kundmachungsmängel – oder der Umgang mit Fehlern im Rechtserzeugungsprozess, in Steiner/Breitwieser [Hg], Linzer Legistik-Gespräche 2014 [2015] 1 [2]; vgl dazu auch VfSlg 10.911/1986).

Die Befugnis zur Regelung der Gemeindeorganisation ist nach Art115 Abs2 erster Satz B-VG Sache des Landesgesetzgebers, soweit nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit des Bundes festgesetzt ist (derartige Zuständigkeiten bestehen, soweit hier von Belang, nicht). Wäre die Regelung der Kundmachung von Verordnungen mit der Reg[e]lung ihrer Beschlussfassung auf die vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommene Weise (untrennbar) verbunden, so verbliebe für eine subsidiäre Regelungskompetenz des Organisationsgesetzgebers auf diesem Gebiet folgerichtig aber kein Raum. Dies wird – mit Blick auf von Organen der Gemeinde zu erlassende Verordnungen – besonders in jenen Fällen deutlich, in denen die Kompetenz zur Regelung der Sachmaterie und jene zur Regelung der Gemeindeorganisation auseinander fallen (was in allen Angelegenheiten der Fall ist, in denen die Regelung der Sachmaterie in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes – und damit nicht in jene des Landes als [Gemeinde-]Organisationsgesetzgeber – fällt).

Wenn aber die Regelung der Kundmachung von Verordnungen nicht zwingend der Sachmaterie folgt, so erschließt sich daraus weiter, dass der Vorgang der Kundmachung nicht allein deshalb in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt, weil dies hinsichtlich des ihr zugrunde liegenden Willensaktes der Gemeinde der Fall ist. Vielmehr handelt es sich bei der Kundmachung um einen insoweit selbstständig zu sehenden Akt, bei dem fallbezogen zu beurteilen ist, ob (auch) auf ihn die Voraussetzungen nach Art118 Abs2 B-VG zutreffen oder nicht.

Dies belegen aktuell nicht zuletzt die Gesetzesmaterialien zur B-VG-Novelle, BGBl I Nr 14/2019. Der mit dieser Novelle neu geschaffene Art15 Abs7 B-VG sieht vor, dass u.a. die Kundmachung von Rechtsvorschriften der Gemeinden im Rahmen des Rechtsinformationssystems des Bundes erfolgen kann. Wäre nun die Kundmachung von Verordnungen mit ihrer Beschlussfassung in der vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommenen Weise verknüpft, so bedürfte es dieser Verfassungsbestimmung allein schon deshalb, um die Schranke des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde überwinden zu können. Ausweislich der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (301 BIgN[R], 26. GP, 4) ging der Bundesverfassungsgesetzgeber aber gerade davon nicht aus. Demnach erfordere es nämlich (Anm: nur) der Grundsatz der Trennung der (Gesetzgebungs- und) Vollziehungsbereiche des Bundes und der Länder, dass die Kundmachung der Rechtsvorschriften der im Bereich der Vollziehung der Länder eingerichteten Behörden (einschließlich der Selbstverwaltungskörper), wozu unzweifelhaft auch jene im Bereich der Gemeinden gehören, im Rechtsinformationssystem des Bundes einer entsprechenden verfassungsgesetzlichen Ermächtigung bedarf. Der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde findet in diesem Zusammenhang dagegen keine wie immer geartete Erwähnung, woraus wohl der Schluss gezogen werden kann, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber diesen nicht per se als berührt angesehen hat.

c. Die Kundmachung speziell der Flächenwidmungspläne im Licht des Art118 Abs2 B-VG:

(1) Die vormalige Auflegung zur allgemeinen Einsicht:

