TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/28 LVwG-2019/22/0117-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.02.2019

Index

L82007 Bauordnung Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Tir 2018 §34 Abs1
VwGVG §28 Abs7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Säumnisbeschwerde des Herrn AA, Adresse 1, Z, v.d. Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, wegen Verletzung der Entscheidungsfrist betreffend das Bauansuchen vom 4.5.2018, eingelangt bei der Gemeinde Z am 7.5.2018, betreffend die Erteilung der nachträgliche Baubewilligung für einen Stahlwannenpool auf der Gp. **1/2 KG Z

zu Recht:

1.  Gemäß § 28 Abs 7 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als dem Bürgermeister der Gemeinde Z aufgetragen wird, den versäumten Bescheid binnen einer Frist von vier Wochen gerechnet ab dem Datum der Zustellung an die belangte Behörde zu erlassen, dies unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung des Landesverwaltungsgerichts Tirol, dass ungeachtet der beiden divergierenden Lagepläne (Lageplan AVT vom 29.6.2016, Einlaufstempel Gemeinde Z vom 7.5.2018 und undatierter Lageplan CC Zl ****) die Baubewilligung aus diesem Grund nicht versagt werden darf.

2.  Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

Mit Eingabe vom 4.5.2018, Einlaufstempel der Gemeinde Z vom 7.5.2018 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Stahlwannenpools auf der Gp **1/2 KG Z.

Dazu brachte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 12.12.2108, bei der belangten Behörde eingelangt am 27.12.2018 eine Säumnisbeschwerde mit der zusammenfassenden Begründung ein, es läge kein Grund für ein Zuwarten bei der Ausstellung eines Baubescheides vor.

Nach vollständiger Vorlage des Bauaktes (siehe das Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 16.1.2019 und die Aktenvorlage der belangten Behörde vom 21.1.2019) richtete das erkennende Gericht folgendes Schreiben an den hochbautechnischen Amtssachverständigen:

„Sehr geehrter Herr DD,

in der gegenständlichen Angelegenheit ergeht, nachdem der vorgelegte Bauakt seitens der belangten Behörde vervollständigt wurde, das Ersuchen um Stellungnahme, ob aus hochbautechnischer Sicht gegen die Erteilung einer Baubewilligung ungeachtet der Divergenzen in Bezug auf die vorliegenden Lagepläne Einwände bestehen. Auf die gutachterliche Stellungnahme EE vom 24.8.2018 2. Absatz darf hingewiesen werden.“

Dieses Schreiben wurde vom Amtssachverständigen in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 6.2.2019 zusammenfassend dahingehend beantwortet, dass aus hochbautechnischer Sicht der gegenständliche Grenzstreit keinen Einfluss auf die Bewilligungsfähigkeit des Pools hat, da dieser in beiden Fällen innerhalb des betroffenen Grundstücks liegt.

Daraufhin wurde der belangten Behörde mit Schreiben vom 8.2.2019 die Möglichkeit eingeräumt, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Dieses Schreiben lautete wie folgt:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

in der Anlage wird Ihnen die gutachterliche Stellungnahme des hochbautechnischen Amtssachverständigen DD vom 6.2.2019 übermittelt. Danach bestätigt sich die Annahme Ihres hochbautechnischen Sachverständigen (EE vom 24.8.2018), wonach es für das gegenständliche Bauvorhaben ohne Relevanz ist, von welcher Grundstücksgrenze im Bereich des Stahlwannenpools auszugehen ist, zumal nach beiden hier in Frage kommenden Lageplänen der Pool innerhalb des Bauplatzes zu liegen kommt und Abstände zu Grundstücksgrenzen nicht eingehalten werden müssen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol teilt in rechtlicher Hinsicht diese Aussagen und steht sohin fest, dass ein Zuwarten mit der Erledigung des Bauansuchens bis zu einer Entscheidung des Vermessungsamtes in der gegenständlichen Fallkonstellation unzulässig ist.

