TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/19 LVwG-2018/25/0274-1

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Veröffentlicht am 19.02.2019
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Entscheidungsdatum

19.02.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VstG §49

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geboren XX.XX.XXXX, Adresse 1, Z, vom 17.01.2019, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 11.12.2018, *****, betreffend Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid behoben. Die Erstbehörde hat gemäß § 49 Abs 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch von AA gegen die Strafverfügung vom 20.04.2018, *****, gemäß § 49 Abs 1 und 3 VStG als verspätet eingebracht zurück. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Strafverfügung am 11.04.2018 zugestellt worden sei. Dagegen habe die Beschuldigte verspätet, nämlich am 27.04.2018 (Poststempel) bei der Bezirkshauptmannschaft Y das Rechtsmittel des Einspruchs erhoben.

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher AA bestreitet, die Frist überschritten zu haben. Es sei keine Partei, sondern der Fahrzeuglenker.

II.      Sachverhalt:

Gegen AA richtet sich die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 20.04.2018, *****, in welcher wegen einer Übertretung gegen die Straßenverkehrsordnung am 03.02.2018 um 12.19 Uhr auf der Autobahn X bei km ***** betreffend den PKW mit dem polnischen Kennzeichen ***** wegen einer Verletzung nach § 18 Abs 1 StVO gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 90,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 41 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen) ausgesprochen wurde. Auf dem im Akt befindlichen Konzept dieser Strafverfügung wurde handschriftlich der Vermerk angebracht, dass die Strafverfügung am 21.06.2018 mit Rückschein neuerlich verschickt wurde. Diesem Konzept angeheftet ist der Rückschein, woraus sich die Postaufgabe am 25.06.2018 ergibt. Dieser Rückschein ist am 29.06.2018 vom Empfänger BB unterschrieben. In weiterer Folge befindet sich im Akt das Schreiben der Beschuldigten vom 14.05.2018, in welchem sie um die Übermittlung der Lichtbilder ersucht. Mit Schreiben vom 22.06.2018 wurde die Beschuldigte von der Erstbehörde zu ihrem Schreiben vom 14.05.2018 um Mitteilung ersucht, ob die in der Strafverfügung vom 20.04.2018 angeführte Verwaltungsübertretung in Abrede gestellt wird und ob das Schreiben vom 14.05. ein Rechtsmittel darstellt. In weiterer Folge findet sich im Akt das Schreiben von AA vom 30.06.2018 (Postaufgabe 02.07.2018), in welchem sie ausführt, den Fahrer nicht benennen zu können und um die Übersendung von entsprechenden Beweismitteln ersucht.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Y.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Verfahren ist folgende Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes maßgeblich:

„§ 49. (1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.“

V.       Erwägungen:

Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung damit, dass die Strafverfügung (vom 20.04.2018) am 11.04.2018 zugestellt worden wäre. Dies ist bereits unmöglich. Deshalb wäre der Einspruch vom 27.04.2018 verspätet. Im Akt findet sich kein Kuvert, das am 27.04.2018 abgestempelt wurde. Da auf den offenbar erstmaligen Zustellversuch der Strafverfügung vom 20.04.2018 kein Rückschein eingelangt ist, wurde am 21.06.2018 eine neuerliche Zustellung mit Rückschein verfügt. Zu dieser kam dann der Rückschein mit dem Zustelldatum 29.06.2018.

Nach der Zustellung der Strafverfügung ergibt sich ein weiterer Schriftverkehr zwischen Erstbehörde und Beschuldigter. So zB das Schreiben von AA vom 30.06.2018; dieses stellt eine offensichtliche Reaktion auf die am Vortag zugestellte Strafverfügung dar, da das Schreiben der belangten Behörde vom 22.06.2018 der Beschwerdeführerin erst am 04.07.2018 zugestellt wurde. Ein Rückschein, der eine Zustellung am 11.04.2018 bescheinigen würde, findet sich nicht im Akt.

Es liegt im gegenständlichen Fall somit zumindest im Zweifel ein rechtzeitiger Einspruch vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Zustellung, Einspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2018.25.0274.1

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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