Es ist an dieser Stelle vorauszuschicken, dass die Voraussetzungen des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde auf das vormalige System der Kundmachung der analog in Papierform vorliegenden Pläne durch Auflegung zur öffentlichen Einsichtnahme im Gemeindeamt vollumfänglich zugetroffen haben. Zwar unterfällt die Kundmachung der Flächenwidmungspläne nach dem vorhin Gesagten – anders als deren Beschlussfassung – nicht schon aufgrund von Art118 Abs3 Z9 B-VG (örtliche Raumplanung) dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Dennoch scheint es aufgrund der Tatsache, dass von den Festlegungen des Flächenwidmungsplanes zwar nicht ausschließlich, so doch weit überwiegend die in der Gemeinde ansässigen Bewohner und die Inhaber der dort angesiedelten Betriebe betroffen sind, offenkundig, dass deren Erlassung (Kundmachung) im überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen ist. Damit ist das erste Kriterium des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, wie er in Art118 Abs2 B-VG umschrieben ist, erfüllt. Unzweifelhaft ist auch, dass die Gemeinde in diesem vormaligen System in der Lage war, die Kundmachung der Flächenwidmungspläne innerhalb ihrer örtlichen Grenzen zu besorgen, womit auch das zweite der genannten Kriterien erfüllt war.

(2) Die nun vorgesehene authentische elektronische Kundmachung:

Vorauszuschicken ist weiters, dass die Einführung des elektronischen Flächenwidmungsplanes nichts daran geändert hat, dass die Flächenwidmungsplanung, die in der Erlassung der Flächenwidmungspläne durch deren Kundmachung gipfelt, jedenfalls überwiegend im Interesse der Gemeinde selbst gelegen ist.

Wohl hingegen war es nach Ansicht des Landesgesetzgebers aus einer Reihe von Gründen notwendig, den elektronischen Flächenwidmungsplan derart einzurichten, dass die Kundmachung der Flächenwidmungspläne darin zentral auf Landesebene erfolgt; auf das Wesentliche zusammengefasst deshalb, weil der elektronische Flächenwidmungsplan

- einheitlich für alle Gemeinden zur Verfügung stehen soll;

- er dem jeweiligen Stand der Technik auf ISO-zertifiziertem Niveau (aktuell ISO/IEC 27001:2013) entsprechen muss, um den grundlegenden Anforderungen der Systemstabilität, Datenqualität, Datenintegration, Datenintegrität und Systemsicherheit zu entsprechen; dies erfordert, wie bereits dargelegt, laufende Rezertifizierungen jeweils nach Ablauf eines Jahres; ein solcher Standard besteht auf Gemeindeebene nicht und könnte dort höchstens von der Landeshauptstadt Innsbruck und vergleichsweise wenigen größeren Gemeinden erfüllt werden, angesichts der bestehenden Gemeindestruktur mit weit überwiegend kleinen und mittleren Gemeinden aber nicht von der 'abstrakten Einheitsgemeinde' im Sinn der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl u.a. VfSlg 6770/1972, 7325/1974, 9811/1983); dies weder im Hinblick auf ihrer (sachliche und personelle) Verwaltungskraft noch im Hinblick auf die damit verbundenen unverhältnismäßig hohen Kosten, die mangels eines adäquaten Einsparungspotenzials auf Landesebene nicht zuletzt dem verfassungsrechtlich grundgelegten Effizienzprinzip widersprechen würden;

- er als ein in sich geschlossenes zentrales System mit einem durchgängigen elektronischen Workflow ohne externe Datentransfers eingerichtet werden muss, wiederum um grundlegenden Anforderungen der Systemstabilität, Datenqualität, Datenintegration, Datenintegrität und Systemsicherheit zu entsprechen; dies beginnend mit der Erstellung der Pläne, über deren Beschlussfassung und Vorlage zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung bis hin – zu der vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen automatisiert erfolgenden – elektronischen Kundmachung;

Der elektronische Flächenwidmungsplan wurde bei alledem so eingerichtet, dass nicht weiter als unbedingt notwendig in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde eingegriffen wird. So wird die materielle Entscheidungs- und Planungsbefugnis der Gemeinde in keiner Weise tangiert, deren 'Planungshoheit' bleibt daher vollumfänglich gewahrt.

Die Kundmachung wiederum erfolgt derart, dass diese automatisiert elektronisch generiert wird, ohne dass es hierzu eines Zutuns der Landesregierung bedarf. Es ist ihr daher schon technisch nicht möglich, auf die in elektronischer Form unveränderbar vorliegenden Daten zuzugreifen und diese im Rahmen der Kundmachung noch in irgendeiner Form zu verändern. Umgekehrt bietet dieses System für die Gemeinden ebenso wie für den Rechtsunterworfenen den Vorteil, dass die Kundmachung bereits (wie gesetzlich vorgesehen) mit dem der aufsichtsbehördlichen Genehmigung folgenden Tag an erfolgt; ein Vorteil, welcher in einem dezentralen System unmöglich lukriert werden könnte.

