TE OGH 2019/3/13 13Os3/19v

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Veröffentlicht am 13.03.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Binder als Schriftführer in der Strafsache gegen Jafar S***** wegen Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 13. September 2018, GZ 601 Hv 2/18g-108, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht und bedingter Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Jafar S***** mehrerer Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (I und II) und eines Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach hat er am 7. März 2018 in W*****

folgende Personen mit einem Fixiermesser von ca 10 cm Klingenlänge zu töten versucht, indem er auf sie (teils mehrmals) einstach, und zwar

(I A) Hidea H*****, wodurch diese eine lebensgefährliche Stichverletzung im rechten Oberbauch mit Beschädigung einer Zwischenrippenpartie und tiefreichender Verletzung der Leber sowie nachfolgender Gerinnselabscheidung in der Pfortader und Einblutung in den Bauchraum erlitt,

(I B) Dr. Wolf-Dietrich H*****, wodurch dieser eine lebensgefährliche Stichverletzung des linken Lungenoberlappens mit massivem Blutverlust, welcher zu einem Herzstillstand führte, der jedoch durch Reanimationsmaßnahmen behoben wurde (die ihrerseits Rippenbrüche, eine Lähmung des rechten Zwerchfellnervs sowie des rechten Stimmbands und insgesamt eine nachhaltige Funktionsstörung des Zwerchfells zur Folge hatten), sowie Stichwunden an der linken Wade und im rechten vorderen Brustkorbbereich erlitt,

(I C) Isabella H*****, wodurch diese eine potentiell lebensgefährliche Stichverletzung im rechten Oberbauch sowie eine Stichwunde am linken Oberschenkel erlitt, und

(II) Soulat R*****, wodurch dieser eine Stichverletzung knapp unterhalb des linken Rippenbogens mit Austritt des Dünndarms erlitt, weiters

(III) Lukas Ho***** durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, nämlich zur Freigabe des Weges, genötigt, indem er das Fixiermesser in Richtung seines Oberkörpers schwang.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Sie reklamiert, zu den jeweils nach dem Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB gestellten Hauptfragen 1 (betreffend Hidea H*****), 2 (betreffend Dr. Wolf-Dietrich H*****) und 3 (betreffend Isabella H*****) sei die Stellung einer Eventualfrage nach dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach „§§ 87 Abs 1 und 2“ StGB jeweils zu Unrecht unterblieben. Eine derartige Fragestellung wäre aus Beschwerdesicht geboten gewesen, weil

- „alle drei von den Hauptfragen 1 bis 3 erfassten Opfer nicht getötet wurden“,

- „aufgrund der Stichführungen bei Isabella H***** (Hauptfrage 3) nicht zwingend auf einen Mordvorsatz zu schließen ist, sondern auch eine alternative Beurteilungsmöglichkeit sich aus dem Tatgeschehen ableiten ließe“ und

- „hinsichtlich der“ (auf das Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB zum Nachteil des Soulat R***** gerichteten) „Hauptfrage 5 bei ähnlichem Sachverhalt sehr wohl eine Eventualfrage gerichtet auf das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 87 Abs 1 und 2 erster Fall StGB tatsächlich gestellt wurde“.

Konkrete, in der Hauptverhandlung vorgebrachte Tatsachen (§ 314 Abs 1 StPO), die ein von jenem der Hauptfragen abweichendes Tatgeschehen in dem Sinn indizierten, dass – wenn sie als erwiesen angenommen würden – die jeweilige Tat unter das angesprochene Strafgesetz fiele, werden damit nicht aufgezeigt. Solcherart verfehlt der Beschwerdeführer die prozessförmige Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0119418; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23, 42 und 43).

Gleiches gilt für die Kritik am Unterbleiben der Stellung einer weiteren, auf das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 5 (gemeint) Z 1 StGB gerichteten Eventualfrage zur nach dem Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB gestellten Hauptfrage 5 (betreffend Soulat R*****). Aufgrund welcher konkreten Aussage des Zeugen R***** „eine Subsumtion“ des „gesamten Handlungsablauf[s]“ „unter das angesprochene Tatbild“ hätte „möglich“ sein sollen, lässt die Beschwerde nämlich offen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung und der Beschwerde (§§ 344, 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E124412

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00003.19V.0313.000

Im RIS seit

28.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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