TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/28 94/13/0097

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Veröffentlicht am 28.04.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §15 Abs2;
EStG 1988 §16 Abs1 Z8 litb;
EStG 1988 §16 Abs1 Z8 litc;
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 lita;
EStG 1988 §6 Z9 litb;
EStG 1988 Sachbezügebewertung Erlaß FLD Wien/NÖ/Bgld 2.März 1989 Art1 AbschnC Z9;
VwGG §47 Abs1;
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwGG §49;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der W Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Robert Siemer, Dr. Heinrich Siegl, Dr. Hannes Füreder und Dr. Michael Breitenfeld, Rechtsanwälte in Wien I, Dominikanerbastei 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. Juli 1993, Zl. GA 5 - 1797/92, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1985 bis 31. Dezember 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Bei der beschwerdeführenden GmbH fand für den Zeitraum 1. Jänner 1985 bis 31. Dezember 1989 eine Lohnsteuerprüfung statt. Dabei setzte der Prüfer für das Jahr 1989 den Sachbezugswert betreffend die an die vier Dienstnehmer H., L., P. und K. als Dienstfahrzeuge auch zur Privatnutzung überlassenen Personenkraftwagen abweichend von der Beschwerdeführerin an, indem er vom Neuwert der Fahrzeuge anstatt von deren tatsächlichen Anschaffungskosten ausging. Der Mehrbetrag an Lohnsteuer (S 13.266,--), Dienstgeberbeitrag (S 1.451,--) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (S 129,--) wurde der Beschwerdeführerin mit Haftungs- und Zahlungsbescheid vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Laut Erlass Nr. 397 des Bundesministeriums für Finanzen vom 28. Dezember 1988 sei der Sachbezug betreffend die Benützung firmeneigener Kraftfahrzeuge für Privatfahrten der Arbeitnehmer mit monatlich 1,5 % der Anschaffungskosten des jeweiligen Kraftfahrzeuges anzusetzen.

Der dem Arbeitnehmer H. zur Verfügung gestellte PKW sei zu einem Anschaffungspreis von S 175.000,-- (inkl. Umsatzsteuer) gekauft worden. Dieser Betrag sei der Sachbezugsbewertung zugrundegelegt worden. Die Arbeitnehmer L. und P. hätten ihre eigenen Personenkraftwagen um S 130.000,-- bzw. S 120.000,-- an die Beschwerdeführerin verkauft. Diese Kraftfahrzeuge seien dann als Dienstwagen auch zum privaten Gebrauch an L. und P. (rück)überlassen worden. Bei der Ermittlung der Sachbezugswerte sei von den genannten Anschaffungskosten auszugehen, die unter den damaligen Listenpreisen für Gebrauchtwagen gelegen seien. In der Wertdifferenz zu diesen Listenpreisen seien nämlich Eigenleistungen der Dienstnehmer zu erblicken, die bei der Sachbezugsbewertung zu berücksichtigen seien.

Auch K. sei ein Gebrauchtwagen als Dienstwagen zur Verfügung gestellt worden, dessen tatsächliche Anschaffungskosten unter dem Listenpreis gelegen waren. Würde man bei Überlassung von Gebrauchtwagen an Dienstnehmer zur privaten Verwendung zwecks Ermittlung des Sachbezugswertes von Listenneupreisen ausgehen, so hätte der Dienstnehmer einen weit höheren Sachbezug zu versteuern als den Kosten, die dem Arbeitgeber erwachsen, entsprechen würde.

Das Finanzamt gab der Berufung mit Berufungsvorentscheidung teilweise statt, indem es bei H. den Sachbezugswert von den nachgewiesenen tatsächlichen Anschaffungskosten des Neuwagens (S 175.000,-- anstelle des höheren Listenpreises von S 208.400,--) berechnete; im Übrigen wies es die Berufung ab.