[...]

Zusammenfassend vertritt die Tiroler Landesregierung daher die Ansicht, dass die authentische elektronische Kundmachung der Flächenwidmungspläne im System des elektronischen Flächenwidmungsplanes mangels Eignung, durch die Gemeinde innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden, nicht (mehr) Sache des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ist. Dass dies im Licht des – unstrittig dynamisch zu interpretierenden – Art118 Abs2 B-VG, verfassungsrechtlich unbedenklich ist, liegt auf der Hand.

d. Die Kundmachung speziell der Flächenwidmungspläne im Licht des Art118 Abs3 Z9 B-VG:

Aber auch, wenn der Verfassungsgerichtshof bei seiner vorläufigen Annahme der untrennbaren Verbindung der Kundmachung mit dem sonstigen Verfahren (vgl oben Punkt a.) bleiben sollte, scheint aus den im Folgenden dargelegten Gründen kein Eingriff in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gegeben zu sein.

In diesem Fall widerspricht die authentische (elektronische) Kundmachung der Flächenwidmungspläne im elektronischen Flächenwidmungsplan dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde nach Ansicht der Tiroler Landesregierung deshalb nicht, weil dieser (auch) im Rahmen der in Art118 Abs3 B-VG demonstrativ aufgezählten Angelegenheiten insoweit dynamisch zu sehen ist, als diese jederzeit einer Prüfung anhand der in Abs2 leg.cit. beschriebenen Kriterien zugänglich sein müssen. Dazu zählen nach dem ersten Satz dieser Verfassungsbestimmung alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen sind und weiters geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtliche[n] Grenzen besorgt zu werden.

In der 'Gemeindeverfassungsnovelle 1962' tritt die klare Intention des Bundesverfassungsgesetzgebers zum Vorschein, den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde – unter Einschluss der in Art118 Abs3 B-VG angeführten Angelegenheiten – gesellschaftlichen Änderungen und technischen Fortentwicklungen nicht zu verschließen. In diesem Umfang ist eine Reduktion der Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches ebenso denkbar wie deren Ausweitung, sofern sie in ihrem Kern der Besorgung durch die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich nicht entzogen werden [...].

Dies alles gilt sohin auch für die Angelegenheiten der örtlichen Raumplanung (Z9 leg.cit.), worunter zentral die Flächenwidmungsplanung – und damit nach der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes auch die Kundmachung der Flächenwidmungspläne – fällt. Die Flächenwidmungsplanung im Sinn der Erstellung der Flächenwidmungspläne (oder ihrer Änderungen), der Verfahrensdurchführung und ihrer Beschlussfassung bis hin zur Vorlage zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung geschieht wie jeher im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde, jedoch erfolgt die Kundmachung der Flächenwidmungspläne im elektronischen Flächenwidmungsplan nunmehr zentral durch die Landesregierung. Ausgehend von der nach Ansicht der Tiroler Landesregierung gebotenen dynamisierenden Betrachtungsweise ist (ausschließlich) in diesem beschränkten Umfang die Eignung zur Aufgabenbesorgung durch die Gemeinde nicht mehr gegeben [...].

e. Schlussfolgerung:

Die Kundmachung der Flächenwidmungspläne zentral auf Landesebene verletzt daher nach Ansicht der Tiroler Landesregierung – entgegen der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes – den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde nicht. Sie begegnet daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, und zwar – je nach Sichtweise – weder mit Blick auf Art118 Abs2 B-VG (vgl vorhin die Punkte b. und c.) noch mit Blick auf Art118 Abs3 Z9 in Verbindung mit Art118 Abs2 B-VG (vgl vorhin Punkt d.).

IV.

Zusammenfassend vertritt die Tiroler Landesregierung aus all diesen Gründen die Ansicht, dass

- die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 nicht verfassungswidrig und

- die weiters in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Plangrundlagen- und PIanzeichenverordnung 2016 und der Verordnung LGBl Nr 110/2016 nicht gesetzwidrig

sind.

