TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/22 W129 2124682-2

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Veröffentlicht am 22.01.2019
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Entscheidungsdatum

22.01.2019

Norm

AVG §69
B-VG Art.133 Abs4
GehG §12c Abs1
VwGG §45
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §32

Spruch

W129 2124682-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX vertreten durch Dr. Bertram Grass - Mag. Christoph Dorner Rechtsanwälte gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 29.10.2018, BMVIT-1.103/0010-I/PR1/2018, betreffend Wiederaufnahme gemäß § 69 AVG zu Recht:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt abgeändert:

"Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG wird als unzulässig zurückgewiesen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 28.06.2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens bei der belangten Behörde gemäß § 69 AVG. In diesem führte sie zusammengefasst und sinngemäß aus, dass mit Bescheid vom 27.01.2016 festgestellt worden sei, dass sie seit 15.10.2015 unentschuldigt vom Dienst abwesend sei und ihre Bezüge seither gemäß § 12c Abs. 1 GehG eingestellt worden seien. Dieser Bescheid sei beim Bundesverwaltungsgericht bekämpft worden, das die Beschwerde als unbegründet abgewiesen habe. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss zurückgewiesen worden. In weiterer Folge seien weitere amtsärztliche Stellungnahmen bzw. Gutachten hinsichtlich der Beschwerdeführerin eingeholt worden. Auch sei ein Ruhestandsversetzungsverfahren nach § 14 BDG 1979 eingeleitet worden. Aufgrund der eingeholten Schreiben, insbesondere des Dr. XXXX vom 20.04.2018, von dem die Beschwerdeführerin erstmals am 18.06.2018 Kenntnis erlangt habe, sei im Sinne des § 69 AVG die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben, da rechend § 69 Abs. 1 Z 2 AVG nunmehr neue Tatsachen und Beweismittel hervorgekommen seien, die im Bescheid vom 27.01.2016 geführten Verfahren ohne Verschulden der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht werden hätten können, und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptpunkt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Im damaligen Verfahren sei es nur darum gegangen, dass die Beschwerdeführerin kein Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene vorlegen habe können und die belangte Behörde im Wesentlichen dem Gutachten des Dr. XXXX gefolgt sei. Nunmehr durch das Gutachten von Dr. XXXX sei es ihr möglich aufzuzeigen, dass auch im Zusammenhang mit neuen Befundergebnissen (Schlaganfall aus dem Jahre 1996) die kognitiven Fähigkeiten so beeinträchtigt gewesen seien, dass von einer Dienstunfähigkeit nicht auszugehen sei. Durch dieses Gutachten sei es ihr erstmals möglich, auf gleichem fachlichen Niveau aufzuzeigen, dass die Dienstunfähigkeit seit spätestens 01.09.2015 bestanden habe. Die neuen Befundergebnisse seien der Beschwerdeführerin am 18.06.2018 bekannt geworden.

2. Der Spruch des angefochtenen Bescheides des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (im Folgenden: belangte Behörde) vom 29.10.2018 lautet wie folgt:

"Der Antrag vom 28.06.2018, gerichtet auf Wiederaufnahme des Verfahrens, in welchem durch Bescheid der angerufenen Behörde vom 27.01.2016 festgestellt wurde, dass die Antragstellerin seit 15.10.2015 unentschuldigt vom Dienst abwesend ist und daher die Bezüge eingestellt werden, wird gemäß § 69 AVG abgewiesen."

Begründend wurde zusammengefasst und im Wesentlichsten ausgeführt, dass der gegenständliche Antrag zwar fristgereicht bei der belangten Behörde eingelangt sei, jedoch nicht berechtigt sei. Die Beschwerdeführerin übersehe, dass Dr. XXXX in seinem Gutachten ausführe, dass offen beliebe, inwiefern eine hirnorganische Unterlegung durch den Schlaganfall 1996 überhaupt mitverantwortlich sei und er lediglich davon ausgehe, dass aufgrund des damaligen Schlaganfalles eine hirnorganische Unterlegung vorliege. Die Tatsache des 1996 erlittenen Schlaganfalle sei Gegenstand des Verfahrens und der bescheidmäßigen Erledigung gewesen und könne daher keinesfalls eine neue Tatsache darstellen.

3. Mit Beschwerde vom 27.11.2018 brachte die Beschwerdeführerin zusammengefasst und sinngemäß vor, dass sich die belangte Behörde in der bekämpften Entscheidung ausschließlich mit dem erwähnten Schlaganfall der Beschwerdeführerin aus dem Jahr 1996 beschäftigt habe, auf den sie sich überhaupt nicht geschützt habe. Vielmehr gehe es ausschließ darum, ob die belangte Behörde bei der Erlassung ihres Bescheides am 27.01.2016 bei Vorhandensein des Gutachtens XXXX davon ausgehen hätte können, dass die Dienstunfähigkeit nicht erst ab 01.10.2017 gegeben sei, sondern eben schon früher, zumindest, nur dies sei relevant, ab 15.10.2015. Das Gutachten von XXXX besitze nämlich jedenfalls die abstrakte Eignung, jene Überlegungen in Zweifel zu ziehen, auf welche die Dienstbehörde die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung geschützt habe. Entscheidend für den erstinstanzlichen Bescheid sei nämlich nur die größere Kraft der von der Dienstbehörde herangezogenen Gutachten

XXXX und XXXX gegenüber den gutachtlichen Äußerungen und Attesten des Dr. XXXX gewesen. Nunmehr liege aber ein Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene vor und sei nun nicht nur auf die Befundung des Gutachtens XXXX abzustellen, sondern auch auf seine Schlussfolgerungen zur Frage der Beurteilung der Dienstfähigkeit und der damit verbundenen Einstellung der Bezüge. Es komme nach ständiger Rechtsprechung nur darauf an, dass die Beschwerdeführerin nunmehr auf die eigene ärztliche Bescheinigung vertrauen dürfe und keine besonderen Umstände vorliegen würden, auf die eigene ärztliche Bescheinigung zur Rechtfertigung für die Dienstverhinderung nicht mehr zu vertrauen. Es bestehe kein Zweifel, dass hätte das Gutachten

XXXX vom 20.04.2018 früher vorgelegen, die Beschwerdeführerin darauf vertrauen hätte können und die Dienstverhinderung auch objektiv gerechtfertigt gewesen wäre.

4. Am 29.11.2018 langte das Schreiben beim Bundesverwaltungsgericht ein, mit dem die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt vorlegte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Bescheid vom 27.01.2016 der belangten Behörde wurde aufgrund des Antrages vom 12.11.2015 festgestellt, dass sie zumindest seit 15.10.2015 unentschuldigt vom Dienst abwesend ist und ihre Bezüge seither zu Recht gemäß § 12c Abs. 1 GehG eingestellt wurden.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2017, W129 2124682-1, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Dagegen wurde eine außerordentliche Revision erhoben.

Diese wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.10.2017, Ra 2017/12/0112, zurückgewiesen.

1.2. Mit Schreiben vom 28.06.2018 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG bei der belangten Behörde.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. § 69 AVG lautet wie folgt:

Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.

§ 32 VwGVG lautet wie folgt:

Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

§ 45 VwGG lautet wie folgt:

Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn

1. das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder

3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder

4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder

5. das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlassten Zurückziehung der Revision eingestellt wurde und der Grund für die Klaglosstellung nachträglich weggefallen ist.

(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.

(3) Über den Antrag ist in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zu entscheiden.

(4) Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entschieden hatte, gilt für die Wiederaufnahme § 69 AVG sinngemäß.

(5) Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte gemäß den §§ 30a Abs. 1 und 30b Abs. 3 sind die Abs. 1 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass der Antrag beim Verwaltungsgericht zu stellen und über ihn vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist.

(6) In Verfahrenshilfesachen (§ 61) ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.

3.2. Die Wiederaufnahme eines Verwaltungsverfahrens, mit der im Dienste des Grundsatzes der Rechtsrichtigkeit die Möglichkeit eröffnet wird, besondere Rechtswidrigkeiten zu beseitigen, setzt zweierlei voraus:

1. Das Verfahren muss durch Bescheid abgeschlossen worden sein. Das kann auch eine Beschwerdevorentscheidung gem § 14 VwGVG sein oder ein im Zuge eines Verfahrens über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gem § 16 VwGVG nachgeholter Bescheid.

Der Bescheid muss erlassen, dh (mündlich) verkündet oder (schriftlich) zugestellt (ausgefolgt) worden und noch rechtswirksam sein, dh nicht zB durch ein Erk des VwG seine Existenz eingebüßt haben.

2. Es darf gegen den Bescheid kein "Rechtsmittel" (mehr) zur Verfügung stehen, dh er muss formell rechtskräftig sein. Aus welchem Grund kein Rechtsmittel mehr zu Verfügung steht, ist ohne Belang.