Nachdem die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt hatte, wies die belangte Behörde die Berufung ab. Bei Berechnung des Sachbezugswertes betreffend die Überlassung eines arbeitgebereigenen Gebrauchtwagens für Privatfahrten des Arbeitnehmers sei gemäß der Kundmachung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland über die Bewertung der Sachbezüge, AÖFV Nr. 96/1989 vom 2. März 1989 mit Wirkung ab 1. Jänner 1989 stets vom Neuwert des Gebrauchtwagens auszugehen. Die Kundmachung habe den Charakter einer Rechtsverordnung, an die die belangte Behörde gebunden sei. Die Berufung sei daher abzuweisen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem mit Beschluss vom 28. Februar 1994, B 1669/93-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass die Sachbezugsbewertung durch die belangte Behörde unrichtig erfolgt sei.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass mit der Berufungsvorentscheidung der Berufung der Beschwerdeführerin teilweise stattgegeben wurde, in der Beschwerde keine Erwähnung findet. Da sich die Beschwerdeführerin aber erkennbar auch darin beschwert erachtet, dass die belangte Behörde mit der Abweisung der Berufung den erstinstanzlichen Haftungs- und Zahlungsbescheid auch insoweit bestätigt hat, als bei der Ermittlung des Sachbezugswertes betreffend den an H. überlassenen Neuwagen vom Listenpreis statt von den tatsächlichen (geringeren) Anschaffungskosten ausgegangen wurde - insoweit hat sie also eine gegenüber der Berufungsvorentscheidung für die Beschwerdeführerin nachteiligere Entscheidung getroffen -, geht der Gerichtshof davon aus, dass der angefochtene Bescheid auch hinsichtlich des Sachbezugswertes der Überlassung des Neuwagens an H. der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, wenn auch im angefochtenen Bescheid als strittig nur die Bewertung der Sachbezüge bei Überlassung von Gebrauchtfahrzeugen bezeichnet wird.

Schon in der Frage der Sachbezugsbewertung betreffend den überlassenen Neuwagen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn der Steuerpflichtige Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z. 4 bis 7 EStG zufließen. Im Abs. 2 der zitierten Bestimmung wird als geldwerter Vorteil u.a. ausdrücklich auch die Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung angeführt. Weiters wird normiert, dass die geldwerten Vorteile mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen sind.

Als übliche Mittelpreise des Verbrauchsortes werden von den einzelnen Finanzlandesdirektionen für verschiedene Sachbezüge Wertansätze kundgemacht. Abschnitt I, Unterabschnitt C Z. 9 der im Beschwerdefall anzuwendenden Kundmachung lautet auszugsweise:

"9. Nutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges:

Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein firmeneigenes Kraftfahrzeug für Privatfahrten (das sind auch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) zu benützen, dann sind als monatlicher Sachbezug 1,5 % der Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer), maximal S 7.000,--, anzusetzen. Bei Gebrauchtfahrzeugen ist auf den Neuwert abzustellen.

..."

Anschaffungskosten im Sinn des Einkommensteuerrechtes sind grundsätzlich die tatsächlichen Anschaffungskosten. Der Ansatz fiktiver Anschaffungskosten ist nur in Fällen eines unentgeltlichen Erwerbes vorgesehen (vgl. z.B. § 6 Z. 9 lit. b und § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b und c EStG 1988). Dies hat das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung offensichtlich auch richtig erkannt und der Berufung insoweit stattgegeben, als bei der Sachbezugsbewertung der Überlassung eines Neuwagens an H. anstelle des Listenpreises (S 208.400,--) die tatsächlichen Anschaffungskosten (S 175.000,--) zugrundegelegt wurden. Dadurch, dass die belangte Behörde die Berufung zur Gänze abgewiesen und damit den erstinstanzlichen Bescheid in vollem Umfang bestätigt hat, ging sie bei der Sachbezugsbewertung beim überlassenen Neuwagen zu Unrecht (wieder) vom Listenpreis anstelle von den tatsächlichen Anschaffungskosten aus und belastete so den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Zu der Sachbezugsbewertung betreffend die Überlassung von Gebrauchtwagen ist Folgendes zu sagen: Wie die Beschwerdeführerin zutreffend erkennt, soll der geldwerte Vorteil, der in der Überlassung eines dienstgebereigenen Kraftfahrzeuges für Privatfahrten des Dienstnehmers besteht, nicht deswegen laufend neu bewertet werden, weil das Kraftfahrzeug einer laufenden Wertminderung unterliegt. Vielmehr wird eine pauschale Bewertung vorgenommen, die aus der Sicht des Dienstnehmers den Vorteil bemisst, der darin besteht, dass sich der Dienstnehmer jenen Aufwand erspart, der ihm erwachsen würde, wenn er für die Kosten eines vergleichbaren Kraftfahrzeuges aus Eigenem aufkommen müsste. Dabei wird - dem Gesetz entsprechend - von einem so genannten "üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes" ausgegangen. Da der zur bewertende Vorteil nur den Nutzungswert des Kraftfahrzeuges, nicht aber dessen Vermögenswert betrifft, macht es in der Regel auch keinen wesentlichen Unterschied, ob dem Dienstnehmer ein vor Jahren als Neuwagen erworbenes Kraftfahrzeug oder ein eben erst angeschafftes gleichartiges und gleichaltes Gebrauchtfahrzeug zur Nutzung überlassen wird. Denn für den Nutzungswert eines Kraftfahrzeuges aus der Sicht des Dienstnehmers ist es ohne besondere Bedeutung, ob es (seinerzeit als Neuwagen erworben) vor seiner Überlassung zur Nutzung im Betrieb des Dienstgebers in Verwendung stand oder ob es einen etwa gleichlangen Zeitraum von einem anderen Voreigentümer genutzt und erst danach vom Dienstgeber als Gebrauchtfahrzeug erworben wurde. In beiden Fällen wird ein funktionsgleiches und gleicherweise bereits abgenutztes Kraftfahrzeug dem Dienstnehmer zur Nutzung überlassen. Es wäre nicht einzusehen, wenn der Sachbezugswert bei einem seinerzeit als Neuwagen erworbenen Fahrzeug wesentlich höher wäre als der Sachbezugswert der Überlassung eines sonst voll vergleichbaren Gebrauchtwagens.