Hinsichtlich der mit in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §71 Abs1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 und des Zitats '§71' im §113 Abs4 leg.cit, vertritt die Tiroler Landesregierung überdies die Ansicht, dass der Prüfungsumfang insoweit zu weit gezogen und das Gesetzesprüfungsverfahren insoweit daher nicht zulässig ist."

6. Das vom Verfassungsgerichtshof zur Stellungnahme eingeladene Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz-Verfassungsdienst erstattete hinsichtlich des vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahrens eine Äußerung, in der es im Wesentlichen Folgendes ausführt:

"[...]

3.1. Die Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes nehmen nicht darauf Bezug, ob die Angelegenheiten der örtlichen Raumplanung gemäß Art118 Abs3 Z9 B-VG in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallen. Von näheren Ausführungen dazu, dass Angelegenheiten des Art118 Abs3 B-VG jedenfalls solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde sind und dass es hier auf die Erfüllung der in Art118 Abs2 B-VG angeführten Kriterien (ua der Geeignetheit einer Angelegenheit, 'durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden') nicht an[...]kommt (vgl Weber, Art118/1-7 Rz 11 [2017], in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht) kann daher abgesehen werden.

Auch die unter Punkt I wiedergegebenen Erläuterungen [zur Einführung der Elektronischen Kundmachung mit der Novelle LGBl 47/2011, TirLT 15. GP, GZ 119/111] gehen davon aus, dass Angelegenheiten der örtlichen Raumplanung grundsätzlich [im] eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde liegen und damit auch die Kundmachung des Flächenwidmungsplanes von der Gemeinde zu besorgen ist; allerdings wird hinsichtlich der Kundmachung eine eigenständige Prüfung nach Art118 Abs2 B-VG vorgenommen. Diese Aufspaltung des zu beurteilenden Gegenstandes erscheint aber aus folgendem Grund nicht gerechtfertigt: Entweder ist die Kundmachung ein Bestandteil der Erlassung des Flächenwidmungsplanes und ist daher – so wie diese – unter Art118 Abs3 Z9 B-VG zu subsumieren; oder die Kundmachung stellt eine eigene, als solche zu beurteilende Kompetenz dar. Eine Betrachtungsweise, wonach Teile einer Gemeindezuständigkeit aus dem eigenen Wirkungsbereich herausgelöst und einer eigenständigen Beurteilung zugeordnet werden können, ist dem Art118 B-VG fremd. Richtigerweise (so auch die Annahme im Prüfungsbeschluss) ist nach der hier vertretenen Ansicht vielmehr zu prüfen, ob in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde auch die Kundmachung in den eigenen Wirkungsbereich fällt. Relevant ist nach den Vorgaben des Prüfungsbeschlusses nur die Frage, durch wen die Kundmachung zu erfolgen hat, nicht jedoch die Art und Weise der Kundmachung.

3.2. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist die Kundmachung einer Verordnung ein – und zwar der abschließende – Teil des Normerzeugungsverfahrens (VfSlg 10.911/1986). In dem dem genannten Erkenntnis zugrundeliegenden Verfahren wurde zwar die Kundmachung von Verordnungen des Landeshauptmannes in der mittelbaren Bundesverwaltung behandelt. Die oben wiedergegebene Aussage zur Kundmachung als Teil des Normerzeugungsverfahrens wurde aber nicht in Hinblick auf Besonderheiten des damaligen Verfahrens getroffen; die Aussage beansprucht vielmehr allgemeine Gültigkeit.

Eine Verordnung – und auch bei Flächenwidmungsplänen handelt es sich um Verordnungen (vgl grundlegend VfSlg 2584/1953) – ist erst mit der Kundmachung als erlassen anzusehen; die Kundmachung ist somit rechtliche Voraussetzung der Existentwerdung – und somit der Geltung – einer Verordnung (vgl Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht [1988], Band 1, 755 ff). Da das Normerzeugungsverfahren in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zukommt, muss dies grundsätzlich (vgl aber die Ausführungen unter Punkt 3.3) auch auf die Kundmachung jenes Rechtsaktes, der das Ergebnis des Normerzeugungsverfahrens darstellt, zutreffen (wobei für im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben kann, welches Organ der Gemeinde die Kundmachung vorzunehmen hätte).