Sowohl, wenn die Parteien die Rechtsmittelfrist ungenützt verstreichen ließen, als auch wenn sie auf das Rechtsmittel verzichtet haben, ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens möglich.

Unter Rechtsmittel sind die AVG-Rechtsmittel

-

der Berufung (im eigenen WB der Gde)

-

der Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid (§ 57 Abs. 2 AVG) und

-

des Vorlageantrages gegen eine Berufungsvorentscheidung gemeint, wie auch

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die Beschwere an das VwG und

-

der Vorlageantrag gegen eine Beschwerdevorentscheidung.

Schließlich zählt auch eine gegen einen Bescheid zulässige Klage bei einem ordentlichen Gericht im Wege der sukzessiven Zuständigkeit zu den der Wiederaufnahme des Verfahrens im Wege stehenden Rechtsmitteln (Vgl Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht (2014), Rz 578).

3.3. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist mit verfahrensrechtlichem Bescheid zurückzuweisen, wenn eine der formellen Voraussetzungen nicht erfüllt ist. Dazu gehören:

-

die Antragslegitimation

-

die formelle Rechtskraft des Bescheides,

-

die fristgerechte Verbesserung eventueller Mängel (§ 113 Abs. 3 AVG) und

-

die Einhaltung der subjektiven oder der objektiven Antragsfrist (Vgl Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht (2014), Rz 590).

Formelle Rechtskraft bedeutet die Unanfechtbarkeit eines Bescheides mit ordentlichen Rechtsmittel iSd AVG und mit Beschwerde (Vorlageantrag) an das VwG.

3.4. Für die Annahme, dass auch die Beschwerde (Vorlageantrag) an das VwG als Rechtsmittel zu werten ist, welches dem Eintritt der Rechtskraft entgegensteht, sprechen folgende Gründe:

-

Es handelt sich um Rechtsmittel, die (wie die Berufung und der Vorlageantrag gem. AVG) den Parteien im regelmäßigen Gang des Verfahrens zur Verfügung stehen;

-

ihre Einbringung hat grundsätzlich (ebenso) aufschiebende Wirkung (§ 13 Abs. 1 und § 15 VwGVG) und

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führt jedenfalls (auch) zur Vernichtung des angefochtenen Bescheides, und zwar unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit (Vgl Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht (2014), Rz 558).

3.5. Im Hinblick auf die zur Berufung vom (Verfassung-) Gesetzgeber vorgefundene Rechtslage ist - auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0106) - festzuhalten, dass das Erkenntnis in beiden genannten Fällen (gleichlautenden Entscheidungen, Reformation) an die Stelle des angefochten (untrennbaren) Bescheides tritt. Anders gewendet scheidet der angefochtene Bescheid mit der (nicht zurückweisenden) Entscheidung des VwG über die Beschwerde jedenfalls aus dem Rechtsbeistand aus, weil das VwG im Fall einer zulässigen rechtzeitigen Beschwerde nur in der Sache selbst entscheiden oder den Bescheid (explizit) kassieren kann (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht (2014), Rz 1061).

3.6. Wie den Feststellungen entnahmen werden kann, wurde mit Bescheid vom 27.01.2016 der belangten Behörde wurde aufgrund des Antrages vom 12.11.2015 festgestellt, dass sie zumindest seit 15.10.2015 unentschuldigt vom Dienst abwesend ist und ihre Bezüge seither zu Recht gemäß § 12c Abs. 1 GehG eingestellt wurden.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.08.2017, W129 2124682-1, als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.10.2017, Ra 2017/12/0112, zurückgewiesen.

3.7. Daraus ergibt sich, dass der Bescheid der belangten Behörde seine Existenz eingebüßt hat. Somit ist § 69 AVG nicht anwendbar. Die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin hätte die Wiederaufnahme somit ausschließlich mit einem Antrag gem. § 32 VwGVG anstreben können (so auch VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0106).

Somit war der an die belangte Behörde gerichtete Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG zurückzuweisen.

Der Spruch war daher entsprechend anzupassen.

3.8. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung entfallen (Zurückweisung des das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitenden Antrages der Partei).

Zu Spruchpunkt B):

4.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

4.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. insbesondere VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0106); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abwesenheit vom Dienst, Einstellung der Bezüge, formelle
Rechtskraft, Spruchpunkt - Abänderung, Verwaltungsgerichtshof,
Vorlageantrag, Wiederaufnahmeantrag, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W129.2124682.2.00

Zuletzt aktualisiert am

29.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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