Sie müssen daher nach dem Stand des bisherigen Ermittlungsverfahrens damit rechnen, dass der Säumnisbeschwerde gemäß § 28 Abs 7 VwGVG Folge gegeben und der belangten Behörde aufgetragen werden wird, den versäumten Bescheid binnen einer Frist von vier Wochen, unter Bindung an die oben wiedergegebene Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol, zu erlassen. Es wird Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt dieser Zuschrift eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.“

Dieses Schreiben wurde mit Eingabe vom 18.2.2019 zusammenfassend dahingehend beantwortet, dass der vom Beschwerdeführer im Bauverfahren vorgelegte Lageplan nicht der Planunterlagenverordnung 1998 entspräche.

Beweis wurde aufgenommenen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt sowie in den Akt des Landesverwaltungsgerichts Tirol.

II.      Rechtsgrundlagen

Die hier maßgebliche Bestimmung der Tiroler Bauordnung 2018, LGBl 28 (TBO 2018) lautet wie folgt:

„§ 34

Baubewilligung

(1) Die Behörde hat über ein Bauansuchen mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden. Wird keine Bauverhandlung durchgeführt, so hat die Entscheidung spätestens innerhalb von drei Monaten nach dem Einlangen des Bauansuchens zu erfolgen.

(…).“

Ebenso von Belang sind folgende Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2018/57 (VwGVG):

„§ 8.

(1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

§ 16.

(1) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

(2) Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

§ 28

(…)

(7) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.

(…).“

III.    Rechtliche Erwägungen

Zunächst ist zu prüfen, ob die grundlegenden formalen Voraussetzungen für das Einbringen einer Säumnisbeschwerde vorliegen. Das gegenständliche, mit 4.5.2018 datierte Bauansuchen ist am 7.5.2018 bei der belangten Behörde eingelangt. In Entsprechung des § 34 Abs 1 TBO 2018 hätte die Behörde, zumal die Bauverhandlung erst für 9.8.2018 anberaumt wurde, binnen einer Frist von drei Monaten ab Einlangen des Bauansuchen entscheiden müssen. Damit ist grundsätzlich bereits Säumnis eingetreten. Überdies wurde die Entscheidung über das Baugesuch auch nicht innerhalb von sechs Monaten getroffen. Die Säumnisbeschwerde ist sohin grundsätzlich zulässig. In einem weiteren Schritt war zu prüfen, ob von einem überwiegenden Verschulden der Behörde auszugehen war, zumal etwaige Verzögerungen seitens des Antragstellers keine Säumnis bei der Behörde auslösen können.

Von einem überwiegenden Verschulden der Behörde ist aus folgenden Erwägungen auszugehen: Die Behörde stützt die Nichterledigung des Bauansuchens im Wesentlichen darauf, dass der seitens des Bauwerbers vorgelegte Lageplan im Widerspruch zu einem anderen, der Behörde vorliegenden Lageplan stehe und über den tatsächlichen Grenzverlauf noch ein Verfahren beim Vermessungsamt X (sog. „Umwandlungsmessung“) behänge. Überdies sei die „Rechtskraft“ der Entscheidung des Landesverwaltungsgericht Tirol vom 3.12.2018, LVwG-2018/36/1104-5 (Gegenstand war das entsprechende Beseitigungsverfahren samt Benützungsuntersuchung) abzuwarten (siehe im Detail das Vorlageschreiben der belangten Behörde vom 10.1.2019). Zu Letzterem ist anzuführen, dass nicht nachvollziehbar ist, in welcher Abhängigkeit das gegenständliche Bewilligungsverfahren mit dem genannten baupolizeilichen Verfahren stehen soll und ist überdies kritisch anzumerken, dass die allfällige Einbringung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof bzw. einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (grundsätzlich) keine Auswirkung auf die Rechtskraft einer Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts hat.