 

3.3. Allerdings regeln die Gemeindeordnungen der Länder häufig nicht nur die Modalitäten der Kundmachung, sondern bestimmen auch jenes Gemeindeorgan, das die Kundmachung vorzunehmen hat (nämlich den Bürgermeister zB in §82 Abs1 der Burgenländischen Gemeindeordnung 2003, LGBl Nr 55/2003, sowie in §92 Abs1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl Nr 115/1967; ohne Benennung des Organs jedoch etwa §79 der Salzburger Gemeindeordnung 1994, LGBl Nr 107/1994). Dass der Verfassungsgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit solcher Bestimmungen bisher in Zweifel gezogen hätte, ist nicht ersichtlich; dies könnte allerdings darin begründet sein, dass die Bestimmungen, die den Bürgermeister als das für die Kundmachung zuständige Organ benennen, bloß als deklaratorische Äußerungen zu sehen sind (vgl Aichlreiter, aa0, 802).

3.4. In seinem Erkenntnis VfSlg 3732/1960 hat der Verfassungsgerichtshof eine ortspolizeiliche Verordnung auch in Hinblick auf ihre ordnungsgemäße Kundmachung geprüft und dazu ausgeführt [...]:

'[...] Die Anordnungen und Verbote werden durch Kundmachungen verlautbart, die vom Magistrat an den Amtstafeln für mindestens acht Tage anzuschlagen sind. Diese Kundmachungsform verstößt, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, gegen keine verfassungsgesetzlich gewährleistete Bestimmung; sie ist unbedenklich. Die Kundmachung brauchte mangels einer entsprechenden gesetzlichen Vorschrift nicht im Landesgesetzblatt verlautbart werden. [...]'

Dass eine gesetzliche Regelung der Kundmachung einer Verordnung der örtlichen Sicherheitspolizei – und somit im eigenen Wirkungsbereich – im Landesgesetzblatt verfassungswidrig wäre, hat der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis offenbar gerade nicht angenommen. Eine solche Regelung ist aber mit dem im vorliegenden Fall in Prüfung gezogenen §69 Abs1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 vergleichbar; in beiden Fällen geht es um die Kundmachung in dem – nicht der Gemeinde zuzuordnenden – Landesgesetzblatt.

Die Zulässigkeit einer solchen Regelung – wie auch die Zulässigkeit der Festlegung des Bürgermeisters als Kundmachungsorgan in den oben angeführten landesgesetzlichen Regelungen – könnte darin begründet sein, dass die Bestimmung des Kundmachungsorgans der Festlegung der Modalitäten der Kundmachung zuzurechnen ist. Dass bezüglich der Festlegung dieser Modalitäten eine Zuständigkeit des Landes besteht, zieht der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss ausdrücklich nicht in Zweifel. In diesem Fall würde sich ergeben, dass aus den vom Gerichtshof formulierten Bedenken die Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung nicht abzuleiten ist."

II. Rechtslage

1. §29, §35, §36, §44, §69, §71 und §113 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 – TROG 2016, LGBl 101/2016, lauten (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§29

Planungsinstrumente

(1) Jede Gemeinde hat durch Verordnung ein örtliches Raumordnungskonzept, einen Flächenwidmungsplan sowie nach Maßgabe des §54 Bebauungspläne zu erlassen. Die Stadt Innsbruck kann das örtliche Raumordnungskonzept auch in Form von Teilkonzepten für einzelne Stadtteile und den Flächenwidmungsplan in Form von Teilplänen für größere funktional zusammenhängende Gebiete erlassen.

(2) Das örtliche Raumordnungskonzept besteht aus textlichen Festlegungen sowie aus Karten und Plänen samt Planzeichenerläuterung. Der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne bestehen aus Plänen samt Planzeichenerläuterung und aus ergänzenden textlichen Festlegungen. Dem örtlichen Raumordnungskonzept, dem Flächenwidmungsplan und den Bebauungsplänen sind Erläuterungen anzuschließen, die eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen zu enthalten haben.

(3) Die örtlichen Raumordnungskonzepte, die Flächenwidmungspläne und die Bebauungspläne sind in digitaler Form zu erstellen. Die Flächenwidmungspläne sind weiters auf der Grundlage digitaler Daten zu beschließen und elektronisch kundzumachen. Die digitale

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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