So gesehen hegt der Gerichtshof keine Bedenken gegen die in der Kundmachung getroffene Anordnung, dass bei der Ermittlung des Sachbezugswertes betreffend die Überlassung von Gebrauchtfahrzeugen auf den Neuwert abzustellen ist. Dies allerdings unter der Voraussetzung, dass der Nutzungswert eines solchen Fahrzeuges mit dem eines entsprechenden Neuwagens vergleichbar ist. Das wird solange zutreffen, als Fahrsicherheit und Fahrkomfort durch die bisherige Nutzung einem vergleichbaren Neuwagen gegenüber noch nicht erheblich beeinträchtigt ist. Nur unter dieser Voraussetzung kann nämlich von einem vergleichbaren Sachbezugswert gesprochen werden. Andernfalls wird Abschnitt II Abs. 2 der Kundmachung zu beachten sein, wonach im Einzelfall an die Stelle des "amtlichen" Sachbezugswertes der tatsächliche Wert eines erheblich abweichenden Sachbezugswertes tritt.

Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertritt, bei der Ermittlung des Sachbezugswertes betreffend die Überlassung von Gebrauchtfahrzeugen sei (undifferenziert und stets) vom Neuwert des Kraftfahrzeuges auszugehen und offensichtlich verkennt, dass die von ihr anzuwendende Kundmachung ausdrücklich die Maßgeblichkeit erheblich abweichender Werte vorsieht, beruht der angefochtene Bescheid auch bezüglich der Sachbezugswertermittlung bei der Überlassung von Gebrauchtfahrzeugen auf einer unrichtigen Rechtsansicht, die eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit bewirkt. Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren zu untersuchen haben, ob der Sachbezugswert der Überlassung von Gebrauchtwagen seitens der Beschwerdeführerin an ihre Dienstnehmer im Hinblick auf Fahrsicherheit und Fahrkomfort mit der Überlassung von Neuwagen derselben Kategorie vergleichbar war (Maßgeblichkeit des Neuwertes) oder ob dies nicht zutraf (Maßgeblichkeit eines erheblich abweichenden Wertes).

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, ihre Arbeitnehmer L. und P. hätten insofern anrechenbare "Eigenleistungen" erbracht, als sie die überlassenen Fahrzeuge, die ursprünglich in ihrem Eigentum gestanden seien, zu einem unter dem tatsächlichen Wert angesetzten Kaufpreis an die Beschwerdeführerin veräußert hätten.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet eine (weitere) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift handelt es sich zwar dabei nicht um einen Verstoß gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 VwGG); vielmehr wurde es bereits im Berufungsschriftsatz erstattet (vgl. die Passage: "Da die Arbeitnehmer L. und P. somit im Ausmaß der Differenz der seinerzeitigen Listenpreise zu den Anschaffungspreisen der Gebrauchtwagen Eigenleistungen erbracht haben ..."). Das damit behauptete Gegenleistungsverhältnis zwischen der Überlassung der Kraftfahrzeuge an die Beschwerdeführerin zu einem bestimmten Preis mit der Berechtigung der Arbeitnehmer, diese (weiterhin) für Privatfahrten zu nutzen, lässt sich aber aus dem Text der Verträge so nicht ableiten.

Aus den bereits aufgezeigten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid jedoch als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Umsatzsteuer war nicht gesondert zuzusprechen, weil diese bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist. Aufwandersatz für Gerichtskostenmarken betreffend die Firmenbuchauszüge ist ebenfalls nicht zuzusprechen, weil es sich bei den Firmenbuchauszügen um Beilagen zur Verfassungsgerichtshofbeschwerde handelte und kostenmäßig dieser Beschwerde zuzurechnen sind.

Wien, am 28. April 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1994130097.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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