Aber auch das Zuwarten auf eine Entscheidung durch das Vermessungsamt ist im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt, ergibt sich doch, wie selbst vom hochbautechnischen Sachverständigen der belangten Behörde dargelegt, auch aus dem den Standpunkt der belangten Behörde zum Grenzverlauf bestätigenden undatierten Lageplan CC Zl ****, dass der gegenständliche Stahlwannenpool jedenfalls die hier maßgebliche Grundgrenze nicht überschreitet (siehe dazu die oben zitierte gutachterliche Aussage des hochbautechnischen Amtssachverständigen DD vom 6.2.2019). In der Stellungnahme der belangten Behörde vom 18.2.2019 wird auf diese Erwägungen (bereits dargelegte im Schreiben des erkennenden Gerichts vom 8.2.2019) überhaupt nicht eingegangen sondern lediglich argumentiert, der vom Bauwerber vorgelegte Lageplan entspreche nicht der Planunterlagenverordnung 1998.

Grundsätzlich ist der belangten Behörde Recht zu geben, dass Planunterlagen naturgemäß in allen Einzelheiten der Planunterlagenverordnung 1998 zu entsprechen haben. Sind die Einreichunterlagen für eine eingehende Beurteilung des Bauprojektes, ob dieses den gesetzlichen Vorschriften entspricht, nicht ausreichend, müssen weitere Projektunterlagen/Pläne nachgefordert werden. Im Einzelfall können jedoch dann Ausnahmen von diesem Grundsatz gemacht werden, wenn aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der daraus gewonnen Schlüsse feststeht, dass die bauliche Anlage jedenfalls bewilligungsfähig ist. So ein Fall liegt gegenständlich vor. Die (in Natura bereits vorhandene) bauliche Anlage, die als Stahlwannenpool, der keinerlei Wandhöhen aufweist, bis an die Grundstücksgrenze herangebaut werden darf, ist nach beiden, der Behörde vorliegenden Lagepläne, was den Abstand zur maßgeblichen Grundstücksgrenze betrifft, bewilligungsfähig. Vor diesem Hintergrund steht fest, dass der Behörde ausreichend Beurteilungsunterlagen vorliegen, die bestätigen, dass der Stahlwannenpool einer Baubewilligung zugeführt werden kann und rechtfertigt damit eine großzügigere Handhabung der Planunterlagenverordnung 1998. Die Einreichunterlagen müssen nämlich im Einzelfall nur jene Qualität aufweisen, die es der Behörde ermöglicht, das Bauvorhaben in allen wesentlichen baurechtlichen Aspekten zu beurteilen und auch den Nachbarn die Möglichkeit einräumen, ihre Rechte in ausreichender Art und Weise wahrnehmen zu können (vgl. die Nachweise bei Bundschuh-Riesender in Weber/Rath-Kathrein (Hrsg), Tiroler Bauordnung (2014) § 24 mit zahlreichen Hinweisen auf die Judikatur des VwGH).

Im gegenständlichen Fall bestehen offenkundig Auffassungsunterscheide zwischen der belangten Behörde und dem Bauwerber, was den maßgeblichen Grenzverlauf betrifft. Für das vorliegende Bauvorhaben ist die endgültige Lösung dieser Frage jedoch – wie oben eingehend dargestellt – insofern nicht von Bedeutung, als in beiden Fällen, also auch bei einem Grenzverlauf, der der Rechtsansicht der belangten Behörde entspricht, die bauliche Anlage jedenfalls nicht über diese Grenze hinausragt und daher, zumal sie keinen Grenzabstand benötigt, bewilligungsfähig ist. Die Lage des in Natura bereits bestehenden Pools könnte überdies leicht mit einer Kodierung in Bezug auf das bestehende Haus verbindlich festgelegt werden.

Sohin steht fest, dass die belangte Behörde zu Unrecht mit der Erledigung des gegenständlichen Bauansuchens zugewartet hat und ihr sohin an der Verzögerung jedenfalls ein überwiegendes Verschulden zukommt. Gemäß § 28 Abs 7 VwGVG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen.

Für die endgültige Erledigung des Bauansuchens erscheint eine Frist von vier Wochen als ausreichend, zumal, wie dem Bauakt entnommen werden kann, bereits eine mündliche Verhandlung mit den betroffenen Nachbarn stattgefunden hat und diese keine Einwände erhoben haben (so die Niederschrift vom 23.8.2018). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Triendl

(Richter)

Schlagworte

Säumnisbeschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.22.0117.4

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten